Urteile

Wohnraummiete, Mietsicherheit, Barkaution, Abrechnung, Rückzahlung

BGB § 387, § 551

a) Ist dem Vermieter in einem Wohnraummietverhältnis eine Mietsicherheit gewährt worden, hat sich der Vermieter nach dem Ende des Mietverhältnisses innerhalb angemessener, nicht allgemein bestimmbarer Frist gegenüber dem Mieter zu erklären, ob und (gegebenenfalls) welche aus dem beendeten Mietverhältnis stammenden Ansprüche er gegen diesen erhebt (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. Januar 2006 - VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rn. 9 f.). Mit einer solchen Erklärung wird die Mietsicherheit abgerechnet, da der Vermieter damit deutlich macht, ob und (gegebenenfalls) in Bezug auf welche Forderungen er ein Verwertungsinteresse an der gewährten Mietsicherheit hat.

b) Eine als Mietsicherheit gewährte Barkaution kann auch durch schlüssiges Verhalten, etwa durch eine vom Vermieter erklärte Aufrechnung oder durch Klageerhebung abgerechnet werden. Hiermit bringt der Vermieter, der einen Vorbehalt, weitere Ansprüche geltend zu machen, nicht erklärt hat - gleichermaßen wie bei einer den Vorgaben des § 259 BGB genügenden Abrechnung - für den Mieter erkennbar zum Ausdruck, dass sich sein Verwertungsinteresse auf die in der Forderungsaufstellung bezeichneten beziehungsweise aufgerechneten oder klageweise geltend gemachten Forderungen beschränkt.

c) Eine gewährte Barkaution wird mit dem Zugang der Abrechnung beim Mieter zur Rückzahlung fällig. Denn nach erfolgter Abrechnung kann sich der Vermieter - ohne weitere Schritte ergreifen zu müssen - wegen seiner nunmehr bestimmten und bezifferten Ansprüche aus der Barkaution befriedigen. Dies gilt auch für streitige Forderungen des Vermieters (noch offen gelassen im Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - VIII ZR 234/13, NJW 2014, 2496 Rn. 13).

d) Macht der Vermieter nach Abrechnung von seiner Verwertungsbefugnis keinen Gebrauch, kann der Mieter seinerseits mit dem fälligen Kautionsrückzahlungsanspruch gegen vom Vermieter erhobene Forderungen aufrechnen.

BGH, Urteil vom 24. Juli 2019 - VIII ZR 141/17 - (LG Lüneburg)

Zum Tatbestand:

[1] Die Beklagten waren vom 1.12.2005 bis zum 28.2.2015 Mieter einer Wohnung des Klägers in B. Die Bruttomiete belief sich zuletzt auf monatlich 736 €.

[2] Unter Berufung auf behauptete Mängel der Wohnung, insbesondere Feuchtigkeitserscheinungen, Schimmelbildung und Ameisenbefall, minderten die Beklagten die Miete ab dem Monat Mai 2014 bis einschließlich des Monats Februar 2015 um insgesamt 1.774,80 €. Der Kläger ließ die Wohnung im September 2014 von einem Sachverständigen zu Kosten von 357 € begutachten. Das Mietverhältnis endete infolge der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 5.2.2015 am 28.2.2015.

[3] Nach dem Auszug der Beklagten leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein. Im Anschluss an eine im Mai 2015 erfolgte Ortsbesichtigung mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen vermietete der Kläger die Wohnung ab dem 1.6.2015 anderweitig. Über die von den Beklagten zu Mietbeginn geleistete Barkaution in Höhe von 1.680 € hat der Kläger bisher nicht ausdrücklich abgerechnet.

[4] Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf restliche Mietzahlung in Höhe von 1.774,80 €, einen Mietausfallschaden für die Monate März 2015 bis Mai 2015 in Höhe von 1.848 €, den Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 357 €, Kostenersatz für Renovierungsarbeiten in Höhe von insgesamt 1.113,42 € sowie Nebenkostennachforderungen in Höhe von insgesamt 1.087,33 €, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch. Die geltend gemachten Nebenkosten setzen sich zusammen aus einer (unstreitigen) Nachforderung in Höhe von 309,89 € für den Abrechnungszeitraum vom 1.12.2013 bis 30.11.2014 (Abrechnung vom 22.1.2015) und einer (bestrittenen) Nachforderung in Höhe von 777,44 € für den Zeitraum vom 1. 12.2014 bis 31.5.2015 (Abrechnung vom 11.2.ruar 2016).

[5] Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 4.917,13 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten, in der diese hinsichtlich der Forderungen auf Nebenkostennachzahlung ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die von dem Kläger nicht abgerechnete Mietkaution geltend gemacht haben, hat das Landgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich eines weiteren Betrags in Höhe von 1.703,33 € abgewiesen.

Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten, Begründung der Rechtsverordnung

BGB § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7

a) Die der jeweiligen Landesregierung obliegende gesetzliche Verpflichtung, den Erlass einer Rechtsverordnung, die Gebiete mit angespannten Wohnungsmärken bestimmt, zu begründen (§ 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB), verfolgt in Anbetracht der mit der Gebietsbestimmung verbundenen Beschränkung der grundrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) den Zweck, die Verhältnismäßigkeit der Gebietsausweisung zu gewährleisten.

Mittels der Verordnungsbegründung soll die Entscheidung der jeweiligen Landesregierung insbesondere im Hinblick darauf nachvollziehbar gemacht werden, aufgrund welcher Tatsachen sie die von ihr ausgewiesenen Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmt hat und welche Begleitmaßnahmen sie plant, um die Anspannung der Wohnungsmärkte zu beseitigen.

b) Eine im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rechtsverordnung lediglich im Entwurfsstadium verbliebene Begründung wird weder dem Wortlaut des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB noch dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses gerecht.

c) Der Zielrichtung des Begründungserfordernisses genügt es ebenfalls nicht, wenn der Verordnungsgeber die dem Begründungsgebot innewohnende Verpflichtung, die Verordnungsbegründung in zumutbarer Weise an allgemein zugänglicher Stelle amtlich bekannt zu machen, erst nach dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung erfüllt.

d) Nach diesen Maßgaben ist die am 27. November 2015 in Kraft getretene Hessische Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne des § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Hessische Mietenbegrenzungsverordnung) vom 17. November 2015 (GVBl. S. 397) nichtig, weil sie mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht vereinbar ist.

e) Der zur Unwirksamkeit der Hessischen Mietenbegrenzungsverordnung vom 17. November 2015 führende Begründungsmangel ist durch die nachträgliche Veröffentlichung der Verordnungsbegründung nicht rückwirkend geheilt worden.

BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 130/18 - (LG Frankfurt am Main)

Zum Tatbestand:

[1] Der Kläger ist seit dem 3.5.2016 Mieter einer 65,40 m² großen Wohnung der Beklagten in Frankfurt am Main. Die Parteien vereinbarten eine monatliche Nettomiete von 810 €. Mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2016 rügte der Kläger, dieser Betrag übersteige die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 %; im Hinblick auf die am 27.11.2015 in Kraft getretene Hessische Mietenbegrenzungsverordnung sei die Abrede über die Höhe der Miete daher insoweit unwirksam. Mit Anwaltsschreiben vom 15.11.2016 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vertraglich vorgesehenen Miete maßgeblich seien. Ferner verlangte er die Rückerstattung der seiner Ansicht nach für den Monat November 2016 zu viel entrichteten Miete.

[2] Die auf Rückzahlung von 63,98 € nebst Zinsen sowie auf die Feststellung gerichtete Klage, dass er eine Nettomiete von monatlich nur 746,02 €
schulde und die darüber hinaus gehende Vereinbarung der Miethöhe unwirksam sei, hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Stromlieferung, Vergütungsforderung, Verjährungsbeginn, Abrechnungserteilung

EnWG 40 Abs. 4; StromGVV § 17 Abs. 1 Satz 1

Der Beginn der Verjährung einer Vergütungsforderung des Stromlieferanten in der Grundversorgung setzt die Fälligkeit seiner Forderung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV und somit die Erteilung einer Abrechnung voraus. Dies gilt auch dann, wenn der Versorger nicht innerhalb der in § 40 Abs. 4 EnWG bestimmten Fristen abgerechnet hat.

BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 224/18 - (LG Flensburg)

Zum Tatbestand:

[1] Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche für gelieferten Strom.

[2] Die Beklagte ist Eigentümerin eines Hauses, in dem sich die von der Klägerin im Zeitraum vom 11.11.2010 bis zum 30.10.2012 im Rahmen der Grundversorgung mit Strom belieferte Verbrauchsstelle befindet.

[3] Mit Jahresrechnung vom 11.4.2013 rechnete die Klägerin den Zeitraum vom 11.11.2010 bis zum 31.8.2011 mit einem Betrag in Höhe von 1.292,28 €, mit Schlussrechnung vom 6.5.2013 den Zeitraum vom 1.9.2011 bis zum 30.10.2012 mit einem Betrag in Höhe von 20,81 € ab. Die Beklagte leistete hierauf keine Zahlung. Sie bestreitet ihre Passivlegitimation und beruft sich auf die Einrede der Verjährung.

Verlängerung einer Räumungsfrist, Zulassung der Rechtsbeschwerde, Richterkollegium

ZPO § 568 Satz 2, § 574 Abs. 2

Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde obliegt nicht dem Einzelrichter sondern dem Kollegium. (nichtamtlicher Leitsatz)

BGH Beschluss vom 11. Juni 2019 - VIII ZB 4/18 - (LG Osnabrück)

Aus den Gründen:

[1] I. Die Beklagten waren Mieter eines Wohnhauses des Klägers. Der Kläger hat die Beklagten auf Räumung, Zahlung rückständiger Nebenkosten sowie Schadensersatz in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 30.5.2017 haben die Parteien einen Prozessvergleich geschlossen, in dem sich die Beklagten verpflichtet haben, bis zum 31.12.2017 aus dem Haus auszuziehen. Mit am 19.12.2017 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten beantragt, die Räumungsfrist bis zum 31. 1.2018 zu verlängern, da ab dem 1. 2.2018 anderweitig Wohnraum zur Verfügung stünde. Der Kläger hat der Verlängerung der Räumungsfrist widersprochen.

[2] Mit Beschluss vom 29.12.2017 hat das Amtsgericht den Beklagten Räumungsschutz bis zum 31.1.2018 gewährt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

[3] Zur Begründung hat es ausgeführt, der für die Berechnung der Antragsfrist gemäß § 794a Abs. 1 Satz 2 ZPO maßgebliche Räumungstag sei der 2.1.2018 gewesen. Da der Räumungstermin vom 31.12.2017 auf einen Sonntag gefallen sei, sei die Räumung gemäß § 222 Abs. 1, 2 ZPO, § 193 BGB erst am 2.1.2018 geschuldet gewesen. Damit sei der Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist am 19.12.2017 noch rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist bei Gericht eingegangen.

Wohnungseigentum, Nutzung einer Wohnung als Pensionsbetriebe, Unterlassungsklage, Insolvenz

Zur Unterbrechung des Verfahrens gegen einen Wohnungseigentümer, das auf Unterlassung von Geruchs- und Lärmemissionen sowie auf Unterlassung der Nutzung der Wohnung als Pensionsbetrieb gerichtet ist, während der Dauer eines Insolvenzverfahrens. (nichtamtlicher Leitsatz)

BGH Beschluss vom 16. Mai 2019 - V ZR 295/16 - (LG München I)

Allg. Geschäftsbedingungen über Leistungsbeschreibungen, keine Inhaltskontrolle

BGB § 305 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 3 Satz 1 Bf, § 650p Abs. 1

UKlaG § 1, 3; BGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Art, Umfang und Güte der vertrag-
lichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlendenVergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Die Freistellung von der Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten, d.h. den Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.

Zu den Leistungsbestimmungen, von denen die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die damit den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten bilden, gehören sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Beschaffenheit der von dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele.

Zur Frage, ob die in Vertragsmustern des Bundes für Verträge mit Architekten vorgesehenen Regelungen

„Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276­1: 2008­12, soweit diese Kostengruppen in der ES­Bau/KVM­Bau/HU­Bau/AA­Bau erfasst sind.“

als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind.

BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 - VII ZR 266/17 - (KG Berlin)

Abnahmeerklärung und Abnahmewirkungen, Gegenstand einer Feststellungsklage

ZPO § 256 Abs. 1, BGB § 640 Abs. 1

Die Frage, ob eine Abnahmeerklärung nicht erfolgt ist und ergo die Abnahmewirkungen nicht eingetreten sind, kann gemäß § 256 Abs. 1 ZPO Gegenstand einer negativen Feststellungsklage sein. Gleiches gilt für die Frage, ob die Abnahmewirkungen gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. nicht eingetreten sind, da keine Verpflichtung zur Abnahme besteht.

BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 - VII ZR 154/18 - (OLG Köln)   

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