Serielles und modulares Bauen erlebt eine Renaissance

Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu mehr bezahlbarem Wohnraum.

Die Veranstaltung „Zwischenbilanz zur Förderung serieller und modularer Bauweisen im Rahmen der Wohnraumoffensive“ am 19. März 2021 beleuchtete die bisherigen und noch geplanten Aktivitäten des Bundes in diesem Bereich.

Insbesondere in den Ballungsräumen herrscht eine hohe Nachfrage nach Wohnraum. Als ein Baustein der Wohnraumoffensive von Bund, Ländern und Kommunen soll das serielle und modulare Bauen einen Beitrag zur Schaffung von Wohnraum leisten. Das Bauen in Serie mit hochstandardisierten und oft vorgefertigten Bauelementen erlebt aus Sicht der Beteiligten eine „Renaissance“ im Wohnungsbau.

Eine wichtige Maßnahme zur Förderung dieser Bauweisen ist die Rahmenvereinbarung „Serielles und modulares Bauen“ des GdW, welche von der Bundesregierung unterstützt und mit einer Evaluierung wissenschaftlich begleitet wird. Erste Zwischenergebnisse aus der Evaluierung zeigen, dass die Nachfrage nach seriellen und modularen Bauweisen bei den Wohnungsunternehmen stetig zunimmt. Inzwischen sind über 1.200 Wohneinheiten aus der Rahmenvereinbarung beauftragt bzw. geplant. Diese Bauvorhaben sind vorrangig in den Ballungsräumen Berlin, Frankfurt und Stuttgart realisiert worden. Die Ergebnisse aus der Akteursbefragung bei Wohnungsunternehmen, an der sich rund 180 Unternehmen unterschiedlicher Größe beteiligt haben, heben als Vorteile die kurze Bau- und Fertigungszeit hervor. Als Nachteile der Bauweisen wurden häufig eine geringe Flexibilität bei Anpassungen und eine geringe gestalterische Qualität genannt. Jedoch hatten nicht alle Unternehmen, die geantwortet haben, bereits selbst serielle oder modulare Bauvorhaben realisiert. 

Herausforderungen bei der Etablierung der

Bauweisen

Diese differenzierte Haltung bestätigt sich in der Diskussionsrunde mit Barbara Ettinger-Brinckmann (BAK), Axel Gedaschko (GdW), Thies Langholz (BImA) und Hilmar von Lojewski (DST). Es sei zu beobachten, dass die anfängliche Skepsis seitens der Wohnungsunternehmen inzwischen einer wachsenden Zustimmung zur Rahmenvereinbarung und zu den Bauweisen gewichen ist. Allerdings konnten im Zuge des Verfahrens nicht alle Wünsche der verschiedenen Interessengruppen berücksichtigt werden. Etwa im Hinblick auf die Ausschreibung der Rahmenvereinbarung bestanden auf Seiten der Architekten Vorbehalte. Insbesondere die Komplexität des Verfahrens und die veränderte Rolle im Planungs- und Bauprozess wurden als Hemmnis wahrgenommen. In puncto baulicher und gestalterischer Qualität konnten mit den in der Rahmenvereinbarung realisierten Systemkonzepten gute Ergebnisse erzielt werden. Die eher skeptische Haltung einiger Kommunen lässt sich zum Teil auf Kritik gegenüber in diesen Bauweisen errichteten Großwohnsiedlungen der 1960er bis 1980er Jahre zurückführen. Eine frühzeitige und offene Kommunikation mit den Kommunen trägt dazu bei, Akzeptanzprobleme abzubauen und die Vorteile der Bauweisen in den Vordergrund zu rücken. Vor allem bei Nachverdichtungen in Form von Aufstockungen oder Lückenschließungen kommen die Bauweisen bisher selten zum Einsatz. Ortspezifische Anpassungen können bei Nachverdichtungen zu Kostensteigerungen führen und relativieren mögliche Skaleneffekte. Generell gilt, dass die technischen und wirtschaftlichen Potenziale der Bauweisen noch konsequenter ausgeschöpft werden müssen.

Potenziale der Bauweise stärker ausschöpfen

Im weiteren Diskussionsverlauf standen Nachhaltigkeitsaspekte in gestalterischer, sozialer und ökologischer Hinsicht im Fokus. Die Bauweise bietet durch die Vorfertigung weitere Vorteile, wie zum Beispiel eine „saubere Baustelle“. Die Diskussion verdeutlicht, dass das Bauen nicht nur rein über Kosten zu betrachten ist. Die Investitionen zu Anfang können über den gesamten Lebenszyklus amortisiert werden. Das serielle und modulare Bauen bietet in diesem Kontext die Chance zur „ehrlichen Bilanzierung“. Gleichermaßen stellen die bessere Planbarkeit durch die Vorfertigung im Hinblick auf den gesamten Lebenszyklus und die Wiederaufbereitung der Ressourcen weitere Vorteile der Bauweisen dar.

In der weiteren Diskussion mit Prof. Dr.-Ing. Jutta Albus (TU Dortmund), Marcus Becker (HDB),Felix Pakleppa (ZDB) sowie Dr.-Ing. Alexander Renner (BMWi) wird die Digitalisierung – insbesondere beim seriellen und modularen Bauen – als eine Chance gesehen, die Schnittstellen zwischen den Bau- und Planungsprozessen und den beteiligten Akteuren optimal zu nutzen. Durch die Einbindung von BIM bzw. eines Digitalen Zwillings können alle Projektbeteiligten von der Planung bis zur Fertigung gemeinsam am Modell des entstehenden Gebäudes arbeiten. Die frühzeitigere Berücksichtigung der Fertigung ermöglicht optimierte Prozesse und einen effizienten Ressourceneinsatz. Zusätzlich können Automatisierung und der Einsatz von Robotik zu einer noch höheren Präzision im Fertigungsprozess beitragen. Durch die zunehmende Anwendung digitaler Technologien können sich Flexibilität, Variabilität und Individualität bei der Gestaltung stärker entfalten. Gut gebaute Beispiele dieser Bauweisen tragen zum Abbau von Hemmnissen bei und zeigen, dass die gestalterische Qualität nicht im Widerspruch dazu steht. Ferner gilt es, die serielle Logik stärker in Anwendungsfeldern wie der Bestandssanierung, einzusetzen. Hier bietet das Bundesförderprogramm „Serielle Sanierung“ vielfältige Anreize.

Eine Bilanz mit Ausblick

Die Potenziale des seriellen und modularen Bauens entfalten sich, sind aber noch nicht voll ausgeschöpft. Die Ideen von Architekten, Planern und Herstellern zeigen, was mit diesen Bauweisen bereits möglich ist. Bestehende Herausforderungen bei der stärkeren Etablierung des seriellen und modularen Bauens im Wohnungsbau können durch konsequentes Nutzen der Potenziale bei Digitalisierung und Automatisierung gemeistert werden. Best-Practice-Beispiele oder die Auslobung von Architekturpreisen können ein wichtiges Aushängeschild für die Bauweisen sein. Es gilt die gesammelten Erfahrungen auszuwerten, die eingeführten Instrumente weiterzuentwickeln und gleichzeitig neue Elemente, wie das serielle Sanieren, einzuführen. 

 

Autoren: Maximilian Borchardt und Dr. André Ortiz, InWIS Forschung & Beratung GmbH

Die Dokumentation der Veranstaltung inklusive Mitschnitt und gezeigten Filmbeitrag gibt es unter https://www.zukunftbau.de/kb/zwischenbilanz2021

Weitere Informationen zur Rahmenvereinbarung „Serielles und Modulares Bauen“ des GdW und zur Evaluierung sind unter https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/programme/zb/Auftragsforschung/2NachhaltigesBauenBauqualitaet/2020/evaluierung-rahmenvereinbarung/01-start.html verfügbar.
x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2022

Schneller zu mehr bezahlbarem Wohnraum

Die Rahmenvereinbarung als Instrument zur Schaffung von Wohnraum Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, angespannte Wohnungsmärkte durch qualitätsvollen und bezahlbaren Wohnungsneubau...

mehr

Serielles Bauen: Teilnahmewettbewerb von Bundesbauministerium und Wohnungswirtschaft mit hoher Beteiligung

Schneller, kostengünstiger und in hoher Qualität neue Wohnungen bauen: Das europaweite Ausschreibungsverfahren für seriellen Wohnungsbau, das vom Bundesbauministerium (BMUB) und dem Spitzenverband...

mehr
Ausgabe 11/2020

Seriell bauen, bezahlbar wohnen

Die Umsetzung der 2018 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung Serielles und Modulares Bauen wird in Form einer vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) Anfang 2020 beauftragten...

mehr

Schneller, kostengünstiger und trotzdem hohe Qualität?

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hatte für den 13. September 2018 ins E-Werk Berlin zum Fachkongress „Serielles und modulares Bauen“ eingeladen. Der Einladung sind über...

mehr

Bundesbauministerium und Wohnungswirtschaft geben Startschuss: Serielles Bauen soll Tempo in den Wohnungsbau bringen

In vielen deutschen Großstädten verschärft sich der Wohnungsmangel zunehmend. Das Problem kann nur gelöst werden, indem das Angebot insbesondere preisgünstiger Wohnungen vergrößert wird. Das...

mehr