Institutionelle Investoren zeigen hohes Interesse: Die Zukunft des Wohnungsbaus in Deutschland ist seriell
16.11.2025Serielle Fertigung wird in den kommenden Jahren immer mehr zum Standard beim Wohnungsbau in Deutschland werden. Kosten- und Zeitersparnis, bessere Arbeitsbedingungen für Fachkräfte und geringere Mängelanfälligkeit sowie die steigende Variabilität der architektonischen Möglichkeiten machen das Bauen mit vorgefertigten Elementen für eine steigende Zahl von Akteuren attraktiv. Das bestätigten Geschäftsführer David Fischer (WvM Berlin Immobilien + Projektentwicklung), der Geschäftsführende Gesellschafter Simon Kempf (Periskop Development), Geschäftsführer Jens Wadle (Hohental Gruppe), und Geschäftsführer Thomas Wirtz (INDUSTRIA Immobilien) bei einer Online-Pressekonferenz.
Bemerkenswert dabei ist, dass sich zunehmend auch institutionelle Investoren sowie Asset- und Investmentmanager für die Möglichkeiten des seriellen Bauens interessieren. Thomas Wirtz beispielsweise kann sich seriell und modular gefertigte Wohnimmobilien bei INDUSTRIA Immobilien sowohl in spezialisierten Fondsvehikeln als auch als Beimischung in bereits aufgelegten Wohnimmobilienfonds vorstellen.
Entsprechend sondiert INDUSTRIA Immobilien seit einem Jahr den Markt für seriellen und modularen Wohnbau. „Bauen mit industrieller Vorfertigung entwickelt sich zunehmend zu einem strategischen Investmentthema, denn konventioneller Wohnbau kann die Renditeerwartungen institutioneller Investoren aktuell viel schwerer erfüllen“, sagt Thomas Wirtz. „Neue Technologien und Designs ermöglichen es, dass durch die industrielle Vorfertigung Immobilien nicht nur schnell, planungssicher und kostengünstig entstehen können, sondern die Gebäude auch optisch durchaus attraktiv sind. Serielles und modulares Bauen erscheint als zentraler Schlüssel, um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum – insbesondere in Ballungsgebieten und Großstädten – wirksam zu begegnen.“
Höhere Renditen und stärkere Verlässlichkeit steigern Attraktivität
Wie sich Investoren gegenüber seriellem bzw. modularen Bauen positionieren, zeigt eine Umfrage der INDUSTRIA Immobilien unter institutionellen Investoren aus dem Frühjahr 2025. Fast die Hälfte der Befragten kann sich vorstellen, in Fonds mit entsprechenden Objekten zu investieren. Nur rund zehn Prozent lehnen das kategorisch ab. Entscheidend für die Akzeptanz sind erwartete Renditen: 56 Prozent der institutionellen Investoren erwarten höhere Renditen als bei konventionellen Bauweisen – ein realistisches Bild angesichts kürzerer Bauzeiten und geringeren Bau- und Finanzierungskosten. Grund hierfür könnte allerdings auch die Einschätzung sein, dass serielle Konzepte noch mit zusätzlichen Risiken behaftet seien. Langfristig jedoch werde sich diese Risikoprämie abbauen, so Wirtz’ Prognose.
Mit vorgefertigten Elementen lassen sich Klimaziele besser erreichen
Simon Kempf, Geschäftsführer bei Periskop Development, hat sich dem Thema Serielles Bauen vom Standpunkt der Baulandentwicklung genähert. „Wir sehen den Zuschnitt von Baufeldern als maßgebliche Grundlage für den Optimierungsprozess beim Bauen. Je höher der Vorfertigungsgrad von Modulen und Elementen ist, umso höher ist wahrscheinlich der Anspruch an ein möglichst passendes Grundstück. So etwa lautete eine Arbeitshypothese, auf deren Grundlage wir unser Withepaper erstellt haben.“
Er führt aus: „Unsere Analyse zeigt: Industriell vorgefertigte Elemente verkürzen Bauzeiten signifikant, senken Kostenrisiken und erleichtern die Planung. Zudem mindern sie Baustellenemissionen, ermöglichen eine Recyclingquote von bis zu 90 Prozent und leisten damit einen spürbaren Beitrag zur Erreichung von Klimazielen.“
„Doch nicht jedes Grundstück eignet sich für serielle beziehungsweise modulare Lösungen, Transport- und Logistikkosten können die Wirtschaftlichkeit beeinflussen, die architektonische Gestaltungsfreiheit ist geringer als bei konventionellem Bau. Vorfertigung geht zudem mit teils früher Kapitalbindung einher und verlangt eine sehr präzise Planung bereits in den initialen Projektphasen“, fasst Kempf die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Zudem müssten, um die für einen höheren Automatisierungsgrad erforderlichen Produktionszahlen zu ermöglichen, die unterschiedlichen Landesbauordnungen homogenisiert werden.
Serielles Bauen beginnt bereits in der Planungsphase
Den Ansatz, dass serielles Bauen bereits mit der Planungsphase und der Konfiguration der Grundstücke beginnt, teilt auch Jens Wadle: „Auch seriell errichtete Bauvorhaben müssen sich in die Umgebung einfügen, das heißt sie müssen dem Grundstückszuschnitt Rechnung tragen und die städtebauliche Besonderheit eines Ortes berücksichtigen. Nur eine Mischung von Materialien und Bauweisen ermöglicht Flexibilität und Vielfalt, damit die nötige Grundstücksauslastung erreicht werden kann.“ Entscheidend für den Erfolg sei die Wiederholbarkeit. „Im Bewusstsein für Städtebau und Freianlagen können wiederkehrende Raster, modulare Planungsansätze und schlussendlich die Etablierung des wirtschaftlichsten Materials für die jeweilige Bauaufgabe das Image des seriellen Bauens verändern. Unser Ansatz ist eine serielle Planungslogik, die spätere Bauabläufe vereinfacht, Fehler reduziert und dabei städtebauliche und architektonische Qualitäten zum Ziel hat. Dieser Ansatz spart Zeit und Kosten, reagiert auf Kundenanforderungen und schafft nachhaltig lebenswerte gemischte Quartiere.“
Entsprechend sieht Wadle auch die vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen initiierte Rahmenvereinbarung „Serielles und modulares Bauen“ als wichtigen Meilenstein für den kommunalen Wohnungsbau. „Erstmals ist ein praxisnahes Instrument geschaffen worden, das insbesondere öffentlichen Bauherren eine schnelle, transparente und rechtssichere Umsetzung ermöglicht. Die Hohental Gruppe zählt zu den präqualifizierten Anbietern dieser Vereinbarung. Sie bietet Kommunen und Wohnungsunternehmen die Möglichkeit, vorgeprüfte, wirtschaftliche und zugleich architektonisch hochwertige Lösungen direkt abzurufen. Der modulare Aufbau der angebotenen Systeme erlaubt es, individuelle Projektanforderungen zu berücksichtigen, ohne den Kostenvorteil der Standardisierung zu verlieren. So wird die Rahmenvereinbarung zu einem zentralen Baustein, um den kommunalen Wohnungsbau in Deutschland zu beschleunigen.“
wvm Gruppe setzt bei Eigentumswohnungen auf Individualität im System
Inzwischen gibt es erste Projekte, bei denen auch hochwertige Eigentumswohnungen seriell errichtet werden. Interessant ist dabei die Frage, inwieweit die Wohnungen für Selbstnutzer individualisierbar sind. David Fischer rät diesbezüglich zu einem möglichst zeitigen Kauf. „Wer früh in die Projekte einsteigt, hat den größten Spielraum, von Bodenbelägen und Fliesen über Armaturen und Türen bis zu Elektrodetails wie Schalter und Steckdosen.“ Er verweist auf das Projekt Zwieseler Hof, bei dem die wvm 147 Eigentumswohnungen errichtet. Dort stehen den Kaufinteresssenten beispielsweise mehr als ein Dutzend Varianten zur Verfügung. „Wir haben für den Zwieseler Hof mit Nöfer Architekten ein architektonisch hochwertiges und nachhaltiges Quartier mit vielen durchdachten Details geplant. Die ausführende Firma hat die serielle Fertigung in diese Architektur integriert, sodass Gestaltung und Prozess zusammenpassen“, sagt Fischer.
Fischer sieht gute Perspektiven für die serielle Fertigung von Eigentumswohnungen. „Wenn Architektur und Lage passen, wird die Vorfertigung im Werk auch im Eigentumssegment zur neuen Normalität. Wichtig ist dabei: Die Methode muss dem Ort dienen – nicht umgekehrt.“ Dabei bestätigen sich die guten Erfahrungen auch im eigenen Entwicklungsportfolio. In der Liebermannstraße in Berlin-Weißensee hat die wvm Gruppe ein weiteres klassisches Ortbetonkonzept gemeinsam mit Stephan Höhne Architekten und Casa Ingenieure in eine moderne Fertigteilplanung überführt. Dort werden insgesamt 48 Wohnungen bereits ein halbes Jahr vor dem ursprünglich geplanten Termin im kommenden Sommer fertiggestellt.
„Serielles Bauen ist kein Widerspruch zu Vielfalt. Im Gegenteil: Modulare Prinzipien ermöglichen typologische Flexibilität – und damit Wohnraum für verschiedene Zielgruppen“, fasst Fischer seine Erfahrungen zusammen. „Für uns bedeutet das: Standards da, wo es sinnvoll ist – Differenzierung da, wo der Ort es fordert.“ Konventionell bauen wird die wvm Gruppe weiterhin bei sehr kleinen Vorhaben, Unikaten mit hohem Bestandseinfluss oder bei historisch sensiblen Projekten. „Dort spielt die klassische Bauweise ihre Stärken aus. Aber auch hier profitieren wir zunehmend von modularen Denkmustern.“
