„Bündnis bezahlbarer Wohnraum“: Ein Problem der Umsetzung

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Nach mehr als fünf Monaten intensiver Arbeit im Rahmen des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ haben auch die Präsidenten der immobilienwirtschaftlichen Verbände in Deutschland das Papier „Bündnis bezahlbarer Wohnraum – Maßnahmen für eine Bau-, Investitions-, und Innovationsoffensive“ unterzeichnet.

Unter den Maßnahmen sind einige vielversprechende Punkte, die ein Bauen von mehr Wohnungen und ein schnelleres Bauen in Deutschland vorantreiben könnten. Da das Bündnis sehr breit aufgestellt ist, mussten allerdings auch Kompromisse eingegangen werden.

In einer „Gemeinsamen Erklärung der Immobilienverbände zum Maßnahmenpaket des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ haben die beteiligten Verbände darauf hingewiesen, dass der Neubau von jährlich mindestens 400.000 bedarfsgerechten und klimafreundlichen Wohnungen (davon 100.000 geförderte) notwendig ist. Die beteiligten Verbände halten aber eine Erreichung dieser Zielmarken aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen, insbesondere aufgrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, für unrealistisch.

Das Ziel ist laut Erklärung die Schaffung von Rahmenbedingungen, die zu mehr bezahlbarem und bedarfsgerechtem Wohnraum führen. Die Umsetzung des ambitionierten Neubauziels muss sich an den sozialen und ökonomischen Herausforderungen der Menschen in Deutschland orientieren. Dazu braucht es für die Akteure der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Planungs- und Investitionssicherheit, so der Text der gemeinsamen Erklärung. Zudem hat die Bündnisarbeit gezeigt: Es gibt kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.

Zahlreiche der in den Beratungen eingebrachten Vorschläge der Immobilienverbände wurden in dem Bündnispapier berücksichtigt. Allerdings enthält das vom Bündnis vorgelegte Maßnahmenpaket auch zahlreiche Vorhaben, die das Ziel des bezahlbaren Wohnens und das Bemühen um die Steigerung der Fertigstellungszahlen nachweislich behindern. Dazu gehören beispielsweise:

– das Ziel, die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlung und Verkehr bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag zu reduzieren und bis zum Jahr 2050 bis auf Netto-Null zu senken,

– die Etablierung von Bodenbeiräten,

– die Fortentwicklung des kommunalen Vorkaufsrechts.

Zudem ist es beispielsweise bedauerlich, dass trotz wiederholt vorgetragener Argumente an der Bezugnahme am EH40-Standard ab 2025 festgehalten wurde. Die entsprechende, im Themenfeld „Klimagerechter und ressourcen-schonender Wohnungsbau“ festgelegte Maßnahme ist nur dann akzeptabel, wenn die Bundesregierung den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag ernst nimmt und kurzfristig eine Abkehr von der alleinigen Fokussierung auf immer höhere und damit natürlich teurere Energieeffizienzstandards einläutet.

Unserer Auffassung nach können die Klimaziele kostengünstiger und effektiver erreicht werden, wenn auch ganzheitliche Ansätze verfolgt werden, bei denen der Quartiersgedanke unter Berücksichtigung aller Gebäudeeigentümer die zentrale Rolle spielt. Die Betrachtung allein von Einzelgebäuden muss der Vergangenheit angehören. Nicht zuletzt: Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit halten wir für überflüssig.

Unterm Strich steht: Seit der Formulierung des Ziels, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, haben sich zwei entscheidende Parameter verändert: Die Nachfrage nach Wohnraum nimmt durch die verstärkte Zuwanderung zu, die Wohnungsbauproduktivität nimmt durch die steigenden Kosten und den Rohstoffmangel ab. Diese Kluft kann nur durch Vereinfachung, Deregulierung, Entbürokratisierung und eine gehörige Portion Pragmatismus überbrückt werden.

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