„Die Bagger müssen wieder rollen“
Die studierte Betriebswirtin Verena Hubertz ist neue Bundesbauministerin. Die SPD-Politikerin ist erst seit 2021 Bundestagsabgeordnete. Schafft Hubertz, die mit 37 Jahren eine der jüngsten Ministerinnen in der Geschichte der Bundesrepublik ist, die Wende auf dem Wohnungsmarkt?
Über sich selbst sagte die bisherige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende mit Schwerpunkt Wirtschaft, die als versierte Verhandlerin gilt, einmal: „In meinem Leben habe ich immer versucht Brücken zu bauen; Wirtschaft und Soziales zusammen zu denken. Mit Mut und Optimismus auch neue Wege zu gehen. Ich bin Sozialdemokratin, Unternehmerin, Fußballfan (1. FC Kaiserslautern, Anmerkung der Redaktion) und Hobbyköchin in stetigem Training.“ Mit einer Studienkollegin hatte Hubertz 2013 erfolgreich ein Startup rund um das Thema „Kochen“ gegründet, das sie Ende 2020 verlassen hat, um für die SPD bei der Bundestagswahl anzutreten.
Bei ihrer Vorstellung in Berlin mahnte Hubertz mehr Tempo bei der Schaffung von Wohnraum und der Sanierung der Infrastruktur an. So gebe es „große Probleme“ zu lösen. „Die Bagger müssen wieder rollen.“ Sie stehe für „pragmatische“ Problemlösungen und wolle „frischen Wind“ einbringen.
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, gratulierte Hubertz zu ihrem neuen Amt: „Wir haben sie als freundliche und zugewandte Persönlichkeit kennen gelernt, die sich offen und klug neuen Themen widmet.“ Gerade beim komplexen Thema Wohnen, das alle Lebensbereiche betreffe und viel Fachkompetenz erfordere, seien aber „sicherlich mehr als 100 Tage notwendig, um sich in der Tiefe einzuarbeiten.“
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der BAUINDUSTRIE, wünscht Hubertz „allseits eine glückliche Hand und Mut, die richtigen Entscheidungen zu treffen – für neuen Schwung im Wohnungsmarkt, für einfaches und industrielles Bauen sowie für weniger Bürokratie – damit eine leistungsfähige Bauindustrie für die Bürgerinnen und Bürger bauen kann.“
Frau Hubertz kenne die Herausforderungen im Bereich Bauen und Wohnen genau – und sie wisse, wie politische Hebel in Bewegung gesetzt werden können, erklärt die Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Iris Schöberl. „Wir setzen großes Vertrauen in sie. Viele gute Vorschläge liegen auf dem Tisch. Jetzt geht‘s um eine zügige Umsetzung.“
Der ZIA verbinde mit dem Amtsantritt der neuen Ministerin große Erwartungen – und klare Forderungen: „Der Wohnungsbauturbo und die zügige Novellierung des Baugesetzbuches müssen jetzt kommen. Die Einführung eines § 246e Baugesetzbuch innerhalb der ersten 100 Tage ist ein zentraler Schritt, um Wohnraum schneller zu schaffen“, so Schöberl. „Auch die geplante Vereinfachung von Baustandards und die rechtliche Absicherung des Gebäudetyps E sind wichtig und müssen schnell umgesetzt werden.“
Auch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, begrüßt Hubertz' Nominierung. Mit ihr übernehme eine profilierte politische Persönlichkeit Verantwortung. Frau Hubertz habe sich bei ihrer Abgeordnetenarbeit bereits „intensiv mit Fragen des Bauens und Wohnens befasst“.
Der BDB Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure sieht in der Berufung von Verena Hubertz zur Bundesbauministerin ein wichtiges Signal für die Bau- und Planungsbranche, das auf Innovation und soziale Verantwortung setzt. Jetzt komme es darauf an, nicht zu zögern, sondern entschlossen zu handeln: für mehr bezahlbaren Wohnraum, moderne und resiliente Infrastrukturen, konsequenten Klimaschutz und branchenweite Entbürokratisierung und Digitalisierung.
„Wir wünschen Frau Hubertz eine glückliche Hand, Mut zur Klarheit und den politischen Willen für einen echten Neustart beim Wohnungsbau“, erklärt Dirk Wohltorf, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD. „Die Lage duldet keinen Aufschub – jetzt kommt es auf Entschlossenheit und Dialogbereitschaft an.“
Der Koalitionsvertrag enthält aus Sicht des IVD Licht und Schatten: Mit dem Gebäudetyp E, einer geplanten Baugesetzbuch-Reform und dem Bekenntnis zu Entbürokratisierung sind erste richtige Ansätze formuliert. Zugleich beinhaltet der Koalitionsvertrag, dass bestehende Regulierungen ausgebaut werden – etwa durch die geplante Reform des kommunalen Vorkaufsrechts, die Verlängerung der Mietpreisbremse und Einschränkungen bei Indexmieten.
„Gerade bei den angekündigten Erleichterungen im Baurecht und bei der Eigentumsförderung bleibt der Vertrag vage. Hier erwarten wir mehr Klarheit und vor allem Tempo“, so Wohltorf. „Eigentum darf nicht weiter politisch ausgebremst werden: Es ist kein Privileg, sondern ein stabilisierender Faktor unserer Gesellschaft.“
Wohltorf appelliert an die neue Ministerin, dem Bündnis bezahlbarem Wohnraum neuen Schwung zu verleihen: „Dass das Bündnis im Koalitionsvertrag nicht erwähnt wird, ist bedauerlich. Wir hoffen dennoch auf ein baldiges Signal zur Fortsetzung des Dialogs. Der IVD steht bereit, sich mit konkreten und praxisorientierten Lösungsvorschlägen einzubringen.“
Wohltorf betont: „Der Staat kann die Problematik der angespannten Wohnungsmärkte nicht alleine lösen. Dies wird die ehemalige Gründerin und erfolgreiche Unternehmerin Verena Hubertz sicherlich genauso sehen und sich die Leistungsfähigkeit der privaten Immobilienwirtschaft zunutze machen wollen. Unsere Mitgliedsunternehmen stehen für einen Neustart bereit.“
Wenn das nicht mal reichlich Vorschusslorbeeren sind.