Lifting für die „Platte“

Ostdeutschland 2013: Der Leerstand wächst und die Bevölkerung wird immer älter. Das bekommen besonders die Betreiber von Plattenbausiedlungen zu spüren. Um Wert und Vermietbarkeit ihrer Immobilien wieder zu steigern, setzen sie auf die Nachrüstung von Aufzügen.

Während vielerorts ein akuter Wohnraummangel vorherrscht, zeichnet sich im Osten Deutschlands ein gegensätzlicher Trend ab. Wohnungsbaugenossenschaften und Eigentümer kämpfen mit wachsenden Leerständen, teilweise müssen sie sogar einen Rückbau in Erwägung ziehen. Hinzu kommt ein demografischer Wandel, der vor allem in den neuen Bundesländern zu einer gravierenden Überalterung führt. Von diesen Entwicklungen sind in erster Linie Plattenbaubetreiber betroffen: Obwohl ihre Gebäude zumeist günstige Mietkonditionen aufweisen, müssen immer mehr ältere Bewohner aus ihrer langjährigen Wohnung ausziehen. Die Senioren haben vermehrt Probleme damit, die oberen Etagen zu erreichen. Doch auch die jüngere Generation stellt hohe Ansprüche an Wohnkomfort, weshalb die unsanierte „Platte“ größtenteils unattraktiv geworden ist. Als eine Gegenmaßnahme hat sich die Nachrüstung von Aufzügen bewährt. Entsprechende Anlagen sorgen nicht nur für barrierearme Verhältnisse – sie steigern auch nachhaltig Wert und Vermietbarkeit der Immobilien.

Für jeden Typ die richtige Lösung

Natürlich wirft eine nachträgliche Aufzugsmontage bei Betreibern vorerst viele Fragen auf: Steht genug Raum zur Verfügung? Wie lange dauern die Arbeiten? Können die Kosten gedeckt werden? Doch besonders die DDR-Bauten sind für eine Nachrüstung bestens geeignet: „Die einheitlichen Bauweisen erleichtern uns den Planungsprozess erheblich. So können wir für jeden Typen eine maßgeschneiderte und wirtschaftliche Lösung anbieten“, erklärt Udo Krutsche, Vertriebsleiter für Neuanlagen beim Aufzugshersteller Schindler. Grundsätzlich kommen zwei Ausführungsvarianten in Frage: „Entweder wird eine Anlage an der Fassade oder im Treppenauge installiert. Entscheidend dafür ist, ob das Treppenhaus innen- oder außenseitig liegt“, so Krutsche. Deshalb müssen beispielsweise die beiden Grundtypen P2 und WBS 70 unterschiedlich nachgerüstet werden.

P2: Anlage im Treppenauge nutzt jeden Zentimeter

So ist für P2-Gebäude die Anordnung der Wohnungen um ein innenliegendes, nahezu quadratisches Treppenhaus charakteristisch. Deswegen lässt sich in den 60er-Jahre-Bauten das Treppenauge nutzen, um einen Aufzug zu installieren. „Zwar ist dieser Luftraum sehr eng bemessen, ein einbaufertiger Aufzug wie der Schindler 6300 kann ihn jedoch komplett ausfüllen. Das Modell lässt sich bei einer Nutzlast von 320 bis 675 kg in 10 mm-Schritten anpassen und bietet Fahrgästen aufgrund seiner platzsparenden Konstruktion das Maximum an Kabinenfläche“, sagt Krutsche. U.a. ist der Antrieb direkt im Schacht angeordnet, außerdem ist kein separater Steuerschrank erforderlich. Mit Türbreiten bis 900 mm kann darüber hinaus ein barrierearmer Zugang gewährleistet werden.

Neben der Flexibilität der Neuanlage sollten Betreiber von P2-Häusern zudem Wert auf den Lärmschutz legen: „Die Wohnungen befinden sich hier nahe am Aufzugsschacht. Mit einem geräuscharmen Antrieb werden die Belästigungen der Bewohner minimiert.“ Letztlich ist auf einen sparsamen Betrieb zu achten. „Mit einer Einstufung in der Energieeffizienzklasse B verbraucht der Schindler 6300 besonders wenig Strom, was die Fahrtkosten nachhaltig gering hält“, rät Krutsche.

Bevor jedoch die Kabine eingesetzt wird, erfolgt die Installation des Schachtes im Treppenauge. Dafür schneiden Fachhandwerker die Bodenplatte auf, um die spätere Grubenunterfahrt vorzubereiten. Daraufhin werden Zugänge montiert und das Schachtgerüst hochgezogen. Die Stahlkonstruktion ist hierbei selbsttragend, eine Anbindung erfolgt lediglich auf den Etagen – somit wird die Statik des Gebäudes kaum beeinflusst.

Der Bauprozess nimmt insgesamt circa 15 Wochen in Anspruch. Ist der Schacht installiert, kann er mit entsprechenden Halterungen an der Außenseite auch das Treppengeländer aufnehmen. Für Udo Krutsche ist diese Lösung auch in Bezug auf das Innendesign ein Pluspunkt: „Eine transparente Gestaltung des Gerüsts kombiniert mit einer Schachtgerüst- und Treppenhausbeleuchtung werten das Treppenhaus insgesamt auf.“

Außenseitige Montage ermöglicht breitere Planung

Liegt hingegen kein Objekt mit passendem Treppenauge vor, können Schachtgerüst und Kabine auch außenseitig an das Gebäude montiert werden. Dies ist bei Plattenbau-Typen wie WBS 70 der Fall. Die Gesamtkonstruktion wird hier mit Hilfe von Stahlwinkeln am Gebäude befestigt. Entsprechend sollte die Fassade eine ausreichende Tragfähigkeit aufweisen. Außerdem darf die Grundstücksbegrenzung nicht zu knapp bemessen sein. Die Anbindung der Haltestellen geschieht schließlich über die Hauswand, indem die Gebäudefassade aufgeschnitten wird und neue Platten mit Zugängen für den Aufzug montiert werden.

Wie bei der Innenseitigen Lösung bieten sich auch außen einige Vorteile. So kann beispielsweise mit breiteren Maßen geplant werden. Optimal ist eine Kabinengröße von 1,10 x 1,40 m bei einer Türbereite von 900 mm. Dann entspricht der Aufzug den Anforderungen der DIN EN 81-70 an barrierefreies Bauen und lässt sich auch mit einem größeren Elektrorollstuhl benutzen. Für die wirtschaftliche Realisierung stehen verschiedene Aufzugsmodelle zur Verfügung, die sich trotz hohen Standardisierungsgrades durch eine hohe Flexibilität auszeichnen. Denn aufgrund knapper Grundstücksabmessungen kann auch das außenseitige Schachtgerüst eng geplant sein. „Hier bieten Modelle wie der Schindler 3300 ebenfalls mehr nutzbaren Raum in der Kabine als herkömmliche Lösungen“, so Krutsche.

Aufzüge steigern Wohnwerte schnell und effektiv

Um Nachrüstungen durchzuführen, sollte man in jedem Fall einen kompetenten Aufzughersteller mit Komplettangebot zu Rate ziehen: „Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung mit diversen Plattenbautypen bieten wir inzwischen Aufzug, Schachtgerüst und Bauleistung aus einer Hand an. So muss beispielsweise nicht noch ein externer Stahlbauer für das Gerüst beauftragt werden“, erklärt Udo Krutsche. Sein Team hat unter anderem schon Plattenbausiedlungen in Leipzig, Chemnitz oder Weisswasser mit Aufzügen nachgerüstet. Dabei fällt dem Vertriebsleiter auf, dass die Nachfrage weiterhin hoch ist: „Nachrüstung von Plattenbauten ist nach wie vor ein großes Thema, wenn es um Vermietbarkeit und Wohnwerte geht. Viele Eigentümer und Wohnungsbaugenossenschaften freuen sich nach einer Installation über steigende Mietzahlen.“ Denn für die meisten potenziellen Mieter ist ein Aufzug bei der Wohnungssuche inzwischen zu einer unverzichtbaren Komponente geworden. So profitiert am Ende jeder: „Ob Menschen mit Rollstuhl oder junge Familien mit Kinderwagen – Aufzüge erleichtern Mieten und Vermieten gleichermaßen.“

Die Nachrüstung von Aufzügen hat sich bewährt, steigert sie doch auch nachhaltig Wert und Vermietbarkeit der Immobilien.

Viele Eigentümer und Wohnungsbaugenossenschaften freuen sich nach einer Installation über steigende Mietzahlen.

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