Bauen im Bestand

Schmuck verblendet

In der Schmuckstadt Pforzheim steht seit kurzem ein siebengeschossiges „Schmuckstück“: ein 1960 ­errichtetes Gebäude, das besonders „schmuck“ herausgeputzt wurde.

Pforzheim, die „Goldstadt“ am Nordrand des Schwarzwalds, ist für seine Schmuckindustrie bekannt, für verklinkerte Fassaden dagegen eher weniger. Dabei steht im Zentrum der achtgrößten Stadt Baden-Württembergs seit kurzem ein wahres „Schmuckstück“ in charaktervoller Klinkeroptik. Es ist das Ergebnis einer gelungenen Sanierung, bei der neben der energetischen Ertüchtigung des Bauwerks auch dessen Erscheinungsbild  besonders „schmuck“ herausgeputzt wurde.

Es war jedoch weit mehr als eine optische Auffrischung, der das aus dem Jahr 1960 stammende, siebengeschossige Gebäude in der Pforzheimer Nordstadt im Jahre 2010 unterzogen wurde. Trotz ständiger Instandhaltungsmaßnahmen wurde das Gebäude altersbedingt in ein Modernisierungsprogramm der Bauherrin, der Pforzheimer Bau und Grund GmbH, aufgenommen. Dafür gab es gleich mehrere Gründe: Zum einen entsprachen die energetischen Werte des mehr oder weniger ungedämmten Hauses nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Mit einer erhöhten Energieeffizienz sollte daher spürbare Kostensenkungen für die Mieter erreicht werden. Zum andern wollte der Besitzer in dem Gebäude citynah vermehrt seniorengerechte und barrierefreie Wohnungen schaffen. Wohnungen, wie sie heute in unserer immer älter werdenden Gesellschaft zunehmend nachgefragt werden.

Ganzheitliche Lösung

In seinem Äußern unterschied sich das Gebäude von Anfang an von seiner Umgebung. Während rundherum Putzfassaden das Bild der Pforzheimer Nordstadt beherrschen, beeindruckte das „Hochhaus“ in der Hohenzollernstraße mit seiner weißen Keramikfassade. Daran sollte sich auch nach der Sanierung nichts ändern, so der Wunsch der Pforzheimer Bau und Grund GmbH.

Zunächst galt es allerdings, eine grundlegende energetische Sanierung des Gebäudes durchzuführen. Dabei entschied man sich für den Einsatz eines energieeffizienten Capatect Wärmedämm-Verbundsystems. In einem ersten Schritt wurden die Fassadenflächen gereinigt und die vorhandenen keramischen Fassadenplatten aufgeraut und grundiert. Anschließend wurde ein Wärmedämm-Verbundsystem in Form von 160 mm starken und in die Wärmeleitfähigkeitsgruppe 035 eingestuften Capatect Dalmatiner-Fassadendämmplatten aufgebracht. Die Polystyrol-Hartschaumplatten wurden mit Capatect-Klebe- und Spachtelmasse 190 verklebt. Der Einsatz dieses hoch vergüteten, mineralischen Werktrockenmörtels zum Kleben und Armieren von Dämmplatten war notwendig, um eine sichere und dauerhafte Verbindung mit dem keramischen Untergrund zu gewährleisten.

Akzente an der Fassade

Das Gebäude liegt an einer stark frequentierten, innerstädtischen Straße, so dass die Fassade ständig hohen Belastungen speziell durch die Abgase aus dem Straßenverkehr, aber auch durch sonstige Luftschadstoffe ausgesetzt ist. Neben der Optik waren daher auch die funktionale Aspekte wie Verschmutzungsneigung und Reinigungsfähigkeit bei der Wahl des neuen Fassadenbelags von ganz entscheidender Bedeutung. Deshalb, so Lothar Hein, Leiter Bautechnik bei der Pforzheimer Bau und Grund GmbH, „wurde bei der Materialauswahl auf innovative, langlebige und nachhaltige Produkte großen Wert gelegt“. Vor allem sollten mit der Materialwahl „zukünftige Instandhaltungsintervalle mit der Langlebigkeit verlängert werden,“ so Lothar Hein weiter.

Nach den positiven Erfahrungen, die man mit der keramischen Fassade gemacht hatte (immerhin hatte sie nahezu ein halbes Jahrhundert gute Dienste geleistet), sah man sich daher nach einem vergleichbaren Material um. Dies allerdings unter der Prämisse, dass die vorhandene Keramik nicht von der Fassade entfernt, sondern um – wie oben beschrieben – in einem ersten Schritt mit einem zeitgemäßen Wärmedämm-Verbundsystem versehen wurde. Da sowohl neue keramische Platten, als auch gebrannte Klinker das für ein Wärmedämm-Verbundsystem zulässige Flächengewicht überschritten hätten, schieden diese Varianten aus – abgesehen davon, dass sie beide auch den geplanten Kostenrahmen gesprengt hätten.

Die Wahl bezüglich der Fassadenverkleidung fiel daher auf die original Meldorfer Flachverblender. Sie sehen aus wie Klinkersteine, sind aber mit einer Dicke von nur 4–6 mm extrem flach und entsprechend leicht. Schwerpunktmäßig werden sie für die Gestaltung von Fassaden in Kombination mit energiesparenden Wärmedämm-Verbundsystemen eingesetzt. Sie überzeugen hier vor allem durch ihre Dauerhaftigkeit: Das Material ist robust und schlagfest und leicht zu reinigen, vereinigt also traditionelle Klinkeroptik mit hoher Widerstandsfähigkeit. Es ist daher ideal für Außenfassaden, die das ganze Jahr über Wind und Wetter ausgesetzt sind. Zudem können die Meldorfer Flachverblender auch auf stark beanspruchten Außenflächen wie Sockeln oder Eingängen zum Einsatz kommen. Eckverblender sorgen dabei an allen Ecken und Kanten für den massiven und perfekten Steincharakter. Besonders überzeugend ist jedoch ihre Optik: Handgefertigt ist jeder Flachverblender ein Unikat mit lebendigem Farbspiel und individueller Note. Sonderanfertigungen – wie hier der Fall – ermöglichen zudem eine stilvolle Anpassung auch an spezielle Kundenwünsche. So ist in Pforzheim eine Fassade entstanden, bei der farbige Fassadenplatten in Kombination mit der Klinkeroptik und den teilweise verputzten Sockeln für ein spannungsvolles Wechselspiel sorgen.

Kleben statt Mauern

Wie bei Flachverblendern üblich, wurden die Steine nicht gemauert, sondern mit einem speziellen Ansatzmörtel (Meldorfer Ansatzmörtel 080) verklebt. Um Hohlräume zu vermeiden, werden die Verblender dabei satt in den Mörtel eingedrückt. Der Klebemörtel dient neben der Befestigung gleichzeitig auch zur Ausbildung der Fugen. Dazu wird der Mörtel unmittelbar nach der Verklebung im Fugenbereich mit einem Flachpinsel gleichmäßig verstrichen und an die Flanken der Verblender angearbeitet. Lose Mörtelteile werden nach kurzer Trocknung einfach abgebürstet. Diese Arbeitstechnik führt zu leicht zurückspringenden Fugen und verleiht der Fassadenfläche das gewollte plastische Bild. Alternativ kann auch eine zusätzliche Vollverfugung mit Meldorfer Fugenmörtel vorgenommen werden.

Steigerung der Wohnqualität

In die Fassadensanierung einbezogen wurden auch die sanierungsfähigen Balkone. Aus wärmetechnischen Gründen werden bei der Pforzheimer Bau und Grund GmbH generell bei energetischen Sanierungen die Balkone fassadenbündig abgetrennt, so auch in diesem Fall. Da die Balkonplatte daher in diesem Teil ungedämmt ist, wurden die Balkone mit Hilfe eines wärmgedämmten Modular-Systems komplett verglast, so dass der Balkon jetzt einen festen Bestandteil des Wohnraums bildet. Dank einer Glas-Faltwand, die sich auf der Frontseite komplett öffnen lässt, bleibt der Balkon in den Sommermonaten dennoch als Außenraum erlebbar. Den Anforderungen an das altengerechte Bauen entsprechend, wurden die Zugänge barrierefrei ausgeführt. Insgesamt ist es in Pforzheim gelungen, die energetische Sanierung der Fassade mit einer, so Lothar Hein, „deutlichen Steigerung der Wohnqualität erfolgreich zu verbinden“. Das Hochhaus wurde somit hocheffizient saniert und gleichzeitig architektonisch aufgewertet.

Vor der Sanierung ­beeindruckte das „Hochhaus“ in der ­Hohenzollernstraße mit einer ­weißen Keramikfassade.

Bei der Wahl des Fassadenbelags spielten auch Aspekte wie Verschmutzungsneigung und ­Reinigungsfähigkeit eine Rolle.

Die Steine wurden nicht gemauert, sondern mit einem speziellen ­Ansatzmörtel geklebt.

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