Wohnungspolitik der GroKo im Fakten-Check

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

45 Minuten bis zur Halbzeitpause vergehen schnell im Fußball. Ähnlich sieht es mit den fast zwei Jahren GroKo aus, die jetzt hinter uns liegen. Die Stimmung zur Halbzeitkritik: wohnungspolitische Anspannung und immer aufgeheiztere Debatten. Grund genug, die Wohnungspolitik der GroKo einem Fakten-Check zu unterziehen. 

Auf den ersten Blick sieht die Zwischenbilanz bei der Umsetzung der Wohnraumoffensive gar nicht so schlecht aus: Das Wohngeld wird erhöht, die Städtebauförderung und die soziale Wohnraumförderung verstetigt und die Sonder-AfA ist beschlossene Sache. Zur Baulandmobilisierung hat die GroKo immerhin Empfehlungen vorgelegt und die Typengenehmigung wurde in die Musterbauordnung aufgenommen.

Bei genauerem Blick auf die gleichzeitig verschärften Regulierungsmaßnahmen ist aber klar: In der Wohnungspolitik knirscht es gewaltig. Vor allem durch Querschläge einzelner Parteien sowie aus einzelnen Regionen – aktuell insbesondere Berlin – wird die recht gute Bilanz der Wohnraumoffensive auf Bundesebene massiv verwässert. Mietrechtsanpassungsgesetz, Verlängerung des Betrachtungszeitraums bei der ortsüblichen Vergleichsmiete, eine Grundsteuerreform, deren Berechnungsmethode auf Bodenwerten basiert – die Wohnungswirtschaft sieht sich mit Überregulierung in einem solchen Maße konfrontiert, dass die Zukunft des bezahlbaren Bauens und Wohnens in Deutschland in unmittelbarer Gefahr ist. Ausgerechnet den verantwortlichen Vermietern und Bauherren werden immer mehr Steine in den Weg gelegt. Und das obwohl klar ist, dass Wohnen und Bauen Geld kosten und es ohne privates Kapital nicht geht.

Für eine tatsächliche und nachhaltige Entlastung der Mietwohnungsmärkte muss der Gesetzgeber ganz klar seine Marschrichtung ändern. Die angespannten Mietmärkte in den Metropolen brauchen eine massive Ausweitung des Wohnungsbaus. Das geht nur gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft. Deshalb brauchen wir ein Miteinander statt Gegeneinander. Ständige Diskussionen über Mietendeckel und Enteignung setzen dagegen nicht nur das bezahlbare Wohnen, sondern den kompletten Investitionsstandort Deutschland aufs Spiel. Rufe nach starken Mietbegrenzungen klingen vielleicht in einigen Ohren auf Anhieb gut, aber solche einfachen Lösungen haben am Ende auch eine einfache Folge: keine Investitionen mehr in den Klimaschutz und den altersgerechten Umbau, weil die nachhaltig wirtschaftenden Wohnungsunternehmen sich das schlicht nicht mehr leisten können. So bleibt die Zukunft Deutschlands auf der Strecke.

Auch wenn es beim Thema Wohnraumoffensive einige positive Entwicklungen gab, so stellt man am Ende doch ernüchtert fest: Es fehlen entscheidende Dinge, die eine wirkliche Bauoffensive auszeichnen. Vor allem ein Planungs- und Beschleunigungsgesetz für den Baubereich und eine intelligente Baulandpolitik. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, die Politik muss sie aber auch endlich durchgreifend anpacken.

Die verbleibende Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl sollte also intelligent genutzt werden.

Wenn die Kommunen nicht mehr Bauland zu bezahlbaren Preisen ausweisen, werden wir den Wohnraummangel nicht lösen können. Die zurückgehenden Baugenehmigungszahlen zeigen: Eine Trendwende ist dringend nötig.

Zentral ist, dass Bund, Länder und Kommunen in ihrem Zuständigkeitsbereich die Umsetzung der Wohngipfelvereinbarungen genauso konsequent wie die Wohnungswirtschaft vorantreiben. Denn erfolgreiche Wohnungspolitik kann nur als Gemeinschaftsprojekt gelingen. Mit anderen Worten: Es ist viel mehr Teamplay statt offensichtlicher Fouls aus der Regulierungs-Trickkiste gefragt, wenn es in der zweiten Halbzeit auf die Erfolgsspur gehen soll.

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