Neue Schnittstelle zur EnEV-Berechnung

In einer Serie mit dem BMUB präsentieren wir Projekte aus der Bauforschung. In Teil 34 geht es um „eLCA“, ein Ökobilanzierungstool für Gebäude, das den digitalen Workflow verbessert.

Mit eLCA stellt der Bund allen Nutzern ein kostenloses und frei zugängliches Ökobilanzierungstool für Gebäude zur Verfügung. Eine neue Schnittstelle im digitalen Workflow reduziert den Erstellungsaufwand erheblich.

Die Ökobilanzierung, das Instrument zur Ermittlung der globalen Umweltwirkungen von Gebäuden, ist Bestandteil aller deutschen Nachhaltigkeitssysteme. Mit der Ökobilanz werden neben der für den Gebäudebetrieb benötigten Energie auch die baustoffrelevanten Umweltwirkungen ermittelt. Früher war der Prozess der Erstellung einer Gebäudeökobilanz sehr aufwendig und kostenintensiv. Durch die Verwendung des vom BBSR zur Verfügung gestellten Ökobilanzierungstools eLCA konnte der Aufwand für die Erstellung einer Ökobilanz wesentlich optimiert werden. Die Dateneingabe, d. h. das materialspezifische und schichtengenaue Zusammenstellen der Bauteilaufbauten und deren Massen, bleibt jedoch ein aufwendiger Prozess.

In der Bauplanung erfolgt die Erfassung der verwendeten Materialien, für sich anschließende Auswertungen zumeist mehrfach, und eine Durchgängigkeit in einer sich anschließenden Datenverarbeitung ist, wenn überhaupt nur eingeschränkt gegeben.

Die neuste Version von eLCA ermöglicht eine durchgängige Weiterverarbeitung vorhandener Daten, die bereits für andere Anwendungen (in diesem Fall EnEV-Nachweis) erfasst wurden. Mit diesen Synergieeffekten kann der Arbeitsaufwand für eine Ökobilanzierung nochmals deutlich reduziert werden. Die im Bauprozess bereits erfassten Daten können im digitalen Workflow für die Ökobilanzierung einfach weitergenutzt werden.

Das vom BBSR zur Verfügung gestellte Tool eLCA ist als Open Source Software konzipiert. Erstmals hat nun ein externer Akteur die Möglichkeiten der Open Source Konzeption genutzt. BKI hat seine Software zur Erstellung von EnEV Nachweisen um eine Schnittstelle erweitert, die eine Übergabe der material- und massenbezogenen Daten aus dem BKI Energieplaner in eLCA ermöglicht. Das BBSR hat in eLCA die erforderlichen Anpassungen vorgenommen. Nach der Entwicklung und Erprobung im Pilotprojekt ist die Möglichkeit eines solchen Datentransfers nun für alle Softwarehersteller frei verfügbar.

eLCA, Ökobilanzierungstool für Gebäude

Die Ökobilanz für Gebäude quantifiziert und qualifiziert die globalen Umweltwirkungen die das Errichten und Nutzen eines Gebäudes über den Bilanzierungszeitraum von 50 Jahren verursacht. Zu berücksichtigen sind dabei der Einsatz der für den Bau verwendeten Baustoffe mit den dazugehörigen Massen sowie die in der Nutzung anfallenden Energiemengen bezogen auf den jeweiligen Energieträger. Hierbei sind diese Prozesse über den gesamten Lebenszyklus (Herstellung, Instandhaltung, Nutzung und Entsorgung) in Abhängigkeit zur Nutzungsdauer abzubilden. Die erfassten Daten werden dann hinsichtlich Nachhaltigkeitsaspekten analysiert, mit dem Ziel eine hohe Gebäudequalität mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt zu erreichen.

Grundlage Baustoffe / Konfiguration

Grundlage für die Berechnung einer Gebäudeökobilanz bilden die Daten der ÖKBAUDAT, die deutsche Baustoffdatenbank zur Bestimmung globaler ökologischer Wirkungen von Baustoffen. Mit der ÖKOBAUDAT stellt das BBSR allen Akteuren  im Umfeld des Nachhaltigen Bauens uneingeschränkt qualitätsgesicherte EN 15804 konforme Datensätze zur weiteren Verwendung unter www.oekobaudat.de zur Verfügung. Auf Grund ihrer hohen Qualität bilden die ÖKOBAUDAT Datensätze die Grundlage der Ökobilanzierung von Gebäuden, deren Verwendung von allen deutschen Zertifizierungssystemen des nachhaltigen Bauens vorgeschrieben.

In eLCA werden alle bisherigen ÖKOBAUDAT Versionen angeboten und können als Berechnungsgrundlage ausgewählt werden. Zusätzliche, für die Berechnung benötigte Angaben wie z.B. die Nutzungsdauer sind bereits hinterlegt, so dass mit eLCA sämtliche Baustoffdatensätze bereits komplett vorkonfiguriert zur Verfügung stehen.

Bauteile modellieren

Die Kernkomponente von eLCA bildet der sogenannte Bauteileditor. Der Bauteileditor ermöglicht es dem Anwender Bauteilschichten über die Zuweisung des Materials sowie der Materialstärke zu erzeugen und zu einem Bauteil zusammenzufassen. Alle für die Berechnung benötigten Parameter (Parameter der Materialdatensätze über den kompletten Lebenszyklus verknüpft, Nutzungsdauer) werden automatisch dem Bauteil, wie in der Baustoffkonfiguration hinterlegt, zugeordnet. Zur Kontrolle der Eingabe steht dem Anwender eine dynamische Grafik zur Verfügung. Diese Grafik bildet das sich in der Bearbeitung befindliche Bauteil mit den dazugehörigen Materialien und Schichtdicken in einem eigenen Kontrollfenster ab. Diese sofortige visuelle Kontrolle ermöglicht das frühzeitige Erkennen und Korrigieren von fehlerhaften Eingaben.

Synergien nutzen, Verbindung von EnEV Nachweis zu LCA hergestellt

Viele der für eine Gebäudeökobilanz benötigten Daten (Wandaufbauten in Materialschichten mit den dazugehörigen Flächen) bilden auch die Grundlage des verpflichtenden EnEV Nachweises und wurden vor diesem Hintergrund bereits erhoben. Der EnEV Nachweis ist der Beleg gegenüber der Baubehörde, dass ein Gebäude die Anforderungen der Energieeinsparverordnung erfüllt. Um diesen Aufwand nicht erneut, unter dem Aspekt der Ökobilanz, betreiben zu müssen wurde über eine Schnittstelle die weitere Verwendung dieser bereits vorhanden Daten realisiert. Die für die EnEV Berechnung erfassten Daten können nun an die Ökobilanzierungssoftware eLCA übergeben werden und stehen unmittelbar zur weiteren Bearbeitung bzw. Auswertung zur Verfügung.

Digitaler Workflow, EnEV2eLCA Schnittstelle

Werden in der EnEV Software die Bauteile bereits detailliert in Schichten erfasst, können diese auf Knopfdruck mit den dazugehörigen Flächenangaben nach eLCA überführt werden und stehen direkt für die ökobilanzielle Auswertung zur Verfügung. Es werden alle für den EnEV Nachweis erfassten Bauteile der Kostengruppe KG 300 (Bauwerk – Baukonstruktion) inklusive dem Bauteilnamen, dem u-Wert und den dazugehörigen Flächenangaben an eLCA übergeben. Aus der Kostengruppe KG 400 (Bauwerk – Technische Anlagen), die bislang eher eine untergeordnete Rolle in der Ökobilanzierung spielt, werden die verwendeten Haustechnikkomponenten inklusive Angabe der Rohrleitungslängen sowie der für den Gebäudebetrieb errechneten Endenergie je Energieträger an eLCA übergeben.

EnEV2eLCA, Baustoffzuordnung

Nach einem initialen Projektimport ordnet eLCA die aus der EnEV Berechnung übergebenen Materialdatensätze automatisch den entsprechenden Ökobilanzdatensätzen aus der ÖKOBAUDAT zu. Die Materialdatensätze werden inklusive der benötigten Informationen zu den BNB relevanten Umweltwirkungen in einer ersten Vorschau übersichtlich nach Bauteilen gegliedert aufgelistet. Nicht automatisch zugeordnete Datensätze werden farblich hervorgehoben und sind komfortabel über den bekannten eLCA-Auswahldialog projektspezifisch zu ergänzen. Nach der erfolgten Materialzuweisung wird der eigentliche Projektimport gestartet. eLCA erstellt auf Basis der vorhandenen Daten automatsch ein Projekt, in dem alle importierten Bauteile und Haustechnikkomponenten innerhalb der jeweiligen Kostengruppen KG 300 und KG 400, wie in dem EnEV Projekt angelegt, erzeugt werden. So werden aus dem EnEV Programm importierte Außenwände automatisch der Kostengruppe 330 Außenwände bzw. importierte Dachaufbauten automatisch der Kostengruppe 360 Dächer zugeordnet.

EnEV2eLCA, Weiterbearbeitung

Mit der Projekterstellung wird der Importprozess abgeschlossen. Projektdaten wie Projektname, PLZ, usw. werden in eLCA übernommen. Die Bauteile werden der bekannten eLCA Struktur (DIN 276) zugeordnet und stehen dem Nutzer schichtengenau zur weiteren Bearbeitung bzw. Bewertung zur Verfügung. Dementsprechende dynamische eLCA Bauteilgrafiken werden automatisch erzeugt und dokumentieren anschaulich das Importergebnis. Alle weiterführenden Bearbeitungsschritte können wie gewohnt einfach und uneingeschränkt in dem eLCA Modell durchgeführt werden. Sollten Bauteile über diesen Workflow nicht erfasst worden sein, können diese wie gewohnt über die integrierten Bauteilvorlagen ergänzt werden.

Fazit

Mit dem hier vorgestellten Workflow wird die arbeitsaufwändige und komplexe Erstellung einer Gebäudelebenszyklusanalyse nochmals erheblich vereinfacht. Der zeitaufwändige Prozess der Zusammenstellung und Erfassung von Bauteilen mit den dazugehörigen Flächen konnte über die Weiterverwendung der bereits im EnEV Nachweis vorhandener Gebäudedaten erheblich reduziert werden.

Mit der Verknüpfung verbindlicher Berechnungstools und gemeinsamer Verwendung von Projektdaten unterstützt der Bund die Vereinfachung und weitere Verbreitung der Gebäudeökobilanz und Nachhaltigkeitsbewertung.

Stephan Rössig, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Referat II 6 Bauen und Umwelt
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