Erneuerbare-Energien-Gesetz

Sonnige Aussichten für Mieterstrom

Mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) traten zum Jahreswechsel substanzielle Verbesserungen für solaren Mieterstrom in Kraft. Hausgemachter Sonnenstrom vom Mietshausdach wird damit deutlich attraktiver – für alle Beteiligten.

Die Idee war schon immer gut: günstiger und sauberer Strom, direkt auf dem Dach von Mehrfamilienhäusern produziert und an die Wohnparteien geliefert – das ist eigentlich eine „Win-Win-Win“-Konstellation für Mieter, Vermieter und Klimaschutz. Die Anzahl der realisierten Projekte lässt bislang dennoch zu wünschen übrig. Bis auf einige Spezialisten wie NATURSTROM haben sich kaum Akteure an die komplexe Materie gewagt, die Stadtwerke und auch die Immobilienwirtschaft selbst waren bislang zurückhaltend. Zu groß der Aufwand, zu schmal die Renditeaussichten.

Das ändert sich nun, denn die EEG-Novelle bringt substanzielle Verbesserungen mit sich. Es gibt mehr Geld und mehr Rechtssicherheit.

Zuschlag deutlich erhöht

Für eine verbesserte Wirtschaftlichkeit sorgt insbesondere die Einführung einer eigenen Vergütungskategorie. Gezahlt wird der Zuschlag für jede direkt vom Dach in die Wohnungen gelieferte Kilowattstunde. Vor der EEG-Reform lag er in den meisten Konstellationen bei Null – das Resultat einer starren Kopplung an die stetig sinkende Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen. Mit § 48a im novellierten EEG wird der Mieterstromzuschlag nun neu aufgesetzt: Für Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 Kilowatt liegt die Vergütung zunächst bei 3,79 Cent pro Kilowattstunde, bis einschließlich 40 Kilowatt bei 3,52 Cent pro Kilowattstunde und bis einschließlich 750 Kilowatt bei 2,37 Cent pro Kilowattstunde. Das bedeutet einen ordentlichen Schub, der viele Projekte auch in der Mitte und im Norden Deutschlands, wo die Solarerträge etwas niedriger ausfallen, über die Wirtschaftlichkeitsschwelle helfen wird.

Eine weitere Änderung, die sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt, betrifft die sogenannte Anlagenklammerung: Unter bestimmten Bedingungen wurden bislang mehrere Solaranlagen, die in einem Projekt installiert wurden, virtuell zu einer einzigen Anlage zusammengefasst. Der Mieterstromanbieter erhielt somit für Stromlieferungen aus dieser virtuellen größeren Anlage einen niedrigeren Mieterstromzuschlag als bei einzelner Betrachtung der tatsächlich verbauten kleineren Anlagen. Denn auch nach der bisherigen Logik sinkt der Mieterstromzuschlag mit der Anlagengröße bzw. -leistung.

Diese Regelung wurde spürbar gelockert. Zur Berechnung der Vergütung für die ins Netz eingespeisten Strommengen werden die Solaranlagen zwar immer noch zusammengefasst, nicht mehr aber für die Berechnung des Mieterstromzuschlages für den vor Ort gelieferten Solarstrom. Sofern mehrere Anlagen in einem Projekt nicht über denselben Anschlusspunkt ins Stromnetz einspeisen, besteht somit nun Anspruch auf einen Mieterstromzuschlag, der den tatsächlichen Anlagenleistungen entspricht.

Lieferketten erlaubt

Für Rechtssicherheit sorgt derweil eine Klarstellung zum sog. Lieferkettenmodell. Gemeint ist damit eine Projektkonstellation, in welcher der Betreiber der Solaranlage und der Mieterstromlieferant unterschiedliche Akteure sind. Dies war auch bisher unter den realisierten Projekten schon weit verbreitete Praxis, da sich nur wenige Betreiber einer Solaranlage – beispielsweise der Vermieter oder eine Energiegenossenschaft – zugleich die energiewirtschaftlichen Pflichten eines Stromversorgers ans Bein binden können und wollen. Diese Rollenaufteilung und damit Partnerschaften mit innovativen Energieanbietern sind nun offiziell zulässig.

Gewerbesteuerkürzung bleibt erhalten

Weitere wichtige Erleichterungen sind zudem mit dem EEG-Beschluss konkret in Aussicht gestellt. Die Immobilienwirtschaft dürfte besonders ein Passus freuen, der nicht im EEG selbst enthalten ist, sondern im „Drumherum“ der Beschlussempfehlung. In einem Entschließungsantrag fordert der Bundestag die Bundesregierung auf, „einen Regelungsvorschlag unverzüglich vorzulegen, der es dem Deutschen Bundestag ermöglicht, eine gesetzliche Regelung zu beschließen, nach der Wohnungsunternehmen die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer nicht verlieren, wenn sie unter anderem Mieterstrom über Solaranlagen auf ihren Gebäuden erzeugen und veräußern.“ Sobald die nötige Anpassung im Körperschaftsteuergesetz umgesetzt ist, können Wohnungsunternehmen selbst leichter als Mieterstromanbieter auftreten.

Mieterstrom im Quartier

Und noch ein Versprechen für die nahe Zukunft: Mieterstrommodelle können nach neuen EEG nun auch im „Quartier“ umgesetzt werden. Allerdings schweigt sich das EEG darüber aus, was ein Quartier im Sinne des Gesetzgebers ausmacht. In welche Richtung eine Definition gehen könnte, zeigt der Bericht des Wirtschaftsausschusses im Bundestag auf: „Quartier ist dabei ein zusammenhängender Gebäudekomplex, der den Eindruck eines einheitlichen Ensembles erweckt. Die Gebäude des Quartiers können auf unterschiedlichen Grundstücken liegen oder durch Straßen getrennt sein, so lange der Eindruck des einheitlichen Ensembles gegeben ist.“ In diesem Sinne würde der Quartiersbegriff Mieterstromprojekte vielfach auch dort ermöglichen, wo sie bislang nicht umsetzbar waren.

In Summe sind die Änderungen äußerst erfreulich, viele Mieterstrom-Forderungen aus den Verbänden der Energie- und Immobilienwirtschaft wurden bei der Novellierung des EEG berücksichtigt. Nun ist es an den Unternehmen beider Branchen, die Paragrafen mit Leben zu füllen. Die Vorzeichen für mehr Solarstrom in den Innenstädten waren nie besser.

Die EEG-Novelle bringt substanzielle Verbesserungen mit sich.
Es gibt mehr Geld und mehr Rechtssicherheit.

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