Einfach schadstoffarm bauen!

Traditionelles Bauen

Im traditionellen, historischen Bauen wurden bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Baustoffe überwiegend aus der örtlichen Umgebung entnommen. Dabei wurden die einzelnen Baustoffe weitgehend sortenrein gewonnen und ohne aufwendige industrielle Verarbeitung und chemische Behandlung in handwerklichen Prozessen aneinandergefügt. In der Regel erfüllten diese Bauteile ihre Funktion ohne Zusatz von sog. chemischen Hilfsstoffen.

Bauen nach heutigen Maßstäben

Eine moderne Bau- und Baustoff-Industrie versorgt uns heute regional unabhängig mit einer Vielzahl unterschiedlicher Baustoffe und Materialien, die häufig komplex zusammengesetzt sind, um unseren gestiegenen Ansprüchen an technische Perfektion, Optimierung und Effizienzsteigerung des Bauprozesses gerecht zu werden. Dabei sind die Menge der Bestandteile und Inhaltsstoffe ständig gestiegen und ihre Zusammensetzung oftmals nicht mehr transparent und nur schwer feststellbar für Nutzende. Durch die industriellen Fertigungs- und Verarbeitungsprozesse sowie aus Funktionsgründen enthalten Baumaterialien heute u. U. Bestandteile, von denen Risiken für die ‚lokale‘, sozusagen unmittelbar mit dem Gebäude in Berührung kommende Umwelt ausgehen können.

Die Notwendigkeit klimaeffizient zu bauen, erfordert anspruchsvolle Baukonstruktionen und luftdichte Gebäude. Der Prozess der Material- und Bauproduktwahl für Bauteile ist somit komplexer geworden. Um unsere Anforderungen an bauphysikalische Ansprüche wie Schall-, Wärme-, Brand- und Feuchteschutz zu erfüllen, wurden vielschichtige Bauteilaufbauten erforderlich. Diese bedingen bspw. bauchemische Zusätze in sog. Gebinden wie Beschichtungen oder das Verkleben von Materialien zur Abdichtung oder zur Fügung von verschiedenen Bauteilschichten. Das Bauen energieeffizienter, luftdichter Gebäude gekoppelt mit Emissionen aus Baustoffen hat unweigerlich Auswirkung auf die Innenraumluftqualität. Einzelne dieser Emissionen, die bei den undichten Gebäuden der Vergangenheit ignoriert werden konnten, stellen nun eine Belastung für die Nutzenden der Gebäude dar.

Neue Planungsgrundlagen für mehr Materialökologie

Unser gewachsenes Wissen zu bspw. Schad- und Giftstoffen für die unmittelbare Umgebung, Luft, Wasser, Boden und den daraus resultierenden Risiken für Umwelt und Gebäudenutzer verlangen eine differenzierte Betrachtung und Auswahl der einzubauenden Materialien und deren Inhaltstoffe, um unserem Anspruch an Arbeitsschutz, Wohngesundheit und Umweltschutz Rechnung zu tragen.

Die bisherigen Planungsgrundlagen reichen nicht mehr aus, um die notwendigen schadstoffarmen bzw. sehr schadstoffarmen Bauresultate zu erzielen, die den allgemein anerkannten Standards an Gebäudehygiene, Energieeffizienz und Umweltschutz gerecht werden. Wie definiere ich also bereits in der Planung Ziele für mein Gebäude, um die Nutzenden möglichst wenigen Schadstoffen auszusetzen? Wie schreibe ich diese Ziele aus? Wie prüfe und dokumentiere ich die geplante Qualität mit der umgesetzten Bauleistung?

Das Nachhaltigkeitskriterium BNB_1.1.6 „Risiken für die lokale Umwelt“ des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen definiert materialökologische Anforderungen an Bauprodukte, die sicherstellen, dass die Risiken für die lokale Umwelt wie Grund- und Oberflächenwasser, Boden und Luft hinreichend reduziert oder ausgeschlossen werden. Es spezifiziert Vorgaben für die Dokumentation der eingebauten Baustoffe, wodurch die Qualität der Planungsleistung sichergestellt wird. WECOBIS, das Online-Informationsportal zu Umwelt- und Gesundheitsaspekten von Baustoffen, stellt zur Umsetzung dieser Anforderungen im Planungs- und Ausschreibungsprozess Textbausteine zur Verfügung. Damit können die Anforderungen zum schadstoffarmen Bauen einfacher in Leistungsverzeichnissen umgesetzt werden.

„Schadstoffarm“ einfacher ausschreiben mit STLB-Bau Release 2025-04

Im Bundesbau sind öffentliche Auftraggeber gehalten, für die Erstellung von Leistungsbeschreibungen bei der Ausschreibung von Bauleistungen STLB-Bau zu verwenden (www.stlb-bau-online.de). Sofern Anforderungen gemäß BNB_1.1.6 ausgeschrieben werden sollen, mussten Anwender eigenständig Textbausteine aus dem BNB Kriteriensteckbrief ableiten und formulieren oder die WECOBIS-Textbausteine kopieren und als Hinweistexte an entsprechender STLB-Bau-Position einfügen. Dies beeinträchtigte die Effizienz des Ausschreibungsprozesses.

Der Prozess des Ausschreibens kann nun durch die neu im STLB-Bau Release 2025-04 verfügbaren Textbausteine erheblich vereinfacht und optimiert werden. Mögliche Fehlerquellen, die bei der Übertragung der Texte entstehen konnten, werden reduziert. Durch eine Zuordnung der besonders relevanten Materialanforderungen zu den einzelnen Leistungsbereichen wird der Rechercheaufwand geringer. Für die Umsetzung der BNB_1.1.6-Anforderungen in Leistungsverzeichnissen können, bei ausreichender Kenntnis des BNB-Systems, Planende und Ausschreibende gegebenenfalls auf zusätzliche Schadstoff-Experten verzichten.

In „Allgemeine Standardbeschreibungen (Vorbemerkungen)“ wurden sämtliche BNB-Anforderungen sowie die für alle relevanten Leistungsbereiche geltenden Anforderungen wie die Dokumentations- und Deklarationsanforderungen aufgeführt. Die gemäß Kriterium relevanten Datensätze wurden für die nachfolgend aufgeführten 27 Leistungsbereiche von STLB-Bau erstellt und sind ab dem Release 2025-04 für Planende anwendbar:
 
012 Mauerarbeiten, 013 Betonarbeiten, 014 Natur-, Betonwerksteinarbeiten, 016 Zimmer- und Holzbauarbeiten, 017 Stahlbauarbeiten, 018 Abdichtungsarbeiten, 020 Dachdeckungsarbeiten, 021 Dachabdichtungsarbeiten, 022 Klempnerarbeiten, 023 Putz- und Stuckarbeiten, Wärmedämmsysteme, 024 Fliesen- und Plattenarbeiten, 025 Estricharbeiten, 026 Fenster, Außentüren, 027 Tischlerarbeiten, 028 Parkett-, Holzpflasterarbeiten, 030 Rollladenarbeiten, 031 Metallbauarbeiten, 032 Verglasungsarbeiten, 034 Maler- und Lackierarbeiten – Beschichtungen, 035 Korrosionsschutzarbeiten an Stahlbauten, 036 Bodenbelagarbeiten, 037 Tapezierarbeiten, 038 Vorgehängte hinterlüftete Fassaden, 039 Trockenbauarbeiten, 081 Betonerhaltungsarbeiten, 082 Bekämpfender Holzschutz

Die Anforderungen des BNB-Kriteriums zum schadstoffarmen Bauen sind bei Bundesbauten ab einer Investitionssumme von zwei Millionen Euro verpflichtend einzuhalten. Entsprechend erfüllt die Abbildung dieser Anforderungen in STLB-Bau auch einen legitimen Anspruch der Nutzer, diese dort auch zu finden. Die Integration der Anforderungen ermöglicht – bei aller Komplexität der Materialwahl – einfach schadstoffarm bauen für alle.