Wendepunkt beim Bauen: Gebäudetyp E ist ein wichtiger Schritt zu mehr bezahlbaren Wohnraum
20.11.2025Die veröffentlichten gemeinsamen Eckpunkte zum „Gebäudetyp E“ der Bundesministerien der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) sowie für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) werden von der Bayerischen Architektenkammer (www.byak.de) ausdrücklich begrüßt. Die Eckpunkte schaffen wichtige zivilrechtliche Grundlagen, um einfacheres, kostengünstigeres und innovativeres Bauen zu ermöglichen. Besonders positiv bewertet die Kammer:
Die Ankündigung konkreter Gebäudetyp-E-Verträge: Damit steht erstmals ein rechtssicherer vertraglicher Rahmen in Aussicht, um von üblichen Qualitäts- und Komfortstandards sowie von anerkannten Regeln der Technik abweichen zu können. Dies erleichtert das einfache Bauen erheblich und stärkt die Planungsfreiheit.
Die bundesweite Auswertung und Aufbereitung der 19 bayerischen Pilotprojekte: Die Eckpunkte sehen ausdrücklich vor, die bisherigen Erfahrungen systematisch aufzubereiten und öffentlich zugänglich zu machen. Das stärkt die Sichtbarkeit der in Bayern bereits erprobten Ansätze und fördert deren Übertragbarkeit.
Den vorgesehenen Ausbau von Ideen- und Realisierungswettbewerben zum Gebäudetyp E: Wettbewerbe sind ein zentraler Motor für Qualität, Innovation und baukulturelle Weiterentwicklung. Dass der Bund Wettbewerbsverfahren gemeinsam mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BImA, Ländern und Kommunen fördern will, ist ein starkes Signal.
Die gemeinsam mit dem Bayerischen Bauministerium geleistete Pionierarbeit wird so nun endlich in Bundesrecht überführt. Kammerpräsidentin Professor Lydia Haack: „Die Bayerische Architektenkammer sieht in den Eckpunkten einen wichtigen Schritt, um eine neue Einfachheit im Bauen in die Breite zu tragen – durch klarere vertragliche Grundlagen, bessere Wissensvermittlung und mehr Qualitätsprozesse. Wir setzen auf einen schnellen Gang der Gesetzgebung, damit der Gebäudetyp-e auch in der täglichen Baupraxis einen Schub für Innovation und kostengünstigeres Bauen entfalten kann. Als Initiatorin werden wir die Ausarbeitung des Gebäudetyp-E-Vertrags weiterhin ebenso engagiert begleiten wie die geplanten Fortbildungsinitiativen.“
Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen blickt ebenfalls optimistisch nach vorne.
„E, wie endlich! Die vorgestellten Eckpunkte für den Gebäudetyp E können das Fundament einer zukünftigen Bauwende in Deutschland werden. Sie markieren eine Wendemarke: die Abkehr von überteuerten, unnötig hohen Standards und bedeuten, dass Baukosten sinken können. Das sind gute Neuigkeiten für die Unternehmen der Immobilienwirtschaft und für die Bürgerinnen und Bürger“, betont BFW-Präsident Dirk Salewski in Berlin.
„Entscheidend ist die Rechtssicherheit für alle beteiligten Parteien, dies scheint angemessen berücksichtigt worden zu sein. Das kann daher der lang erwartete große Wurf werden. Wir freuen uns, denn wir haben uns für den Gebäudetyp E stark gemacht und auch mit unserem Gutachten von Rechtsanwalt Michael Halstenberg die wesentlichen Anpassungen gefordert.
Das kann eine gute, praxisnahe Reform des privaten Baurechts werden und wird günstigeres Bauen wieder ermöglichen. Mehr Menschen privates Eigentum zu ermöglichen, auch als Altersvorsorge, kann so endlich wieder in greifbare Nähe rücken“, so der BFW-Präsident.
„Die von der Bundesjustizministerin Stefanie Hubig und der Bundesbauministerin Verena Hubertz vorgestellten Eckpunkte zum Gebäudetyp E stellen einen bemerkenswerten Fortschritt im Vergleich zum Gesetzentwurf der vorherigen Regierung dar. Viele der Vorschläge der Immobilienbranche wurden berücksichtigt. Allerdings werden die Erleichterungen an die Einführung eines neuen Vertragstyps gekoppelt. Auch werden im Detail noch Fragen, z. Bsp. zum genauen Anwendungsbereich und zur Auslegung der neuen Begrifflichkeiten, zu klären sein“, sagt Michael Halstenberg, Ministerialdirektor a. D., Rechtsanwalt und Autor des BFW-Gutachtens zum Gebäudetyp E.
Für den Präsidenten der Bundesingenieurkammer, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, sind die Eckpunkte ein wichtiger Schritt zu mehr bezahlbaren Wohnraum: „Wir begrüßen den Schulterschluss der beiden Bundesministerien, um zukünftig rechtssicher vereinfacht bauen zu können. Dies ist ein wichtiges Signal, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Planerinnen und Planern gewährleisten dabei, dass sicherheitsrelevante Standards eingehalten werden, aber wo wirtschaftlich verzichtbar, kostentreibende Maßnahmen eingespart werden können.
Projekte in Hamburg und Bayern zeigen bereits, dass mit entsprechenden Vereinbarungen smarte Lösungen für kostengünstiges Bauen gefunden werden können. Mit einer entsprechenden gesetzlichen Regelung könnte das vereinfachte kostengünstige Bauen in die Breite gebracht werden.“
Bereits 2024 hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen eine praxisorientierte „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E" erarbeitet, die Bauherren und Akteure der Planungs- und Baubranche bei der Anwendung des einfachen Bauens unterstützen soll. Ergänzend dazu soll neben der Einführung eines neuen Gebäudetyp-e-Vertrages auch ein Mustervertrag für eine rechtssichere Vereinbarung erarbeitet werden.
Mit den vorgelegten Eckpunkten startet ein Stakeholder-Dialog, in den auch die Bundesingenieurkammer ihre Vorschläge einbringen wird.
Bauen muss wieder bezahlbar und einfacher werden, findet auch Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. „Dadurch steigen nicht nur die Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau, sondern Mieten werden auch wieder erschwinglicher. Denn die für 2025 angestrebten 220.000 neuen Wohnungen können und sollten weder die Politik noch die Bürgerinnen und Bürger zufrieden stellen.
Mit den Eckpunkten für den Gebäudetyp E haben die Bundesministerinnen Verena Hubertz und Stefanie Hubig den Grundstein dafür gelegt. Gut ist, dass die Eckpunkte den Kern des Problems erfassen: Eine Abkehr zur Einhaltung der sog. anerkannten Regeln der Technik. Wichtiger ist aber, dass dafür ein fundamentaler Wandel zum Ansatz der Ampel beschrieben wird. So soll anstatt einer Definition von Positiv- oder Negativlisten der zu verwendenden Normen und Anforderungen, was zu endlosen Streitigkeiten führen würde, das im Bauordnungsrecht beschriebene Schutzniveau künftig als Grundlage für den Bau von Gebäuden dienen. Alles darüber hinaus kann der Bauherr frei entscheiden. Denn so wird bereits per Gesetz ein guter Wohnkomfort erreicht, aber auf kostenintensive Gebäudemerkmale verzichtet. Das haben wir seit Beginn der Debatte gefordert, jetzt wurden wir gehört.
Ein kleiner Wermustropfen ist, dass diese wichtige Änderung nur im Rahmen eines bestimmten Vertragsmodell möglich sein soll, nicht aber grundsätzlich für einfaches Bauen in Deutschland gilt. Es muss vermieden werden, dass dadurch ein ungerechtfertigtes Stigma für eine bestimmte Gebäudeklasse entsteht.
Die Eckpunkte und Einzelheiten werden wir nun genau prüfen und uns in dem avisierten Stakeholder-Prozess beteiligen. Für den Moment bleibt aber festzuhalten, dass die Weichen richtiggestellt sind. Das Fine-Tuning wird folgen.“
