Raus aus der Wohnungsbaukrise
– aber jetzt!

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Vor kurzem gab die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz ein Interview, in dem sie die Wohnungsneubau-Zahlen von 2024 (251.900) als „Vollkatastrophe“ bezeichnet und ihr durchaus ambitioniertes Ziel, Baukosten halbieren zu wollen, verkündete. Dem ersten Punkt ist beizupflichten, beim zweiten Punkt bin ich skeptisch. Kostensenkungen sind mit den richtigen politischen Maßnahmen ganz sicher möglich – wenn auch wohl nicht in dieser Größenordnung.     

Es fehlen Wohnungen – eine ganze Menge Wohnungen. Und deshalb brauchen wir jetzt auch den in Beton gegossenen politischen Willen, die notwendigen Schritte zu gehen. Lösungen liegen auf dem Tisch – man muss sie nur entschlossen anpacken.

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung gibt grundsätzlich die richtige Richtung vor: mehr bauen, schneller bauen, günstiger bauen. Doch es braucht dann eben Maßnahmen, die jetzt wirken. Der „Bau-Turbo“ ist ein wichtiger erster Schritt, er kann aber nur ein Baustein in einer Reihe von Erleichterungen und Vereinfachungen sein, die noch kommen müssen.

Was geht noch?

Der sogenannte Bauüberhang – also genehmigte, aber nicht gebaute Wohnungen – ist groß. Wenn man nun den Effizienzhaus-55-Standard (EH55) wieder förderfähig machte, könnten viele dieser Projekte endlich realisiert werden. Und wer bereits eine Förderzusage in der Tasche hat, sollte zumindest fünf Jahre Zeit zur Umsetzung des Projekts bekommen. Das schafft Planungssicherheit – für Bauherren, Investoren und hilft Mieterinnen und Mietern.

Auch der Traum vom Eigenheim darf kein Traum bleiben. Eine steuerliche Absetzbarkeit der Erwerbsnebenkosten wäre ein echter Gamechanger für selbstnutzende Eigentümer. Und warum sollte der Staat nicht mit Bürgschaften einspringen, wenn es darum geht, jungen Familien das nötige Eigenkapital zumindest teilweise zu ersetzen? Andere Länder machen es längst vor.

Gleichzeitig brauchen wir eine Baukultur, die nicht von Normen und Detailverliebtheit erstickt wird. Ein neues Gebäudetyp-E-Gesetz könnte helfen, das Bauen wieder einfacher und günstiger zu machen. Dabei müssen auch Verbraucher-Verträge berücksichtigt werden – sonst bleibt der Effekt auf halber Strecke stecken. Normen, die keinen echten Mehrwert bringen, gehören nicht nur auf den Prüfstand, sondern abgeschafft.
Zudem brauchen wir einen Paradigmenwechsel beim Klimaschutz im Gebäudesektor: Weg von reiner Energieeffizienz, hin zu tatsächlicher Emissionsvermeidung. Das aktuelle Gebäudeenergiegesetz (GEG) muss überarbeitet werden – nicht in homöopathischen Dosen, sondern mit Blick auf Planungssicherheit und CO₂-Wirkung.

Auch steuerlich muss mehr passieren: Wer energetisch modernisiert, darf nicht dafür bestraft werden. Investitionen in den Bestand sollten sofort oder zumindest beschleunigt abgeschrieben werden können. Gleichzeitig sollten individuelle Sanierungsfahrpläne für Mehrfamilienhäuser und Beratungsangebote für Wohnungseigentümergemeinschaften massiv gestärkt werden. Der Staat muss hier Strukturen schaffen, die motivieren – nicht frustrieren.

Und schließlich: Die soziale Wohnraumförderung ist das Rückgrat einer gerechten Wohnungspolitik. Wer ernsthaft bezahlbaren Wohnraum schaffen will, muss die Fördermittel deutlich aufstocken – nicht irgendwann, sondern jetzt.

Die Werkzeuge liegen bereit. Es liegt an der Politik, sie jetzt auch zu benutzen. Es ist Zeit, zu handeln, heute – für das Zuhause von morgen.

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