Integrative Projektabwicklung

Leuchtturmprojekt für Stahlmodulbauweise

Im thüringischen Ilmenau ist ALHO an einer zukunftsweisenden Premiere beteiligt: Dort wurde im Februar 2024 das erste Hochbauprojekt in Deutschland fertiggestellt, das in Integrierter Projektabwicklung (IPA) geplant und umgesetzt wurde.

In Kombination mit der innovativen ALHO Stahlmodulbauweise, die für schnelles und qualitativ hochwertiges Bauen steht, ist der Neubau für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Bauherrin und den ITZ-Bund (Informationstechnikzentrum Bund) als Nutzer ein Leuchtturmprojekt. Es setzt nicht nur Maßstäbe in der Bauabwicklung, sondern demonstriert auch, dass mehr Demokratie beim Bauen möglich ist – mit besten Ergebnissen.

Nach der Sanierung der Kattwykbrücke in Hamburg als erstem Ingenieurbauprojekt ist der Neubau des ITZ-Bund Ilmenau das erste Hochbauprojekt in Deutschland, bei dem das IPA-Verfahren angewandt wurde. IPA verfolgt das Ziel, die Interessen aller Beteiligten – vom Bauherrn über Architekten und Ingenieure bis hin zum (Modul-)Bauunternehmen – auf gemeinsame Ziele auszurichten. Das Besondere daran ist ein Mehrparteienvertrag, der alle Akteure in einem kollaborativen Rahmen vereint. Während herkömmliche Bauverfahren oft von linearer Kommunikation geprägt sind, basiert IPA auf flachen Hierarchien, enger Zusammenarbeit und gemeinschaftlichen Entscheidungen.

Das Verfahren beginnt mit einer sogenannten „Validierungsphase“, in der die Projektziele geprüft und Basiszielkosten festgelegt werden. Die Vergütung erfolgt auf Basis erstatteter Selbstkosten, wobei Wagnis und Gewinn ins Risiko gestellt werden. Dies soll Anreize schaffen, die Kosten gering zu halten, ohne dass die Beteiligten Verluste erleiden.

„Für uns als Modulbauunternehmen ist integratives, kollaboratives Planen nicht neu“, erklärt ALHO-Geschäftsführer Torsten Prauser. „Beim modularen Bauen werden Entscheidungen schon sehr früh getroffen, was von allen Beteiligten viel planerische Weitsicht und Disziplin erfordert. Ein frühzeitiger Konsens durch gute Kommunikation ist für uns schon immer die Basis erfolgreichen Bauens und sozusagen Teil unserer DNA. Dass wir als erster Modulhersteller bei diesem Leuchtturmprojekt für IPA-tauglich befunden wurden, würdigt diese Fähigkeiten und unsere Expertise insgesamt. Das macht uns sehr stolz.“

ALHO qualifiziert sich als Partner für IPA

IPA-Projekte setzen auf das frühzeitige Einbinden des Fachwissens aller Beteiligten. Für den Wettbewerb um den Neubau in Ilmenau wurde eine funktionale Leistungsbeschreibung erstellt, auf die sich interessierte Architekten und Bauunternehmen bewerben konnten. Nicht nur der Preis, sondern die besondere Eignung stand dabei im Vordergrund – und zwar bis in die personelle Ebene hinein.

Die ausgewählten Planer und Unternehmen mussten sich in einem anspruchsvollen Auswahlverfahren beweisen, bei dem u.a. Kommunikationsfähigkeit, Motivation, Führungsqualitäten und Teamfähigkeit zentrale Kriterien waren. Nach intensiven Workshops stand das Projektmanagementteam (PMT) fest: Architekt Matthias Schodlok von Adobe Architekten + Ingenieure mit TGA-Planer Martin Deutschmann von der HKL-Ingenieurgesellschaft sowie Aaron Weber, Niederlassungsleiter Süd-West bei ALHO. Auf Bauherrenseite wurden sie ergänzt durch
Oliver Opitz-Iversen, Projektverantwortlicher für die BImA, beratend unterstützt durch Prof. Robert Karnes, Leiter der Geschäftsstelle für Großprojekte des Bundesbaus. Begleitet wurde das Team durch IPA-Coach Prof. Dr.-Ing. Arne Speer von der Hochschule Darmstadt.

Mehr Demokratie beim Bauen:
‚Zielgerichtete‘ Reibung schafft  Mehrwert

Das IPA-Projekt in Ilmenau zeigt eindrucksvoll, wie kollaboratives Arbeiten funktioniert. Das PMT bildete das Herzstück der operativen Kommunikation und Entscheidungsfindung. Regelmäßige Treffen sorgten für kontinuierlichen Austausch, sodass Probleme frühzeitig erkannt und gemeinsam im Konsens gelöst werden konnten. Auf höherer Ebene gab es das Senior Management Team (SMT), das aber nur bei kritischen Fällen, die das operative Team allein nicht lösen durfte oder konnte, eingriff – was bei diesem Projekt tatsächlich nur einmal notwendig war.

Zusätzlich wurden Fachkreise, sogenannte Projekt-Implementation-Teams (PIT), zu Themen wie Statik, Brandschutz und Bauphysik gebildet. „Ab Tag Eins wurden alle wichtigen Akteure eingebunden – ganz anders als bei konventionellen Bauprojekten“, erklärt Architekt Matthias Schodlok. „Das führte zu einer hohen Identifikation aller Beteiligten mit dem Projekt.“ Aaron Weber von ALHO ergänzt: „Man arbeitet sehr viel kollaborativer und intensiver zusammen. Arbeitsintervalle von mehreren Tagen mit 10 Stunden am Tag und mehr waren keine Seltenheit. Dabei haben wir die Reibung, die bei ‚normalen‘ Bauprojekten für unproduktive Dinge anfällt, zugunsten konstruktiver Entscheidungen genutzt.“

Durch diese enge Zusammenarbeit konnte das Team bereits drei Wochen nach Projektstart mit einem Vorentwurf beim Bauamt vorsprechen. „Wir wollten für ein mehrgeschossiges Neubauprojekt mit rund 4.200 m² Bruttogeschossfläche in nur drei Monaten eine Baugenehmigung erwirken“, sagt Weber. „Das Bauamt hat mitgemacht, alle haben an einem Strang gezogen – und wir haben es geschafft. Darüber freut man sich natürlich auch auf Bauherrenseite. Dr. Alfred Kranstedt, Direktor des ITZ-Bund betont: „Wir sind nicht nur just in time fertig geworden, sondern auch mit unserem Budget durchgekommen. Die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten hat hervorragend funktioniert.“

Schnelle Umsetzung dank modularer Bauweise

Vom Wettbewerbsstart bis zur Schlüsselübergabe vergingen lediglich anderthalb Jahre. Das mehrgeschossige Gebäude mit 176 hochmodernen Arbeitsplätzen wurde in einer Bauzeit von nur zehn Monaten fertiggestellt – ein Tempo, das im konventionellen Bauen kaum zu erreichen ist.

Das Projekt umfasste drei Phasen: Die Validierungsphase startete im August 2022 und endete im Februar 2023 mit dem Einreichen des Bauantrags. Die Planungsphase dauerte bis Mai 2023, bereits im April 2023 begannen die vorbereitenden Baumaßnahmen, gefolgt von der Bauphase. Im Juli 2023 startete die Produktion der insgesamt 83 Module in der ALHO Raumfabrik. Nach der Modulmontage erfolgte zügig der Ausbau, sodass das Gebäude im Februar 2024 schlüsselfertig übergeben werden konnte.

ITZ-Bund mit neuem Standort in Ilmenau

Das Informationstechnikzentrum Bund (ITZ-Bund) ist der zentrale IT- Dienstleister der Bundesverwaltung mit insgesamt rund 4.400 Beschäftigtem an deutschlandweit 12 Standorten. Im Ilmenauer Neubau stehen der Behörde auf drei Etagen nun 176 weitere moderne und barrierefreie Arbeitsplätze zur Verfügung. „Der Neubau des ITZ-Bund in Ilmenau markiert einen Meilenstein in der Geschichte unserer Stadt. Wir empfinden es als große Wertschätzung, dass Ilmenau nicht nur eine Bundesbehörde beherbergt, sondern noch dazu eine, die sich nach jahrelangen Erfahrungen mit dem Standort bewusst für eine zweite Niederlassung hier entschieden hat“, freut sich Daniel Schultheiß, Oberbürgermeister der Stadt.

Für den Neubau hatte die BImA im Oktober 2022 ein rund 6.500 Quadratmeter großes Baugrundstück im Stadtteil Oberpörlitz von der Universitätsstadt Ilmenau erworben. Die Architekten standen vor der Herausforderung, die Hanglage des Grundstücks sowie die geforderte Modulbauweise und anspruchsvolle Nachhaltigkeitsanforderungen in Einklang zu bringen. „Modular zu bauen war für uns ein Novum“, gesteht Matthias Schodlok. „Wir haben viel dazugelernt und einige ‚Aha-Momente‘ erlebt. Als Architekten haben wir immer den Anspruch, Lösungen und Details zu entwickeln, die prägend für ein Gebäude sind. Grundsätzlich ist bei der Modulbauweise aber alles möglich, was qualitativ hochwertige Architektur ausmacht. Wenn Architekten und Modulbauexperten an einem Strang ziehen und sich entsprechend ihrer Kompetenzen in das Projekt einbringen, können tolle und in vielerlei Hinsicht qualitätvolle Gebäude entstehen.“

Das Bauwerk wurde als ein von Norden nach Süden ausgerichteter Riegel auf dem Grundstück platziert, der bewusst von der nahe liegenden Wohnbebauung abrückt. Im Erdreich befindliche Gebäudeteile wurden massiv errichtet und die Stahlmodule der Obergeschosse darauf aufgesetzt. Die Anordnung als Drei-Bund mit außenliegenden Büros und einer Mittelzone führt zu einem kompakten Körper mit kurzen Erschließungswegen und bringt zudem Vorteile in Sachen Energieeffizienz. Technik- und Lagerbereiche „verschwinden“ im Hang. Dadurch, dass die Baukörper gegeneinander verschoben und in der Höhe gestaffelt sind, entsteht ein spannungsreicher Bau, der sich harmonisch auf dem Gelände präsentiert.

Holzverkleidete Decken im Eingangsbereich, hochwertige Linoleumböden mit Sockelleisten aus Holz sowie ein durchgängiges Farbkonzept sorgen für eine wohnliche Atmosphäre im Gebäude. „Durch die Möglichkeit, mit Stahl größere Spannweiten ohne tragende Innenwände zu realisieren, konnten wir im ITZ Ilmenau offene, lichtdurchflutete Arbeitswelten schaffen“, sagt
Matthias Schodlok. „Mobile Trennwände ermöglichen es bei Bedarf, die Raumnutzung den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Diese Flexibilität und die Nachhaltigkeit des hochrecyclingfähigen Materials Stahl macht die ALHO Stahlmodulbauweise zu einer zukunftsfähigen und daher werterhaltenden Wahl.“

Nachhaltigkeit als erklärtes Projektziel

„Die Entscheidung für die ALHO Modulbauweise war eine strategische Entscheidung für mehr Ausführungsqualität, Schnelligkeit und nicht zuletzt Nachhaltigkeit, die sich als sehr erfolgreich erwiesen hat“, ist auch Aaron Weber überzeugt. So wurden ausschließlich sehr hochwertige Materialien verbaut, die für eine gute Raumluftqualität sorgen. Das Gebäude erhielt zudem ein Retensionsdach. Dabei handelt es sich um ein Gründach, das nicht nur einen wichtigen ökologischen Ausgleich für die neu versiegelte Grundstücksfläche schafft, die Dämmwirkung des Daches im Sommer wie im Winter verbessert, Luftschadstoffe und Feinstaub aus der Luft filtert und für mehr Biodiversität in der Stadt sorgt, sondern zusätzlich bei Starkregenereignissen Wasser speichern kann.

Von zentraler Bedeutung für die BImA war nicht nur eine wirtschaftliche, werterhaltende und ressourcenschonende Bauweise, sondern vor allem auch ein energieeffizienter und umweltbewusster Gebäudebetrieb: Darum wird das Gebäude mit zehn Doppelladesäulen für E-Autos ausgestattet. Die Beheizung erfolgt mit nachhaltig erzeugter Fernwärme. Außerdem ist es als Lowtech-Objekt für niedrigen Energieeinsatz optimiert: Über eine Photovoltaikanlage mit 96 kWPeak, die über dem Gründach installiert ist, wird ein Großteil des Energiebedarfs des Gebäudes vor Ort produziert.

Neben thermischen, akustischen und visuellen Komfortmaßnahmen war auch die barrierefreie Gestaltung des Gebäudes, einschließlich der Außenanlagen, ein wichtiger Aspekt, um ein inklusives und nachhaltig hochwertiges Arbeitsumfeld zu schaffen. Alle Aktivitäten basieren dabei auf dem Drei-Säulen Modell der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziokulturelle Belange. Die besondere Nachhaltigkeit des Gebäudes wird durch die Bewertungssysteme DGNB als auch BNB nachgewiesen und zertifiziert. Beide Verfahren laufen derzeit.

Vorbild für zukünftige Bauprojekte

Das Projekt ITZ-Bund in Ilmenau steht als Vorbild für eine erfolgreiche Kombination aus innovativen Bauverfahren und integrativen Prozessen. Es zeigt, dass Bauprojekte wirtschaftlich effizient, nachhaltig und in Rekordzeit realisiert werden können – und das durch enge Zusammenarbeit aller Beteiligten. Das Projekt bietet wertvolle Erkenntnisse für Architekten und Bauherren und setzt Maßstäbe für die Zukunft des Bauens.

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