Kreislaufwirtschaft im Mauerwerksbau

Vom Weiter zum Wieder

Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Ressourceneinsparung durch die Schaffung von Kreislaufstrukturen der größte Hebel. Für das mineralische KS-Abbruchmaterial haben sich bereits verschiedene Recyclingpfade etabliert. Darüber hinaus entwickelt der Markenverbund KS-Original seit mehreren Jahren neue Prozesse für die Gewinnung und den Handel von Materialien.

Im Jahr 2022 produzierte das in Bayern ansässige Unternehmen Zapf-Daigfuss erstmals den KS-Kreislaufstein mit einem Recyclinganteil von rund 20 %. Er gleicht dem bewährten Kalksandstein in allen relevanten bauphysikalischen, technischen wie ökologischen Eigenschaften und bietet die Möglichkeit, sortenrein abgebrochenes Material sowie Schnitt- und Baureste immer wieder in den Kreislauf zurückzuführen.

Woher kommt das Material?

Zwar fordert die Zugabe von Recyclingmaterial keine Veränderung der Produktion, die vorgelagerten Prozesse sind jedoch umso komplexer, wie sich beim kürzlich abgeschlossenen Pilotprojekt des KS-Herstellers Cirkel GmbH & Co. KG zeigte. „Wir haben keine Übersicht da­rüber, wo ein Gebäude oder Kalksandsteinwände zurückgebaut werden“, so Anke Warnck, Chemieingenieurin und gemeinsam mit Prokurist Dr. Holger Müller für das Projekt verantwortlich. „Deshalb sind interdisziplinäre Allianzen wie die Partnerschaft zwischen KS-Original und Concular umso wertvoller.“

Das Team von Concular kam mit einem konkreten Rückbauprojekt auf dem Campus der TU Dortmund auf den Hersteller zu. Die Zentralbibliothek aus dem Jahr 1976 war aus energetischer Sicht ineffizient, eine Ertüchtigung unwirtschaftlich. Bis 2029 soll ein Neubau sie ersetzen. Die Vorgabe des Bauherrn, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW: die im Bestand befindlichen Baustoffe auf Wiederverwertbarkeit und Wiederverwendung prüfen.

Sortenrein trennen

Das betraf auch die Kalksandsteinwände im Untergeschoss, bestehend aus 2DF-Formaten mit einer Dicke von 115 bis 200 mm. Beim ersten Begehungstermin nahmen Warnck und Müller gemeinsam mit Harald Kurkowski von der auf mineralische Stoffkreisläufe spezialisierten Bimolab gGmbH repräsentative Stichproben der Steine mit und ohne Mörtel. Die Proben wurden durch das akkreditierte Labor, die Wessling GmbH (ALS Limited), zunächst auf Schadstoff- sowie Asbestfreiheit, organische Rückstände und Umweltverträglichkeit geprüft – mit Erfolg.

Im Sommer 2024 starteten dann Entkernung und Rückbau mit einer weiteren Herausforderung: In der Regel wird lediglich nach mineralischem Bauschutt getrennt – Kalksandstein, Beton, Ziegel und Porenbeton landen auf einem Haufen. Da beim Rückbau in Dortmund jedoch die Reinheit des Materials sichergestellt werden musste, galt es für das verantwortliche Abbruchunternehmen Stricker Holding GmbH & Co. KG sortenrein zu trennen. „Dieses Vorgehen ist bei vielen Recyclingunternehmen noch nicht etabliert, was den gesamten Prozess natürlich zeit- und kostenintensiv macht“, ergänzt Warnck. Die Kalksandsteine wurden im Anschluss in Brechanlagen zerkleinert, wodurch 190 t Material als Sekundärrohstoff gewonnen werden konnten.

Prüfung nach DIN SPEC 19458

Kalksandsteine bestehen neben Kalk und Wasser zu rund 90 % aus Sand mit unterschiedlicher Korngrößenverteilung. „Um einen möglichst festen Baustoff zu erhalten, ist es wichtig, nicht nur eine Korngröße zu verwenden“, so Müller. „Wir kombinieren feine, mittlere und grobe Sande.“ Ziel war es, eine optimale Rezeptur für neue Kalksandsteine zu entwickeln. Der als Primärrohstoff eingesetzte Sand sollte dabei zu einem Anteil von 20 bis 40 % durch das Recyclingmaterial ersetzt werden.

Die Korngröße ist nur einer der Parameter, die vor Einsatz des sogenannten RC-Materials geprüft wurden. Grundlage hierfür war die neue DIN SPEC 19458, mitinitiiert vom Bundesverband Kalksandstein e.V. sowie dem Forschungsverein Kalk-Sand e.V. „Es gibt eine Menge Störstoffe, die den Reaktionsprozess zwischen Kalk, Sand und Wasser negativ beeinflussen und etwa zu Rissen, einer verminderten Druckfestigkeit und Rohdichte führen können“, erklärt Dr. Holger Müller. „Die DIN SPEC legt deshalb unter anderem das Maximum an Störstoffen fest, die im RC-Material enthalten sein dürfen.“ Das Labor prüfte Teilmengen des gewonnenen Materials auf ihre Eigenschaften und Bestandteile – Ende 2024 konnte schließlich mit den Produktionsversuchen begonnen werden.

Die optimale Rezeptur

Produziert wurden Kalksandsteine im XL-Format in verschiedenen Wandstärken in der Druckfestigkeitsklasse 20 und der Rohdichteklasse 2.0. Die Versuche sollten vor allem Erkenntnisse darüber bringen, wie sich die Erhöhung des RC-Anteils auf die Druckfestigkeit und Rohdichte der Steine auswirkt. In den Vorversuchen testete man Rezepturen mit einem RC-Anteil von 20, 25, 35 und 40 %.

Dabei zeigte sich, dass die Steindruckfestigkeit – eine der wesentlichen Eigenschaften des massiven Baustoffs – mit zunehmender Menge an Recyclingmaterial abnahm, dabei aber immer noch deutlich über den Werten anderer Mauerwerksprodukte lag. Bei einem RC-Anteil von 20 % ergab sich die Druckfestigkeitsklasse 20, bei 40 % die Festigkeitsklasse 16. Ebenso verhielt es sich bei der Rohdichte der Steine, die ab 25 % RC-Anteil die Rohdichteklasse 1,8 erreichten.

Letzten Endes entschied man sich für einen Recyclinganteil von 25 %. Am Standort Wickede wurden die KS-XL Rastersteine schließlich in verschiedenen Wandstärken produziert. Optisch besitzen sie eine leichte Marmorierung, die aber keinen negativen Einfluss auf die Verwendung hat.

Bereits im August dieses Jahres wurden sie auf einer Baustelle in Hamm im Rahmen der Errichtung eines sozial geförderten, viergeschossigen Wohnungsbaus mit 20 Wohneinheiten verarbeitet. Die Fertigstellung des Bauvorhabens ist für Sommer 2026 vorgesehen.

Das Forschungsprojekt ist damit allerdings noch nicht abgeschlossen. Denn das RC-Material wird auch noch auf seinen Recarbonatisierungsgrad untersucht. Dieser gibt Aufschluss über die Menge des in den Steinen gebundenen Kohlenstoffdioxids, das maßgeblichen Einfluss auf die CO2-Bilanz der neuen KS-Kreislaufsteine hat.

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