Bundesarchitektenkammer sieht die Pläne des Bundeskanzlers für Großwohnsiedlungen auf der grünen Wiese kritisch

Die Bundesarchitektenkammer (BAK, www.bak.de) äußert erhebliche Bedenken gegenüber dem Vorschlag des Bundeskanzlers, Großwohnsiedlungen auf der grünen Wiese, ähnlich denen der 1970er Jahre, zu errichten. So weist BAK-Präsidentin Andrea Gebhard nachdrücklich auf folgende Aspekte hin:

Klimaschutz: Die Errichtung von Großwohnsiedlungen in bisher unbebauten Gebieten steht im Widerspruch zu den aktuellen Klimaschutzzielen. Sie würde zu einer erhöhten CO2-Belastung durch neue Baumaßnahmen und längere Pendelstrecken führen.

Flächenversiegelung: Der Vorschlag würde eine erhebliche Flächenversiegelung zur Folge haben, die die natürlichen Lebensräume, den Wasserhaushalt und die Biodiversität beeinträchtigt. Dies steht im Gegensatz zu nachhaltigen Entwicklungszielen.

Bestandsnutzung und Umnutzung: Wir empfehlen stattdessen die Fokussierung auf die Nutzung und Umnutzung bestehender Strukturen. Insbesondere die Umwandlung leerstehender Kaufhäuser und Bürobauten in Wohnraum wäre eine effiziente und ressourcenschonende Alternative.

Suffizienz der Wohnflächen: Eine sorgfältige Planung der Wohnflächennutzung ist unerlässlich, um eine effiziente Nutzung der Ressourcen zu gewährleisten. Überdimensionierte Wohnflächen sollten vermieden werden.

Gemischte Stadt: Wir befürworten das Konzept der "gemischten Stadt", das eine Integration verschiedener sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Funktionen in urbanen Räumen vorsieht. Dies fördert die soziale Interaktion und verringert den Bedarf an Verkehr.

Leipzig Charta und Neues Europäisches Bauhaus: Unsere Ansichten stehen im Einklang mit den Grundsätzen der Leipzig Charta und des Neuen Europäischen Bauhauses, die eine nachhaltige Stadtentwicklung und die Förderung der kulturellen Vielfalt betonen.

Erschließung mit Infrastruktur: Die Erschließung neuer Gebiete würde enorme Investitionen in die Infrastruktur erfordern. Es ist ökonomisch und ökologisch sinnvoller, bestehende Strukturen zu optimieren.

CO2 als Maßstab: Bei allen Bauprojekten sollte der CO2-Fußabdruck als zentraler Maßstab für Nachhaltigkeit dienen.

„Wir brauchen ein umfassendes Kataster der Potentiale als Grundlage, um ungenutzte und wiederverwendbare Flächen in bestehenden urbanen und suburbanen Gebieten zu identifizieren.“, sagt Andrea Gebhard. „Hier müssen wir auch ganz besonders die Gewerbegebiete in den Blick nehmen, die aufgrund ihrer bereits erfolgten Erschließung wesentlich schneller zu Mischgebieten mit Wohnraum umgewandelt werden könnten.“

Als Mitglied im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum der Bundesregierung hat die Bundesarchitektenkammer an der Erarbeitung von über 170 Vorschlägen zur Förderung bezahlbaren Wohnraums mitgearbeitet und gemeinsam beim Wohnungsbaugipfel am 25.9.2023 einen 14-Punkte Plan verabschiedet. „Der jetzige Vorschlag des Bundeskanzlers steht diesen Vorschlägen erstaunlicherweise diametral entgegen“, so die BAK-Präsidentin.

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