Rückbaubares WDVS

Keine Ausreden mehr

Mit dem recyclingfähigen Wärmedämm-Verbundsystem weber.therm circle entzieht Saint-Gobain Weber gängigen (Vor-)Urteilen über WDVS die Basis. Wir sprachen mit Christian Poprawa, Direktor Vertrieb und Marketing.

Herr Poprawa, was ist das Besondere an weber.therm circle?

Poprawa: weber.therm circle ist das erste recyclingfähige Wärmedämm-Verbundsystem. Es löst das drängende, bislang ungeklärte Problem des Recyclings von WDVS. Zudem entkräftet es als nicht brennbares, nicht veralgendes, extrem solides System mit hoher Gestaltungsfreiheit auch die weiteren Argumente von WDVS-Kritikern. Es gibt damit keine technischen Argumente mehr gegen eine energetische Sanierung. 

Können alle Bestandteile des Systems recycelt werden?

Poprawa: Ja. weber.therm circle verfolgt als erstes Wärmedämm-Verbundsystem konsequent den Ansatz der Recyclierbarkeit. Hat es seine Lebensdauer erreicht, werden die Komponenten teils in anderen Anwendungen wiederverwendet, teils recycelt. Die Voraussetzung dafür ist, dass alle Komponenten – Dämmstoff, Dübel, Gewebe und mineralische Putzmörtel – sortenrein getrennt werden können.

Angesichts immer knapper werdender Ressourcen ist die Entwicklung sortenrein recyclingfähiger Systeme ein wichtiger Fortschritt. Baumaterialien in Bestandsgebäuden sind die Rohstoffe der Zukunft. Trotzdem werden Baustoffe bislang beim Rückbau in aller Regel gemischt entsorgt und sind damit für eine weitere Nutzung verloren. Hinzu kommt, dass die Entsorgungskosten für gemischte Baustellenabfälle in den vergangenen Jahren sehr stark gestiegen sind und weiter steigen werden. Hier bietet weber.therm circle eine zukunftsfähige Lösung.

Sind bei der Montage spezielle Schritte zu beachten?

Poprawa: Bei der Handhabung knüpft weber.therm circle an die bewährte Konstruktionsweise eines WDVS an. Fachhandwerksbetriebe müssen ihre Arbeitsweise daher nicht umstellen. Um eine hohe Ausführungssicherheit zu gewährleisten, ist die Verarbeitung dennoch ausschließlich zertifizierten Handwerksbetrieben vorbehalten. Saint-Gobain Weber bietet entsprechende Schulungen an. 

Der wichtigste Unterschied zur Verarbeitung eines konventionellen Systems liegt darin, dass die Mineralwolle-Dämmplatten ohne Klebemörtel mit versenkten Schraubdübeln auf dem Untergrund befestigt werden. Dank einer speziellen Materialqualität schmiegen sie sich besonders gut an den Untergrund an. Die Dübel werden versenkt montiert und die Dübelköpfe anschließend mit Dübelrondellen aus Mineralwolle abgedeckt, um Wärmebrücken zu verhindern.

Anders als herkömmliche WDVS wird weber.therm circle zudem mit einer zusätzlichen Putzschicht, also als dreilagiges Putzsystem, ausgeführt. Der Armierungsgrundputz hat dabei eine egalisierende und versteifende Funktion und wird mit einem so genannten Separationsgewebe auf die Dämmplatte aufgebracht. Dieses Separationsgewebe erleichtert später den Rückbau. Darauf folgt die Armierungsschicht, auf die mit dem Oberputz dann die dritte Putzschicht aufgetragen wird. Das solide Putzsystem kann so eine Schichtdicke von bis zu 25 mm erreichen.

Ist der Rückbau ebenso unproblematisch? 

Poprawa: Absolut. Am Ende seiner Lebensdauer lässt sich weber.therm circle problemlos rückbauen. Hierzu wird die Putzschicht rasterförmig mit einer Mauernutfräse aufgeschnitten. Dann wird das Separationsgewebe vom Abbruchgreifer des Baggers gefasst und gestrippt, also bahnenweise mitsamt dem Putz sauber abgezogen. Anschließend können die Stahlschrauben aus der Wand geschraubt und die Dübelköpfe mit einer Fräse vom Dübel geschnitten werden. Die Mineralwollplatten werden dann im Ganzen von der Wand genommen. Schließlich lassen sich die demontierten Bauteile separat sammeln und als sortenreine Rohstoffe einer neuen Nutzung zuführen. 

Beim Rückbau von weber.therm circle wird das Mauerwerk geschont und behält nahezu seinen Ursprungszustand. Im Falle von An- oder Umbauten kann somit schnell und sauber demontiert werden, und an den Fassadenflächen kann unmittelbar weitergearbeitet werden.

Wie schätzen Sie den Markt für ein solches System ein?

Poprawa: Ein neuartiges System als Erster auf den Markt zu bringen, ist häufig eine undankbare Aufgabe, da man viel Überzeugungsarbeit leisten muss und innovative Lösungen aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit beispielsweise seltener in öffentliche Ausschreibungen aufgenommen werden. Aber weber.therm circle ist das richtige System zur richtigen Zeit. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit, anders zu bauen und zu sanieren, ist vorhanden. Natürlich wäre es wünschenswert, dass die Politik dies auf allen Ebenen stärker unterstützt, aber auch hier sind gute Ansätze erkennbar. Beispielsweise hat der Besitzer eines Mehrfamilienhauses in Münster, das mit weber.therm circle gedämmt wurde, eine zusätzliche Förderung aus der Umweltinitiative der Stadt dafür erhalten.

Sie erwähnten weitere Fragen aus der WDVS-Debatte, die mit dem neuen System beantwortet werden – welche sind das?

Poprawa: Über WDV-Systeme wurde in den letzten Jahren immer wieder diskutiert, wobei die Debatten teilweise sehr emotional geführt wurden. Kritisiert wurden unterschiedliche Aspekte. Insbesondere der Brandschutz stand im Fokus der Medienberichterstattung. Aber auch eine verstärkte Veralgung gedämmter Fassaden beziehungsweise die Verwendung von umweltschädlichen Bioziden zur Algenabwehr wurden thematisiert. Einige Planer und Architekten gehen außerdem davon aus, dass sich durch WDVS die Möglichkeiten der Fassadengestaltung verringern, und lehnen WDV-Systeme als „nicht-authentische, unechte“ Bauweise ab. Wir haben die offenen Punkte Schritt für Schritt abgearbeitet und mit weber.therm circle ein Wärmedämm-Verbundsystem entwickelt, das alle genannten Bedenken entkräftet. Ab jetzt sind diese Einwände nur noch Ausreden. 

Wie sieht das – abseits der Recyclierbarkeit – konkret an?

Poprawa: Zum einen schützen die systemeigenen mineralischen AquaBalance-Oberputze Fassaden langfristig gegen Algen- und Pilzbefall, ohne die Umwelt mit Bioziden zu belasten. Die umweltfreundliche Putzechnologie greift das hydrophile Funktionsprinzip mineralischer Putze auf und verstärkt es. Ebenfalls algenhemmend wirkt die äußerst solide Putzschicht von bis zu 25 mm Dicke, da sie Wärme besser speichert und daher schneller abtrocknet als dünnschichtige Putzlagen. Durch die robuste Putzschale ist weber.therm circle zudem wartungsärmer als dünnschichtige Systeme, denn sie sorgt für erhöhten Schutz gegen mechanische Beanspruchungen und sichert einen guten Schallschutz. 

Der dickschichtige mineralische Putz erlaubt die Gestaltung der Fassade mit vielfältigsten Strukturen. Traditionelle Putztechniken wie Besenstrich, Kammzug, Schleppputz oder Edelkratzputz ermöglichen eine faszinierende Optik und Haptik. Durch die besondere Qualität der verwendeten Mineralwollplatten und das extra-dickschichtige, dreilagige Putzsystem erreicht das Gesamtsystem eine gemittelte Rohdichte, die sich stark an die von hochwärmedämmenden Wandbildnern annähert, bzw. sie teilweise übertrifft. 

Als vollmineralisches System bietet weber.therm circle zudem den höchsten Brandschutz der Baustoffklasse A1. Durch seine mineralischen Bestandteile wie Gesteine, Sand, Kalk und Zement ist es nicht brennbar. Zusätzliche Brandschutzmaßnahmen wie Brandriegel, die gemäß neuer Brandschutzverordnung bei EPS-System zum Einsatz kommen müssen, können entfallen. 

Wie sieht es in Sachen Brandschutz am Sockel aus? Hier wird doch in der Regel EPS oder XPS verwendet?

Poprawa: In der Tat mussten vollmineralische Fassadendämmung bislang den Sockel größtenteils ausklammern. Hier kommt auch heute zumeist noch eine Perimeterdämmung auf EPS-Basis zum Einsatz. Inzwischen gibt es hierzu eine nichtbrennbare Alternative: ein mineralisches Sockelsystem auf Basis von Foamglas® W+F, also geschäumtem Glas. Es verfügt über die Europäische Technische Zulassung (ETA) und ermöglicht es, die komplette Gebäudehülle vom Sockel bis zum Dach vollmineralisch zu dämmen. Das System erfüllt die Anforderungen der Baustoffklasse A1, ist leicht zu bearbeiten und überzeugt durch Wasserdichtigkeit und Druckfestigkeit.

„weber.therm circle verfolgt als erstes Wärmedämm-Verbundsystem konsequent den Ansatz der Recyclierbarkeit.“

„Ein neuartiges System als Erster auf den Markt zu bringen, ist häufig eine undankbare Aufgabe, da man viel Überzeugungsarbeit leisten muss.“

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