Fassadendämmung erzeugt Wärme

Mit so genannten Solar-Luft-Kollektoren bietet Grammer Solar ein wirtschaftliches Instrument zur regenerativen Energiegewinnung­. Normalerweise auf dem Dach montiert, wurden die Kollektoren in einem Wärmedämmverbundsystem integriert.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die beiden Gebäude in Neu Listernohl bei Olpe kaum von anderen frisch sanierten Siedlungsbauten aus den 1960er Jahren. Betrachtet man aber die Südseite, dann erkennt man acht, vergleichsweise große dunkle Flächen unterhalb der Fenster. Dabei handelt es sich um so genannte Solar-Luft-Kollektoren des Herstellers Grammer Solar. Normalerweise werden sie auf der Fassade montiert, um das Gebäude oder einzelne Räume mit solar erwärmter Frischluft zu versorgen. Hier jedoch wurden die 2 m2 großen Kollektoren erstmals direkt in die Dämmebene des Wärmedämmverbundsystems integriert – ein Pilotprojekt, bei dem Grammer Solar, Keimfarben und die Wohnungsgenossenschaft Olpe ihr Know-how zusammengelegt haben.

Die Wohnungsgenossenschaft Olpe gilt als Unternehmen, das neue Technologien früh aufgreift und alle möglichen Sparpotenziale nutzt, sowohl was die Dämmung als auch die Energieerzeugung, etwa per Blockheizkraftwerke betrifft. Daher fanden die Bewohner aus Neu Listernohl beim Team um Geschäftsführer Folker Naumann mit ihrem Wunsch nach einer energetischen Verbesserung ihrer Gebäude offene Ohren. Die Bausubstanz des verputzten Ziegelbaus war laut Folker Naumann so gut, dass einer Sanierung nichts im Wege stand. Zugleich wollte man aber in Neu Listernohl einen neuen Ansatz verfolgen, also die Fassadendämmung mit weiteren Maßnahmen verbinden. So wurde aus den beiden Gebäuden schließlich ein Musterobjekt, das neue Maßstäbe setzen kann.

 

Dämmung und mehr

So dämmte man die Kellerdecke, gab dem Dach eine Aufdachdämmung samt neuer Eindeckung und versah den Sockel mit einer Perimeterdämmung, die bis 1 m in das Erdreich reicht. Die einzelnen Gasthermen in den Wohnungen wurden entnommen und durch ein kaum Platz beanspruchendes Mikro-Blockheizkraftwerk im Keller ersetzt. Dieser, mit Erdgas betriebene, Stirling-Motor erzeugt eine Wärmemenge von 5 kW, die über eine ausgesprochen niedrige Vorlauftemperatur von rund 40 °C in die Wohnungen kommt. Dieser Wert ist durch die datentechnische Anbindung der Anlage und der Verbraucher an die zentrale Leittechnik der Genossenschaft möglich – mit diesem System lässt sich die Wärmeabfrage exakt analysieren und die nutzungsspezifisch Energiebereitstellung optimieren. Nebenbei produziert das BHKW auch noch 1 kW elektrische Energie. Ausreichend, um neben dem Allgemeinstrom auch noch die neu in den Wohnungen eingebauten Lüftungsanlagen zu betreiben. Die sorgen für einen kontinuierlichen Luftwechsel, verhindern damit Auffeuchtungen und kühlen im Sommer per Nachtspülung. Über ein Kanalsystem im Flur docken alle Räume an die Lüftereinheiten in der Küche an – dort befinden sich auch die wohnungseigenen Wärmetauscher, die der Abluft die Wärme entziehen.

 

Wärme aus der Fassade

Frische Warmluft wiederum liefern auch die Fassadenkollektoren in die dahinterliegenden Räume. Ein kleiner Ventilator, der vom eingebauten Photovoltaik-Modul kostenlos versorgt wird, erzeugt im Kollektor einen Unterdruck, Außenluft strömt nach und erwärmt sich auf bis zu 40 °C, bevor sie in den Innenraum gelangt. Die so vorgewärmte Frischluft verringert nochmals den Heizwärmebedarf und unterstützt den Luftwechsel positiv. Dieser zusätzliche Luftwechsel ermöglicht eine hohe Sicherheit gegen das Risiko der Schimmelbildung in Innenräumen. Im Gegensatz zu einer konventionellen, dachmontierten Solarthermie mit flüssigen Medien, lässt sich das Solar-Luft-Prinzip anlagentechnisch einfacher einbinden. Und auch wirtschaftlicher, sowohl was die Anschaffungs- wie auch die Wartungskosten betrifft. Durchaus eine Herausforderung hingegen war die Integration in die Dämmebene des WDVS mit seinen 140 mm starken EPS-Dämmplatten. Die Lösung jedoch ist einfacher als gedacht und regelt die Schnittstellen zwischen Kollektor und WDVS auf effiziente Weise.

 

Der Einbau in das Dämmsystem

Über und unter dem Kollektorfeld werden zunächst zwei Fensterbankprofile montiert – die obere wie gewohnt unterhalb des Fensters, die andere auf das Mauerwerk. Die Fläche zwischen diesen Elementen erhält dann eine 20 mm starke Mineralwolledämmung. Im nächsten Schritt folgt die Kernbohrung durch das Mauerwerk in den Innenraum – also für jenen Kanal, der später die vorgewärmte Luft transportiert. Die Befestigung des Kollektors übernehmen vier Winkel im Mauerwerk, Dämmstreifen schließen die Lücken zwischen Kollektor und Fensterbänke. Seitlich montierte Abschlussschienen bilden den Übergang zu den Dämmplatten. Vor allem die leicht überstehenden Profile ober- und unterhalb des Kollektors schützen vor der Hinterfeuchtung des Gesamtsystems. Durch die physische Trennung von WDVS und Kollektoren lassen sich letztere unabhängig reparieren, was durchaus während der mehrere Jahrzehnte umfassenden Lebensdauer eines Keimfarben-Dämmsystems vorkommen kann. Zusammen mit dem BHKW ist das Gesamtsystem seit Ende 2011 in Betrieb, die Rückmeldungen der Mieter sind positiv, der Energiebedarf ließ sich dank Dämmung, Warmluftzufuhr, kontrollierter Lüftung und Steuerungstechnik bereits jetzt signifikant reduzieren. So dürften die marginalisierten Nebenkosten die geringe Mietpreiserhöhung ausgleichen, abgesehen vom Komfortgewinn durch die gleichmäßige Raumtemperierung und die stets frische Raumluft. „Wir wollten sehen, was erreichbar ist, wenn man möglichst viele Stellschrauben in einem Gebäude optimiert“, sagt Folker Naumann. Eine Überhitzung im Sommer fürchtet er nicht, denn dann schalten die Kollektoren ab und die Entlüftung auf Nachtbetrieb.

Die vorgewärmte Frischluft verringert den Heizwärmebedarf und unterstützt den Luftwechsel positiv.

Die Rückmeldungen der Mieter sind positiv, der Energiebedarf ließ sich dank Dämmung, Warmluftzufuhr, kontrollierter Lüftung und ­Steuerungstechnik bereits jetzt signifikant reduzieren.

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