Digitalisierung von Gebäuden

Elektroinstallation im Smart Building: Sicherheit geht vor

Automatisierte Wohngebäude stellen in Form von „Smart Buildings“ heute deutlich komplexere Anforderungen an die Elektroinstallation als noch vor einigen Jahren. Eine herkömmliche Absicherung kann damit, selbst bei normengerechter Ausführung, an ihre Grenzen stoßen. Gefragt sind deshalb durchgängige Schutzkonzepte nach Stand der Technik, die den vorgeschriebenen Basisschutz ergänzen und bedarfsgerecht erweitern.

Smarte und energieeffiziente Gebäude nutzen verstärkt alternative, oft eigenerzeugte Energie und verfügen über die damit verbundenen technischen Einrichtungen wie Photovoltaikanlagen zur Eigenstromversorgung, BHKW, Wärmepumpen oder auch Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Außerdem kommen heute viel mehr elektrische Verbraucher zum Einsatz als früher – und es werden immer noch mehr. Die Elektrogeräte selbst entwickeln sich weiter, mit teils neuen Charakteristiken der Stromaufnahme. Angesichts dieser Trends, die bis vor wenigen Jahren kaum absehbar war, droht vielen Elektroinstallationen die Überlastung. Das gilt insbesondere für Bestandbauten. Ein durchgängiges Schutzkonzept nach Stand der Technik ist eine adäquate Antwort auf diese komplexen Herausforderungen.

Integrierter Schutz

Ein solches Konzept ergänzt den vorgeschriebenen Basisschutz um ineinandergreifende Schutzkomponenten für den Personen- und Leitungsschutz sowie für den präventiven Brandschutz – mit dem Ziel, das verbleibende Restrisiko so weit wie möglich zu minimieren und alle Gefahrenquellen abzudecken. Das heißt im Einzelnen: Fehlerströme mit höheren Frequenzen, Mischfrequenzen, glatte Gleichfehlerströme, transiente Überspannungen, Überspannungen in Betriebsmitteln sowie Störungen aufgrund fehlerhafter bzw. falscher Anschlüsse oder Schäden durch externe Einflüsse. Dafür sind insbesondere vier Schutzkategorien relevant:

1. Personenschutz – durch Fehlerstromschutzeinrichtungen (FI-Schutzschalter),

2. Leitungsschutz bei Überlast und Kurzschluss – durch Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) und Sicherungen,

3. Überspannungsschutz – durch Überspannungsschutzgeräte,

4. Präventiver Brandschutz – durch Brandschutzschalter.

Personenschutz durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen

Für viele Anwendungsbereiche sind Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (FI-Schutzschalter) mit Bemessungsfehlerströmen von maximal 30 mA schon seit Jahren Pflicht. Trotzdem haben sich die lebensrettenden Schutzgeräte, die den Strom im Fehlerfall sicher abschalten, immer noch nicht lückenlos durchgesetzt. Dabei ist ihr Einsatz angesichts neuer Anforderungen in Smart Buildings wichtiger denn je.

FI-Schutzschalter sind in mehreren Typen und Ausführungen erhältlich, die sich zur Erfassung von unterschiedlichen Fehlerstromarten und für verschiedene Anwendungsbereiche eignen. FI-Schutzschalter des Typs A lösen sowohl bei sinusförmigen Wechselfehlerströmen als auch bei pulsierenden Gleichfehlerströmen aus. In vielen modernen Betriebsmitteln sind einphasige Frequenzumrichter eingesetzt. Diese können auf der Abgangsseite Fehlerströme aus einem Frequenzgemisch mit Frequenzanteilen im kHz-Bereich erzeugen. FI-Schutzschalter des Typs A sind dafür nicht ausgelegt. Um in diesen Situationen die Schutzfunktion sicherzustellen hat beispielsweise Siemens den neuen FI-Schutzschalter des Typs F eingeführt, der den Schutz- und Funktionsumfang des Typs A erweitert.

Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen des Typs A und des Typs F sind allerdings nicht in der Lage, glatte Gleichfehlerströme zu erfassen, wie sie beim Einsatz von dreiphasigen Frequenzumrichtern, medizinischen Geräten, USV-Anlagen und beim Laden von Elektrofahrzeugen im Fehlerfall auftreten können. Entsprechende FI-Schutzeinrichtungen für „frequenzgesteuerte Betriebsmittel“ werden deshalb auch in den einschlägigen Normen und Richtlinien gefordert.

Damit rückt eine weitere Variante stärker in den Fokus: der Fehlerstrom-Schutzschalter des Typs B. Als allstromsensitive Schutzkomponente verfügt er über einen zusätzlichen Wandler, der mit einem Steuersignal beaufschlagt wird. Dadurch können sie neben Wechselfehlerströmen und pulsierenden Gleichfehlerströmen auch glatte Gleichfehlerströme erfassen. Die angestrebte Schutzfunktion ist somit bei allen Fehlerstromarten gesichert.

Leitungsschutz durch Schalter und Sicherungen

Leitungsschutzschalter (LS-Schalter) und Sicherungen schützen elektrische Leitungen, Anlagen und Geräte im Fall von Überlast und Kurzschluss. Sie garantieren eine sichere und schnelle Abschaltung und können so Sachwerte und Menschenleben schützen.

Mit vier Auslösecharakteristiken (A, B, C und D) werden alle Anwendungsbereiche in Industrie, Zweck- und Wohnbau im Bereich von 0,3 bis 125 A abgedeckt. Der besondere Aufbau der Klemmen bei Geräten von Siemens gewährleistet dabei einen hochwirksamen Berührungsschutz. Die Leitungsschutzschalter können mit vielfältigen Zusatzkomponenten beliebig kombiniert werden, z.B. mit Hilfsstromschaltern, Fehlersignalschaltern, Arbeitsstromauslösern, Unterspannungsauslösern, Fernantrieben oder mit FI-Blöcken für einen kombinierten Personen- und Brandschutz.

Überspannungsschutz durch Überspannungsschutzgeräte

Allein in Deutschland kommt es jährlich zu 460.000 Blitzeinschlägen. Die Folge sind finanzielle Verluste in dreistelliger Millionenhöhe. Überspannungsschutzgeräte schützen elektrische Verbraucher wirksam vor Schäden durch transiente, also kurzzeitige, Überspannungen, die durch Blitze oder Spannungsschwankungen im Netz entstehen können. Verschärfte Normen regeln deshalb den Einsatz von Überspannungsschutz-Einrichtungen seit einiger Zeit neu.

Die VDE-Anwendungsregel DIN VDE 0100-443 schreibt seit Oktober 2016 vor, in welchen Bereichen entsprechende Schutzgeräte Pflicht sind. Neu aufgenommen wurden dabei Gebäude, in denen ein Schaden durch Überspannung direkte Auswirkungen entweder auf „Ansammlungen von Personen“ oder auf Einzelpersonen haben könnte. Das sind zum einen Gebäude wie z.B. große Wohngebäude, Kirchen, Büros oder Schulen, zum anderen aber auch kleinere Büros oder Wohnhäuser. Die bisher schon definierten Einsatzgebiete bleiben darüber hinaus weiter gültig. Das heißt: Überall dort, wo ein Überspannungsschaden Auswirkungen auf das menschliche Leben (z.B. in Klinken), auf öffentliche Einrichtungen oder auf Industrie- bzw. Gewerbeaktivitäten hätten.

Neben Blitzschlag sind auch elektrostatische Entladungen und fehlerhafte Betriebsmittel mögliche Ursachen für überspannungsbedingte Schäden. Davor schützen Überspannungsableiter von der Einspeisung bis zur Steckdose. Sie gewährleisten damit, dass hochwertige Anlagen und Elektrogeräte nicht beschädigt werden und verhindern Folgeschäden durch einen möglichen Ausfall.

Die Voraussetzung dafür schafft ein auf die örtlichen Verhältnisse abgestimmtes Blitzstrom- und Überspannungsschutzkonzept. Welches Überspannungsschutz-Gerät im Einzelnen zu verwenden ist, regelt die DIN VDE 0100-534. Verpflichtend im Sinne der Norm ist in jedem Fall der Einbau eines Überspannungsableiters Typ 2.

Präventiver Brandschutz durch Brandschutzschalter

Eine häufige Brandursache, nämlich serielle Fehlerlichtbögen, wird von Fehlerstrom- und Leitungsschutzschaltern nicht erkannt. Brandschutzschalter, wie sie inzwischen auch die aktuelle Norm VDE 0100-420 für viele Anwendungsbereiche fordert, schließen diese Sicherheitslücke, indem sie auch auf serielle Fehlerlichtbögen reagieren.

Basis der Brandschutzschalter von Siemens ist die patentierte Erkennungstechnologie „SIARC“: Der Brandschutzschalter analysiert das Hochfrequenz (HF)-Rauschen. Der integrierte Mikrocontroller erkennt unerwünschte Fehlerlichtbögen sofort. Harmlose Störquellen, wie sie zum Beispiel beim Betrieb von Bohrmaschinen oder Staubsaugern vorkommen, kann der Brandschutzschalter von gefährlichen Lichtbögen unterscheiden. Eine Selbsttestfunktion überprüft kontinuierlich die Funktionsfähigkeit.

Neu im Portfolio der „Sentron“-Schutzgeräte ist der Brandschutzschalter „5SV6“. Das Gerät ist der weltweit erste Brandschutzschalter mit integriertem Leitungsschutz in nur einer Teilungseinheit. Das Gerät macht es Elektroinstallateuren damit noch einfacher, die aktuellen Norm-Vorschriften sowohl in Neu- als auch in Bestandsgebäuden umzusetzen.

Fazit

Ineinandergreifende Schutzkomponenten für den Personen- und Leitungsschutz sowie für den präventiven Brandschutz erweitern in der Elektroinstallation den vorgeschriebenen Basisschutz zu einem durchgängigen Schutzkonzept. Damit sind Wohn- und Zweck-gebäude für die komplexen Herausforderungen moderner Smart Buildings zuverlässig gerüstet.

Vielen Elektroinstallationen droht die Überlastung. Das gilt insbesondere für Bestandbauten.

Weitere Informationen zur Niederspannungs-Energieverteilung finden Sie unter www.siemens.de/lowvoltage 

Weitere Informationen zum Thema „Sichere Elektroinstallation im Smart Building“ unter www.siemens.de/schutzkonzept
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