Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen fordert „Digitalisierungsturbo“ für Wettbewerbsfähigkeit am Bau

„Digitalisierung“, lautet ein Zauberwort, das seit Jahren untrennbar mit Leistungsfähigkeit und Fortschritt verbunden ist. „Auch der Bau ist, wenn er wettbewerbsfähig bleiben möchte, dringend auf eine schnelle und zuverlässige Digitalisierung angewiesen“, unterstreicht Michael Gilka. Er ist Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB, www.bvmb.de). Gerade daran kranke es aber in Deutschland, bezieht sich Gilka auf eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Das Institut hatte aktuell aufgezeigt, dass die Digitalisierungsziele in Deutschland erheblich verfehlt wurden. Im Baubereich brauche es insbesondere eine schnellere Digitalisierung von Baugenehmigungsverfahren und einen flächendeckenden, leistungsfähigen Internetzugang, so Gilka.

Bau braucht dringend digitale Genehmigungsverfahren

Wie erfolgreich hat die deutsche Verwaltung ihre Hausaufgaben in Sachen Digitalisierung gemacht? Dieser Frage war das Institut der deutschen Wirtschaft aus Köln nachgegangen. Die Ergebnisse der Studie waren ernüchternd: Deutschland ist noch weit von einer flächendeckenden Digitalisierung entfernt. Die Vorgabe des Onlinezugangsgesetzes war, dass 575 einzelne Verwaltungsangebote von Bund, Ländern und Kommunen bis Ende 2022 online verfügbar gemacht werden müssen. Tatsächlich waren zu diesem Stichtag bundesweit lediglich 105 Leistungen online. In den ersten sieben Monaten 2023 sind gerade einmal 23 dazugekommen. Auch die Prognosen des Instituts sind wenig vielversprechend: Selbst Bayern als Digitalisierungsspitzenreiter werde noch vier Jahre brauchen, bis dort der für Jahresende 2022 geplante Status erreicht ist. Die rote Laterne gehört dem Saarland, wo das noch rund zehn Jahre dauern wird.

„Die Politik und unsere Verwaltung hat die Digitalisierungsziele damit krachend verfehlt“, resümiert BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka. „Das hat auch Auswirkungen auf die Bauwirtschaft“, beklagt er. Nach wie vor würden Baugenehmigungsverfahren in Deutschland analog durchgeführt und daher viel zu lange dauern. „Wenn wir hier Leistung auf die Straße bringen wollen, brauchen wir schnellere Prozesse und das geht ohne Digitalisierung nicht“, erklärt er.

Die BVMB mahnt daher erneut einen „Digitalisierungsturbo“ in diesem Bereich an. Dies gelte auch für die Umsetzung von Bauvorhaben. Die Pläne, künftig den Anteil des Building Information Modeling (BIM) in der Bauausführung zu erhöhen, würden ebenso noch weit hinter den Planungen zurückbleiben.

„Weiße Lücken“ bremsen Bauwirtschaft zusätzlich aus

Probleme bei der zähen Digitalisierung hat die Bauwirtschaft aktuell noch in einem anderen Bereich: „Leider haben wir in Deutschland bis heute kein flächendeckendes, funktionierendes und ausreichend leistungsfähiges Internet“, analysiert Gilka. Das bremse die Bauwirtschaft zusätzlich aus. Viele Baufirmen seien zwischenzeitlich weit vorangeschritten in Sachen digitales Arbeiten. Nicht selten passiere es aber, dass ein Bauleiter von seinem Tablet auf der Baustelle aktuelle Daten oder Bestellungen in die Firma übertragen oder Pläne auf die Baustelle abrufen wolle, dann aber kapitulieren müsse, weil er entweder überhaupt kein Funknetz vor Ort zur Verfügung hat oder aber in einer derart geringen Bandbreite, dass er damit nicht arbeiten könne. „Hier braucht es Entschlossenheit und eine funktionierende Strategie für die Umsetzung“, fordert der Verband von der Politik.

Digitalisierung der Verwaltung als oberste Priorität

Neben einer Strategie zu Vorgaben und Prioritäten muss eine bundesweite bzw. länderübergreifende zentrale Verantwortlichkeit geschaffen werden, um in Zukunft verbindliche, abgestimmte Standards in der Entwicklung und Digitalisierung der Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen voranzutreiben. Dazu bedarf es in einem ersten Schritt einer Klärung der Verantwortlichkeit für die Digitalisierung der Verwaltung und ihrer Aufgaben, die derzeit noch durch die Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums für die Verwaltung und des BMDV für die Digitalisierung unklar ist. „Am besten aber sollte diese wichtige Aufgabe das Bundeskanzleramt übernehmen“, verlangt der Verbandschef.

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