Hemmnisse beim Wohnungsneubau abbauen

In einer Serie mit dem BMUB präsentieren wir Projekte aus der Bauforschung. In Teil 30 geht es um „Aktuelle Trends der Woh­­nungs­bautätigkeit in Deutschland – Wer baut wo welche Wohnungen?“

Angebotsengpässe sorgten in den letzten Jahren in zahlreichen dynamisch wachsenden Städten und Regionen für teils deutlich steigende Wohnungsmieten und Immobilienpreise. Viele dieser Wachstumskommunen haben zunehmend Probleme, den von Arbeitsmärkten und durch Zuzug ausgehenden Nachfragedruck auf den Wohnungsmärkten durch Erhöhung der Neubauzahlen aufzufangen.

Von daher ist es eine wichtige wohnungspolitische Aufgabe, die Rahmenbedingungen für Wohnungsbauinvestitionen laufend zu überprüfen und wenn nötig zu verbessern. Das setzt jedoch eine differenzierte Kenntnis der realisierten Wohnungsbauprojekte und der dahinterstehenden Investitionsbedingungen und -entscheidungen voraus. Der Wohnungsneubau wird in Deutschland flächendeckend über die Bautätigkeitsstatistik in den Statistischen Ämtern der Länder und des Bundes dokumentiert. Für die wohnungspolitischen Informationsbedarfe fehlen hier allerdings einige differenzierende Merkmale. Dazu gehören Informationen zu Segmentierungen und Bauformen des Neubaus, innerstädtische Lagezuordnungen, Art der Genehmigungsverfahren und die Zuordnung von Investoren- und Eigentümertypen.

Differenzierte Neubauinformationen erforderlich

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hat zusammen mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) das Beratungsinstitut Quaestio beauftragt, das Ressortforschungsprojekt „Aktuelle Trends der Wohnungsbautätigkeit in Deutschland – Wer baut wo welche Wohnungen?“ durchzuführen. Die Studie zeigt die Situation des Wohnungsneubaus in den Regionen Deutschlands, welche Hemmnisse beim Wohnungsneubau in fünf prosperierenden Fallstudienstädten bestehen und wie die aktuellen Herausforderungen der Angebotsausweitung in den Kommunen angegangen werden. Daraus leiten die Autoren wohnungs- und stadtentwicklungspolitische Handlungsempfehlungen ab.

Baugenehmigungen ziehen deutlich an

Gerade die Baugenehmigungszahlen für Wohnungen haben in den letzten Jahren deutlich zugelegt. So wurden mit einem Anstieg von 22 % im Jahr 2016 gut 375.000 Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden genehmigt. Geschosswohnungen zeigen sich hier mit einer Zunahme von 27 % besonders dynamisch. Deren Realisierung erfolgt vor allem in wachsenden Städten und Umlandgemeinden.

Die Fertigstellung genehmigter Wohnungen hinkt aber trotz Anstiege in den letzten Jahren zunehmend hinterher. Bei 313.000 genehmigten Wohnungen im Jahr 2015 wurden nur knapp 248.000 Wohnungen realisiert. Das reicht nicht aus, um den bis zum Jahr 2020 erwarteten Neubaubedarf von 350.000 bis 400.000 Wohnungen jährlich zu decken. Daher ist es wichtig, zu wissen, welche Hemmnisse bei der Realisierung von Neubauprojekten bestehen und wie sie nachfragegerecht realisiert werden können.

Handlungsansätze in Beispielkommunen

Die in der Studie untersuchten Städte Aachen, Düsseldorf, Dresden, Freiburg und Nürnberg reagieren auf die sich verengenden Märkte mit wohnungspolitischen Maßnahmen. Das verbindet sich in aller Regel mit der Aktualisierung oder Neuaufstellung wohnungspolitischer Handlungskonzepte. Außerdem versuchen die Städte den preisgünstigen und den geförderten Wohnungsneubau zu forcieren.

Dazu wurden etwa Mindestquoten für den geförderten Wohnungsbau auf kommunalen wie auf privaten Wohnungsbaugrundstücken eingeführt oder ausgeweitet. Bei den kommunalen Wohnungsunternehmen wurden Maßnahmen ergriffen, die den Wohnungsneubau stärken sollen. Im betrachteten Untersuchungszeitraum konnten in den Beispielstädten die Zielzahlen neu gebauter Wohnungen allerdings noch nicht erreicht werden.

Kleinteiliger Wohnungsneubau in den Fallstädten

Der Wohnungsneubau erfolgte in den untersuchten Fallstudienstädten kleinteilig mit einer hohen Dominanz der Innenentwicklung, wobei die Innenentwicklungsreserven als Ergebnis der jüngeren Nachfrageentwicklungen zunehmend aufgezehrt sind und dadurch neue Restriktionen für eine Ausweitung des Neubaus entstehen. In Freiburg und Aachen werden in der Konsequenz daraus wieder größere Baugebiete am Stadtrand als Außenentwicklungsmaßnahmen vorbereitet.

Die Ausgestaltung des Wohnungsneubaus ist maßgeblich durch die Struktur und Lage der verfügbaren Wohnungsbaugrundstücke geprägt. Die Städte mit einem höheren Anteil von Reserven in einfachen und mittleren Lagen können insofern auch zu einem höheren Anteil Wohnungsneubau in mittleren Preisniveaus realisieren. In der Folge der erhöhten Baukosten sind die Einstiegspreise jedoch insgesamt gestiegen. Der Bau von Wohnungen im unteren Preissegment wird in den wachsenden Städten zunehmend schwieriger.

Investoren treffen auf verschiedene

Neubauhemmnisse

Die befragten Investoren vor Ort bestätigen die diskutierten Hemmnisse des Wohnungsneubaus. Als zentrale Restriktion zeigt sich der Mangel an geeigneten und bezahlbaren Wohnungsbaugrundstücken. Die auf den preiswerten Wohnungsbau fokussierten, sozial orientierten Unternehmen berichten in der Regel, aus der Grundstücksakquisition ausgestiegen zu sein und den Wohnungsneubau lediglich auf eigenen Grundstücksreserven vorantreiben zu können. Die befragten Projektentwickler und Bauträger sehen sich einem enormen Wettbewerb um knappe Grundstücke ausgesetzt.

Als Folge der konjunkturellen Belebung des Wohnungsneubaus sind vielfach sowohl die internen als auch die externen Kapazitäten bei Planungsbüros und in der Bauwirtschaft ausgelastet. Die Bereitschaft zum Kapazitätsausbau ist aufgrund der damit verbundenen Risiken nur eingeschränkt vorhanden.

Der Wohnungsneubau muss sich zunehmend komplexeren Abstimmungs- und Abwägungsaufgaben stellen. In diesem Zusammenhang machen sich auch vermehrt bürgerschaftliche oder nachbarschaftliche Widerstände gegen Neubauprojekte bemerkbar. Die daraus entstehenden Verzögerungen, Unsicherheiten und die resultierenden inhaltlichen Forderungen an den Wohnungsneubau wirken hemmend auf eine rasche Angebotsausweitung mit bezahlbaren Wohnungen.

Die Eigen- ebenso wie die Fremdkapitalverfügbarkeit werden hingegen nicht als Hindernisse für Projektentwicklungen gesehen. Kapital ist vorhanden. Die anhaltend niedrigen Finanzierungszinsen lassen Immobilien weiterhin als Anlageform attraktiv aussehen.

Maßnahmen zur Unterstützung des Neubaus

Die aus den Fallstudien abgeleiteten Empfehlungen zur Ausweitung des der Nachfrage entsprechenden Wohnungsangebots beziehen sich auf verschiedene politische Ebenen. Die Kommunen haben hier eine besondere Stellung. Die angespannten Marktsituationen in vielen Wachstumsstädten bedürfen einer überzeugten und guten Verankerung wohnungsbaupolitischer Ziele in der Stadtentwicklungs- und Kommunalpolitik.

Bei der Innenentwicklung müssen verschiedene Strategien ineinander wirken. Dies betrifft eine bessere bau- und planungsrechtliche Be­­­­­­­rücksichtigung von Innenentwicklungsproblemen wie konkurrierenden Nutzungsansprüchen und nachbarschaftlichen Widerständen, spezifischen Förderanreizen und nicht zuletzt einem auf Innenentwicklungsaufgaben besser abgestimmten Verwaltungshandeln. Die klassische Stadterweiterung bei knappen Innenentwicklungspotenzialen ist eine weitere Möglichkeit der Nachfrageanpassung und benötigt dafür eine entsprechende Akzeptanz.

Wichtig ist dabei auch, mit den Nachbarkommunen und mit Unterstützung der Länder gemeinsame Siedlungsflächenplanungen und Infrastrukturentwicklungen voranzutreiben. Eine verbesserte steuerrechtliche Behandlung von Grund und Boden mit dem Ziel einer Verteuerung untergenutzter Grundstücke würde den Wohnungsneubau ebenfalls stärken.

Nachfrage dauerhaft im Blick behalten

Neben dem Neubau sind die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum im Gebäudebestand durch Aufstockungen und die Umwandlung von Nicht-Wohngebäuden weitere wichtige Ansätze zur Angebotsausweitung. Hierzu bieten sich in den Städten noch Potenzia­­le, wie die BBSR-Studien „Potenziale und Rahmenbedingungen von Dachaufstockungen und Dachausbauten“ und „Umwandlung von Nichtwohngebäuden in Wohnimmobilien“ ge­­zeigt haben. Diese Maßnahmen der Innenentwicklung bieten die Möglichkeiten, vorhandene Ressourcen und Infrastrukturen zu nutzen und Flächenneuinanspruchnahmen zu verringern. Neben den Bedarfen und vorhandenen Nachholbedarfen in den Städten und Regionen muss auch die mittelfristige Nachfrage im Blick behalten werden. Die Ausweitung des Neubaus darf nicht über das Ziel hinausschießen und somit künftige Überangebote schaffen.

Alexander Schürt, Dipl.-Geograph
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
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