Ergänzung des digitalen Workflow in der Gebäudeplanung

In einer Serie mit dem BMUB präsentieren wir Projekte aus der Bauforschung. In Teil 41 geht es um „eLCA“, ein Ökobilanzierungstool für Gebäude.

Die Ökobilanzierung, auch Lebenszyklusanalyse genannt, ist das Instrument zur Ermittlung der globalen Umweltwirkungen (z.B. graue Energie) von Gebäuden. Im Gegensatz zu den klassischen Nachweisen werden hier zusätzlich die aus der Materialität resultierenden Umweltwirkungen in die Bilanzierung einbezogen.

Die Dateneingabe der detaillierten Bauteilaufbauten wurde in eLCA bereits sehr anwenderfreundlich realisiert. Jedoch muss fast jeder am Projekt beteiligte Fachplaner das Gebäude für seine Planungsleistung neu erfassen, da die Durchgängigkeit in der Datenverarbeitung, wenn überhaupt, nur eingeschränkt gegeben ist. Die aktuelle Version von eLCA setzt genau an diesem Punkt an und integriert über eine neue Schnittstelle die Gebäudeökobilanzierung in den digitalen Workflow der Bauplanung.

Sie ermöglicht nun die Weiterverarbeitung der bereits für den EnEV-Nachweis erfassten Daten als Grundlage für eine Gebäudeökobilanz. Diese Synergie reduziert den Arbeitsaufwand einer Gebäudeökobilanz erheblich. Nach der Entwicklung und Erprobung in einem Pilotprojekt mit der Firma BKI steht diese Möglichkeit des Datentransfers nun allen interessierten Softwareherstellern frei zur Verfügung.

Ökobilanzierung für Gebäude, Definition

Die Ökobilanz für Gebäude quantifiziert und qualifiziert die globalen Umweltwirkungen, die das Errichten und Nutzen eines Gebäudes über den Bilanzierungszeitraum von 50 Jahren verursachen. Zu berücksichtigen ist der Einsatz, der für den Bau verwendeten Baustoffe sowie die in der Nutzung anfallenden Energiemengen bezogen auf den jeweiligen Energieträger. Hierbei sind diese Prozesse über den gesamten Lebenszyklus (Herstellung, Instandhaltung, Nutzung und Entsorgung) in Abhängigkeit zur Nutzungsdauer abzubilden. Die erfassten Daten werden dann hinsichtlich der Nachhaltigkeitsaspekte analysiert, mit dem Ziel, eine gute Gebäudequalität mit möglichst geringen Belastungen für die Umwelt zu erreichen.

eLCA, Bauteile modellieren

Die Kernkomponente in eLCA bildet der sogenannte Bauteileditor. Der Bauteileditor ermöglicht dem Anwender die sehr einfache Erfassung aller Projektbauteile. Zur Kontrolle der Eingaben steht dem Anwender eine dynamische Grafik zur Verfügung. Diese Grafik zeigt, das sich in der Bearbeitung befindliche Bauteil in einem eigenen Kontrollfenster an. Alle in einem Bauteil erfassten Materialschichten werden mit den dazugehörigen Materialstärken, Schraffur und Füllmuster maßstäblich abgebildet. Das ermöglicht eine sofortige visuelle Kontrolle der Eingabe.

eLCA, Bauteilvorlagen

Um dem Nutzer den Einstieg in die Welt der Ökobilanzierung von Gebäuden so leicht wie möglich zu gestalten, hält eLCA eine Auswahl von vorgefertigten Bauteilen, als sog. öffentliche Bauteilvorlagen, vor. Diese Bauteilvorlagen können einfach in ein Projekt übernommen werden. Projektspezifische Anpassungen im Bauteilaufbau sind jederzeit einfach und nachvollziehbar möglich. Zusätzlich kann jeder Anwender die vorhandenen Bauteilvorlagen durch eigene Konstruktionen ergänzen.

eLCA, Variantenvergleich

Für die Optimierung eines Gebäudemodells steht dem Anwender ein Variantenvergleich zur Verfügung. Schnell können einzelne Materialschichten ausgetauscht und der daraus resultierende Einfluss auf das Gebäude analysiert werden.

eLCA, Assistenten

In der praktischen Anwendung hat sich gezeigt, dass es Bauteile gibt, die sich nicht so einfach modellieren lassen, wie man es von den Standardbauteilen gewohnt ist. Um auch diese Bauteile vollständig erfassen zu können, bietet eLCA spezielle Assistenten an, die den Nutzer bei der Erstellung unterstützen. Die notwendigen Materialinformationen werden in speziellen Formularen abgefragt und durch Beispielskizzen ergänzt. Aktuell bietet eLCA diese Assistenten für das Modellieren von Fenstern, Treppen, Stützen und Streifenfundamenten an.

Synergien nutzen, digitaler Workflow ergänzt

Viele der für eine Gebäudeökobilanz benötigten Daten (Wandaufbauten in Materialschichten mit den dazugehörigen Flächen) bilden auch die Grundlage des verpflichtenden EnEV Nachweises und wurden in diesem Zusammenhang bereits erhoben. Um diesen Aufwand nicht erneut unter dem Aspekt der Ökobilanz betreiben zu müssen, wurde über eine Schnittstelle die weitere Verwendung dieser bereits erfassten Daten realisiert. Die für die EnEV Berechnung erfassten Daten können so an die Ökobilanzierungssoftware eLCA übergeben werden und stehen unmittelbar zur weiteren Bearbeitung bzw. Auswertung zur Verfügung.

EnEV2eLCA

Nach einem initialen Projektimport ordnet eLCA, die aus der EnEV Berechnung übergebenen Materialdatensätze, automatisch den entsprechenden Ökobilanzdatensätzen zu. Nicht automatisch zuordenbare Datensätze werden farblich hervorgehoben und sind komfortabel über den bekannten eLCA-Auswahldialog projektspezifisch zu ergänzen. Nach der erfolgten Materialzuweisung wird der abschließende Projektimport gestartet. eLCA erstellt auf Basis dieser Daten ein Projekt mit allen übergebenen Bauteilen der KG 300, den Haustechnik-komponenten der KG 400 sowie den Energiedaten für den Gebäudebetrieb.

Die Bauteile werden der bekannten eLCA Struktur (in Anlehnung an die DIN 276) zugeordnet und stehen dem Nutzer schichtengenau zur weiteren Bearbeitung bzw. Bewertung zur Verfügung. Die eLCA Bauteilgrafiken werden automatisch erzeugt und dokumentieren anschaulich das Importergebnis. Alle weiterführenden Bearbeitungsschritte können, wie gewohnt, einfach und uneingeschränkt in dem eLCA Modell durchgeführt werden. Sollten Bauteile über diesen Workflow nicht erfasst worden sein, können diese wie gewohnt, z.B. über die integrierten Bauteilvorlagen, ergänzt werden.

Einordung der Ergebnisse, Benchmark

Die für ein Gebäude errechneten Ergebnisse sind für den ungeübten Anwender nicht einfach zu interpretieren. Um dem Nutzer dennoch eine schnelle Einordung seiner Ergebnisse zu ermöglichen, können im eLCA die Richtwerte der relevanten deutschen Zertifizierungssysteme des Nachhaltigen Bauens als Vergleichsmaßstab eingeblendet werden.

Fazit

Mit dem hier vorgestellten Workflow wird die arbeitsaufwändige und komplexe Erstellung einer Gebäudelebenszyklusanalyse nochmals erheblich vereinfacht. Der zeitaufwändige Prozess der Zusammenstellung und Erfassung von Bauteilen mit den dazugehörigen Flächen konnte über die Weiterverwendung der bereits im EnEV Nachweis vorhandenen Gebäudedaten erheblich reduziert werden.

Mit der Integration der Lebenszyklusanalyse in den digitalen Workflow der Gebäudeplanung unterstützt der Bund die Vereinfachung und weitere Verbreitung der Gebäudeökobilanz und Nachhaltigkeitsbewertung. Mit eLCA stellt der Bund allen interessierten Nutzern ein frei zugängliches Ökobilanzierungstool für Gebäude zur Verfügung. 

Stephan Rössig,
BBSR Referat II6
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