Barrierefreie Wohnungen

Planungsfalle Rauchwarnmelder

Rauchwarnmelder in barrierefreien Wohnungen müssen auch die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Diese Anforderung lässt sich nur mit vernetzten Geräten sinnvoll erfüllen, bei denen zurzeit jedoch keine Ferninspektion möglich ist. Deshalb ist in Neubauten mit dem Einsatz von Geräten unterschiedlicher Bauweisen zu planen. Doch ein Betrieb solcher Mischinstallationen ist nur mit flexiblen Technologien und Konzepten möglich.

Die Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Ein selbstbestimmtes Wohnen für Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen wird gesellschaftlich immer stärker akzeptiert und gefordert. Durch den demografischen Wandel wächst zudem der Anteil älterer Menschen, die auf eine barrierefreie Wohnumgebung angewiesen sind, um möglichst lange in vertrautem Umfeld zu leben. Die Gesetzgeber haben auf die wachsende gesellschaftliche Bedeutung des Themas reagiert: Von der UN-Menschrechtskommission über das Behindertengleichstellungsgesetz bis hin zu den Anforderungen der Landesbauordnungen werden die gesetzlichen Anforderungen an barrierefreien Wohnraum immer detaillierter.

Gesetzliche Grundlagen

In allen Landesbauordnungen (LBO) ist festgelegt, dass in Wohngebäuden ein bestimmter Teil der Wohnungen barrierefrei ausgeführt sein muss, wobei einzelne Bestimmungen je nach Bundesland variieren. Die gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit gilt für Neubauten und je nach Anforderungen der Behörden auch bei baugenehmigungspflichtigen Sanierungen. Die Details der Umsetzung sind in den Technischen Baubestimmungen (TB) der Länder festgelegt, die auf der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) beruhen. Diese regelt die nationalen Anforderungen an Bauwerke, z.B. für Standsicherheit und Brandschutz, aber auch an die Barrierefreiheit. Die TB sind bindend, d. h. Abweichungen dürfen weder zugelassen noch angeordnet werden.

Die TB machen detaillierte Angaben zur Bauausführung und verweisen auf Normen, die eingehalten werden müssen. Für barrierefreie Wohnungen wurde mit Einführung der MVV TB die DIN 18040-2 „Barrierefreies Bauen“ [1] als Ausführungsgrundlage festgelegt. Diese Norm beschreibt die Schutzziele in barrierefreien Wohnungen sowie die barrierefreie Planung, Ausführung und Ausstattung. Sie berücksichtigt nicht nur die Bedürfnisse von Menschen mit motorischen oder sensorischen Einschränkungen, sondern auch die anderer Personengruppen wie Kinder und Senioren (vgl. Kasten „Barrierefreiheit für alle“).

Die MVV TB ist als Technische Baubestimmung in allen Bundesländern bauordnungsrechtlich eingeführt (Stand 18. Mai 2021) [2]. Damit ist auch die Anwendung der DIN 18040-2 gesetzlich vorgeschrieben. Zwar können deren Schutzziele auch auf andere Weise als in der Norm beschrieben erfüllt werden. Im Regelfall bedeutet das jedoch einen deutlich erhöhten Aufwand bei Planung und Umsetzung. Wird die DIN 18040-2 beachtet, geht der Gesetzgeber jedenfalls davon aus, dass seine Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt sind.

Was bedeutet barrierefrei?

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) [3] definiert: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“

Damit wird deutlich, dass „barrierefrei“ nicht nur die Erschließung von Wohnungen, beispielsweise durch Aufzüge und ausreichende Türbreiten meint. Vielmehr ist die ganze Wohnung inklusive Signal- und Bedienelementen so auszuführen, dass diese von Menschen mit Einschränkungen ohne fremde Hilfe wahrgenommen und bedient werden können. Das gilt beispielsweise auch für Rauchwarnmelder und Brandmeldeanlagen, deren akustische Warnung vor lebensbedrohenden Feuergefahren Menschen mit Hörschädigung u. U. nicht verlässlich erreicht. Je nach Behinderung bzw. Einschränkung sind deshalb in barrierefreien Wohnungen zusätzliche Maßnahmen erforderlich.

Zwei-Sinne-Prinzip

Gemäß DIN 18040-2 sind „Räume innerhalb von Wohnungen barrierefrei nutzbar, wenn sie so dimensioniert und bauseits ausgestattet bzw. vorbereitet sind, dass Menschen mit Behinderungen sie ihren speziellen Bedürfnissen entsprechend leicht nutzen, einrichten und ausstatten können.“ Die Norm stellt dabei auf das „Zwei-Sinne-Prinzip“ ab. Diesem Prinzip folgend sind fehlende Sinnesleistungen durch mindestens eine weitere Wahrnehmungsform zu kompensieren. Zwei von den drei Sinnen „Hören, Sehen, Fühlen“ sollten also gleichzeitig angesprochen werden. So bekommen beispielsweise Hörgeschädigte das Warnsignal eines Rauchwarnmelders nicht nur akustisch, sondern auch visuell durch eine Blitzleuchte sowie taktil über einen Vibrationsalarm angezeigt.

Barrierefrei vernetzt

Die gleichzeitige Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen „Rauchwarnmelderpflicht“ und „Barrierefreiheit“ in Wohnungen lässt sich sinnvoll nur mit (funk-)vernetzten Rauchwarnmeldern umsetzen. Diese erlauben etwa den Anschluss von zusätzlichen Signalgebern etwa für Hörgeschädigte und die Anbindung an die Gebäudesystemtechnik zur Weitergabe von Gefahrenwarnungen und zur Auslösung ereignisabhängiger lokaler Steuerungen wie „Licht einschalten“ oder „Lüftung abschalten“. Funkvernetzte Fernbedienungen ermöglichen außerdem auch das Testen und Stummschalten von Rauchwarnmeldern aus der Entfernung (vgl. auch Kasten „Barrierefreie Bedienung“).

Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft

Für die Wohnungswirtschaft und ihre Dienstleister schafft der zunehmende Anteil vernetzter Rauchwarnmelder in barrierefreien Wohnungen derweil neue Herausforderungen. Funkvernetzte Rauchwarnmelder sind zurzeit nur vor Ort nach Verfahren A der Norm DIN 14676-1 [4] inspizierbar. Eine Ferninspektion mit verringertem Personalaufwand nach Verfahren B oder C der Norm ist in barrierefreien Wohnungen mit vernetzten Meldern aktuell nicht möglich. In derartig ausgestatteten Neubauten wird es deshalb häufig keine einheitliche Art der Rauchwarnmelderinspektion mehr geben. Vielmehr sind unterschiedliche Meldertypen und Inspektionsarten gleichzeitig einzusetzen. Es ist davon auszugehen, dass durch die steigende Nachfrage nach barrierefreiem Wohnraum – auch für seniorengerechtes Wohnen – die Anzahl der Mischinstallationen im Bestand deutlich zunehmen wird.

Dienstleister benötigen Fachwissen

Bei der Ausstattung von barrierefreien Wohnungen mit Rauchwarnmeldern sind daher unterschiedliche Rahmenbedingungen und Vorschriften im Blick zu behalten. Einerseits müssen Vermieter durch fachgerechte Inspektionen der gesetzlich geforderten Verkehrssicherungspflicht nachkommen, nicht zuletzt um mögliche Haftungsrisiken im Schadenfall zu minimieren. Andererseits muss die Wohnungswirtschaft ihre Betriebskosten im Blick behalten und für eine Optimierung der technischen Abläufe im Regelbetrieb sorgen. Für die Planung von Rauchwarnmeldersystemen und die wirtschaftliche Durchführung von Inspektionen in gemischten Installationen sind deshalb Know-how und Flexibilität erforderlich. Dabei bietet es sich an, die Durchführung der Dienstleistungen aus einer Hand erfolgen zu lassen – beispielsweise durch einen spezialisierten Rauchwarnmelder-Servicedienst. Das Elektrohandwerk besitzt ebenfalls viel Erfahrung bei der Ausstattung barrierefreier Wohnungen, da die Installationsarbeiten dort im Regelfall umfangreich sind.

Flexible und skalierbare Rauchwarnmelder

Auf Produktseite sind für einen wirtschaftlichen Betrieb mit unterschiedlichen Inspektionsarten flexibel einsetzbare Geräte erforderlich. Schließlich sind beim Neubau einer barrierefreien Wohnung die erforderlichen Eigenschaften der Rauchwarnmelder per se noch nicht festlegbar, da diese von der Art der Einschränkung der zukünftigen Bewohner abhängen. Bei Nutzerwechseln können sie sich außerdem jederzeit ändern, bis hin zum Einbau einer bislang nicht vorhandenen barrierefreien Ausstattung. Die im Wohnungsbestand verwendeten Rauchwarnmelder sollten daher unabhängig von der Inspektionsart untereinander kompatibel und leicht austauschbar sein. Dabei spielen auch Details eine große Rolle. Wird beispielsweise eine einheitliche Montageplatte verwendet, muss lediglich der Rauchwarnmelder selbst ausgetauscht werden, aufwändige Bohrarbeiten sind nicht notwendig.

Fazit

Der Anteil barrierefreier Wohnungen wird vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen und aktueller gesetzlicher Anforderungen weiter steigen. Bei der Planung und beim Betrieb von Rauchwarnmeldern müssen deshalb unterschiedliche Meldertypen und Inspektionsverfahren berücksichtigt werden. Damit steigen auch die Anforderungen an Know-how und Flexibilität der Dienstleister. Produktseitig sind Rauchwarnmelder notwendig, die einen wirtschaftlichen Betrieb auch bei wechselnden Anforderungen ermöglichen.

Literatur

[1] DIN 18040-2:2011-09 Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 2: Wohnungen.

[2] Deutsches Institut für Bautechnik: Stand der Umsetzung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) in den Ländern – Stand: 18. Mai 2021, https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/P5/Technische_Bestimmungen/Stand_Umsetzung_MVVTB.pdf [Zugriff am: 27.05.2021].

[3] Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG), https://www.gesetze-im-internet.de/bgg/BGG.pdf [Zugriff am: 27.05.2021].

[4] DIN 14676-1:2018-12 Rauchwarnmelder für Wohnhäuser, Wohnungen und Räume mit wohnungsähnlicher Nutzung - Teil 1: Planung, Einbau, Betrieb und Instandhaltung.

Die gleichzeitige Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen „Rauchwarnmelderpflicht“ und „Barrierefreiheit“ in Wohnungen lässt sich sinnvoll nur mit (funk-)vernetzten Rauchwarnmeldern umsetzen.

Für die Wohnungswirtschaft schafft der zunehmende Anteil vernetzter Rauchwarnmelder in barrierefreien Wohnungen neue Herausforderungen.

Barrierefreiheit für alle

Die Normenreihe DIN 18040 beschreibt eine barrierefreie Gestaltung in öffentlichen Gebäuden und Wohnungen für die Anforderungen verschiedenster Personengruppen:

– Seh- oder Hörbehinderte,

– Menschen mit motorischen Einschränkungen,

– Menschen, die Mobilitätshilfen und Rollstühle benutzen,

– Groß- oder Kleinwüchsige,

– Menschen mit kognitiven Einschränkungen,

– Senioren,

– Kinder,

– Personen mit Kinderwagen oder Gepäck.

Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind bei der Planung barrierefreier Wohnungen zu berücksichtigen.

Barrierefreie Bedienung

Die Ausgestaltung von barrierefreiem Wohnraum ist nicht nur auf eine rollstuhlgerechte Erschließung der Wohnung beschränkt. Auch andere Überlegungen können eine Rolle spielen, um allen Menschen mehr Sicherheit zu geben und ein selbstbestimmtes Leben zu erleichtern.

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