Verbrühungsschutz als Teil der Barrierefreiheit
Die Gefahren durch heißes Wasser werden oft unterschätzt, obwohl bereits relativ niedrige Temperaturen Hautverletzungen verursachen. Sehr hohe Temperaturen können zu schweren Verbrühungen führen, in Extremfällen mit Todesfolge. Gerade in Sanitäranlagen, die von vulnerablen Personen wie Kindern, Senioren oder bewegungseingeschränkten Personen genutzt werden, ist ein zuverlässiger Verbrühungsschutz entscheidend, um Unfälle zu verhindern.
Für die Planung barrierefreier, zukunftsfähiger Bäder sollte daher auch immer dieser Aspekt berücksichtigt und ein effektiver Verbrühungsschutz sichergestellt werden. Insbesondere älteren und körperlich eingeschränkten Menschen wird dadurch ermöglicht, ihre Unabhängigkeit und Lebensqualität so lange wie möglich zu erhalten und sicher in den eigenen vier Wänden zu leben.
Heißes Wasser mit einer Temperatur von 55 °C ist an jeder Stelle in Trinkwasserinstallationen notwendig, um eine übermäßige Legionellenvermehrung zu verhindern und die Trinkwassergüte zu erhalten – zugleich bergen hohe Temperaturen aber auch ein ernstzunehmendes Verbrühungsrisiko. Wie schwerwiegend eine Verbrühung ist, hängt von der Wassertemperatur, der Dauer des Hautkontakts, der Hautbeschaffenheit sowie der betroffenen Hautfläche ab.
Bei längerem Kontakt können bereits vergleichsweise niedrige Wassertemperaturen wie 45 °C zu ernsthaften Hautschädigungen ersten Grades (Hautrötungen, Schwellungen und Schmerzen) führen. Verbrennungen zweiten (Blasenbildung, unvollständige Hautzerstörung) und dritten Grades (vollständige Hautzerstörung) treten nach maximal 8 Sekunden Kontakt mit 60 °C heißem Wasser auf – bei Kindern sogar bereits nach etwa 3 Sekunden. Neben der unmittelbaren Verbrühung und Schädigung der Haut kann es bei Kontakt mit heißem Wasser auch zu sekundären Verletzungen – etwa Stürzen in Folge einer Fluchtreaktion – kommen.
Diese Nutzergruppen sind besonders gefährdet
Für bestimmte Personengruppen wie Kinder, Senioren, Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Demenz ist das Risiko von Verbrühungen besonders hoch. Einerseits können sie Gefahren durch heißes Wasser teils nicht hinreichend einschätzen, andererseits ist das Reaktionsvermögen bei diesen Personen oft eingeschränkt. Kinder haben zudem eine weitaus sensiblere Haut als Erwachsene – Verbrühungen treten hier noch schneller und bei niedrigeren Temperaturen ein. Senioren sind wiederum durch Folgeverletzungen, wie beispielsweise Stürze, stärker gefährdet, da die Knochendichte mit dem Alter abnimmt und die Knochen anfälliger für Brüche werden. Um Verletzungsrisiken zu reduzieren, sollten Armaturen, die von diesen Personengruppen genutzt werden, mit Verbrühungsschutz ausgestattet sein.
Planerpflichten bei der Trinkwasserinstallation
Grundsätzlich haben Fachplaner und Installationsbetriebe die Pflicht, Trinkwasseranlagen so zu planen und zu erstellen, dass sie mangelfrei und verkehrssicher sind. Die entsprechenden Planerpflichten sind im Zusammenhang mit den Planungsregeln der DIN EN 806- und DIN 1988-Reihe zu sehen. Sofern keine bestimmte Beschaffenheit der Anlage im Vertrag ausdrücklich vereinbart wurde, muss sie für die im Vertrag vorgesehene Nutzung oder den üblichen Verwendungszweck geeignet sein und den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entsprechen. Kurz gesagt: Gibt es im Vertrag keine explizite Vorgabe zum Verbrühungsschutz, muss dieser nur dann eingebaut werden, wenn er durch Gesetze, Verordnungen oder anerkannte technische Regeln vorgeschrieben ist. Daher ist es für Betreiber, Planer und Handwerker entscheidend zu wissen, ob und in welchem Umfang technische Regelwerke Anforderungen zum Verbrühungsschutz festlegen.
Zuverlässiger Verbrühungsschutz: Ganzheitliche Lösungen
Gerade in Duschen besteht erhöhte Verletzungsgefahr durch heißes Wasser. Zur Gestaltung eines sicheren, barrierefreien Duschplatzes sollte daher immer auch ein Duschthermostat mit Verbrühungsschutz gehören, was dafür sorgt, dass die Wassertemperatur auch bei Druckschwankungen im System konstant bleibt. Bei Ausfall der Kaltwasserversorgung stoppt der Wasserfluss automatisch (DIN EN 1111). Eine zusätzlich entriegelbare Temperatursperre stellt sicher, dass sich die Wassertemperatur im normalen Gebrauch nur bis maximal 38 °C – wie in DIN EN 806-2 empfohlen – einstellen lässt. Damit nicht nur Verbrühungen durch zu heißes Wasser, sondern auch Verbrennungen durch ein heißes Gehäuse verhindert werden, eignen sich Duscharmaturen mit thermisch entkoppeltem Gehäuse. So behält die Armatur nahezu die Umgebungstemperatur bei, wodurch ein Verbrennungsrisiko fast vollständig ausgeschlossen werden kann.
Für einen ganzheitlichen Schutz sollten auch Waschtisch-Armaturen über einen zuverlässigen Verbrühungsschutz verfügen. Armaturen mit Thermostat beugen Verbrühungen effektiv vor – auch hier wird eine Temperatur von maximal 38 °C nicht überschritten.
Eckventil-Thermostate bieten eine unkomplizierte Lösung zum Nachrüsten von nicht thermostatisch geregelten Armaturen an Waschtischen. Das Eckventil-Thermostat begrenzt die maximale Auslauftemperatur und erhöht so den Verbrühungsschutz. Die Temperatur ist frei wählbar und kann z.B. gemäß DIN EN 806-2 auf maximal 43 °C festgelegt werden.
Fazit – Verbrühungsschutz als Investition in die Zukunft
Einheitliche Regelungen für den Verbrühungsschutz gibt es nur für wenige deutsche Bundesländer und ausgewählte Einrichtungen. Zudem besitzt ein Großteil der Regeln lediglich normativen Charakter, konkrete Maßnahmen werden nicht vorgeschrieben.
Dennoch sind Investitionen in eine sichere, barrierefreie Ausstattung durchaus sinnvoll – auch in der Wohnungswirtschaft. Barrierefreiheit, altersgerechtes Wohnen und Nutzerkomfort gewinnen zunehmend an Bedeutung. Maßnahmen und bautechnische Sicherheitsvorkehrungen wie z.B. thermostatisch geregelte Armaturen mit mechanischer Begrenzung der maximalen Auslauftemperatur erhöhen nicht nur die Sicherheit von Kindern, Senioren und Menschen mit körperlichen Einschränkungen, sondern tragen auch zu einer zukunftsfähigen Wohnraumgestaltung bei – mit überschaubarem Aufwand.