Wohnungsbau braucht mehr Fläche
Der ehrenamtliche BFW-Präsident Dirk Salewski spricht Klartext.
Es sind ganz neue Töne aus Berlin. Bundesbauministerin Verena Hubertz hat gefordert, dass die Bagger rollen sollen! Sie hat gemeinsam mit dem Vize-Kanzler und Finanzminister Klingbeil den Bau-Turbo „gezündet“. Sie will versuchen die Baukosten radikal zu reduzieren. Wer will dem widersprechen?
Trotz der neuen Töne aus der Hauptstadt: In den Kommunen spielt die Musik beim Thema Wohnen. Daher werden die Wünsche und Pläne der neuen Ministerin Zukunftsmusik bleiben, wenn nicht vor Ort gehandelt wird. Die größte Herausforderung für die Immobilienwirtschaft bleibt die fehlende Baulandmobilisierung. Ohne Bauland wird sich nichts ändern können.
Hören wir auf die Wissenschaft – ein oft gehörtes und wahrlich wichtiges Credo. Und in der Tat, nur evidenzbasierte Entscheidungen versprechen am Ende auch in der Sache zielführend zu sein. Eine neue Studie von InWis, in Auftrag gegeben von acht unterschiedlichen Verbänden, unterstreicht den Mehrbedarf an Flächen für den Wohnungsbau in Deutschland. Selbstverständlich passt das klare Verdikt vermutlich nicht allen, aber darum geht es eben auch nicht. Hört man nur, was man hören will, dann hat man es nicht mehr mit Fakten zu tun, sondern mit Realitätsverweigerung.
Die InWis-Studie stellt glasklar fest, was jeder und jedem mit basalen mathematischen Fähigkeiten klar sein müsste: Wir haben aktuell nicht genug Wohnbauflächen in Deutschland, um den Wohnraumbedarf zu decken.
Prognosen gehen von jährlich rund 370.000 bis 400.000 neuen Wohnungen aus, die bundesweit benötigt werden, um den Bedarf zu decken. Bereits jetzt bestehen aber vor allem in Metropolen und wachstumsstarken Regionen enorme Angebotslücken; dieser Bedarf steht den gerade dort nicht ausreichenden Innenentwicklungspotenzialen gegenüber.
Nach Berechnungen des BBSR (2022) könnten theoretisch etwa 84.400 Hektar für die Innenentwicklung genutzt werden – zzgl. weiteren knapp 15.000 Hektar baureifem Land. Jedoch ist nur etwas mehr als die Hälfte davon kurzfristig mobilisierbar – und das insbesondere in Regionen mit geringer Nachfrage.
Allein durch Innenentwicklung wird es also absehbar nicht gelingen, den Wohnraumbedarf in wachsenden Regionen zu decken, das zeigt die Studie. Ohne die zusätzliche Nutzung bislang unbebauter Flächen wird ein angemessenes Wohnungsangebot in vielen Teilen Deutschlands nicht erreichbar sein. In Deutschland ist der Markt äußerst heterogen, die Regionen kämpfen mit unterschiedlichen Herausforderungen. Während in Sachsen-Anhalt der Neubaubedarf überschaubar sein dürfte, ist er in den Ballungszentren wie Hamburg, Berlin oder München groß. Vereinfacht gesagt: Umso größer die Stadt, umso größer die Probleme beim Neubau.
Seien wir ehrlich: Viele Probleme sind hausgemacht. Länder und Gemeinden müssen wieder ein viel stärkeres Interesse am Neubau entwickeln. Die Länder sollten zudem endlich ihre Bauordnungen prüfen und unnötige Teile davon abschaffen. Die positiven Beispiele aus Niedersachsen, Hamburg und sogar Berlin machen Hoffnung.
Der Bau-Turbo kann nur Wirkung entfalten, wenn die Gestaltungsspielräume, die er eröffnet, auch genutzt werden. Lieber mal einen Fehler machen, als vor lauter Furcht im Stillstand zu verharren.