Rechtsprechung

Schönheitsreparaturen, Verjährung von Ersatzansprüchen
BGB § 548 Abs. 2

Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen, die er während des Mietverhältnisses in der irrigen Annahme einer entsprechenden Verpflichtung ausgeführt hat, verjähren nach § 548 Abs. 2 BGB binnen sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses.

BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 195/10 -

Aus den Gründen:

Der Kläger und seine Ehefrau waren vom 1. 11. 2000 bis zum 31. 12. 2006 Mieter einer Wohnung der Beklagten in F. . Der Mietvertrag enthält in § 13 eine Formularklausel, die den Mietern die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach einem starren Fristenplan auferlegt.

Der Kläger und seine Ehefrau ließen die Wohnung vor der Rückgabe am Ende des Mietverhältnisses zu Kosten von 2.687 € renovieren. Später erfuhren sie, dass sie zur Ausführung dieser Arbeiten wegen der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel nicht verpflichtet gewesen waren. Der Kläger hat sich von seiner Ehefrau deren Ansprüche auf Erstattung von Renovierungskosten abtreten lassen.

Mit der am 22. 12. 2009 eingereichten und am 4.1. 2010 zugestellten Klage hat der Kläger Zahlung von 2.687 € nebst Zinsen begehrt. Das AG hat die Klage abgewiesen, das LG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der vom Kläger wegen der rechtsgrundlos durchgeführten Schönheitsreparaturen geltend gemachte Anspruch der kurzen Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB unterliegt, die hier vor Einreichung der Klage abgelaufen war.

Gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjähren Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur ist streitig, ob unter diese Vorschrift auch Ersatzansprüche des Mieters wegen Schönheitsreparaturen fallen, die er in Unkenntnis der Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel ausgeführt hat.

1. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass § 548 Abs. 2 BGB auf derartige Ansprüche des Mieters weder direkt noch analog Anwendung finde, sondern die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren maßgeblich sei. Dies wird vor allem damit begründet, dass § 548 Abs. 2 BGB die kurze Verjährung nur für Ansprüche des Mieters wegen Aufwendungen   im Sinne freiwilliger Vermögensopfer   anordne; für Schadensersatzansprüche sowie für Bereicherungsansprüche aufgrund einer Leistungskondiktion gelte die Vorschrift hingegen nicht. Es bestehe auch kein Anlass, die Position des vertragstreuen Mieters zu schwächen, der in Unkenntnis der Unwirksamkeit der vom Vermieter verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Renovierung ausgeführt habe. Im Übrigen ergebe sich ein Wertungswiderspruch, weil für Ersatzansprüche des Mieters wegen nachvertraglich getätigter Aufwendungen die Regelverjährung anzuwenden sei. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Rechtsfolge des § 548 Abs. 2 BGB nicht auf Ersatzansprüche des Mieters für während der Mietzeit vorgenommene Schönheitsreparaturen passe, die am Ende des Mietverhältnisses bereits abgewohnt seien.

2. Die auch vom Berufungsgericht vertretene Gegenmeinung sieht Schönheitsreparaturen als "Aufwendungen" im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB an und wendet deshalb auf daraus resultierende Ersatzansprüche die kurze Verjährung an. Diese Auffassung stellt vor allem auf den Zweck des § 548 BGB ab, der auf eine möglichst schnelle Klärung der wechselseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache gerichtet sei. Der Be-griff der Aufwendung sei deshalb weit zu verstehen und erfasse sämtliche vermögenswerte Maßnahmen, die den Bestand der Mietsache erhalten, wiederherstellen oder verbessern.

3. Der letztgenannten Ansicht gebührt der Vorzug. Der Senat hat bereits zu § 558 BGB aF, der Vorgängervorschrift des jetzigen § 548 BGB, entschieden, dass mit dem damals verwendeten Begriff der "Verwendungen" alle Aufwendungen zu verstehen sind, die das Grundstück in seinem Bestand verbessern (BGH, Urt. v. 2.10.1985   VIII ZR 326/84, NJW 1986, 254). Für den Begriff der "Aufwendungen" im jetzigen § 548 BGB gilt nichts anderes, da mit der entsprechenden Änderung durch das Mietrechtsreformgesetz  keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 45).

a) Vom Mieter durchgeführte Schönheitsreparaturen dienen der Verbesserung der Mietsache und sind deshalb Aufwendungen im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB. Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung solcher Arbeiten gegen den Vermieter erhebt, fallen somit unter die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB. Auf die rechtliche Einordnung des vom Mieter geltend gemachten Anspruchs kommt es dabei nicht an. Denn die kurze Verjährungsfrist findet auch dann Anwendung, wenn der Mieter den Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nicht oder nicht nur auf gesetzliche Vorschriften des Mietrechts stützt, sondern sich auf mietvertragliche Vereinbarungen, Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigte Bereicherung beruft (BGH, Urt. v. 13.2. 1974   VIII ZR 233/72, NJW 1974, 743).

b) Die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB findet ihre Rechtfertigung zum einen darin, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses alsbald Klarheit über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache erreicht werden soll (BT-Drucks. 14/4553, S. 45). Zum anderen dient die in § 548 Abs. 2 BGB getroffene Spezialregelung auch dem Zweck, das laufende Mietverhältnis nicht unnötig mit Auseinandersetzungen zu belasten (BGH, Urt. v. 28.5. 2008   VIII ZR 133/07, NZM 2008, 519). Hieraus folgt, dass sämtliche Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung von Schönheitsreparaturen gegen den Vermieter erhebt, nach § 548 BGB und nicht nach §§ 199, 195 BGB verjähren, mithin auch der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereichung nach § 812 Abs. 1 BGB (Leistungs¬kondiktion), der dem Mieter, der aufgrund einer unwirksamen Vertragsklausel renoviert hat, nach der Rechtsprechung des Senats zusteht (vgl. BGH, Urt. v. 27.5. 2009   VIII ZR 302/07, BGHZ 181, 188). Auch für einen etwaigen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, der bei schuldhafter Verwendung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln in Betracht kommen kann, findet die kurze Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB Anwendung.

c) Die Verjährung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs begann deshalb mit dem Ablauf des Monats Dezember 2006 als dem Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses und lief Ende Juni 2007 ab. Darauf, dass die Beklagten von der Unwirksamkeit der in § 13 des Mietvertrags vorgesehenen Renovierungsklausel erst später erfahren haben und das Senatsurteil zum Bereicherungsanspruch des Mieters erst am 27. 5. 2009 ergangen ist, kommt es nicht an. Zwar beginnt die regelmäßige Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst, wenn der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Im Rahmen der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB kommt es aber nicht auf die Kenntnis des Gläubigers an, sondern allein auf die Beendigung des Mietverhältnisses. Eine Ausnahme hat der Senat nur insoweit bejaht, als es um die Kenntnis von einer Grundstücksveräußerung als tatsächlicher Voraussetzung für die Beendigung des Mietverhältnisses ging (BGH, Urt. v. 28.5.2008   VIII ZR 133/07, aaO). Eine weitere Ausnahme bezüglich der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen sich der geltend gemachte Anspruch ergibt, ist nicht geboten.


Modernisierung durch Mieter, Umlage der ihm erstatteten Kosten
BGB § 559 Abs. 1

Zu den Kosten baulicher Modernisierungsarbeiten zählen auch Aufwendungen zur Wiederherstellung einer durch die Bauarbeiten beschädigten Dekoration. Diese Kosten können auch dann gemäß § 559 Abs. 1 BGB umgelegt werden, wenn der Mieter die Arbeiten selbst durchgeführt und der Vermieter ihm die Aufwendungen gemäß § 554 Abs. 4 BGB erstattet hat.

BGH, Urteil vom 30. März 2011 - VIII ZR 173/10 -

Aus den Gründen:

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Klägerin in G. Mit Schreiben vom 29. 1.2007 kündigte die Klägerin den Mietern des Anwesens den Einbau von Wasserzählern und eine hierauf gestützte Mieterhöhung um 2,28 € monatlich an. Die Beklagten wiesen darauf hin, dass durch die beabsichtigte Maßnahme eine Neutapezierung der erst kürzlich renovierten Küche erforderlich werde, und verlangten für die in Eigenleistung auszuführenden Arbeiten gemäß § 554 Abs. 4 BGB einen Vorschuss von (zuletzt) 144,30 € auf die ihnen insoweit entstehenden Aufwendungen. Die Klägerin erklärte sich mit Schreiben vom 28. 2. 2007 bereit, die von den Beklagten beanspruchten Renovierungskosten zu übernehmen, weil eine Beschädigung der Tapete beim Einbau der Wasserzähler nicht zu vermeiden sei; zugleich wies sie darauf hin, dass es sich hierbei um umlagefähige Modernisierungskosten handele, so dass sich die Umlage auf 3,67 € monatlich erhöhen werde.

Die Klägerin zahlte den als Renovierungskosten geforderten Betrag an die Beklagten und baute den Wasserzähler ein. Mit Schreiben vom 22. 3.2007 legte sie die Gesamtkosten von 304,37 € (160,07 € für den Einbau des Wasserzählers und 144,30 € Vorschusszahlung an die Beklagten) gemäß § 559 Abs. 1 BGB um, so dass sich ein monatlicher Erhöhungsbetrag von 2,79 € ergab. Den auf den Tapezierungskostenvorschuss entfallenden Teilbetrag von jeweils 1,32 € zahlten die Beklagten nicht.

Die Klägerin begehrt für die Monate Juni 2007 bis Mai 2009 Zahlung von 31,68 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 46,41 €. Das AG hat der Klage stattgegeben. Das LG hat das Urteil des AG abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Revision hat Erfolg.

Die Klägerin hat die Miete mit Schreiben vom 22. 3.2007 für die Zeit ab Juni 2007 wirksam um 2,79 € monatlich erhöht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte die Klägerin auch die im Anschluss an den Wasserzählereinbau entstandenen Renovierungskosten gemäß § 559 BGB als Modernisierungsmieterhöhung umlegen.

1. Gemäß § 559 Abs. 1 BGB kann der Vermieter nach der Durchführung baulicher Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken, die jährliche Miete um 11 vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Zu derartigen baulichen Maßnahmen   hier zur Einsparung von Wasser   gehört nach allgemeiner Meinung auch der Einbau von Wasserzählern. Hiervon geht auch das Berufungsgericht zutreffend aus.

Zu den Kosten baulicher Modernisierungsmaßnahmen zählen auch Aufwendungen für Tapezierarbeiten, die erforderlich werden, weil die vorhandene, an sich noch nicht erneuerungsbedürftige Dekoration durch die Bauarbeiten beschädigt worden ist. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung handelt es sich dabei nicht um allgemeinen, unabhängig von der Modernisierung anfallenden und damit nicht auf den Mieter umlagefähigen Instandsetzungsaufwand.

Der Vermieter kann die Kosten für einen derartigen Aufwand nicht nur bei Auftragsvergabe an einen Dritten gemäß § 559 Abs. 1 BGB auf den Mieter umlegen, sondern auch dann, wenn er die Kosten   wie hier   in der Weise getragen hat, dass er dem Mieter, der sich zur Durchführung der Arbeiten bereit erklärt hat, den hierfür verlangten Betrag gemäß § 554 Abs. 4 BGB zur Verfügung gestellt hat.

Allerdings geht eine in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur vertretene Auffassung, der auch das Berufungsgericht folgt, davon aus, dass § 554 Abs. 4 BGB die Kostentragung endgültig regele und es deshalb unzulässig sei, den Mieter über § 559 BGB die Kosten letztlich doch tragen zu lassen. Teilweise wird dabei danach differenziert, wer das unternehmerische Risiko für diese Arbeiten trägt. Die Gegenmeinung stellt darauf ab, dass es keinen Unterschied machen könne, ob der Vermieter die Arbeiten selbst in Auftrag gebe und die

Kosten direkt trage oder ob der Mieter sie ausführe und sich die Kosten nach § 554 Abs. 4 BGB vom Vermieter erstatten lasse. In jedem Fall handele es sich um unmittelbaren Bauaufwand.

Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. § 559 Abs. 1 BGB gestattet dem Vermieter die Umlage der von ihm für Modernisierungsmaßnahmen aufgewendeten Kosten, um einen Anreiz dafür zu schaffen, dass der Vermieter entsprechende im allgemeinen Interesse liegende bauliche Maßnahmen durchführt (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 58). Eine Einschränkung dahin, dass der Vermieter ihm tatsächlich entstandene Kosten nicht umlegen dürfte, wenn und weil die Arbeiten von dem in Vorlage getretenen Mieter selbst ausgeführt worden sind, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 559 Abs. 1 BGB noch aus seinem Zweck. Sie würde auch dem Interesse beider Mietparteien widersprechen, kleinere Nacharbeiten im Zusammenhang mit einer Modernisierungsmaßnahme kostengünstig durch den Mieter in Eigenleistung ausführen zu lassen. Denn ein Vermieter, der die dem Mieter hierfür erstatteten Kosten nicht umlegen könnte, hätte Anlass, von vornherein einen Handwerker zu beauftragen, weil er diese   regelmäßig höheren   Kosten ohne weiteres auf den Mieter umlegen kann. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Vermieter als "Bauherr" der Nacharbeiten anzusehen ist; entscheidend ist vielmehr, dass der Vermieter diesen Aufwand im Rahmen einer baulichen Modernisierungsmaßnahme getragen hat.

Anders als das Berufungsgericht meint, wird der Mieter durch die Umlage der ihm erstatteten Modernisierungsaufwendungen auch nicht "bestraft". Denn der Vermieter muss diese Kosten   wie die übrigen Kosten, die ihm für den Einbau der Wasserzähler entstehen   bevorschussen und kann sie lediglich im Rahmen des § 559 Abs. 1 BGB über einen längeren Zeitraum umlegen.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts  kommt es nicht darauf an, ob die von den Beklagten geltend gemachten Renovierungsaufwendungen über das hinausgingen, was zur Beseitigung der durch den Zählereinbau verursachten Schäden an der Dekoration erforderlich war. Den Beklagten ist es jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass die von ihnen geltend gemachten und von der Klägerin vollständig erstatteten Aufwendungen ihnen nicht entstanden oder nicht erforderlich gewesen seien. Das Gleiche gilt für den weiteren Einwand der Beklagten, sie hätten die Renovierungsarbeiten erst am 15.4. 2007 abgeschlossen, so dass die von der Klägerin mit Schreiben vom 22. 3.2007 begehrte Mieterhöhung verfrüht gewesen sei. Da die Beklagten den beanspruchten Kostenvorschuss für die Renovierung schon vor dem am 20.3.2007 erfolgten Einbau des Wasserzählers gefordert und erhalten haben, ist das Vorgehen der Klägerin nicht zu beanstanden; die Beklagten müssen sich zumindest nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wären die Arbeiten unmittelbar nach dem Einbau des Wasserzählers erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung wurde die Mieterhöhung gemäß § 559a Abs. 2 Satz 1 BGB mit dem Beginn des dritten Monats ab Zugang des Mieterhöhungsbegehrens vom 22. 3.2007 wirksam, so dass die Beklagten die erhöhte Miete ab Juni 2007 zu zahlen hatten. Eine Verlängerung der Frist nach § 559a Abs. 2 Satz 3 BGB wegen nicht rechtzeitiger Ankündigung der Modernisierung gemäß § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht, weil der Einbau des Wasserzählers nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mieträume verbunden war und lediglich eine unerhebliche Mieterhöhung zur Folge hatte, so dass es gemäß § 554 Abs. 3 Satz 3 BGB einer Modernisierungsankündigung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht bedurfte.

BGB § 560 Abs. 4

a)    Nach einer Betriebskostenabrechnung ist eine Anpassung der Vorauszahlungen auch dann möglich, wenn bereits die folgende Abrechnungsperiode abgelaufen, aber noch nicht abgerechnet ist.

b)    Eine Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen ist nur für die Zukunft möglich.

BGH, Urteil vom 18. Mai 2011 - VIII ZR 271/10 -

Aus den Gründen:

Die Beklagte war bis Ende Juni 2009 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in K.; die Miete betrug zuletzt monatlich 546,84 € (432,10 € Grundmiete und 114,74 € Nebenkostenvorauszahlung). Die Parteien streiten über rückständige Miete und Nebenkosten.

In einem vorangegangenen Prozess hatten die Parteien am 25. November 2008 einen Räumungsvergleich geschlossen. Dieser sieht unter anderem vor, dass die Beklagte auf die Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum Juni 2006 bis Mai 2007 keine Zahlungen mehr zu leisten hat und dass aus der (noch nicht erstellten) Betriebskostenabrechnung 2007/2008 keine gegenseitigen Ansprüche bestehen sollen. Hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung 2008/2009 legt der Vergleich fest, dass für die Positionen Versicherung und Hausreinigung nur ein Betrag von je 0,14 € je qm und Monat umgelegt werden kann.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie auf der Basis der Abrechnung 2006/2007 und der Vereinbarung zu den Kosten der Versicherung und Hausreinigung die Vorauszahlungen rückwirkend ab 1. Juni 2008 auf monatlich 84,79 € herabsetze und die sich daraus ergebenden Überzahlungen in den nächsten Monaten verrechnen werde. Dementsprechend zahlte die Beklagte für Januar bis März 2009 lediglich die Grundmiete in Höhe von je 432,10 €. Für die Monate April bis Juni 2009 minderte sie wegen eines von ihr behaupteten Mangels (zu geringe Öffnungszeiten der Waschküche) die Grundmiete um je 43,10 € und zahlte jeweils 473,68 € monatlich, davon je 84,79 € als Nebenkostenvorauszahlung. Die Zahlung für Juni 2009 erfolgte   nach Rechtshängigkeit   am 8. Juli 2009.

Die Klägerin hat Zahlung des Mietrückstands begehrt, der sich bei Zugrundelegung der von ihr verlangten Vorauszahlungen von 114,74 € monatlich ergibt, insgesamt 1.037,32 € nebst Zinsen. Hinsichtlich des am 8. Juli 2009 für den Monat Juni 2009 gezahlten Betrages hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache (einseitig) für erledigt erklärt und den Betrag von der Forderung abgesetzt.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Die Revision hat zum Teil Erfolg.

1. Die Revision ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht ein Recht der Beklagten zur Mietminderung verneint und deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der für die Monate April bis Juni 2009 unter Berufung auf einen behaupteten Mangel einbehaltenen Beträge von je 43,21 € bestätigt hat; insoweit fehlt es bereits an einem Angriff der Revision.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht  in Höhe des für Juni 2009 gezahlten Betrages von 473,68 € eine Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache bejaht hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin die Miete für den Monat Juni im Zeitpunkt der Erhebung der Klage zugestanden habe; ein Zurückbehaltungsrecht wegen der im Vergleich vereinbarten Umzugskostenbeihilfe habe die Beklagte mangels Fälligkeit der Umzugsbeihilfe nicht gehabt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass die im Vergleich vorgesehene Umzugskostenhilfe nicht vor der Verpflichtung zur Räumung, also erst zum Ablauf des Monats Juni 2009 fällig werde, ist möglich und daher für das Revisionsgericht bindend; einen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.

3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Vorauszahlungen auf der Basis der Abrechnung 2006/2007 unter Berücksichtigung der im Vergleich erfolgten Begrenzung der Kosten für Versicherung und Hausreinigung anzupassen, ist jedoch von Rechtsirrtum beeinflusst.

a) Gemäß § 560 Abs. 4 BGB kann jede Partei nach einer Abrechnung von Betriebskosten durch Erklärung in Textform eine Anpassung der Vorauszahlungen auf eine angemessene Höhe verlangen. Dies hat die Beklagte hier mit Schreiben vom 30. 12. 2008 getan; sie hat dabei   zutreffend   die sich aus der Abrechnung ergebenden Kosten zugrunde gelegt und bezüglich der Kosten für Versicherung und Hausreinigung den im Vergleich festgelegten Höchstbetrag in Ansatz gebracht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Beklagten eine solche Anpassung nicht im Hinblick darauf verwehrt, dass auch der Abrechnungszeitraum 2007/2008 bereits abgelaufen war. Eine Einschränkung des Anpassungsrechts dahin, dass es nur aufgrund der letztmöglichen Abrechnung vorgenommen werden kann, selbst wenn diese noch nicht erstellt ist, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Mit der Anpassung der Vorauszahlungen nach einer Abrechnung soll erreicht werden, dass die vom Mieter zu leistenden Abschläge den tatsächlichen Kosten möglichst nahe kommen, so dass weder der Mieter dem Vermieter   durch zu hohe Vorauszahlungen   ein zinsloses Darlehen gewährt noch der Vermieter   angesichts zu niedriger Vorauszahlungen   die Nebenkosten teilweise vorfinanzieren muss. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass dem Mieter, wenn   wie hier   die letztmögliche Abrechnung noch nicht erstellt ist, eine Anpassung der Vorauszahlungen verwehrt ist und es deshalb bei den aus einer noch weiter zurückliegenden Abrechnungsperiode stammenden und deshalb (noch) weniger realistischen  Vorauszahlungen bliebe.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die Beklagte auch nicht darauf verwiesen werden, die Klägerin zur Abrechnung der Nebenkosten für den Zeitraum 2007/2008   notfalls im Klagewege   anzuhalten und von einer Anpassung der laufenden Vorauszahlungen bis zur Erstellung dieser Abrechnung abzusehen. Abgesehen davon, dass die Durchsetzung einer Abrechnung auf dem Klageweg regelmäßig einen erheblichen Zeitaufwand erfordert, spricht die Regelung des Vergleichs, dass bezüglich der Nebenkosten 2007/2008 keine gegenseitigen Ansprüche bestehen sollen, gerade dafür, dass die Parteien einvernehmlich davon ausgingen, dass die Klägerin eine Abrechnung für diesen Zeitraum nicht mehr zu erstellen brauchte.

Allerdings ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass eine Anpassung der Vorauszahlungen nur mit Wirkung für die Zukunft möglich ist . Deshalb hatte es bis einschließlich Dezember 2008 mit den noch in bisheriger Höhe geleisteten Vorauszahlungen sein Bewenden und war eine Verrechnung mit den ab Januar 2009 geschuldeten Vorauszahlungen nicht möglich. Die Beklagte hatte somit im Jahr 2009 monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 84,79 € zu entrichten, die sie für die Monate Januar bis März 2009 nicht gezahlt hat. Weitergehende Vorauszahlungen standen der Klägerin von vornherein nicht zu.

Hinsichtlich der Vorauszahlungen für die Monate Januar bis März 2009 hat das Berufungsgericht jedoch den   von Amts wegen zu berücksichtigenden   Umstand nicht beachtet, dass die Abrechnungsfrist für die Periode von Juni 2008 bis Mai 2009 im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (September 2010) bereits abgelaufen war. Nach der Rechtsprechung des Senats steht dem Vermieter ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Vorauszahlungen mehr zu; er kann Nebenkosten nur noch aufgrund einer Abrechnung in der sich daraus ergebenden Höhe verlangen (BGH, Urt. v. 16.6. 2010   VIII ZR 258/09, NZM 2010, 736). Entgegen der von der Revisionserwiderung unter Berufung auf Schmid (MünchKommBGB, 5. Aufl., § 556 Rn. 62) vertretenen Auffassung werden dadurch dem Mieter keine ungerechtfertigten Vorteile aus einem vertragswidrigen Verhalten eingeräumt; vielmehr wird damit lediglich berücksichtigt, dass sich der Vermieter, der den Mieter auf Zahlung von Vorauszahlungen in Anspruch nimmt, obwohl die Abrechnung bereits erstellt ist oder bei fristgemäßer Abrechnung hätte erstellt werden müssen, seinerseits nicht vertragsgetreu verhält.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können der Klägerin die insoweit geltend gemachten Beträge deshalb nicht zuerkannt werden.

Nach alledem hat das Berufungsurteil keinen Bestand, soweit hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungen zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die weitergehende Revision der Beklagten ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Der Senat entscheidet in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO), soweit es um den von der Klägerin begehrten Mehrbetrag der Nebenkostenvorauszahlungen nebst Zinsen geht (Differenz zwischen dem von der Klägerin begehrten Betrag von 114,74 € und den von der Beklagten angesetzten 84,79 €, insgesamt 179,70 €). Insoweit bedarf es keiner weiteren Feststellungen und ist das Urteil des AG abzuändern und die Klage abzuweisen.

Bezüglich des verbleibenden Betrages der Nebenkostenvorauszahlungen (von der Klägerin begehrte Zahlungen in Höhe von je 84,79 € für die Monate Januar bis März 2009, insgesamt 254,37 €) ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif, weil der Klägerin Gelegenheit zur Anpassung ihres Klageantrags unter Berücksichtigung der (in der Revisionsinstanz vorgelegten) Abrechnung für den Zeitraum Juni 2008 bis Mai 2009 zu geben ist und anschließend dar-

über zu verhandeln sein wird. Insoweit ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Betriebskostenabrechnung und Mietminderung
BGB § 556 Abs. 3

Zur Berücksichtigung einer Minderung der Miete bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung.

BGH, Urteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 223/10 -

Aus den Gründen:

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in H. Wegen Mängeln der Wohnung minderte sie von der Klägerin unbeanstandet die monatliche Miete von 304 € in den Monaten August 2005 bis Februar 2006 jeweils um 64 € und von März bis Juni 2006 um monatlich 104 €. Die Miete setzte sich in dieser Zeit aus einer Nettokaltmiete in Höhe von 250,53 € und einer Betriebskostenvorauszahlung von 53,47 € zusammen.

Die Klägerin macht Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2006 (183,81 €) und 2007 (112,57 €) sowie restliche Miete für Januar 2008 (77,84 €) geltend, insgesamt 374,22 € nebst Zinsen. Ihre Berechnung der Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen beruht darauf, dass die Klägerin die Mietminderung der Beklagten anteilig auf die Nettomiete und die Betriebskostenvorauszahlung anrechnet und in der jährlichen Abrechnung der Betriebskosten nur die entsprechend der Minderung reduzierten Vorauszahlungsbeträge gegenüber dem (ungeminderten) Jahresbetrag der auf die Beklagte entfallenden Betriebskosten in Ansatz bringt.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG der Klage nur in geringem Umfang (2,83 € nebst Zinsen) stattgegeben; im Übrigen hat das Landgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihr abgewiesenes Klagebegehren weiterverfolgt.

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 über den vom Berufungsgericht zuerkannten Betrag hinaus keine Nachforderungen zustehen und aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit einem Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung 2004 auch ein Anspruch auf Zahlung restlicher Miete für den Monat Januar 2008 nicht besteht.

1. Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass weitergehende Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen 2006 und 2007 nicht bestehen, wenn die von der Beklagten monatlich einbehaltenen Minderungsbeträge   entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts   voll auf die monatliche Nettomiete angerechnet werden und dementsprechend bei der Jahresabrechnung der Umlagen ungeminderte Betriebskostenvorauszahlungen der Beklagten in Ansatz gebracht werden. Sie meint aber, die monatlichen Minderungsbeträge müssten nach der Senatsrechtsprechung anteilig sowohl auf die Nettomiete als auch auf die Betriebskostenvorauszahlungen angerechnet werden und bei einer solchen Aufteilung des Minderungsbetrages errechneten sich die von der Klägerin geltend gemachten Nachforderungen. Beides trifft nicht zu.

a) Der Senat hat nicht, wie die Revision meint, in seinem Urt. v. 20.7. 2005 (VIII ZR 347/04, NJW 2005,2773) entschieden, dass ein Betrag, den der Mieter wegen einer von ihm beanspruchten Minderung von der monatlichen Miete einbehält, anteilig sowohl auf die Nettomiete als auch auf die geschuldete Betriebskostenvorauszahlung angerechnet werden müsste. Er hat sich in diesem Urteil für die Wohnraummiete der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH angeschlossen, nach der die Bruttomiete (Miete einschließlich aller Nebenkosten) Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist und dies unabhängig davon gilt, ob die Nebenkosten als Pauschale oder als Vorauszahlung geschuldet werden (BGH, Urt. v. 6.4. 2005   XII ZR 225/03, BGHZ 163, 1, 6 ff.). Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass aus dieser Rechtsprechung nichts herzuleiten ist für die Frage, ob ein monatlicher Minderungsbetrag anteilig auf die Nettomiete und die monatliche Betriebskostenvorauszahlung anzurechnen ist.

Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es einer solchen Aufteilung des Minderungsbetrages auch nicht, um im Falle vereinbarter Betriebskostenvorauszahlungen etwaige Nachforderungen des Vermieters oder Guthaben des Mieters in der Jahresabrechnung der Betriebskosten unter Berücksichtigung der Minderung korrekt berechnen zu können. Da sich die Minderung, soweit sie gerechtfertigt ist, auf die Gesamtmiete einschließlich aller Nebenkosten bezieht, kann erst aufgrund der Jahresabrechnung der Betriebskosten abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der Gesamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters besteht. Dafür ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls wie die monatlich einbehaltenen Beträge auf die Nettomiete einerseits und die Betriebskostenvorauszahlung andererseits angerechnet werden. Dies verkennt die Revision und hat auch das Berufungsgericht verkannt. Für das rechnerische Gesamtergebnis spielt es keine Rolle, ob der monatliche Minderungsbetrag, wie das Berufungsgericht für zwingend geboten gehalten hat, ausschließlich auf die Nettomiete angerechnet wird, oder ob, wie die Revision fordert, eine anteilige Anrechnung der Minderung sowohl auf die Nettomiete als auch auf die Betriebskostenvorauszahlung stattfindet.

b) In der mietrechtlichen Kommentarliteratur, auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, wird allerdings die Frage für erheblich gehalten, wie die Anrechnung einer Mietminderung bei vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen zu erfolgen hat, und die Auffassung vertreten, der auch das Berufungsgericht gefolgt ist, dass ein monatlicher Minderungsbetrag in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB nur auf die Nettomiete anzurechnen sei und nicht auf die geschuldete Betriebskostenvorauszahlung angerechnet werden dürfe. Ob dies zutrifft, bedarf keiner Entscheidung. Denn es handelt sich hierbei um ein Scheinproblem.

Bereits das AG hat im erstinstanzlichen Urteil zutreffend ausgeführt, dass unterschiedliche Anrechnungsweisen zum gleichen Ergebnis führen. Lediglich Gesichtspunkte der Praktikabilität und der Übersichtlichkeit können dafür sprechen, dass der Vermieter den Minderungsbetrag ausschließlich bei der Nettomiete verbucht. Dies führt insofern zu einer gewissen Vereinfachung, weil dann die Betriebskosten ohne Berücksichtigung der Minderung abgerechnet werden können. Rechtlich zwingend ist dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht. Möglich ist eine Anrechnung des Minderungsbetrages ausschließlich auf die Nettomiete ohnehin nur, wenn der Minderungsbetrag die Nettomiete nicht übersteigt. Andernfalls erfasst er zwangsläufig auch die Betriebskostenvorauszahlung. Das steht einer korrekten Jahresabrechnung der Betriebskosten unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung aber nicht entgegen. An der allein maßgeblichen Gesamtabrechnung ändert sich nichts durch unterschiedliche Anrechnungen der monatlichen Minderungsbeträge auf die monatliche Nettomiete einerseits und/oder die monatliche Betriebskostenvorauszahlung andererseits.

c) Auch im vorliegenden Fall spielt es keine Rolle, ob und gegebenenfalls wie die monatlichen Minderungsbeträge auf die monatliche Nettomiete und/oder die monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen angerechnet werden. Denn eine Nachforderung der Klägerin aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 besteht entgegen der Auffassung der Revision auch dann nicht, wenn die Minderung anteilig auf die geschuldeten Betriebskostenvorauszahlungen angerechnet würde.

Die Berechnung der geltend gemachten Nachforderungen ist im Ansatz fehlerhaft, weil die Klägerin den anteilig geminderten Betriebskostenvorauszahlungen einen ungeminderten Jahresbetrag der auf die Beklagte entfallenden Betriebskosten gegenüber gestellt hat. Dabei hat die Klägerin verkannt, dass bei einer anteiligen Anrechnung der Minderung auf die Betriebskostenvorauszahlungen auch der Jahresbetrag der geschuldeten Betriebskosten entsprechend zu reduzieren wäre. Dessen bedarf es aber nicht. Denn eine etwaige Nachforderung der Klägerin ist am einfachsten dadurch zu berechnen, dass die von der Beklagten im Abrechnungsjahr insgesamt geleisteten Zahlungen der von ihr geschuldeten Gesamtjahresmiete (Jahresbetrag der Nettomiete zuzüglich der abgerechneten Betriebskosten abzüglich des in dem betreffenden Jahr insgesamt gerechtfertigten Minderungsbetrages) gegenübergestellt werden. Dass der Klägerin bei einer solchen Gegenüberstellung Nachforderungen zustünden, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und macht auch die Revision nicht geltend.

2. Ein Anspruch auf Zahlung von 77,84 € restlicher Miete für den Monat Januar 2008 besteht ebenfalls nicht. Die Jahresabrechnung der Klägerin für das Jahr 2004 ist aus den gleichen Gründen fehlerhaft wie die Abrechnungen für die Jahre 2006 und 2007, so dass der Beklagten aus den Abrechnungen für die Jahre 2004, 2006 und 2007 das vom Berufungsgericht festgestellte Guthaben von zusammengerechnet 77,84 € zusteht und die Beklagte mit diesem Guthaben gegen den streitigen Teilbetrag der Miete für Januar 2008 wirksam aufgerechnet hat.

Unpünktliche Mietzahlung und fristlose Kündigung
BGB § 307, § 551 Abs. 1 aF, § 543 Abs. 3

Eine Formularklausel, die abweichend von § 551 BGB aF bestimmt, dass die Miete für den jeweiligen Monat im Voraus zu zahlen ist, stellt auch in Kombination mit einer Aufrechnungsklausel, der zufolge die Aufrechnung einen Monat zuvor anzukündigen ist, keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar.

Zu den Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlung.

BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 191/10 -

Aus den Gründen:

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch um Rückgabe einer Wohnung und Erstattung vorgerichtlicher Kosten.

Der inzwischen verstorbene Ehemann der Beklagten hatte die streitgegenständliche Wohnung im Jahr 1983 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemietet; die Beklagte ist in den Mietvertrag eingetreten. Gemäß § 4 Nr. 1 des Mietvertrags ist die Miete bis zum dritten Werktag des laufenden Monats zu zahlen. § 8 des Mietvertrags sieht vor, dass eine Aufrechnung einen Monat vor Fälligkeit der Miete anzuzeigen ist.

Mit Schreiben vom 9. 11. 2007, das der Beklagten am 12. 11. 2007 zuging, sprach die Klägerin eine Abmahnung aus, weil die Miete bislang im gesamten Zeitraum des laufenden Jahres jeweils erst zur Monatsmitte entrichtet worden war. Die Miete für November wurde am 16. 11. 2007 gezahlt, die Miete für Dezember am 11. 12. 2007. Mit Schreiben vom 7. 12. 2007 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen unpünktlicher Mietzahlung.

Die Klägerin hat Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Erstattung vorgerichtlicher Kosten begehrt. Das AG hat die Klage abgewiesen, das LG hat ihr unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Die Revision hat Erfolg.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der Wohnung nicht bejaht werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Beklagten hat das Berufungsgericht bei der Beurteilung der von der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung wesentliche Umstände rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Miete jeweils zum dritten Werktag des Monats zu entrichten hatte, so dass sie die Mietzahlungen im Jahr 2007 durchweg zu spät erbracht hat.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats begegnet eine Formularklausel, nach der die Miete abweichend von § 551 Abs. 1 BGB aF für den jeweiligen Monat  im Voraus zu zahlen ist, für sich genommen grundsätzlich keinen Bedenken (BGH, Beschl. v. 26.10. 1994   VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 249 f.). Zwar kann dies anders zu beurteilen sein, wenn die Vorauszahlungsklausel mit einer Aufrechnungsklausel kombiniert und dadurch das Minderungsrecht des Mieters erheblich einschränkt wird, etwa dadurch, dass er wegen seiner Minderungsrechte auf den Klageweg verwiesen wird (BGH, Beschl. v.  26.10. 1994   VIII ARZ 3/94, aaO, 251 ff.).

Eine derartige, den Mieter unangemessen benachteiligende und deshalb zur Unwirksamkeit der Vorauszahlungsklausel führende Kombination von Aufrechnungsklausel und Vorauszahlungsklausel hat das Berufungsgericht hier aber zutreffend verneint. Denn die hier verwendete Aufrechnungsklausel verlangt lediglich, dass der Mieter die Absicht der Aufrechnung einen Monat vor der Fälligkeit der Miete anzeigt. Damit wird der Mieter aber nicht wegen einer Minderung auf den Klageweg verwiesen. Zwar kann er bei einem im laufenden Monat nach Zahlung der Miete erstmals auftretenden Mangel die Minderung für diesen Monat erst bei der Mietzahlung für den übernächsten Monat berücksichtigen, weil er die Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch wegen der im Hinblick auf die Minderung überzahlten Miete zunächst mit der vereinbarten Monatsfrist ankündigen muss. Eine  bloße Verschiebung des Minderungsrechts um ein oder zwei Monate stellt aber, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urt. v. 14.11. 2007   VIII ZR 337/06, WuM 2008, 152 ) richtig gesehen hat, keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar.

b) Vergeblich wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Parteien auch zu einem späteren Zeitpunkt keine vom ursprünglichen Mietvertrag abweichende Fälligkeitsabrede getroffen hätten. Ob dem Berufungsgericht darin zu folgen ist, dass die Beklagte eine derartige Abrede schon nicht schlüssig dargelegt hat, bedarf keiner Entscheidung. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass die beweispflichtige Beklagte selbst vorgetragen hat, dass sie für ihre Behauptung keinen Beweis antreten könne. Deshalb hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht eine spätere vertragliche Abänderung der in § 4 Abs. 1 des Mietvertrags enthaltenen Fälligkeitsabrede verneint.

2. Mit Erfolg macht die Revision hingegen geltend, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 7.12. 2007 wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat, die seiner Annahme entgegenstehen, dass die weitere Fortsetzung des seit 1983 bestehenden Mietverhältnisses für die Klägerin bei Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht mehr zumutbar war.

a) Nach § 543 Abs. 1 BGB kann der Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Verschuldens der Parteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Diese Voraussetzung kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Mieter die vereinbarte Miete trotz einer Abmahnung des Vermieters weiterhin unpünktlich zahlt. Hiervon geht auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend aus.

Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass bei der Würdigung, ob die Vertragsfortsetzung für den Vermieter unzumutbar ist, auch die vor der Abmahnung liegenden Vertragsverletzungen des Mieters zu berücksichtigen sind. Schließlich steht auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass nach vorangegangenen unpünktlichen Zahlungen bereits eine weitere unpünktliche Zahlung nach erfolgter Abmahnung die fristlose Kündigung rechtfertigen kann, im Einklang mit der   vom Berufungsgericht auch zitierten   Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Urt. v. 11.1. 2006   VIII ZR 364/04, NZM 2006, 338).

Nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachvortrag der Beklagten war die Miete hier jedoch   von Beginn des Mietverhältnisse im Jahr 1983 an   jeweils erst zur Monatsmitte entrichtet worden, ohne dass die Klägerin oder ihre Rechtsvorgängerin dies vor der Abmahnung im November 2007 beanstandet hätten. Diesen Umstand hat das Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der fristlosen Kündigung vom 7. 12. 2007 rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.

Zwar sind wiederkehrende Vertragsverletzungen des Mieters nicht schon deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil der Vermieter sie zunächst hinnimmt, ohne den Mieter alsbald abzumahnen. Für den Mieter besteht auch im allgemeinen kein Anlass, aus dem Ausbleiben einer alsbaldigen Reaktion des Vermieters auf eine Vertragsverletzung den Schluss zu ziehen, dass der Vermieter den Vertragsverstoß als Bagatelle ansieht oder daraus auch bei weiterer Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens keine Konsequenzen herleiten wird. Anders verhält es sich aber dann, wenn der Vermieter ein wiederkehrendes vertragswidriges Verhalten des Mieters   wie hier   über Jahre oder gar Jahrzehnte widerspruchslos hinnimmt. Denn in einer solchen Fallgestaltung hat der Vermieter gegenüber dem Mieter zumindest den   erst mit der Abmahnung wieder beseitigten   Anschein gesetzt, dass er den wiederkehrenden Vertragsverletzungen kein erhebliches Gewicht beimisst und er keine wesentliche Beeinträchtigung seiner Interessen sieht; dies kann bei der umfassenden Abwägung der Interessen der Mietvertragsparteien nicht unberücksichtigt bleiben.

Nachdem es die Klägerin über viele Jahre widerspruchslos hingenommen hatte, dass die Beklagte die Miete erst zur Monatsmitte zahlte, erscheint deshalb die Annahme, ihr sei die weitere Fortsetzung des seit 1983 bestehenden Mietvertrages wegen der trotz Abmahnung erst am 11. 12.2007 geleisteten Zahlung der Dezembermiete nunmehr unzumutbar, nicht gerechtfertigt. Die Miete für Dezember 2007 war nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Urt. v. 13.7. 2010   VIII ZR 129/09, NJW 2010, 2879 ) am 5.12. (Mittwoch) als dem dritten Werktag in jenem Monat fällig, so dass die Klägerin nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalt nach der Abmahnung nur eine Monatsmiete um sechs Tage zu spät erhalten hat. Dies rechtfertigt angesichts der Gesamtumstände die von der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung nicht.

Mieterhöhung nach Wohnungsbindungsgesetz
WoBindG § 10 Abs. 1 Satz 2

Zu den Anforderungen an die Begründung einer Mieterhöhung nach § 10 Abs. 1 WoBindG.

BGH, Versäumnisurteil vom 6. April 2011 - VIII ZR 199/10 -

Aus den Gründen:

Die Beklagte ist seit 1993 Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Nach § 1 des Mietvertrags handelt es sich um öffentlich geförderten Wohnraum im Sinne des II. Wohnungsbaugesetzes.

Mit Schreiben vom 10. April 2007 erhöhte die Klägerin die Miete ab 1. Mai 2007 nach § 10 Abs. 1 WoBindG um monatlich 36,27 €, weil sich ihre Kosten infolge des Auslaufens einer öffentlichen Förderung durch ein Darlehen der Investitionsbank des Landes Brandenburg erhöht hatten. Dem Mieterhöhungsschreiben war eine als "Berechnung der Durchschnittsmiete" bezeichnete Anlage beigefügt, in der die laufenden Aufwendungen der Klägerin angegeben waren. Die Beklagte zahlte die erhöhte Miete erst ab September 2007.

Die Klägerin hat unter anderem Zahlung der Erhöhungsbeträge für die Monate Mai bis August 2007 (insgesamt 145,08 €) nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Revision hat Erfolg.

Der Klägerin steht die für die Monate Mai bis August 2007 geltend gemachte restliche Miete zu. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 10.4.l 2007 sei aus formellen Gründen unwirksam und die Beklagte deshalb nicht zur Zahlung der erhöhten Miete verpflichtet. Das Berufungsgericht überspannt die an eine Mieterhöhung nach § 10 Abs. 1 WoBindG zu stellenden Anforderungen.

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1, 2 WoBindG kann der Vermieter die Miete durch schriftliche Erklärung erhöhen, wenn der Mieter nur zur Entrichtung eines geringeren als des nach dem Gesetz zulässigen Entgelts verpflichtet ist. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert ist. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 WoBindG sind zudem eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder ein Auszug daraus, der die Höhe der laufenden Aufwendungen erkennen lässt, beizufügen.

Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 1. Mai 2007 gerecht. Der Beklagten wird darin mitgeteilt, dass sich die laufenden Aufwendungen für die Mietwohnungen infolge des Wegfalls einer öffentlichen Förderung durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg erhöht hätten und sich nunmehr auf 5,27 € je qm beliefen. Weiter ist ausgeführt, dass die Miete zur Vermeidung sozialer Härtefälle (nur) auf einen Betrag von 4,19 € je qm angehoben werde und sich die Kaltmiete für die Beklagte um 36,27 € auf 271,13 € monatlich erhöhe. In der dem Mieterhöhungsschreiben beigefügten Anlage sind die laufenden Aufwendungen für die sechs Mietwohnungen (Gesamtfläche: 458,78 qm) im Einzelnen aufgeführt und mit insgesamt 29.015,31 € jährlich oder 2.417,94 € monatlich beziffert.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Mieterhöhungsverlangen nicht deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil die Klägerin nicht die Gesamtkosten der   auch nicht zu Wohnzwecken genutzte Flächen umfassenden   Wirtschaftseinheit mitgeteilt und davon die auf die Wohnungen entfallenden Kosten in dem Mieterhöhungsverlangen oder den beigefügten Unterlagen abgegrenzt hat. Eine dahin gehende Verpflichtung des Vermieters lässt sich § 10 Abs. 1 WoBindG nicht entnehmen.

Der Mieter soll nach der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 1 WoBindG darüber informiert werden, weshalb die Miete erhöht wird (hier wegen erhöhter Aufwendungen infolge des Wegfalls einer Förderung). Aus der beizufügenden Wirtschaftlichkeitsberechnung oder einem die laufenden Aufwendungen des Vermieters für den preisgebundenen Wohnraum ausweisenden Auszug kann der Mieter sodann ersehen, ob sich der Vermieter auch mit der erhöhten Miete noch im Rahmen der ihm durch § 8 Abs. 1 WoBindG auferlegten Verpflichtung hält, die Wohnung nicht gegen ein höheres Entgelt zum Gebrauch zu überlassen, als zur Deckung seiner laufenden Aufwendungen erforderlich ist. Damit sind die Interessen des Mieters hinreichend gewahrt, denn für eine Kontrolle der Angaben des Vermieters zu seinen Aufwendungen auf ihre sachliche Richtigkeit steht dem Mieter nach § 8 Abs. 4 WoBindG, § 29 Abs. 1 NMV ein umfassendes und an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Auskunfts- und Einsichtsrecht zur Verfügung (vgl. BGH, Beschl. v. 11.1. 1984   VIII ARZ 10/83, BGHZ 89, 284, 294 f.). Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, verfolgt das Begründungserfordernis in § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG nicht den Zweck, dem Mieter, der mittels Belegeinsicht kontrollieren will, ob der Vermieter einer größeren Wirtschaftseinheit die auf den geförderten Wohnraum entfallenden Aufwendungen richtig ermittelt hat, dabei etwa erforderliche Rechenschritte von vornherein zu ersparen.

Erwerb von Wohneigentum durch eine GbR GBO §§ 20, 47 Abs. 2 Satz 1

Erwirbt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Grundstücks  oder Wohnungseigentum, reicht es für die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch aus, wenn die GbR und ihre Gesellschafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die GbR Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind; weiterer Nachweise der Existenz, der Identität und der Vertretungsverhältnisse dieser GbR bedarf es gegenüber dem Grundbuchamt nicht.

BGH, Beschl. v. 28. April 2011 - V ZB 194/10 -

Aus den Gründen:

Die Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), kaufte mit notariellem Vertrag v. 16.10.2009 von der Beteiligten zu 1 das in dem Eingang dieses Beschlusses bezeichnete Wohnungseigentum. Die Auflassung wurde erklärt. Für die Beteiligte zu 2 traten J. S. und Dr. M. S. auf, die ausweislich der Präambel des Kaufvertrags "als Gesellschafter einer aus ihnen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts" handelten.

Am 12. 11. 2009 bestellte die Beteiligte zu 2, für die bei der Beurkundung wiederum J. S. und Dr. M. S. auftraten, im eigenen Namen sowie   auf Grund einer in dem Kaufvertrag erteilten Belastungsvollmacht   im Namen der Beteiligten zu 1 eine Buchgrundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3.

Das Grundbuchamt hat die Anträge auf Eintragung der Buchgrundschuld, Eigentumsumschreibung und Löschung einer zugunsten der Beteiligten zu 2 eingetragenen Auflassungsvormerkung zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 2 die Anträge weiter.

1. Die statthafte (§ 78 Abs. 1 GBO) Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG). Nach der Rechtsbeschwerdeschrift sollen offenbar sowohl die Beteiligte zu 2 als auch deren Gesellschafter Rechtsbeschwerdeführer sein. Das ist nicht zu beanstanden; denn sie alle sind zur Einlegung des Rechtsmittels berechtigt. Die GbR kann auf Grund ihrer Rechtsfähigkeit die durch die Zurückweisung des Eintragungsantrags betroffenen Rechte selbständig geltend machen. Daneben sind auch die Gesellschafter zur Erhebung der Rechtsbeschwerde berechtigt; denn im Hinblick darauf, dass die Eintragung der GbR in das Grundbuch nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO auch die Eintragung ihrer Gesellschafter erfordert, sind sie durch die Antragszurückweisung in ihrer Rechtsstellung betroffen.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das von dem Beschwerdegericht als Grund für die Zurückweisung der Anträge angeführte rechtliche Hindernis besteht nicht.

a) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts scheitert die Umschreibung des Wohnungseigentums auf die Beteiligte zu 2 nicht daran, dass diese in dem Vertrag v. 16.10. 2009 nicht hinreichend bestimmt bezeichnet ist.

aa) Zutreffend ist allerdings, dass ein Rechtsgeschäft, bei dem eine GbR Grund- oder Wohnungseigentum erwirbt, im Grundbuch nur vollzogen werden darf, wenn die Identität der Gesellschaft feststeht und diese somit von anderen Gesellschaften bürgerlichen Rechts unterschieden werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 4. 12. 2008   V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 112  für die Eintragung einer Sicherungshypothek). Hierbei handelt es sich um eine Folge des Bestimmtheitsgrundsatzes, der das gesamte Grundbuchrecht beherrscht (BGH, Beschl. v. 24. 11.1978   V ZB 6/76, BGHZ 73, 211, 214). Dieser verlangt im Hinblick auf die durch das Grundbuch bezweckte Sicherheit des Rechtsverkehrs, dass nicht nur das betroffene Grundstück selbst sowie der Inhalt des dinglichen Rechts, sondern auch die Person des Berechtigten klar und eindeutig feststehen müssen (vgl. OLG München, ZIP 2010, 1293, 1294).

bb) Die sich hieraus ergebenden Anforderungen werden durch die in dem Vertrag enthaltene Benennung der Beteiligten zu 2 und ihrer beiden Gesellschafter erfüllt. Der Angabe weiterer Unterscheidungsmerkmale bedarf es nicht.

(1) Das folgt aus der Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO. Nach dieser durch das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) v. 11. 8. 2009 (BGBl. I S. 2713) eingefügten Vorschrift wird ein Recht einer GbR in der Form in das Grundbuch eingetragen, dass neben der Gesellschaft als derjenigen, der es materiell-rechtlich zusteht (BGH, Urt. v. 25.1. 2008   V ZR 63/07, NJW 2008, 1378, 1379; BGH, Urt. v. 25.9. 2006   II ZR 218/05, NJW 2006, 3716), auch die Gesellschafter im Grundbuch eingetragen werden. Eine Eintragung der GbR alleine unter der gewählten Bezeichnung kommt   anders als nach der vor dem Inkrafttreten des ERVGBG bestehenden Rechtslage (BGH, Beschl. v. 4. 12. 2008   V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 112)   nicht in Betracht. Der Name der GbR steht somit für das Grundbuchverfahren nicht (mehr) als taugliches Abgrenzungskriterium gegenüber anderen Gesellschaften bürgerlichen Rechts zur Verfügung. Die Identifizierung der Gesellschaft erfolgt über die notwendige Benennung ihrer Gesellschafter (vgl. BGH, Beschl. v. 2. 12. 2010   V ZB 84/10, NJW 2011, 615, 616  unter Bezugnahme auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum ERVGBG, BT-Drucks. 16/13437, S. 24 li. Sp.; Beschl. v. 24. 2. 2011   V ZB 253/10, WM 2011, 642, 644). Diese müssen nach § 15 Abs. 1 Buchstabe c GBV in einer Weise bezeichnet werden, die bei natürlichen Personen den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Buchstabe a GBV (Name, Geburtsdatum, ggf. Beruf und Wohnort) und bei juristischen Personen sowie Handels- und Partnerschaftsgesellschaften denjenigen des § 15 Abs. 1 Buchstabe b GBV (Name oder Firma, Sitz) genügt. Ist das   wie hier   der Fall, ist die Gesellschaft hinreichend bestimmt, ohne dass noch weitere Angaben erforderlich sind.

(2) Etwas anderes ergibt sich nicht deshalb, weil die Regelung in § 15 Abs. 1 Buchstabe c GBV die Möglichkeit eröffnet, zusätzlich zu den Gesellschaftern auch den Namen und den Sitz der GbR in das Grundbuch einzutragen. Solche zusätzlichen Angaben kann das Grundbuchamt hinzufügen, wenn dies   ähnlich wie bei namensgleichen natürlichen Personen   geboten ist, um die einzutragende GbR von anderen Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit identischem Gesellschafterbestand zu unterscheiden. Weitergehende Anforderungen an die Identifizierung hat der Gesetzgeber mit der Regelung jedoch nicht angestrebt. Er hat das Problem möglicher Identitätszweifel bei der Eintragung einer GbR gesehen, es aber unter Hinweis darauf, dass sich insoweit keine wesentlichen Unterschiede gegenüber anderen Rechtsträgern ergeben, für nicht durchgreifend erachtet (Beschlussempfehlung aaO, S. 24 re. Sp.; ebenso schon BGH, Beschl. v. 4. 12. 2008   V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 112 für die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des ERVGBG). Deshalb besteht grundsätzlich keine Notwendigkeit für die Eintragung von Namen und Sitz der GbR. Dessen ungeachtet können mögliche Schwierigkeiten bei der Feststellung der Identität einer GbR durch die Angabe zusätzlicher, über die Benennung der Gesellschafter hinausgehender Unterscheidungsmerkmale allenfalls verringert werden. Vollständig ausschließen lassen sie sich nicht. Bestehen also   wie hier   keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer anderen GbR mit identischen Gesellschaftern, hat das Grundbuchamt keinen Anlass, solche zusätzlichen Angaben einzutragen, und deshalb auch keinen Anlass, deren Nachweis zu verlangen.

(3) Gibt somit   wie hier   eine GbR eine Grundbucherklärung ab und ist sie dabei in Übereinstimmung mit der Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO bezeichnet, kann und muss das Grundbuchamt den Antrag grundsätzlich ohne weitere Identitätsnachweise vollziehen (Beschlussempfehlung aaO, S. 24 re. Sp.).

b) Der Eintragung steht auch kein sonstiges Hindernis entgegen. Die in der notariellen Verhandlung von J. S. und Dr. M.  S. abgegebene Erklärung, sie handelten als alleinige Gesellschafter einer aus ihnen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts, reicht für die Eintragung des Eigentums der Beteiligten zu 2 aus. Weiterer Nachweise bedarf es insoweit

ebenfalls nicht.

aa) Das ist allerdings in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.

(1) Eine Ansicht verneint die Nachweiseignung einer Erklärung der Gesellschafter über die rechtlichen Verhältnisse der GbR. Existenz und Identität der Gesellschaft sowie die Vertretungsberechtigung der handelnden Personen seien in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Dieser Nachweis könne durch eine in dem notariellen Kaufvertrag enthaltene Erklärung der für die GbR Handelnden nicht geführt werden, da dieser lediglich die Abgabe der Erklärung, nicht aber deren inhaltliche Richtigkeit beweise (z. B. OLG München, ZIP 2010, 1496, 1497; OLG Nürnberg, ZIP 2010, 1344, 1345; OLG Hamm, ZIP 2010, 2245, 2247; OLG Rostock, NotBZ 2011, 64, 66; OLG Köln, FGPrax 2011, 13, 16; KG, Rpfleger 2011, 200 f.; OLG Bamberg, Beschl. v. 9. Februar 2011   3 W 176/10, juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8. 4. 2011   11 Wx 127/10, juris).

(2) Eine zweite Auffassung geht ebenfalls von der Anwendbarkeit der Regelung des § 29 GBO aus. Sie meint aber in Anlehnung an die Grundsätze zur Vollmachtsbestätigung, dass eine anlässlich der Beurkundung des Kaufvertrags erteilte Bestätigung der Existenz, des Gesellschafterbestands und der Vertretungsverhältnisse der GbR durch die für sie Handelnden regelmäßig ausreichend sei, um die Eintragungsvoraussetzungen in der gebotenen Form nachzuweisen (z. B. OLG Saarbrücken, DNotZ 2010, 301, 303; OLG Oldenburg, ZIP 2010, 1846 f.; OLG Brandenburg, NJW-RR 2011, 166, 168; OLG Dresden, NotBZ 2010, 463, 464.

(3) Demgegenüber hält Reymann (ZNotP 2011, 84, 101 ff.) einen in der Form des § 29 GBO zu führenden Nachweis der rechtlichen Verhältnisse der GbR nicht für erforderlich (im Ergebnis ebenso Ruhwinkel, DNotZ 2010, 304, 305; ders., MittBayNot 2009, 177, 180; ders., MittBayNot 2009, 421, 424). Zwar müssten die für die Gesellschaft handelnden Personen bei der Auflassung Erklärungen zur Existenz, Identität und Vertretung der GbR abgeben. Ein Nachweis, dass diese Angaben richtig sind, könne das Grundbuchamt aber grundsätzlich nicht verlangen. Das sei eine Folge der Regelung des § 47 Abs. 2 GBO, auf Grund derer das Recht der GbR grundbuchrechtlich durch die Gesellschafter „mediatisiert“ werde, weshalb es eines auf die GbR bezogenen Nachweises nicht bedürfe. Anders sei es nur dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Unrichtigwerden des Grundbuchs vorlägen.

bb) Der BGH hält diese Auffassung für richtig. Aus der systematischen Stellung des § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO und dem von dem Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift verfolgten Zweck ergeben sich   auch in dem hier maßgeblichen Anwendungsbereich des § 20 GBO   Nachweiserleichterungen für die Eintragung von Rechten einer GbR.

(1) Der Gesetzgeber hat durch die im Rahmen des ERVGBG vorgenommenen Änderungen der Grundbuchordnung betreffend solche Eintragungen an die Rechtslage vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR angeknüpft. Seinerzeit erfolgten sie auf der Grundlage des § 47 GBO aF durch die Eintragung der Gesellschafter als den materiell-rechtlich Berechtigten mit einem das Gesellschaftsverhältnis kennzeichnenden Zusatz (vgl. etwa BGH, Urt. v. 2.5.1966   II ZR 219/63, BGHZ 45, 338, 348; BayObLG, Rpfleger 1985, 353, 354). Ein Nachweis, dass die in der notariell beurkundeten Auflassung (§ 925 BGB) enthaltenen Angaben zu der GbR zutreffen, musste nicht erbracht werden. Denn im Anwendungsbereich des § 47 aF GBO unterlag die Frage, ob das behauptete Gesellschafts- oder sonstige Gemeinschaftsverhältnis bestand und ob es den mitgeteilten Inhalt hatte, grundsätzlich keiner Nachprüfung durch das Grundbuchamt (vgl. OLG Karlsruhe, Rpfleger 1994, 248). Ausreichend für die Eintragung war die Erklärung der Gesellschafter, sofern dem Grundbuchamt nicht deren Unrichtigkeit bekannt war. Das hat seinen Grund darin, dass § 47 GBO aF   ebenso wie § 47 Abs. 1 GBO   nicht die Voraussetzungen, sondern den Inhalt der Eintragung betrifft, weshalb § 29 GBO insoweit keine Anwendung findet.

(2) Hieran hat sich durch die Einfügung des § 47 Abs. 2 GBO nichts geändert.

(a) Die Vorschrift betrifft als Sonderfall der in § 47 Abs. 1 GBO geregelten Eintragung eines gemeinschaftlichen Rechts ebenfalls nur den Inhalt der Grundbucheintragung, nicht ihre Voraussetzungen. Eine Regelung dazu, welche Nachweise erbracht werden müssen, damit das Recht der GbR eingetragen werden kann, enthält die Vorschrift nicht. Sie wäre zudem systematisch im Zusammenhang mit den Regelungen über die Voraussetzungen einer Eintragung (§§ 19 ff. GBO) und deren Nachweis (§§ 29 ff. GBO) anzusiedeln gewesen. Dort fehlt sie jedoch.

(b) Ausweislich der Materialien zum ERVGBG soll mit der Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO die Eintragung aller Gesellschafter zur bestimmten Bezeichnung des Berechtigten grundbuchverfahrensrechtlich erforderlich, aber auch ausreichend sein; die Vorschrift soll insbesondere verhindern, dass die GbR nach der Anerkennung ihrer Grundbuchfähigkeit allein unter ihrem Namen, also ohne Eintragung der Gesellschafter eingetragen werden kann, weil Existenz, ordnungsgemäße Vertretung und Identität der nur unter ihrem Namen eingetragenen GbR sich oftmals nicht in der Form des § 29 GBO nachweisen lassen (Beschlussempfehlung, BT-Drucks. 16/13437 S. 24 li. Sp.). Durch die Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO sollen mithin ansonsten, nämlich bei der Eintragung der GbR nur unter ihrem Namen, gegenüber dem Grundbuchamt zu führende Nachweise entbehrlich werden. Obwohl es inhaltlich nicht um eine Frage des Gemeinschaftsverhältnisses geht, hat sich der Gesetzgeber für eine dem entsprechende Behandlung entschieden, um das von ihm vorrangig verfolgte Ziel zu erreichen, dass die GbR grundbuchverfahrensrechtlich im Wesentlichen weiterhin so behandelt werden kann wie vor der Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit (so Beschlussempfehlung aaO, S. 24 re. Sp.).

(c) Dem widerspricht es nicht, dass der BGH in seinem Beschl. v. 4. 12. 2008 (V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 114) die Notwendigkeit eines Nachweises des Gesellschafterbestands sowie der Vertretungsverhältnisse für möglich erachtet hat. Die Entscheidung betraf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des ERVGBG. Danach war die GbR auf Grund ihrer Rechtsfähigkeit grundsätzlich unter der gewählten Bezeichnung in das Grundbuch einzutragen (BGH, Beschl. v. 4. 12.2008   V ZB 74/08, aaO, S. 112). Dem ist der Gesetzgeber indes nicht gefolgt. Er hat sich durch die Einfügung des § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO für eine Lösung entschieden, die einerseits der   mit der Rechtsfähigkeit notwendig einhergehenden    Grundbuchfähigkeit der GbR Rechnung trägt. Andererseits soll aber das dingliche Recht der Gesellschaft grundbuchrechtlich durch die Gesellschafter vermittelt werden. Damit lässt sich das Erfordernis eines auf die rechtlichen Verhältnisse der GbR bezogenen und in der Form des § 29 GBO zu führenden Nachweises nicht vereinbaren. Zur Anforderung eines solchen Nachweises besteht vielmehr nur dann Veranlassung, wenn das Grundbuchamt über konkrete Anhaltspunkte verfügt, dass das Grundbuch durch die beantragte Eintragung unrichtig würde; die theoretische Möglichkeit, dass der Gesellschaftsvertrag jederzeit   auch mündlich   abgeändert werden kann, ist hierfür aber nicht ausreichend.

(d) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil materiell-rechtlich die GbR   und nicht die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit   das Grundeigentum erwirbt. Materielles Recht und Grundbuchverfahrensrecht sind jeweils selbständige Rechtsgebiete und können in ihren Voraussetzungen und Rechtswirkungen unterschiedlich ausgestaltet sein. Es stand dem Gesetzgeber daher frei, die gemäß § 873 Abs. 1 BGB zu dem materiellen Rechtserwerb der GbR erforderliche Eintragung in das Grundbuch verfahrensrechtlich nicht an die Bezeichnung der Gesellschaft, sondern an die Benennung der Gesellschafter anzuknüpfen und so von der materiellen Berechtigung abzuweichen.

3. Da es somit an dem von dem Beschwerdegericht angenommenen rechtlichen Hindernis für die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligte zu 2 fehlt, hätte auch der damit gemäß § 16 Abs. 2 GBO verbundene Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung aus diesem Grund nicht zurückgewiesen werden dürfen.

4. Gleiches gilt für den Antrag auf Eintragung der zugunsten der Beteiligten zu 3 bestellten Buchgrundschuld, ohne dass es darauf ankommt, ob insoweit   wie die Beteiligte zu 2 geltend macht   bereits keine Verbindung mit dem Antrag auf Eigentumsumschreibung besteht. Denn entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts fehlt es nicht an einer wirksamen Bewilligung (§ 19 GBO) des Grundpfandrechts durch die Beteiligte zu 1. Diese ist bei der am 12. 11. 2009 beurkundeten Bestellung der Buchgrundschuld durch J. S. und Dr. M.S.             vertreten worden, die hierbei als Gesellschafter der Beteiligten zu 2 gehandelt haben. Die für den Nachweis der Vertretungsmacht einzuhaltende Form des § 29 GBO (vgl. BayObLG, MittBayNot 1980, 152; KG, OLGZ 1985, 184, 185) ist gewahrt. Denn Grundlage der Vertretung war die im Rahmen des notariellen Kaufvertrags v. 16. Oktober 2009 erteilte Belastungsvollmacht. Diese lautet zwar auf die Beteiligte zu 2. Sie ist aber bei verständiger Würdigung   im Hinblick darauf, dass weitere Feststellungen insoweit nicht zu erwarten sind, auch durch den BGH (vgl. Urt. v. 14. 12.  V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181 mwN für die Revision)   dahingehend auszulegen, dass daneben auch deren in dem Kaufvertrag benannte Gesellschafter gemeinschaftlich zu einer Vertretung der Beteiligten zu 1 berechtigt sein sollen.

Wohnungseigentum, nachträglicher Einbau einer Videoanlage
WEG §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1

Der nachträgliche Einbau einer Videoanlage im gemeinschaftlichen Klingeltableau kann gemäß § 22 Abs. 1 WEG verlangt werden, wenn die Kamera nur durch Betätigung der Klingel aktiviert wird, eine Bildübertragung allein in die Wohnung erfolgt, bei der geklingelt wurde, die Bildübertragung nach spätestens einer Minute unterbrochen wird und die Anlage nicht das dauerhafte Aufzeichnen von Bildern ermöglicht.

Die theoretische Möglichkeit einer manipulativen Veränderung der Anlage rechtfertigt nicht die Annahme einer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehenden Beeinträchtigung. Ein Nachteil liegt erst vor, wenn eine Manipulation aufgrund der konkreten Umstände hinreichend wahrscheinlich ist.

BGH, Urt. vom 8. April 2011 - V ZR 210/10 -

Aus den Gründen:

Die Kläger zu 1 und 2 sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 24. 5. 2008 wurde ihr Antrag auf Genehmigung des Einbaus einer Videokamera im rechten bzw. linken Klingeltableau zu TOP 22 und 23 abgelehnt. Auf ihre Klage hat das AG, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, den Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig erklärt und die Beklagten verurteilt, den Einbau einer Videokamera der L. GmbH am linken Klingeltableau zu genehmigen, die es dem Gerufenen ermöglicht, den bei ihm Läutenden zu sehen, wobei die Anlage so konfiguriert sei, dass kein Teilnehmer die Möglichkeit hat, die Hausstation einzuschalten, wenn er nicht angeklingelt wurde. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG das Urt. des AG abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision möchte die Klägerin zu 1 (im Folgenden: die Klägerin) eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Anspruch nach § 22 Abs. 1 WEG verneint.

1. Der nachträgliche Einbau einer Videokamera am Klingeltableau der Wohnanlage stellt eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums dar.

2. Solche Veränderungen können nur beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Soweit den anderen Wohnungseigentümern dagegen kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst, ist nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG ihre Zustimmung zu der beabsichtigten baulichen Veränderung nicht erforderlich. Unter einem Nachteil in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als ein solcher Nachteil; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH, Beschl. v. 19. 12.1991   V ZB 27/90, BGHZ 116, 392, 396).

a) Eine Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer ist nicht bereits deswegen zu verneinen, weil sie ihrerseits in der Eingangshalle eine Kamera angebracht haben, die laufend Videoaufzeichnungen fertigt. Es kann dahin gestellt bleiben, ob eine solche Videoüberwachung zulässig ist. Jedenfalls liegt in der einvernehmlichen Videokontrolle eines bestimmten Teils des Wohnhauses nicht die generelle Zustimmung der Wohnungseigentümer zu Eingriffen in ihr Persönlichkeitsrecht durch Ausdehnung der Videoüberwachung auf andere Bereiche.

b) Ob der Einbau einer Videokamera einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Wohnungseigentümer darstellt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Der Klägerin geht es ausweislich ihres Antrags nicht darum, eine Videokamera zu installieren, die eine dauernde Beobachtung und Kontrolle der anderen Hausbewohner oder sie betreffender Besucher ermöglicht. Vielmehr soll die Kamera nur durch Betätigung der Klingel aktiviert werden können, wobei ein Bild des Eingangsbereichs allein in die Wohnung übertragen werden soll, bei der ein Besucher geklingelt hat. Außerdem soll die Bildübertragung nach einer Minute automatisch unterbrochen werden. Auf diese Weise soll der Klägerin die Möglichkeit verschafft werden, durch eine zeitlich begrenzte Bildübertragung den bei ihr klingelnden Besucher zu identifizieren und über dessen Einlass in das Haus zu entscheiden.

In diesen engen Grenzen bewirkt die geplante Maßnahme keine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Wohnungseigentümer. Es erfolgt weder eine Überwachung des Eingangsbereichs für längere Zeiträume oder mit Regelmäßigkeit noch ist die Videoübertragung darauf angelegt, sämtliche Benutzer des Hauseingangsbereichs abzubilden (vgl. BGH, Urt. v. 25.4. 1995   VI ZR 272/94, NJW 1995, 1955). Andere Wohnungseigentümer werden nur dann bildlich erfasst, wenn sie sich zeitgleich mit einem bei der Klägerin klingelnden Besucher im Erfassungsbereich der Kamera aufhalten. Durch eine derart zufällige Einbeziehung eines Wohnungseigentümers in die Bildübertragung erleidet er keinen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil (vgl. auch OLG Köln, ZMR 2008, 559, 560; BayOblG, NZM 2005, 107, 108; KG Berlin, NZM 2002, 702, 703).

Zu Unrecht meinen die Beklagten, auf die funktionellen Einschränkungen der Kamera komme es nicht an, vielmehr könnten sie aufgrund ihres Eigentumsrechts darüber befinden, wie sie eine von der Videokamera ausgehende psychologische Wirkung auf Dritte werteten. Maßgebend für das Vorliegen eines Nachteils im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG sind nicht subjektive Wertungen der Wohnungseigentümer. Vielmehr wird unter einem Nachteil jede nach objektiven Kriterien gegebene, nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung verstanden (BVerfG, NJW 2010, 220, 221). Objektiv ist ein am Klingeltableau eines Wohnanwesens angebrachtes Videoauge nicht geeignet, bei Dritten den Eindruck einer ununterbrochenen Videoüberwachung des Eingangsbereichs zu erwecken. Videosprechanlagen gehören immer häufiger zur regelmäßigen Ausstattung moderner Mehrfamilienhäuser. Es ist allgemein bekannt, dass solche Anlagen üblicherweise nur eine zeitlich begrenzte optische Erkennung des Besuchers nach Betätigung der Klingel ermöglichen, nicht aber den Eingangsbereich dauernd überwachen.

c) § 6b BDSG, dessen Wertungen im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG zu berücksichtigten sind, steht der Zulässigkeit der Anbringung der fraglichen Videokamera im Klingeltableau nicht entgegen. Nach § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Zum öffentlich zugänglichen Raum zählt auch der jedermann zugängliche Eingangsbereich einer privaten Haus- oder Wohnungstür. Die Videoklingelanlage dient dem Zweck, nur solchen Personen Einlass in das Haus zu gewähren, über deren Identität oder Lauterkeit sich der Hausrechtsinhaber vergewissert hat. Dies kann nicht durch mildere, ebenfalls geeignete Mittel erreicht werden. Auch stehen keine überwiegenden Interessen des die Klingel betätigenden Besuchers entgegen, wenn die   zeitlich eng begrenzte   Bildübertragung allein zum Zwecke seiner Identifizierung und zur Einlasskontrolle durch den angeklingelten Hausbewohner erfolgt.

Ob die Nutzung einer Videoklingelanlage zur dauerhaften Bildaufzeichnung das Maß des zu einer optischen Identifizierung eines an der Haustür klingelnden Besuchers und zur Wahrung des Hausrechts Erforderlichen übersteigt, bedarf keiner Entscheidung. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Anlage ein dauerhaftes Aufzeichnen von Bildern ermöglicht.

d) Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, ein unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der übrigen Wohnungseigentümer sei nur dann zu verneinen, wenn jedwede Manipulation oder Möglichkeit zum anderweitigen Betrieb der Videoanlage von vorneherein ausgeschlossen ist, kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Allein die fern liegende, mehr oder weniger theoretische Möglichkeit, durch manipulative Eingriffe die Konfiguration der Anlage so zu ändern, dass die Videokamera unabhängig von einem Klingeln aktiviert werden kann, rechtfertigt nicht die Annahme einer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus gehenden Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer. Das bloße Risiko einer Beeinträchtigung ist noch keine Beeinträchtigung. Ein Nachteil liegt erst vor, wenn durch die Videoanlage die Beeinträchtigung eines anderen Wohnungseigentümers hinreichend wahrscheinlich ist.

e) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Annahme der hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Manipulation der Videoanlage durch die Klägerin nicht. Allein die Tatsache, dass ein Fachmann, der über die erforderlichen Kenntnisse verfügt und die benötigten Konfiguratoren hat, die Konfiguration der Anlage nachträglich ändern und die Kamera auf Dauerbetrieb umstellen könnte, reicht hierfür nicht aus. Das Berufungsgericht hat weder Feststellungen dazu getroffen, ob ein Fachmann, der die benötigten Konfiguratoren hat, allein auf Veranlassung eines Wohnungseigentümers ohne Einschaltung der Hausverwaltung Änderungen an den   in der Türstation (Außenstation) befindlichen   Einstellungen der Anlage vornehmen könnte, noch hat es festgestellt, ob die Anlage technische Vorkehrungen gegen unbefugte Eingriffe von nicht autorisierter Seite enthält. Schließlich fehlt es auch an Feststellungen, aus welchen konkreten Umständen die Gefahr abzuleiten ist, die Klägerin werde Manipulationen an der Anlage mit dem Ziel einer dauernden Überwachung des Eingangsbereichs vornehmen. Der bloße Hinweis des Berufungsgerichts, die Klägerin habe in der Vergangenheit einmal eine unzulässige Videoanlage betrieben, lässt ohne weitere Feststellungen zu den damaligen Hintergründen nicht den Schluss auf eine wahrscheinliche Manipulation der Anlage durch die Klägerin zu.

Die erforderlichen Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.

Wohnungseigentum, Änderung des Umlegungsschlüssels
WEG § 16 Abs. 3

Bei der Änderung eines Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG steht den Wohnungseigentümern ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

BGH, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 162/10 -

Aus den Gründen:

Die Parteien sind die Mitglieder der im Rubrum näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung (TE) vom 28.11. 1961 sind die Betriebskosten im Verhältnis der Wohnflächen auf die Wohnungseigentümer umzulegen (§ 13 Nr. 2 b TE). Die „für das gemeinschaftliche Eigentum“ zu entrichtende Instandhaltungsrücklage richtet sich ebenfalls nach der Wohnfläche (§ 13 Nr. 2 c TE). Der von der Teilungserklärung vorgegebene Verteilungsschlüssel kann von der Wohnungseigentümerversammlung mit ¾-Mehrheit geändert werden (§ 13 Nr. 4 TE).

In der Eigentümerversammlung vom 30. 6. 2009 wurde zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 3 mit Wirkung ab dem Geschäftsjahr 2008 die Umlage bestimmter Betriebskosten sowie der „Zuführung Rücklage Tiefgarage“ nach Einheiten beschlossen. Auf der Grundlage des geänderten Verteilungsschlüssels wurde sodann „unter Entlastung der Verwaltung“ die Jahresabrechnung 2008 gebilligt (TOP 4) und der Wirtschaftsplan für das Jahr 2010 beschlossen (TOP 5). Die gegen diese Beschlüsse erhobene Anfechtungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision möchten die Kläger erreichen, dass die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt werden. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Die Erwägungen (des Berufungsgerichts) halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

1. Das gilt zunächst für die zu TOP 3 beschlossene Änderung des Umlageschlüssels.

a) Die Änderung des die Kostenarten „Schornsteinfeger/Emissionsmes¬sung, Reinigung der Tiefgarage und Gehwege, Betriebskosten Tiefgarage, Kabelfernsehen und Verwaltungskosten“ betreffenden Umlageschlüssels hat das Berufungsgericht zu Recht nicht beanstandet.

aa) § 16 Abs. 3 WEG eröffnet den Wohnungseigentümern bei den in der Vorschrift näher bezeichneten Betriebs- und Verwaltungskosten die Möglichkeit, auch einen im Wege der Vereinbarung festgelegten Umlageschlüssel durch Mehrheitsbeschluss zu ändern (BGH, Urt. v. 9.7. 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654; Urt. v. 16.7. 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298). Von dieser Kompetenz haben die Wohnungseigentümer Gebrauch gemacht.

bb) Bei der Frage, ob die Neuregelung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass den Wohnungseigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist (BGH, Urt. v. 16.7. 2010 - V ZR 221/09, NJW 2010, 3298, 3299). Der neue Umlageschlüssel muss lediglich den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Die Wohnungseigentümer dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt (BT-Drucks. 16/887 S. 23). Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentümers auswirkt (Senat, aaO, mwN). Zwar ist den Materialien zu entnehmen, dass eine Änderung des Umlageschlüssels darüber hinaus an das Vorliegen eines sachlichen Grundes geknüpft sein soll (BT-Drucks. aaO); auch der BGH hat zum früheren Recht die Änderung eines Umlageschlüssels aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel davon abhängig gemacht, dass sachliche Gründe vorliegen (BGH, Beschl. v. 27.6. 1985   VII ZB 21/84, BGHZ 95, 137, 143). Unter der Geltung des nunmehrigen § 16 Abs. 3 WEG bedeutet dies jedoch nur, dass sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung nicht willkürlich sein dürfen (vgl. BT-Drucks., aaO). Anderenfalls würde die durch § 16 Abs. 3 WEG erst ermöglichte Entscheidungsfreiheit ohne Not wieder eingeschränkt. Das aber will das Gesetz   was auch die Regelung des § 16 Abs. 5 WEG nahe legt   gerade verhindern. Dann aber ist es lediglich eine Frage der dogmatischen Konstruktion, ob man das Willkürverbot als eigenständige Änderungsvoraussetzung formuliert oder   was der Senat für vorzugswürdig erachtet   als ein Kriterium auffasst, bei dessen Vorliegen eine ordnungsgemäße Verwaltung zu verneinen ist.

Der hier zugrunde gelegten Rechtsauffassung steht nicht entgegen, dass die Abänderung eines bestehenden Schlüssels nur unter eingeschränkten Voraussetzungen verlangt werden kann (dazu BGH, Beschl. v. 16.9. 1994 - V ZB 2/93, BGHZ 127, 99, 106; zur Abänderung des Schlüssels im Einzelfall nach § 16 Abs. 4 WEG vgl. auch BGH, Urt. v. 15.1. 2010 - V ZR 114/09, NZM 2010, 205, 208). Denn in solchen Fällen geht es um die Formulierung von Kriterien, unter denen eine Neuregelung von einem Wohnungseigentümer erzwungen werden kann, während es in Konstellationen der vorliegenden Art um die Voraussetzungen geht, unter denen die Wohnungseigentümer aufgrund eines freien Willensentschlusses von ihrem Selbstorganisationsrecht Gebrauch machen können, dies aber nicht müssen.

(1) Gemessen daran, ist die Umstellung des Verteilungsschlüssels für die hier in Rede stehenden Betriebskosten von der Wohnfläche auf Wohneinheiten zunächst insoweit unbedenklich, als der angefochtene Beschluss Wirkung für die Zukunft entfaltet. Insoweit halten sich die Wohnungseigentümer innerhalb des ihnen durch die Regelung des § 16 Abs. 3 WEG eingeräumten Gestaltungsspielraums.

(2) Mit Blick auf die für das Geschäftsjahr 2008 angeordnete Rückwirkung gilt es zu berücksichtigen, dass rückwirkende Änderungen des Umlageschlüssels nicht ohne weiteres den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Rückwirkungen, die zu einer nachträglichen Neubewertung eines bereits abgeschlossenen Sachverhalts führen, sind grundsätzlich unzulässig. Sie können nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände hingenommen werden, etwa wenn der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt (BGH, Urt. v. 9.7. 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654 f.). Geht es dagegen - wie vorliegend - um einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang, ist eine Rückwirkung - so spezialgesetzliche Regelungen (wie etwa § 6 Abs. 4 HeizkostenVO) fehlen - hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat (BGH, Urt. v.9.7.2010, aaO). So liegt es hier.

Der Senat hat bereits entschieden, dass allein der Umstand, dass Vorschüsse auf der Grundlage des bislang geltenden Verteilungsschlüssels erhoben worden sind, kein schutzwürdiges Vertrauen begründen kann (Urt. v. 9.7. 2010, aaO, S. 2655). Zwar kommt vorliegend hinzu, dass das Abrechnungsjahr 2008 im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung des Abrechnungsschlüssels bereits abgelaufen war. Andererseits besteht hier die Besonderheit, dass der für das Jahr 2008 erstellte Wirtschaftsplan, aufgrund dessen die Wohnungseigentümer die berechtigte Erwartung hätten haben können, der bisherige Verteilungsschlüssel werde jedenfalls nach Ablauf des Abrechnungsjahres nicht mehr geändert, für ungültig erklärt worden ist. Ohne gültigen Wirtschaftsplan bleibt die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG) in der Schwebe; über sie wird erst mit der Abstimmung über die Jahresabrechnung entschieden. In solchen Konstellationen müssen die Wohnungseigentümer jedenfalls seit der Erweiterung der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 WEG in Rechnung stellen, dass der Umlageschlüssel vor oder - wie hier - anlässlich der Entscheidung über die Jahresabrechnung durch eigenständigen Beschluss (zu diesem Erfordernis BGH, Urt. v. 9.7. 2010, aaO) geändert wird.

b) Keinen Bestand haben kann die Abänderung des Umlageschlüssels jedoch, soweit es um die sog. „Zuführung Rücklage Tiefgarage“ geht, weil die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zur Ansammlung einer solchen Rücklage nicht lediglich einen Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG betrifft. Der angefochtene Beschluss regelt nicht nur eine einzelne Maßnahme und erschöpft sich nicht in deren Vollzug. Instandhaltungsrückstellungen werden nicht für eine einzige Maßnahme, sondern für den zukünftigen - noch nicht konkret vorhersehbaren - Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf gebildet. Dass es sich hier anders verhält, ist nicht ersichtlich. Eine schon nach dem Inhalt des Beschlusses über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG gedeckt und daher nichtig (BGH, Urt. v. 9.7. 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654, 2655 mwN). Dass die Kläger beantragt haben, den Beschluss für ungültig zu erklären, hindert nicht die Feststellung der Nichtigkeit (BGH, Urt. v. 2.10. 2009 - V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 314 ff.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus der Öffnungsklausel nach § 13 Nr. 4 TE, wonach der Verteilungsschlüssel von der Wohnungseigentümerversammlung mit ¾-Mehrheit geändert werden kann, nichts anderes. Die in Rede stehende Rücklage wird unter anderem für den Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf und damit auch für bauliche Maßnahmen gebildet, die typischerweise mit erheblichen finanziellen Folgen einhergehen. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Tragweite ist die Klausel daher nächstliegend dahin auszulegen, dass die Abänderung eine ¾-Mehrheit aller und nicht nur der in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer erfordert. Dieses Quorum ist hier schon deshalb nicht erreicht, weil in der Wohnungseigentümerversammlung vom 30. 6. 2009 nur 43 der insgesamt 66 Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten waren.

2. Soweit die Billigung der Jahresabrechnung 2008 auf einem unzutreffenden Abrechnungsschlüssel hinsichtlich der Rücklage für die Tiefgarage beruht, kann auch der Beschluss zu TOP 4 keinen Bestand haben; die im Übrigen gegen diesen Beschluss erhobenen Rügen greifen nicht durch.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass in die Jahres¬gesamtabrechnung auch solche Ausgaben einzustellen sind, die der Verwalter unberechtigterweise aus Mitteln der Gemeinschaft getätigt hat. Das gilt umso mehr, als durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnungen die Rechtsstellung der Gemeinschaft im Hinblick auf (Regress-)Ansprüche gegen den Verwalter nicht beeinträchtigt wird (BGH, Urt. v. 4.3.2011   V ZR 156/10, zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BGH, Urt. v. 6. 3.1997

  III ZR 248/95, ZfIR 1997, 284, 287; jeweils mwN).

b) Bedenken begegnet dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, Vertrauensschutzgesichtspunkte hinderten es, die auf der Grundlage des BGH, Urt. v. 4.12. 2009 (V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 ff.) unzutreffende Abrechnung zu beanstanden. Wie die Revision zutreffend herausgearbeitet hat, war die Frage der sachgerechten Einstellung der Rücklagen in die Jahresabrechnung bereits früher umstritten. Vor allem aber liegt es auf der Hand, dass es aus der Sicht eines verständigen   durchschnittlichen   Wohnungseigentümers jedenfalls grob irreführend ist, wenn Zahlungen auf Rücklagen als Ausgaben dargestellt werden. Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch in der genannten Entscheidung keine Vertrauensschutzgesichtspunkte für durchgreifend erachtet. Dass die unzutreffende Darstellung vorliegend auf den Einsatz von Software zurückzuführen ist, die den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Abrechnung nicht genügt, rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung. Es ist Sache des Verwalters, der Wohnungseigentümerversammlung eine zutreffende Abrechnung vorzulegen. Unrichtige EDV-Aus¬drucke sind von ihm zu korrigieren.

Die Aufrechterhaltung des Beschlusses zu TOP 4 durch das Berufungsgericht ist jedoch deshalb im Ergebnis zutreffend, weil die Kläger insoweit die materiellrechtliche Ausschlussfrist (dazu BGH, Urt. v. 16.1. 2009   V ZR 74/08, BGHZ 179, 230, 233 f.; vgl. auch Urt. v. 2.10. 2009   V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, 310 f.) nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 WEG nicht gewahrt haben. Da es sich bei der falschen Verbuchung um einen rechnerisch selbständigen und abgrenzbaren Teil der Abrechnung handelt (BGH, Beschl. v. 15.3.2007   V ZB 1/06, BGHZ 171, 335, 339; Urt. v. 4.12. 2009   V ZR 44/09, NJW 2010, 2127), wären die Kläger   da ein Nachschieben von Anfechtungsgründen nach Fristablauf ausgeschlossen ist   gehalten gewesen, den Umstand der unzutreffenden Zuordnung der eingezahlten Rücklagen zumindest in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern schriftsätzlich vorzutragen. Daran fehlt es hier. Wie der Senat bereits entschieden hat, reicht es vor dem Hintergrund des Zwecks der Klagebegründungsfrist nicht aus, dass sich ein Anfechtungsgrund aus einer Anlage ergibt (ausführlich dazu Urt. v. 16.1. 2009 - V ZR 74/08, aaO, S. 237 f.)

c) Einer Entlastung der Verwalterin für das Jahr 2008 steht jedenfalls entgegen, dass die Abrechnung mit Blick auf die sog. „Zuführung Rücklage Tiefgarage“ auf der Grundlage eines nichtigen Verteilungsschlüssels umgelegt worden ist. Der Verpflichtung zur Vorlage einer ordnungsgemäßen Abrechnung ist die Verwalterin noch nicht nachgekommen.

3. Der zu TOP 5 beschlossene Wirtschaftsplan 2010 ist ebenfalls für ungültig zu erklären, soweit er auf dem nichtigen Umlageschlüssel beruht. Dagegen ist die Festsetzung der Höhe im Übrigen auch insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nachbarklage gegen Errichtung eines Vordaches auf einer Terrasse
NRG BW § 3 Abs. 3 Satz 2

Die Ausschlussfrist nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NRG BW gilt auch bei genehmigungsfreien Vorhaben; Fristbeginn ist anstelle des Zugangs der Benachrichtigung nach § 55 LBO BW der Zeitpunkt, in welchem der Nachbar von der (beabsichtigten) Baumaßnahme Kenntnis erlangt.

BGH, Urteil vom 29. April 2011 - V ZR 174/10 -

Aus den Gründen:

Die Parteien sind Eigentümer aneinandergrenzender Grundstücke. Die Beklagten vergrößerten eine an der der gemeinsamen Grundstücksgrenze zugewandten Hausseite befindliche Terrasse und montierten dort ein Vordach. Eine Benachrichtigung des Klägers durch die Gemeinde erfolgte nicht. Sowohl die Terrasse als auch das Vordach halten den gesetzlich geforderten Grenzabstand zu dem Grundstück des Klägers nicht ein.

Die   soweit hier von Interesse   auf den Rückbau der Terrasse bis zu einem Grenzabstand von 1,80 m und auf die Beseitigung des Vordaches bis zu einem Abstand von 2 m von der Gebäudeaußenseite gerichtete Klage hat das AG abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der in dem Urteil des LG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Klageanträge weiter.

1. Im Ergebnis zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch auf Rückbau der Terrasse.

a) Nach der Regelung in § 4 Abs. 1 des Nachbarrechtsgesetzes für Baden-Württemberg (NRG BW) kann der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass vor Balkonen, Terrassen, Erkern, Galerien und sonstigen begehbaren Teilen eines Nachbarhauses, die einen Ausblick auf sein Grundstück gewähren, auf dem Nachbargrundstück Abstandsflächen eingehalten werden, die in der Tiefe mindestens 1,80 m über die Vorderkante und in der Breite auf jeder Seite mindestens 0,60 m über die Seitenkante der genannten Gebäudeteile hinausreichen. Die Terrasse auf dem Grundstück der Beklagten unterliegt diesem Abwehranspruch, weil sie den gesetzlichen Mindestabstand zu der Grenze zwischen den Grundstücken des Klägers und der Beklagten in der Tiefe unterschreitet.

b) Ob der Anspruch seine Grundlage in der Vorschrift selbst hat oder, was für das Verlangen   wie hier   nach der Beseitigung einer bereits fertig gestellten Terrasse näher liegt, § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 NRG BW die richtige Anspruchsgrundlage ist, kann offen bleiben. Denn in beiden Fällen ist nach § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 NRG BW die Geltendmachung des Anspruchs ausgeschlossen.

aa) Der Ausschlusstatbestand in § 3 Abs. 3 Satz 1 NRG BW steht dem Anspruch allerdings nicht entgegen. Das gilt sowohl für den ersten Ausschlussgrund, dass das Verlangen nach Einhaltung des Grenzabstands nicht gestellt werden kann, wenn keine oder nur geringfügige Beeinträchtigungen zu erwarten sind, als auch für den zweiten Ausschlussgrund, dass das Vorhaben nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässig ist. Dass beides nicht zutrifft, ist im Berufungsverfahren zwischen den Parteien nicht mehr streitig gewesen.

bb) Die Durchsetzung des Anspruchs scheitert jedoch an dem Ausschlusstatbestand in § 3 Abs. 3 Satz 2 NRG BW.

(1) Nach dieser Vorschrift ist das Verlangen nach Einhaltung der Abstandsfläche nach dem Ablauf von zwei Monaten seit dem Zugang der Benachrichtigung davon, dass der Nachbar einen Bauantrag oder   in dem Fall der Einleitung eines Kenntnisgabeverfahrens (§ 51 LBO BW)   Bauvorlagen bei der Gemeinde eingereicht hat (§ 55 LBO BW), ausgeschlossen. Nach dieser Regelung ist der Kläger mit seinem Verlangen nicht präkludiert. Denn weil es sich bei der Vergrößerung der Terrasse um ein verfahrensfreies Vorhaben handelt (§ 50 Abs. 1 LBO BW), hat keine die Ausschlussfrist in Gang setzende Nachbarbeteiligung nach § 55 LBO BW stattgefunden.

(2) Die Vorschrift ist jedoch entsprechend anwendbar.

(a) § 4 NRG BW enthält eine planwidrige Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat nicht bedacht, dass einerseits die Errichtung der in § 4 Abs. 1 NRG BW genannten Terrassen zu den verfahrensfreien Vorhaben gehört, bei denen es keine Nachbarbeteiligung gibt, und dass andererseits der Verweis auf § 3 Abs. 3 NRG BW auch die Regelung in Satz 2 dieser Vorschrift erfasst, die an die Nachbarbeteiligung bei genehmigungs  und kenntnisgabepflichtigen Vorhaben anknüpft. Dies hat zur Folge, dass der mit dem Ausschlussgrund verfolgte Zweck, dem Bauherren frühzeitig Klarheit darüber zu verschaffen, ob er bei der beabsichtigten Maßnahme Änderungen aufgrund von nachbarrechtlichen Einwendungen vornehmen muss, bei genehmigungsfreien Vorhaben nicht erreicht werden kann, weil es bei ihnen keine Nachbarbeteiligung gibt, welche den Beginn der Ausschlussfrist bestimmt. Dass diese Folge nicht gewollt ist, ergibt sich aus der Aufzählung von Anlagen in § 4 Abs. 1 NRG BW, die sowohl genehmigungs  bzw. kenntnisgabepflichtige als auch verfahrensfreie Vorhaben enthält, und aus der Verweisung in § 4 Abs. 2 NRG BW, die sich auf sämtliche Vorhaben bezieht.

(b) Die Lücke kann nur so geschlossen werden, dass dem in § 3 Abs. 3 Satz 2 NRG BW genannten Zeitpunkt des Zugangs der Benachrichtigung nach § 55 LBO BW bei genehmigungsfreien Vorhaben der Zeitpunkt gleichgestellt wird, in welchem der Nachbar von der (beabsichtigten) Baumaßnahme Kenntnis erlangt. Denn hinsichtlich der Wahrung seiner Rechte ist dieser Zeitpunkt mit dem in dem Gesetz genannten Zeitpunkt vergleichbar. Die Benachrichtigung von dem Bauvorhaben (§ 55 Abs. 1 Satz 1 LBO BW) gibt dem Nachbarn Gelegenheit, den Bauantrag und die Bauvorlagen bei der Gemeinde einzusehen. Die etwaige Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften kann er der Benachrichtigung selbst also nicht entnehmen; er erhält lediglich Kenntnis davon, dass auf dem angrenzenden Grundstück ein Bauvorhaben verwirklicht werden soll. Ebenso verhält es sich, wenn der Nachbar anderweitig erfährt, dass auf dem angrenzenden Grundstück gebaut werden soll, und erst recht, wenn er den Beginn der Baumaßnahme sieht. Auch dies vermittelt ihm die Kenntnis von der Verwirklichung eines Bauvorhabens. Dass dieses gegen nachbarrechtliche Vorschriften verstößt, muss er nicht erkennen, weil er von einem solchen Verstoß durch die Benachrichtigung nach § 55 LBO BW ebenfalls keine Kenntnis erlangt.

(3) Da der Kläger nach der in dem Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellung des AG spätestens Ende Juli 2008 die Größe der Terrasse in Augenschein genommen, er nach seiner Behauptung aber erst am 13. oder 14. 10. 2008 Einwendungen gegenüber der Gemeinde erhoben hat, ist er wegen Fristablaufs mit seinem Rückbauverlangen ausgeschlossen.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist zu seinen Gunsten die Wertung des § 912 BGB, dass eine Duldungspflicht nur dann gegeben sein könne, wenn gegen den Überbau kein Widerspruch erhoben worden sei und keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Rechtsverletzung vorliege, nicht zu berücksichtigen. Zwar findet § 912 BGB auch dann Anwendung, wenn gesetzliche Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden (BGH, Urt. v. 5.12.2003   V ZR 447/01, NJW 2004, 1798, 1801). Aber die Vorschrift gilt nicht für das Rechtsverhältnis der Parteien. Sie betrifft den Überbau durch ein Gebäude oder ein anderes größeres Bauwerk; darum geht es nicht, wenn Nachbarn um den Bestand einer Terrasse streiten, die teilweise in eine Abstandsfläche hineinragt (vgl. BGH, Urt. v. 23.10. 2009   V ZR 141/08, NJW RR 2010, 315, 316).

2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch auf Teil-Beseitigung des Terrassenvordaches verneint. Er ergibt sich jedenfalls aus der entsprechenden Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.

a) Die Verletzung nachbarschützender Bauvorschriften kann sowohl einen (quasi negatorischen) verschuldensunabhängigen Beseitigungsanspruch des Nachbarn nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog als auch einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB begründen (BGH, Urt. v. 28.6.1985   V ZR 43/84, NJW 1985, 2825, 2826).

aa) Nachbarschützend sind die bauordnungsrechtlichen Normen über den Grenzabstand, denn sie dienen auch dem Interesse des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung seines Grundstücks sowie an einem freien Ausblick (BGH, Urt. v. 30.4.1976   V ZR 188/74, BGHZ 66, 354, 355 f.; Urt. v. 28. 6. 1985   V ZR 43/84, NJW 1985, 2825, 2826 f.; Urt. v. 11.10. 1996   V ZR 3/96, NJW RR 1997, 16, 17). Die Regelungen in den §§ 5, 6 LBO BW über die Abstandsflächen vor den Außenwänden von baulichen Anlagen, die von oberirdischen baulichen Anlagen freizuhalten sind, haben demnach (auch) nachbarschützende Wirkung; dies verdeutlicht die Vorschrift in § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO BW, nach der eine geringere Tiefe der Abstandsflächen u.a. dann zuzulassen ist, wenn die Beleuchtung mit Tageslicht sowie die Belüftung in ausreichendem Maß gewährleistet bleiben und nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Auch die hier maßgebliche Regelung in § 4 der Ulmer Staffelbauordnung, nach der bei der hier gegebenen baulichen Situation Balkone, Erker, Treppen, Terrassen, Dachvorsprünge und andere Gebäudeteile in die drei Meter tiefe Abstandsfläche zwischen dem Wohnhaus der Beklagten und der Grenze zu dem Grundstück des Klägers höchstens zwei Meter hineinragen dürfen, hat nachbarschützende Wirkung.

bb) Nach dieser Vorschrift darf das Terrassenvordach nicht näher als einen Meter an die Grenze zu dem Grundstück des Klägers heranreichen. Diesen Abstand hält es nach der von dem Berufungsgericht übernommenen Feststellung des AG, welche die Beklagten nicht angegriffen haben, nicht ein. Der Kläger kann deshalb die Beseitigung des Daches verlangen, soweit es näher als einen Meter an die Grundstücksgrenze heranreicht. Die Beseitigung so weit, dass   wie mit der Klage gefordert   das Dach jedenfalls nicht weiter als zwei Meter von der Außenwand des Wohnhauses der Beklagten absteht, kann der Kläger dagegen nicht verlangen. Diesen Anspruch hätte er nur dann, wenn die Abstandsfläche zwischen dem Gebäude und der Grundstücksgrenze genau drei Meter betrüge. Das ist aber nicht festgestellt.

cc) Bei dem auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog gestützten Anspruch kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten bei der Montage des Vordaches schuldhaft den Grenzabstand verletzt haben.

b) Eine Duldungspflicht des Klägers nach § 912 Abs. 1 BGB besteht bereits deshalb nicht, weil das Vordach kein Gebäude im Sinne der Vorschrift ist und auch nicht zu den Teilen des Wohnhauses der Beklagten gehört, die nicht von diesem getrennt werden können, ohne dass das Dach oder das Gebäude zerstört oder in ihrem Wesen verändert wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1981   V ZR 102/80, NJW 1982, 756).

c) Der Ausschlusstatbestand in § 3 Abs. 3 Satz 2 NRG BW liegt nicht vor.

aa) Er gilt unmittelbar nur für das Verlangen nach der Einhaltung von Abstandsflächen vor Lichtöffnungen in der Außenwand eines Nachbargebäudes und entsprechend für das Verlangen nach der Einhaltung von Abstandsflächen vor Ausblick gewährenden begehbaren Anlagen auf dem Nachbargrundstück. Ein Vordach gehört weder zu dem einen noch zu dem anderen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bilden die Terrasse und ihre Überdachung weder tatsächlich noch rechtlich eine Einheit. Beide sind nicht baulich miteinander verbunden. Sowohl die eine als auch das andere erfüllen jeweils allein die ihnen zugedachten Zwecke. Der Ausschluss des Beseitigungsverlangens hinsichtlich der Terrasse erfasst somit nicht das Vordach.

bb) Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht scheidet die analoge Anwendung der Vorschrift auf Vordächer angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, für welche Anlagen die Ausschlussfrist gilt, aus.

Aufrechnung gegen Architektenhonorar
AGBG § 9 Abs. 1

Die von einem Architekten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Architektenvertrages verwandte Klausel

"Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig"

ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.

BGH, Urteil vom 7. April 2011 - VII ZR 209/07 -

Aus den Gründen:

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung restlichen Architektenhonorars aus eigenem und abgetretenem Recht seines Vaters in Anspruch. Im April 1996 schlossen er und sein Vater einerseits und die Beklagten andererseits einen "Einheits-Architektenvertrag für Gebäude" betreffend den Neubau eines Einfamilienhauses. Gegenstand des Vertrages sind die Leistungsphasen 2 bis 9 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. Die dem Architektenvertrag beigefügten "Allgemeine(n) Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (AVA)" lauten in § 4 Nr. 4.5:

"Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig."

Nachdem die Beklagten auf die dritte Abschlagsrechnung keine Zahlungen erbracht hatten, kündigten der Kläger und sein Vater mit Schreiben vom 23. 12. 1998 den Architektenvertrag.

Die Beklagten rechnen gegenüber der Honorarforderung mit Schadensersatzansprüchen wegen mangelhafter Planung und Bauüberwachung auf. Diese Mängel der Architektenleistung hätten zu Schallschutzmängeln, Rissbildungen und Feuchtigkeit im Kellerbereich geführt.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 65.824,33 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat einen Honoraranspruch in Höhe von 59.286,85 € für begründet erachtet, gegen den die Beklagten allerdings mit diesen Betrag übersteigenden Schadenersatzansprüchen wirksam aufgerechnet hätten. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 59.286,85 € nebst Zinsen zu zahlen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Zurückweisung der Berufung erreichen.

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht den Rechtsstreit für entscheidungsreif gehalten hat, soweit es um die Honorarforderung des Klägers ging. Denn die Begründetheit der Klageforderung (vorbehaltlich der Frage ihres Erlöschens durch Aufrechnung) stand durch die Entscheidung des Landgerichts bereits rechtskräftig fest.

Ein Urteil, das das ursprüngliche Bestehen der Klageforderung und der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung bejaht, enthält insoweit zwei prozessual selbständige Elemente des Streitstoffs. Dementsprechend kann die Überwälzung des Streitstoffs in die Rechtsmittelinstanz (Devolution) auf jedes der beiden Elemente beschränkt werden. Die Devolution eines solchen abtrennbaren Teils des Streitstoffs setzt die Einlegung eines Rechtsmittels (oder eines Anschlussrechtsmittels) durch die beschwerte Partei voraus. Anderenfalls verbleibt dieser Teil des Streitstoffs in der Vorinstanz, wird rechtskräftig und gelangt nicht in die nächste Instanz (BGH, Urt. v. 3.11.1989   V ZR 143/87, BGHZ 109, 179, 189).

Die Beklagten haben ausweislich des Berufungsurteils gegen die landgerichtliche Entscheidung keine Anschlussberufung eingelegt; dies wird auch von der Revision nicht geltend gemacht. Eine Aberkennung der Klageforderung unabhängig von den zur Aufrechnung gestellten Forderungen kommt daher nicht in Betracht.

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch des Klägers sei durch § 4 Nr. 4.5 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag ausgeschlossen.

a) Zu Recht ist das Berufungsgericht noch davon ausgegangen, dass etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten nur im Wege der Aufrechnung geltend gemacht werden können; eine Verrechnung mit der Werklohnforderung des Klägers findet nicht statt. Die Verrechnung ist kein gesetzlich vorgesehenes Rechtsinstitut in den Fällen, in denen sich nach der Gesetzeslage Werklohn und Anspruch wegen Nichterfüllung oder andere Ansprüche wegen Schlechterfüllung des Vertrages aufrechenbar gegenüber stehen. In diesen Fällen sind die vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen zur Aufrechnung anwendbar (BGH, Urt. v. 23.6. 2005   VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274, 278). Diese vom Bundesgerichtshof bereits für einen Werkvertrag unter Vereinbarung der VOB/B entschiedenen Grundsätze finden ebenso auf einen Architektenvertrag Anwendung, der als Werkvertrag zu qualifizieren ist.

b) Rechtsfehlerhaft bejaht das Berufungsgericht dagegen die Wirksamkeit von § 4 Nr. 4.5 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen. Diese Bestimmung ist entgegen einer vielfach in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vertretenen Auffassung (OLG Hamm, BauR 2004, 1643, 1645 m.w.N.) gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Denn sie benachteiligt den Vertragspartner des verwendenden Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

aa) Eine solche Benachteiligung liegt vor, wenn der Besteller durch das Verbot der Aufrechnung in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrages gezwungen würde, eine mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustehen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6. 2005   VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274, 279; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2008, 665). Denn hierdurch würde in das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in für den Besteller unzumutbarer Weise eingegriffen.

Die synallagmatische Verknüpfung der Werklohnforderung mit der Forderung auf mangelfreie Erfüllung des Vertrages findet zunächst ihren Ausdruck in einem Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers im Falle einer mangelhaften oder nicht fertig gestellten Leistung, § 320 Abs. 1 BGB. Der Besteller kann sich im Prozess mit dem Leistungsverweigerungsrecht verteidigen mit der Folge, dass die Werklohnforderung ganz oder teilweise nicht durchsetzbar ist. Dies kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden (§ 11 Nr. 2a AGBG, § 309 Nr. 2a BGB). Es wäre ein nicht hinnehmbares Ergebnis, wenn eine aus dem Leistungsverweigerungsrecht erwachsene auf Zahlung gerichtete Gegenforderung dazu führen würde, dass der Werklohn nunmehr durchsetzbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.2005   VII ZR 304/04, BGHZ 165, 134, 137).

Aus diesen Gründen hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein Vorbehaltsurteil grundsätzlich nicht erlassen werden darf, wenn damit eine Werklohnforderung zugesprochen wird und zur Aufrechnung gestellte Ansprüche auf Zahlung der Mängelbeseitigungskosten oder der Fertigstellungsmehrkosten dem Nachverfahren vorbehalten werden. Dies würde nämlich zu einer vorübergehenden Aussetzung der Wirkung einer materiell-rechtlich begründeten Aufrechnung führen und hätte zur Folge, dass der Kläger einen Titel über eine Forderung erhält, die tatsächlich infolge der Aufrechnung nicht besteht. Diese Wirkung ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt, wenn der Besteller gegenüber einer Werklohnforderung mit Ansprüchen aufrechnet, die dazu dienen, das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung herzustellen (BGH, Urt. v. 24.11.2005   VII ZR 304/04, BGHZ 165, 134; BGH, Urt. v. 27.9.2007   VII ZR 80/05, BauR 2007, 2052 = NZBau 2008, 55 = ZfBR 2008, 39).

Ein Aufrechnungsverbot führt in noch stärkerer Weise als ein Vorbehaltsurteil zu einer Auflösung der synallagmatischen Verbundenheit der genannten gegenseitigen Forderungen. Diese Wirkung wäre anders als bei einem Vorbehaltsurteil nicht nur vorübergehend, sondern sogar endgültig. Deshalb gilt hier erst recht, dass dies in den genannten Fällen nicht gerechtfertigt ist und den Besteller deshalb unangemessen benachteiligt.

bb) Auch in einem Architektenvertrag können dem Besteller wegen Mängeln der Leistung des Architekten Ansprüche auf Schadensersatz zustehen, die darin bestehen, die Kosten zur Beseitigung der Mängel des Architektenwerkes (etwa die Überarbeitung einer fehlerhaften Planung) oder die Fertigstellungsmehrkosten (etwa die notwendige Beauftragung eines weiteren Architekten mit denselben Leistungen) erstattet zu bekommen. Durch § 4 Nr. 4.5 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen wird die Aufrechnung mit jeder Forderung für unzulässig erklärt, es sei denn, sie ist unbestritten oder rechtskräftig festgestellt. Damit umfasst das Aufrechnungsverbot auch derartige in einem engen synallagmatischen Verhältnis zur Werklohnforderung stehende Ersatzansprüche wegen Mängelbeseitigungskosten und Fertigstellungsmehrkosten. Die Klausel führt daher aus den dargelegten Gründen zu einer unangemessenen Benachteiligung des Bestellers.

Es kann dahinstehen, ob der Ausschluss der Möglichkeit der Aufrechnung mit Ansprüchen, die nicht auf die Fertigstellungsmehrkosten oder die Mängelbeseitigungskosten des Architektenwerkes gerichtet sind, zulässig wäre. Denn jedenfalls umfasst die Klausel alle Gegenansprüche unterschiedslos. Sie kann nicht hinsichtlich des Ausschlusses der Aufrechnung von unbedenklichen Gegenforderungen aufrechterhalten werden. Dies ist wegen des für Allgemeine Geschäftsbedingungen allgemein zu beachtenden Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 8.12.2010   VIII ZR 86/10, NJW 2011, 597 Rn. 16) unmöglich. Somit fehlt es in jedem Fall an einem wirksam vereinbarten Ausschluss der Aufrechnung auch insoweit, als es um solche Schadensersatzansprüche geht, wie sie hier von den Beklagten geltend gemacht werden.

cc) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, eine unangemessene Benachteiligung könne allenfalls angenommen werden, wenn die Gegenansprüche entscheidungsreif feststünden. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist es dem Besteller in jedem Fall, in dem ihm die Gegenansprüche tatsächlich zustehen, unzumutbar, zunächst die volle Werklohnforderung zahlen zu müssen und auf die gesonderte Geltendmachung seiner Ansprüche verwiesen zu werden.

Bereitstellung, Gestaltung und Betreuung einer Internetpräsenz, Kündigung des Werkvertrages über BGB § 649

a) Der Besteller darf einen Werkvertrag, mit dem sich der Unternehmer für eine Mindestvertragslaufzeit von 48 Monaten zur Bereitstellung, Gestaltung und Betreuung einer Internetpräsenz verpflichtet hat, jederzeit gemäß § 649 Satz 1 BGB kündigen.

b) Der Unternehmer muss zur Begründung seines Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB grundsätzlich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart hat.

BGH, Urt. v. 24. März 2011 - VII ZR 134/10

Aus den Gründen:

Die Klägerin befasst sich gewerblich mit der Erstellung von Internetseiten. Am 15. 1. 2009 schloss sie mit der Beklagten einen so genannten "Internet-System-Vertrag ..........". Gegenstand der vertraglichen Leistungsverpflichtung der Klägerin waren die Recherche nach der Verfügbarkeit einer Wunschdomain und gegebenenfalls deren Registrierung, ferner Beratung und Zusammenstellung der Webdokumentation durch einen Webdesigner, die Gestaltung und Programmierung einer individuellen Internetpräsenz, das "Hosten" von Website und Mailbox auf den Servern der Klägerin und weitere Beratung und Betreuung. Für diese Leistungen hatte die Beklagte eine Anschlussgebühr von 236,81 € sowie, halbjährlich im Voraus, ein monatliches Entgelt von 154,70 € zu entrichten. Als Vertragslaufzeit waren 48 Monate vereinbart. Nach § 2 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist der Vertrag während der Laufzeit aus wichtigem Grund bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kündbar.

Die Klägerin hat mit der im Urkundsverfahren erhobenen Klage die Anschlussgebühr und das monatliche Entgelt für das erste Vertragsjahr nebst Zinsen beansprucht. Darüber hinaus hat sie die Erstattung vorprozessual angefallener Rechtsanwaltskosten von 130,50 € nebst Zinsen verlangt.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Abweisung der Klage im Übrigen durch Urkunden-Vorbehaltsurteil zur Zahlung von 548,81 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der v. LG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageanliegen in dem Umfang weiter, in dem das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat.

Die Revision ist unbegründet.

1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte den Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt hat.

Der Senat hat sich in seinem beiden Parteien bekannten Urt. v. 27. 1. 2011 (VII ZR 133/10   bei juris, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) bereits mit einem von der Klägerin vertriebenen "Internet-System-Vertrag" befasst. Er hat dort für einen gleich gelagerten Fall im einzelnen ausgeführt, dass ein derartiger Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt werden kann und ein Ausschluss des Kündigungsrechts des Bestellers sich weder aus der Natur des Vertrages noch aus den von den Parteien durch Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin getroffenen vertraglichen Abreden ergibt. An dieser Rechtsprechung, von der abzuweichen das Vorbringen der Revision keinen Anlass bietet, hält der Senat fest. Insbesondere hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass das freie Kündigungsrecht grundsätzlich nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Vertrag eine Laufzeit hat. Er hat dargelegt, dass bei einer Vertragsauslegung dahin, dass die Kündigung nach § 649 BGB ausgeschlossen sein solle, ein berechtigtes, über die Realisierung des Vergütungsanspruchs hinausgehendes Interesse des Unternehmers erkennbar sein müsse, das durch eine freie Kündigung des Vertrages in einer Weise beeinträchtigt würde, die hinzunehmen ihm nicht zugemutet werden könne. Ein solches besonderes Interesse liegt nicht darin, ohne Beeinträchtigung durch eine freie Kündigung auf Referenzen hinsichtlich solcher Kunden verweisen zu können, die damit einverstanden gewesen sind, auf einer Referenzliste der Klägerin geführt zu werden. Es mag sein, dass für einen Unternehmer die Vereinbarung eines Referenzobjektes ein erkennbares und geschütztes Interesse begründen kann, eine freie Kündigung auszuschließen, und dies auch bei der ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen ist. So liegt es hier jedoch nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der vereinzelte Ausfall von Referenzkunden, die nach der von ihr geschilderten Vorgehensweise in erheblichem Umfang vorliegen dürften, ihre Geschäftstätigkeit nachhaltig beeinflussen könnte. Dass freie Kündigungen sich auf die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter auswirken könnten, ist im Zusammenhang mit der Auslegung der Verträge unerheblich.

Dementsprechend hat das Berufungsgericht zu Recht auch den vorliegenden Vertrag für "frei" kündbar gehalten und die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthaltenen Vereinbarungen der Parteien zur Laufzeit und Kündbarkeit des Vertrages ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, dass ihnen ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB nicht entnommen werden kann. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung die Kündigung des Vertrages erklärt, der somit nach Maßgabe der Vorschriften in § 649 BGB abzurechnen ist.

2. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Klägerin dagegen, dass ihr das Berufungsgericht über den zuerkannten Betrag hinaus keine Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB zugesprochen hat.

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Klägerin keine vertraglichen Leistungen erbracht hat. Dagegen bringt die Revision nichts vor. Gleichwohl meint die Klägerin, die nach den vertraglichen Vereinbarungen für das erste Vertragsjahr zu zahlenden Entgeltraten in voller Höhe verlangen zu können, weil sie hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen keine Aufwendungen erspart habe. Damit dringt sie nicht durch.

a) Nach § 649 Satz 2 BGB hat der Unternehmer, dem nach § 649 BGB gekündigt wurde, einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung. Diese ergibt sich für nicht erbrachte Leistungen in Ermangelung feststellbaren anderweitigen Erwerbs aus der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Vergütung und den kündigungsbedingt ersparten Aufwendungen. Erspart sind solche Aufwendungen, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen und die er wegen der Kündigung nicht mehr machen muss. Dabei ist auf die Nichtausführung des konkreten Vertrages abzustellen. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien unter Berücksichtigung der Kalkulation des Unternehmers ergeben (BGH, Urt. v. 21. 12.1995   VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362). Dementsprechend muss der Unternehmer zur Begründung seines Anspruchs grundsätzlich zu der für die nicht erbrachten Leistungen vereinbarten Vergütung vortragen und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen, welche Kosten er insoweit erspart hat (BGH, Urt. v. 7. 11. 1996   VII ZR 82/95, BauR 1997, 304 = ZfBR 1997, 78). Erst wenn er eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung vorgelegt hat, ist es Sache des Auftraggebers darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will (BGH, Urt. v. 21. 12. 1995   VII ZR 198/94, BGHZ 131, 362; Urt. v. 11. 2. 1999   VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365). Welche Anforderungen an die Abrechnung des gekündigten Werkvertrages zu stellen sind, hängt v. Vertrag sowie den seinem Abschluss und seiner Abwicklung zugrunde liegenden Umständen ab. Sie ergeben sich daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt (BGH, Urt. v. 14. 1.1999   VII ZR 277/97, BGHZ 140, 263). Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung soviel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird.

b) Den sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Anforderungen an die schlüssige Darlegung des Anspruchs aus § 649 Satz 2 BGB genügt der Sachvortrag der Klägerin nicht.

Die Klägerin hat mit ihrem in der Revisionsbegründung in Bezug genommenen Vorbringen im Berufungsverfahren geltend gemacht, sie müsse sich keine ersparten Aufwendungen anrechnen lassen, weil die Beklagte sich im Zeitpunkt der Kündigung in Schuldnerverzug befunden habe. Das ist unzutreffend und wird von der Klägerin mit der Revision auch nicht mehr aufgegriffen.

Im Übrigen hat die Klägerin allenfalls die pauschale Behauptung aufgestellt, keine Aufwendungen erspart zu haben. Der pauschale Vortrag des Unternehmers, Aufwendungen nicht erspart zu haben, wird seiner Darlegungslast jedenfalls dann nicht gerecht, wenn   wie im vorliegenden Fall   die Beklagte mit dem Hinweis auf die Darlegungslast der Klägerin für die Kalkulation der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, den mit der Klage geltend gemachten Vergütungsanspruch anhand einer nachvollziehbaren, vertragsbezogenen Abrechnung überprüfen zu wollen. Eine solche Überprüfung war nicht möglich, weil die Klägerin keine vertragsbezogenen Angaben zu ihren kündigungsbedingt ersparten Aufwendungen gemacht hat. Damit war der Beklagten zugleich die Möglichkeit genommen, ihrerseits konkret vorzutragen, dass und in welcher Höhe die Klägerin tatsächlich Ersparnisse erzielt hat.

3. Das Berufungsgericht hat die mit der Klage geltend gemachten Kosten der vorprozessualen Rechtsverfolgung wegen einer erheblichen Zuvielmahnung für nicht erstattungsfähig erachtet. Die hiergegen von der Revision allein vorgebrachte Rüge, die Beklagte müsse diese Kosten erstatten, weil der angemahnte Betrag im Verhältnis zu der sich auf der Grundlage des § 649 BGB ergebenden Vergütung keine erhebliche Zuvielforderung darstelle, bleibt schon deshalb ohne Erfolg, weil der Klägerin ein Vergütungsanspruch aus § 649 Satz 2 BGB tatsächlich nicht zusteht. Das gilt auch hinsichtlich der v. Berufungsgericht zuerkannten Anschlusskosten, für die nicht erkennbar ist, dass sie außerhalb des für die Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB maßgeblichen vertraglichen Äquivalenzgefüges angefallen sind.

Die Revision ist nach allem zurückzuweisen. Der Beurteilung des Senats unterlag nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die von der Klägerin unter Vorlage eines in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatzes begehrte Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Das Berufungsurteil beruht insbesondere nicht auf einem Verfahrensfehler. Die Klägerin ist von den Instanzgerichten ausreichend auf die Erforderlichkeit einer Abrechnung nach § 649 Satz 2 BGB hingewiesen worden, wie auch die Revision nicht in Frage stellt. Allein der Umstand, dass Gerichte in anderen Prozessen der Klägerin die Auffassung vertreten haben, eine Kündigung nach § 649 BGB sei unwirksam und deshalb die Klägerin in diesen Prozessen keinen Anlass gesehen hat, nach dieser Vorschrift abzurechnen, ändert nichts.

Zurückweisung von Mängelbeseitigung
BGB § 633

Ist die Mängelbeseitigung nur auf eine bestimmte Weise möglich, ist der Unternehmer verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (Bestätigung von BGH, Urt. v. 13. Dezember 2001   VII ZR 27/00, BGHZ 149, 289, 293).

BGH, Urt. v. 5. Mai 2011 - VII ZR 28/10 -

Aus den Gründen:

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem Vertrag über den Einbau einer Treppe.

Der Beklagte hatte für den Kläger in dessen Haus im Jahre 1996 eine Buchenholztreppe v. Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss errichtet. Im Jahre 2002 führte der Beklagte die Treppe v. ersten Obergeschoss zum Spitzboden weiter. Zwischen den Parteien ist streitig, welcher Werklohn vereinbart wurde. Nach der Grobmontage machte der Kläger Mängel geltend, verweigerte eine geforderte Abschlagszahlung und verlangte Mängelbeseitigung. Der Beklagte verlangte im Oktober 2002 für den vereinbarten Werklohn Sicherheit gemäß § 648a BGB. Der Kläger übergab dem Beklagten deswegen eine Bankbürgschaft in Höhe von 6.648 €.

In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige Mängel an der Treppe fest, die im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. Er hielt deswegen eine Wertminderung von 15 % für angemessen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige weitere Mängel fest, für deren Beseitigung er einschließlich Ansätzen für Wertminderung einen Betrag von 1.762,04 € für angemessen hielt.

Der Kläger verlangt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 11.900 €, Herausgabe der Bürgschaft über 6.648 € und Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die zukünftig entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Ein- und Ausbau der Treppe zu tragen.

Der Beklagte verlangt mit seiner Widerklage Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 9.400 € Zug um Zug gegen Übergabe der Treppenanlage und der Originalbürgschaft sowie Feststellung des Annahmeverzugs des Klägers. Nach Erhebung der Widerklage erweiterte der Kläger die Klage auf Rückzahlung einer angeblichen Überzahlung in Höhe von 1.850,16 €.

Das LG hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 8.847,27 € stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren weiterverfolgt und die Abweisung der Widerklage begehrt hat, zurückgewiesen. Mit der v. Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger dieses Ziel weiter.

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, der Kläger sei zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages nicht berechtigt gewesen.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Sachverständige in seinem Erstgutachten zusammenfassend festgestellt, dass die von ihm erkannten Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. In der Revision ist mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass dies der Fall ist. Auf dieser Grundlage sind die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass der Beklagte die Mängelbeseitigung nicht endgültig verweigert und dem Kläger daher eine Fortsetzung des Vertrags nicht aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten unzumutbar gewesen sei, rechtsfehlerhaft.

Wenn die Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben waren, war der Beklagte   so er nicht aus anderen Gründen zur Leistungsverweigerung berechtigt war   verpflichtet, die Treppe zum Zweck der Mängelbeseitigung auszubauen. Es ist zwar grundsätzlich Angelegenheit des Unternehmers, wie er den vertragsgerechten Zustand herstellt. Ist die Mängelbeseitigung jedoch nur auf eine bestimmte Weise möglich, so ist er dazu verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (BGH, Urteile v. 13. 12. 2001   VII ZR 27/00, BGHZ 149, 289, 293 und v. 24. 4. 1997   VII ZR 110/96, BauR 1997, 638 = ZfBR 1997, 249).

Soweit das Berufungsgericht eine Vertragsverletzung des Beklagten verneint, weil der Kläger durch sein Verhalten dem Beklagten die Möglichkeit genommen habe, die Mängel zu besichtigen, fehlt es schon an Feststellungen dazu, wie der Kläger sich verhalten hat und warum dem Beklagten, der beim Ortstermin des Sachverständigen anwesend war, nochmals die Möglichkeit der Besichtigung hätte eingeräumt werden müssen. Der Senat kann deshalb nicht beurteilen, inwieweit ein vertragswidriges Verhalten des Klägers dazu geführt hat, dass der Beklagte seiner Verpflichtung, den Mangel durch Ausbau der Treppe zu beseitigen, nicht nachgekommen ist, und inwieweit sich dieses Verhalten bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand, auswirkt.

Dass der Beklagte die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten gemäß § 635 Abs. 3 BGB verweigern konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Deswegen hat es auch keine Wertminderung ausgeurteilt. Die Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht nicht Bezug nimmt, sind unvollkommen. Sie lassen unberücksichtigt, dass eine nicht geringe Anzahl von Mängeln vorliegt, an deren Beseitigung der Kläger unter anderem auch wegen der Störung des optischen Gleichklangs mit der bereits vorhandenen Treppe ein erhebliches Interesse haben kann. Die Einordnung des Sachverständigen, der weitgehend nur einen Minderwert angesetzt hat, ist nicht maßgeblich. Sie lässt nicht erkennen, dass sie sich an dem Maßstab des Gesetzes orientiert.

2. Die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von 8.847,27 € Werklohn kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB ausgeurteilt worden ist. Handelt es sich   wovon in der Revision nach Vorstehendem zugunsten des Klägers auszugehen ist   um eine außerordentliche Kündigung, so steht dem Beklagten nur ein Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen zu. Zudem können dem Kläger die Rechte wegen Mängeln dieser Leistung aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht deshalb aberkannt werden, weil er den Ausbau der Treppe verlangt hat. Soweit das Berufungsgericht ausführt, der Kläger habe eine Mängelbeseitigung in dem tatsächlich von dem Beklagten geschuldeten Umfang abgelehnt, fehlen jegliche Feststellungen, welche Mängelbeseitigung der Beklagte nach Auffassung des Berufungsgerichts schuldet.

a) Die Revision beanstandet darüber hinaus zu Recht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten keine wirksame Einigung über die v. Kläger zu zahlende Vergütung getroffen und daher sei die übliche Vergütung geschuldet. Das Berufungsgericht verweist insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts. Dieses hat gemeint, die Auftragsbestätigung v. 28. 6. 2002 könne nicht zur Bemessung der Vergütung herangezogen werden, weil sie nach Beginn der Arbeiten erstellt worden sei und keine vertragliche Vereinbarung bezüglich der Höhe der streitgegenständlichen Treppe darstelle (richtig: Höhe der Vergütung für die streitgegenständliche Treppe).

Eine Auftragsbestätigung verliert nicht allein deshalb ihre rechtliche Bedeutung, weil sie nach Beginn der Arbeiten erteilt worden ist. Im Übrigen werden die besonderen Umstände der Auftragsbestätigung, die in der Anknüpfung an den bereits erledigten Auftrag und der erst Jahre später erfolgten Aufnahme des Anschlussauftrages liegen, unberücksichtigt gelassen. Das Schreiben v. 28. 6. 2002 kann, wenn es keine Bestätigung eines bereits geschlossenen Vertrages und auch keine Annahme eines zuvor erteilten Angebots beinhaltete, im Übrigen als Angebot zur Erbringung der darin aufgeführten Leistungen zum dargestellten Preis zu verstehen sein. Ein solches Angebot könnte konkludent angenommen worden sein. Letztlich berufen sich beide Parteien nunmehr auf die Gültigkeit der im Schreiben v. 28. 6. 2002 bestätigten Auftragserteilung. Dass der Kläger dazu zunächst eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, steht einer rechtlichen Würdigung, wonach der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens v. 28. 6. 2002 zustande gekommen ist, nicht entgegen.

b) Zu Recht beanstandet die Revision weiter, dass die Berechnung des Berufungsgerichts auch insofern fehlerhaft ist, als es eine v. Kläger behauptete weitere Abschlagszahlung von 5.144,61 € unberücksichtigt lässt. Das Berufungsgericht führt insoweit aus, auf der Auftragsbestätigung v. 28. 6. 2002 sei nur ein Betrag von 2.644,61 € (= 5.172,41 DM) vermerkt. Dabei hat das Berufungsgericht verkannt, dass auf der Auftragsbestätigung ein Betrag von 2.644,61 € sowie ein weiterer Betrag von 2.500 € ausgewiesen ist, woraus sich ein Gesamtbetrag von 5.144,61 € ergibt. Auf diesen Abzugsbetrag hat sich der Kläger, gestützt auf den Vermerk des Beklagten in der Auftragsbestätigung, bereits im Schriftsatz v. 19. 7. 2007 in erster Instanz berufen und dies in der Berufungsbegründung wiederholt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dieser Vortrag schlüssig. Ein Beweisantritt war nicht erforderlich, weil die Zahlung v. Beklagten erst nach der Verhandlung v. 17. 12. 2009 beim Berufungsgericht in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz bestritten worden ist.

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