Lage und Perspektive der Bauwirtschaft:
Wohnungsbau bleibt wichtigste Stütze

Die Baukonjunktur entwickelte sich im Jahr 2011 sehr positiv. Die Bauinvestitionen haben real um 5,8 % zugelegt. In laufenden Preisen gerechnet wurden nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung knapp 307 Mrd. € am Bau investiert[1]. Die Bauunternehmen hatten erhebliche Kostenanstiege insbesondere bei den Energieträgern sowie den Stahlpreisen (+ 17 %) zu verzeichnen. Die gute Baukonjunktur ermöglichte es, auch erhöhte Baupreise am Markt durchzusetzen. Der Baupreisindex hat um 2,7 % zugelegt.

Die realen Zuwächse der Bauinvestitionen im Jahr 2011 sind vor allem auf den Wohnungs- und Wirtschaftsbau zurückzuführen. Der Wohnungsneubau – mit einem Anteil von ca. 54 % des Bauvolumens die wichtigste Nachfragekomponente – profitierte hierbei von niedrigen Zinsen und mangelnder Attraktivität alternativer Anlageformen. Neben dem Eigenheimbau zeigt jetzt auch der jahrelang rückläufige Geschosswohnungsbau wieder expansive Wirkungen. Mit über 6 % verzeichnete der Wirtschaftsbau im Jahr 2011 ein ähnlich hohes Wachstum wie der Wohnungsbau. Im Zuge des gesamtwirtschaftlichen Aufschwungs hat der Neubau von Büro- und Verwaltungsgebäuden, aber auch von Produktions-, Handels- und Lagergebäuden deutlich zugelegt. Als einziger Baubereich musste der öffentliche Bau nach dem Auslaufen der Konjunkturpakete im Jahr 2011 Einbußen hinnehmen.

Im Jahre 2012 wird insgesamt eine Stagnation der Bauinvestitionen erwartet. Vor dem Hintergrund einer verbesserten allgemeinen Wirtschaftsentwicklung werden dann für das laufende Jahr wieder deutliche Zuwächse prognostiziert. Dabei verzeichnen die drei Baubereiche eine äußerst unterschiedliche Entwicklung. Die gebremste Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2012 lässt für den Wirtschaftsbau keine Dynamik erwarten. Mit einer konjunkturellen Erholung dürften die Ausrüstungsinvestitionen und damit dann auch die gewerblichen Bauinvestitionen in diesem Jahr aber wieder leicht zunehmen.

Der öffentliche Bau hatte davon profitiert, dass die Konjunkturprogramme bis ins Jahr 2011 noch eine erhebliche Produktionswirksamkeit hatten. Der Wegfall dieser Impulse aus den Konjunkturpaketen führt 2012 zu einem starken Einbruch der öffentlichen Investitionen. Höhere Steuereinnahmen dürften aber dafür sorgen, dass sich der öffentliche Bau in diesem Jahr wieder erholt.

Wesentliche Stütze der Bauinvestitionen ist weiterhin der Wohnungsbau, da insbesondere der Neubau floriert. Auch für 2013 erwarten die Experten, dass aufgrund der günstigen Finanzierungssituation und des gesamtwirtschaftlichen Umfelds der Wohnungsneubau wesentlicher Treiber der Dynamik sein wird. Die Gemeinschaftsdiagnose rechnet mit +3,8 %, der Sachverständigenrat erwartet eine Zuwachsrate von +3,2 % im Wohnungsbau 2013.

Dieser aktuelle Boom im Neubau unterbricht den langfristigen Trend einer Verschiebung hin zu dem Bestandsmaßnahmen. Drei Viertel des Wohnungsbauvolumens betrifft Bauleistungen an bestehenden Gebäuden, wozu die stetig steigende Bedeutung von energetischen Sanierungen beigetragen hat. Am aktuellen Rand ist nun aber eine gewisse Zurückhaltung bei den Bestandsinvestitionen zu beobachten, die im Wesentlichen aufgrund auf bestehende Unsicherheiten über künftige Förderkonditionen zurückzuführen ist[2]. Eine Primärerhebung im Auftrag des BBSR hat ermittelt, dass energetische Sanierungen für mehr als ein Drittel aller Bestandsinvestitionen im Wohnungsbau verantwortlich zeichnen[3].

Auch beim Nichtwohnungsbau ist eine Verlagerung der Investitionstätigkeit – vom Neubau hin zu Maßnahmen der Bestandserhaltung – zu verzeichnen. Mittlerweile betreffen zwei Drittel aller Investitionen die Bauleistungen an bestehenden Gebäuden; hier ist im Zeitablauf eine deutliche Zunahme der relativen Bedeutung der Bestandmaßnahmen zu verzeichnen.

Der langfristige Trend einer Verschiebung der Anteile von Neubau und Bestandsleistungen – sowohl im Wohnungs- wie im Nichtwohnungsbau- korrespondiert mit einer Veränderung der Gewichte bei den Produzentengruppen. Rund 120 Mrd. € werden (nominal) vom Ausbaugewerbe erwirtschaftet, das damit nahezu 40 % zum Bauvolumen beiträgt. Das Ausbaugewerbe (statistische Bereiche „Bauinstallationen, sonstiges Ausbaugewerbe, vorbereitende Baustellenarbeiten“) ist damit in den letzten Jahren die wichtigste Produzentengruppe geworden. Die Pressemeldungen konzentrieren sich jedoch stark auf das Bauhauptgewerbe, da dort kurzfristig verfügbare, verlässliche Daten vorliegen. Trotz eines leichten Zugewinns des Hauptgewerbes am aktuellen Rand (aufgrund der derzeit starken Neubauaktivität) ist der langfristige Trend im Baugewerbe eindeutig: Es existieren mittlerweile mehr als dreimal so viel Betriebe im Ausbaugewerbe wie im Bauhauptgewerbe; rund 93 % dieser Betriebe im Ausbaugewerbe haben wenige als 10 Beschäftigte. Über 60 % aller Beschäftigen im Baugewerbe sind in den Ausbaubereichen tätig. 

Dipl.-Volkswirt Stefan Rein

[1] Der Endbericht „Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das Jahr 2011“ ist als BMVBS-Online-Publikation 21/2012 veröffentlicht worden; abrufbar unter www.bbsr.bund.de.

[2] Vgl. den Artikel „Bauwirtschaft: Neubau profitiert von der Krise im Euroraum“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung; DIW-Wochenbericht Nr. 46/2012 vom 14.11.2012

[3] Vgl. BBSR-Berichte KOMPAKT 12/2011 „Struktur der Bestandsinvestitionen“

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