Smarte Energiewende in der Wohnimmobilie
Die Digitalisierung des Gebäudesektors ist wichtiger Baustein einer erfolgreichen Energiewende. Durch eine intelligent vernetzte Wohnimmobilie können sowohl der Verbrauch von Wärme und Strom als auch die Erzeugung von Energie gemanagt werden. Gebäudeeigentümern und Bewohnern kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Noch sind smart vernetzte Mehrparteienhäuser eine Seltenheit. Aber die Richtung ist klar. Deutschland hat sich und damit auch den Gebäudesektor verpflichtet, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Dafür wird es nicht ausreichen, Bestandsgebäude energetisch zu sanieren und nach Standards des KfW-Effizienzhauses 40 neu zu bauen. Der flächendeckende Einsatz von Anlagen für erneuerbare Energien und eine smart vernetzte Wohnimmobilie sind unabdingbar. Die ersten Schritte gehen wir heute schon – Gesetzgebung und Innovation leiten den Weg.
Fernablesbarkeit und Transparenz
Den ersten Schritt in Richtung Digitalisierung gibt die Heizkostenverordnung (HKVO) vor: bis Ende 2026 müssen Gebäudeeigentümer ihre Mehrparteienhäuser mit fernablesbaren Verbrauchserfassungsgeräten für Wärme und Wasser – wie Heizkostenverteiler, Warmwasserzähler und Wärmemengenzähler – inklusive entsprechender Funkinfrastruktur ausgestattet haben. Sie sind zudem in der Pflicht, den Bewohnern deren Heiz- und Warmwasserbrauch monatlich mitzuteilen – über die sogenannte unterjährige Verbrauchsinformation (UVI). Die UVI wird in der Regel vom Messdienstleister erstellt, der diese auf verschiedenen Wegen anbietet: digital z.B. über ein Online-Bewohnerportal, eine Bewohner-App, als PDF zum Download im Kundenportal oder auch
via Schnittstellen, welche die Einbindung in eigene wohnungswirtschaftliche Systeme ermöglichen.
Durch die digitalisierten Ableseprozesse und die damit einhergehende unterjährige Verbrauchsinformation erhalten die Bewohner eine bisher nicht dagewesene Transparenz über ihr Verbrauchsverhalten. Sie sehen regelmäßig, wie viel sie verbraucht haben und können Vergleiche abrufen – mindestens zum Vormonat, zum Vorjahresmonat sowie zu Verbräuchen vergleichbarer Nutzer. Ziel ist es, die Bewohner durch die UVI für eine bewusste Ressourcennutzung zu sensibilisieren und zu motivieren, weniger zu verbrauchen.
Interoperabilität, SMGW und HEMS
Den zweiten Schritt in Richtung Digitalisierung regelt eine weitere Vorgabe der HKVO: Seit dem 1. Dezember 2022 dürfen nur noch Verbrauchserfassungsgeräte eingebaut werden, die interoperabel, sprich von Drittanbietern auslesbar, sind und sicher an ein Smart-Meter-Gateway (SMGW) als Kommunikationsmodul angeschlossen werden können. Durch die Interoperabilität soll der Wechsel des Messdienstleisters vereinfacht und damit der Wettbewerb im Submetering gestärkt werden.
Einen dritten Schritt bringt das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende mit. Das Gesetz sieht vor, dass „intelligente Messsysteme“ (gemeinhin auch „Smart Meter“ genannt), also digitale Stromzähler, die an ein SMWG angeschlossen sind, beschleunigt installiert werden. Bis 2032 sollen Smart Meter flächendeckend zum Einsatz kommen. Dabei nimmt das SMGW die Rolle der zentralen und hochsicheren Kommunikationszentrale ein, die nicht nur Stromverbräuche übermittelt. Neben dem Stromzähler lassen sich u.a. Gaszähler, Mess- und Erfassungsgeräte aus dem Submetering, IoT‑Anwendungen und Photovoltaikanlagen sowie Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, teils über Adapter, an das SMGW anbinden.
Der Einbau eines intelligenten Messsystems (iMSys) ermöglicht es, Stromverbrauch und ‑einspeisung digital zu steuern. Auch dynamische Stromtarife können darüber abgebildet werden. D.h. der Bewohner kann dann Strom nutzen, wenn er besonders günstig ist, z.B. bei Stromüberschuss und spart durch einen günstigeren Tarif in diesem Zeitraum Kosten. Das soll dazu anregen, dass mehr Strom zeitgleich zur Erzeugung verbraucht wird und weniger Speicherkapazitäten benötigt werden.
Durch eine regelmäßige Weiterleitung von Verbrauchsdaten ermöglicht das iMSys Transparenz über Stromverbräuche sowohl für die Hausbewohner als auch für Netzbetreiber. Die genaueren und häufigeren Daten zum Verbrauch privater Haushalte helfen den Netzbetreibern u.a. bei der Einbindung erneuerbarer Energien aus Sonne und Wind. Diese unterliegen weitaus größeren
Schwankungen als die herkömmliche Stromerzeugung. Durch die Datentransparenz können die Betreiber so die Netzstabilität gewährleisten.
Ein vierter Schritt ist die lokale Vernetzung und Kommunikation innerhalb der Wohnimmobilie: das Home-Energy-Management-System (HEMS). Dies steuert z.B. die Wärmepumpe eines Hauses prognosebasiert und unter Berücksichtigung dezentraler Erzeugungsanlagen. Ein anderes Beispiel ist die Steuerung von Photovoltaikanlage und Ladeinfrastruktur. Vereinfacht gesagt: Das HEMS sorgt dafür, dass das Elektroauto dann geladen wird, wenn die Solarmodule Strom produzieren. Auch Wettervorhersagen (Sonneneinstrahlung) werden vom HEMS berücksichtigt.
Smart Heizen
Der größte CO2-Emittent im Gebäude ist die Heizung bzw. das Heizsystem. Die genannten Schritte in Richtung smarte Energiewende – Einsatz von Wärmepumpen, Versorgung mit Strom aus Erneuerbaren, intelligente Vernetzung, Steuerung und Management – werden hier für erhebliche Veränderungen sorgen. Wahr ist aber auch, dass dies Zeit braucht. Mit Blick auf Handwerkerkapazitäten, Materialverfügbarkeiten, aktuell vorhandene Stromnetze, Kosten, also Finanzierbarkeit, etc. sind daher zusätzlich geringinvestive Lösungen gefragt, die zeitnah und unkompliziert im Bestand umgesetzt werden können. Eine innovative Lösung sind speziell für die Wohnungswirtschaft – und damit für den Einsatz in Mehrparteienhäusern – entwickelte smarte Thermostate.
Sie vereinen die Vorteile der herkömmlichen Geräte, wie Heizzeitpläne und eine automatische Fenster-offen-Erkennung, mit den zusätzlichen Möglichkeiten, die sich durch den flächendeckenden Einsatz im Wohngebäude ergeben. Aus dem intelligenten Begleiter für das Management der Raumtemperatur in einzelnen Wohnungen wird ein Smart-Heating-System für das ganze Gebäude. Ein zusätzlicher Vorteil: Die Vollausstattung ermöglicht den regelmäßigen hydraulischen Abgleich des Heizungssystems. Womit wir bei einer weiteren Gesetzgebung wären, denn u.a. das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verpflichtet Gebäudeeigentümer hierzu.
Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass die richtige Wassermenge zur richtigen Zeit am richtigen Ort fließen kann, sodass sich die Wärme gleichmäßig auf die Heizkörper verteilt und unnötiger Verbrauch vermieden wird. Während die konventionelle Methode des hydraulischen Abgleichs relativ aufwendig und mit einem Handwerkstermin verbunden ist, ist der der smarten Thermostate kostengünstiger, weniger aufwendig und unabhängig von der Verfügbarkeit von Fachkräften. Zudem ist das Verfahren adaptiv, das heißt, der hydraulische Abgleich wird nicht nur einmalig vorgenommen, sondern findet kontinuierlich statt.
Fazit
Durch die intelligente Vernetzung der Wohnimmobilie werden Verbrauch und Erzeugung von Energie gemanagt. Dies reduziert den Ressourcenverbrauch und die Treibhausgasemission. Die Einbindung von dezentralen erneuerbaren Erzeugungsanlagen sowie der Einsatz smarter Thermostate sorgen für weitere erhebliche Effizienzpotenziale. All dies bildet sich in der CO2-Gebäudebilanz ab. Die smarte Energiewende in der Wohnimmobilie ist also ein großer Schritt in Richtung Klimaneutralität.