Wasserqualität auch während der Urlaubszeit erhalten
Leerstehende Wohnungen in der Urlaubszeit und selten genutzte Entnahmestellen – eine riskante Mischung für die Trinkwasserhygiene, denn Legionellen finden unter diesen Umständen ideale Wachstumsbedingungen.
Eine aktuelle Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) und des Umweltbundesamtes (UBA) zeigt, dass in
43 % der untersuchten 11 Erkrankungen und Todesfälle auch die nach Trinkwasserverordnung nicht untersuchungspflichtige Trinkwasserinstallationen zur Ursache für Legionellen-Infektionen wurden. Was bedeutet das konkret für die Trinkwasserhygiene und was sollten Vermieter und Mieter insbesondere bei höheren Außentemperaturen beachten? Dr. Peter Arens, Hygieneexperte bei Armaturenhersteller SCHELL, gibt Tipps, wie Vermieter sowie Mieter eine erhöhte Legionellenkonzentration und eine Erwärmung der Kaltwasserleitung vermeiden können.
Wie jedes Naturprodukt besitzt auch Trinkwasser ein Haltbarkeitsdatum: Stagniert es zu lange, begünstigt das die Vermehrung von Bakterien. Kommt es zu einer übermäßigen Vermehrung von Bakterien, wie beispielsweise Legionellen, ist vor allem auch das Duschen potenziell gesundheitsgefährdend, aber auch an den Waschtischen besteht Gefahr, wie die RKI/UBA-Studie gezeigt hat. Werden die im Wasserdampf enthaltenen Legionellen eingeatmet, gelangen sie auf direktem Wege in die Lunge und können dort schwere Lungenentzündungen (Pneumonie) auslösen. Besonders gefährdet sind Kinder, Kranke und vulnerable Personengruppen, z. B. ältere oder immunschwache Menschen.
Grundvoraussetzung für den Erhalt der Trinkwassergüte ist der bestimmungsgemäße Betrieb: Mindestens alle 72 Stunden sollte ein Wasserwechsel in der Trinkwasserinstallation stattfinden. Zusätzlich zur Stagnation sind auch die Temperaturen des Trinkwassers warm und kalt ein entscheidender Faktor. Legionellen vermehren sich optimal in einem Bereich zwischen 25 °C und 45 °C. „Um den Erhalt der Trinkwassergüte zu gewährleisten, darf Trinkwasser kalt 25 °C nicht dauerhaft übersteigen (PWC ≤ 25 °C) und Trinkwasser warm muss mindestens 55 °C aufweisen (PWH ≥ 55 °C)“, erklärt Hygieneexperte Dr. Peter Arens.
Untersuchungspflichten
Kaltwasser
Die LeTriWa-Untersuchung des RKI und UWB zeigt, dass 43 % der untersuchten Legionellen-Fälle auf nicht untersuchungspflichtige Trinkwasserinstallationen zurückzuführen sind. „Das zeigt, dass nicht untersuchungspflichtig nicht bedeutet, dass die Anlage automatisch sicher ist“, so Dr. Peter Arens. Hierfür sind zwei wesentliche Ursachen bekannt: erstens eine zu geringe Nutzung, zweitens eine bereits vorhandene Kontamination des kalten Trinkwassers mit Legionellen.
Das Kaltwasser kann immer dann kontaminieren, wenn dessen Temperaturen deutlich mehr als 25 °C über einen längeren Zeitraum beträgt. Unter diesen Bedingungen, können sich die „wärmeliebenden“ Bakterien auch im Kaltwasser übermäßig vermehren, vor allem im Anschlussbereich von Wohnungsstationen zur Trinkwassererwärmung. Denn die Kontaktzeit während der Erwärmung reicht nicht aus, um Legionellen abzutöten. Daher sollte der Kaltwassertemperatur gerade in diesen Gebäuden eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt das RKI im Falle von Erkrankungen, auch nicht untersuchungspflichtige Anlagen zu beproben. Gibt es darüber hinaus Hinweise, dass im kalten Trinkwasser eine Temperatur von 25 °C überschritten wird, ist laut DVGW W 551 (A) auch im Kaltwasser eine Untersuchung auf Legionellen verpflichtend. Damit wird deutlich: Die Untersuchungspflicht bezieht sich zwar grundsätzlich nur auf Warmwasser, doch auch Kaltwasser kann unter bestimmten Umständen verpflichtend untersucht werden.
Typische Risikoszenarien in Wohngebäuden
In gut gedämmten Gebäuden kann sich Wärme stauen, sodass sich Kaltwasser durch warme Umgebungsluft und ungünstige Rohrverlegung deutlich über 25 °C erwärmen kann. Zusätzliche Risiken bestehen, wenn Wohnungen in der Urlaubszeit zeitweise nicht bewohnt sind: Aufgestaute Wärme durch Sonneneinstrahlung wird durch fehlende Luftzirkulation verstärkt. Das lässt auch das Kaltwasser in der Wohnung aufheizen.
Wird eine Dusche, ein Waschbecken oder ein Gäste-WC selten benutzt, erwärmt sich das stagnierende Kaltwasser möglicherweise zusätzlich durch benachbarte Wasserleitungen mit einer Warmwasserzirkulation – eine riskante Kombination, vor allem bei komplexen Rohrführungssystemen. Daher sollte auf Zirkulationsleitungen in Vorwänden grundsätzlich verzichtet werden, wenn kurze Anbindungen von maximal 3-Liter-Volumen möglich sind. Dabei sind zusätzlich jedoch noch Komfortkriterien zu beachten. Besonders kritisch: sogenannte „Luxusinstallationen“ mit vielen Entnahmestellen, überlangen Fließwegen und wenig Nutzern.
Verantwortung des Vermieters
Obwohl Vermieter von Wohngebäuden mit Trinkwasser-Kleinanlagen und dezentralen Durchflusserwärmern gesetzlich bislang nicht zur regelmäßigen Untersuchung des Trinkwassers verpflichtet sind, zeigen die Ergebnisse der LeTriWa-Untersuchung, dass auch solche Installationen eine erhebliche Gefahr darstellen können. Vermieter sollten daher proaktiv handeln, um die Trinkwassergüte in ihren Immobilien zu erhalten. Da die Betreiberpflicht gemäß Trinkwasserverordnung zudem eindeutig beim Eigentümer liegt, muss er mindestens in den zentralen Bereichen der Trinkwasserinstallation dafür sorgen, dass diese keine kritischen Konzentrationen an Legionellen enthalten.
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Sensibilisierung der Mieter für die Notwendigkeit eines regelmäßigen Wasserwechsels. „Empfehlenswert ist eine entsprechende Klausel im Mietvertrag. Diese sollte zur regelmäßigen Nutzung aller Entnahmestellen verpflichten und erläutern, dass dies zum persönlichen Gesundheitsschutz notwendig ist“, rät der Hygieneexperte, Dr. Peter Arens. „Eine analoge Klausel im Mietvertrag ist zur Verhinderung von Schimmelbildung längst üblich und sollte zur Vertrags-Normalität gehören.“
Auch in leerstehenden Wohnungen darf das Wasser nicht in den Leitungen stagnieren. Vermieter müssen daher bis zur nächsten Vermietung sicherstellen, dass auch dort alle Entnahmestellen regelmäßig gespült werden. Hier können elektronische Armaturen helfen, die einen Wasserwechsel mithilfe automatischer Stagnationsspülungen zu festgelegten Intervallen ermöglichen – sinnvollerweise mit der Einstellung „72 Stunden nach letzter Nutzung“, so dass wirklich nur die hygienisch notwendigen Spülungen erfolgen, wenn der Mieter längere Zeit unterwegs ist bzw. die Wohnung über einen längeren Zeitraum leer steht.
Verantwortung des Mieters
Mieter müssen zum Erhalt der Trinkwassergüte beitragen, indem sie die regelmäßige Nutzung aller Entnahmestellen sicherstellen. Nach einer längeren Nutzungspause, beispielsweise nach einer Reise, sollte der Mieter alle Entnahmestellen möglichst gleichzeitig durchspülen. Durch die Gleichzeitigkeit der Spülung entsteht eine turbulente Strömung, die dafür sorgt, dass stehendes Wasser in den Leitungen vollständig entfernt und die Wasserqualität wiederhergestellt wird.
Fazit
Stehendes Wasser und erhöhte Temperaturen sind nicht nur in den Sommermonaten Thema, sondern stellen ganzjährig ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko dar. Der Erhalt der Trinkwassergüte ist daher keine einmalige Aufgabe, sondern erfordert dauerhaftes Mitwirken von Vermietern und Mietern.
Grundsätzlich gilt: Wer frühzeitig handelt, senkt nicht nur das gesundheitliche Risiko für die Bewohner, sondern beugt auch teuren Sanierungen und rechtlichen Konsequenzen vor. Entscheidend sind klare Verantwortlichkeiten, die Sensibilisierung der Mieter und eine Installation, die den bestimmungsgemäßen Betrieb ermöglicht. Moderne Technologien wie elektronische Armaturen mit automatisierten Stagnationsspülungen unterstützen dabei, eine dauerhaft hohe Trinkwasserqualität zu sichern.
Praxis-Tipps für Vermieter und Mieter
Vermieter:
– Regelmäßigen Wasserwechsel auch in ungenutzten Wohneinheiten sicherstellen, z.B. durch Spülpläne oder automati sierte Stagnationsspülungen
– Mieter verpflichten, alle Entnahmestellen regelmäßig zu nutzen – am Besten über eine entsprechende Klausel im Miet vertrag
– Elektronische Armaturen an zentralen Punkten der Trinkwasserinstallation, beispielsweise in der Küche oder im Gäste- WC einsetzen, um zumindest Hauptleitungen gezielt zu spülen
Mieter:
– Alle Entnahmestellen mindestens alle 72 Stunden nutzen, um Stagnation und damit verbundene Gesundheitsgefahren zu verhindern
– Nach längerer Abwesenheit alle Entnahmestellen möglichst gleichzeitig durchspülen, um stehendes Wasser vollständig zu ersetzen
– Vor dem Trinken oder Kochen Wasser laufen lassen, bis es kühl austritt: Mit dem Handrücken lässt sich die Temperatur gut überprüfen
In der Pflicht
Zur Minimierung gesundheitlicher Risiken und überhöhter Verwaltungskosten ist es empfehlenswert, eine Passage in den Mietvertrag zur verpflichtenden regelmäßigen Wassernutzung aufzunehmen. Sie sollte mindestens folgende Informationen enthalten:
– Es gibt eine gesetzliche Pflicht zum regelmäßigen Was-
serwechsel nach spätestens 72 Std. über jede Entnah-
mestelle.
– Dies dient dem Gesundheitsschutz, weil sich sonst mög-
licherweise krankmachende Bakterien (z. B. Legionel-
len) übermäßig vermehren können.
– Ein solcher Wasserwechsel ist vor allem nach einem Urlaub wichtig und keine Geldverschwendung: Man benötigt nur wenige Liter und 1 Liter kosten ca. 0,6 Cent inkl. Abwassergebühr.
– Der Vermieter kann lediglich für einwandfreies Trink-
wasser bis zum Wohnungswasserzähler sorgen – das ist sein Verantwortungsbereich.
– Ab dem Wohnungswasserzähler kann nur der Mieter für den regelmäßigen Wasserwechsel sorgen – das ist sein Verantwortungsbereich.