Studie deckt ungenutztes Parkplatz-Potenzial in Deutschland auf

Private Parkplätze in deutschen Städten sind oft nur zu einem Bruchteil ausgelastet.
Foto: ampido

Private Parkplätze in deutschen Städten sind oft nur zu einem Bruchteil ausgelastet.
Foto: ampido
Das Thema Parken wird in deutschen Städten und Kommunen hitzig diskutiert, vielerorts sorgt der Rückbau öffentlicher Stellplätze für Ärger bei Anwohnern und Pendlern. Eine neu veröffentlichte Studie zeigt: Es gibt gar kein Parkplatzproblem, sondern nur ein Verteilungsproblem. Die effizientere Nutzung privater Stellflächen bietet ein enormes Potenzial, das Parkraumproblem auf einen Schlag und zu minimalen Kosten zu lösen.

Erarbeitet hat die Studie das Kölner Unternehmen ampido, das selbst eine digitale Plattform für die Mehrfachnutzung von Parkplätzen entwickelt hat. Unter wissenschaftlicher Begleitung wurde die Anzahl und Auslastung der privaten Stellplätze im Kölner Agnesviertel untersucht, einem besonders dicht besiedelten Stadtviertel mit hohem Parkdruck.

Das beeindruckende Ergebnis: Den rund 2.750 öffentlichen Stellplätzen im Viertel stehen etwa 1.900 private gegenüber – und diese sind im Schnitt gerade einmal zu 30 % ausgelastet. Hinzu kommen gravierende Leerstände, etwa ein Eventparkhaus mit 450 Stellplätzen, die nur zu besonderen Anlässen genutzt werden, oder die Tiefgarage der ehemaligen Finanzdirektion, die seit vier Jahren komplett brachliegt. Durch eine intelligente Mehrfachnutzung könnten etwa 70 % aller parkenden Autos sofort von der Straße in private Tiefgaragen und Hinterhöfe verlagert werden – ohne Neubau, zusätzlichen Flächenverbrauch oder Investitionskosten.

Erkenntnisse beispielhaft für Städte in ganz Deutschland

Das Agnesviertel ist dabei kein Einzelfall, sondern beispielhaft für Städte und Gemeinden in ganz Deutschland. Um dies mit konkreten Zahlen zu belegen, geht zeitgleich zur Veröffentlichung der Studie auch das Online-Portal www.mehrfachnutzung.org an den Start: Über diese Plattform können Nutzer*innen ganz einfach und datenschutzkonform private Stellplätze in ihrer Umgebung erfassen und so für mehr Transparenz im eigenen Stadtviertel sorgen.

„Seit mehr als 13 Jahren kämpfen wir für eine intelligentere Nutzung von Parkraum“, betont Yasotharan Pakasathanan, Gründer von ampido und Initiator der Studie. „Bislang wusste allerdings niemand – nicht einmal Bauämter oder Stadtplaner –, wie viele private Parkplätze es in unseren Städten gibt und wie leer sie tatsächlich stehen.“ Die Studie zeigt zum ersten Mal, wie groß das Potenzial wirklich ist. Pakasathanan hofft, mit den schockierenden Ergebnissen auch Politik und Öffentlichkeit verstärkt auf das Thema aufmerksam zu machen.

„ampido weist mit dieser Fallstudie den Weg in die integrierte Parkraumplanung der Zukunft“, bekräftigt Prof. Dr.-Ing. Volker Blees, Professor für Verkehrswesen an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. „Auch wenn die Erschließung der Stellplatz-Potenziale im privaten Raum nicht einfach sein wird – sie sind zu groß, um sie wie bisher zu ignorieren.“

Das Prinzip der Mehrfachnutzung ist so einfach wie effektiv: Wird ein privater Parkplatz, etwa in einem Wohn- oder Bürogebäude, zu bestimmten Zeiten nicht benötigt, kann er über digitale Plattformen vermietet und damit öffentlich zugänglich gemacht werden. Über die „freien“ Zeiten hat der Eigentümer die volle Kontrolle: Braucht er den Parkplatz – zum Beispiel nach Feierabend – selbst, hat er ihn auch in jedem Fall wieder zur Verfügung. Die Vermietung verschafft dem Stellplatzeigentümer zusätzliche Einnahmen, während das operative Geschäft und die Investitionsrisiken vom Plattformbetreiber übernommen werden – es entsteht also kein Mehraufwand.

Minimale Kosten und sofortige Umsetzbarkeit

Gerade im Vergleich mit den sogenannten Quartiersgaragen, die derzeit vielerorts im Gespräch sind, sieht Pakasathanan das Konzept Mehrfachnutzung klar im Vorteil: „Die Kosten für den Bau eines solchen Parkhauses werden zum Beispiel im Agnesviertel auf 17 Mio. Euro geschätzt – für nur 222 Stellplätze“, rechnet er vor. „Nutzen wir dagegen die vorhandenen Flächen effizienter, kostet das so gut wie gar nichts – und wir könnten sofort damit anfangen.“

Erst kürzlich hat die Stadt Köln einen umfassenden Rückbau öffentlicher Parkplätze im Agnesviertel aus Sicherheitsgründen angekündigt, in anderen Städten laufen ähnliche Debatten. „Die Mehrfachnutzung gibt den Kommunen eine einzigartige Möglichkeit, das zu kompensieren, und noch viel mehr“, findet Pakasathanan. „Weniger Parksuchverkehr, weniger CO₂-Emissionen, mehr Platz für Grünflächen und Radwege: Die Liste an Vorteilen ist lang.“

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