Dirigismus bringt nicht mehr günstigere Wohnungen

Andreas Eisele, Präsident des BFW Landesverbandes Bayern, spricht Klartext. Es geht um den Münchner Ansatz der Erhaltungssatzung.

Die Wohnungsnot hat in den vergangenen Jahren die Mitte unserer Gesellschaft erreicht und dominiert die politische Agenda von Kommunen, Ländern und Bund. Die Vorschläge zur Abhilfe reichen von den im Stakkato erfolgenden Ideen zur Neuregelung des Mietspiegels über die zerfahrene Diskussion zu den Instrumenten des Baugesetzbuchs bis hin zu gescheiterten Vorstellungen über Mietendeckel und Enteignungsvisionen.

Es geht aber nicht nur darum, die knappe Anzahl an Wohnungen zu verteilen, wir brauchen Menschen und Maßnahmen, die diese schaffen. Zu diesem Ausgleich kann bei der derzeitigen staatlichen und kommunalen Bauquote die private Immobilienwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag leisten. Bereits heute errichtet die private Immobilienwirtschaft vier Fünftel des neu geschaffenen Wohnraums. Dennoch ist es Usus geworden, dass der Gesetzgeber stärker in die Pflicht nimmt, statt selbst Impulse für die Wohnraumentwicklung zu schaffen. Dies resultiert unweigerlich in steigenden Baukosten und Sanierungsstau.

Ein passendes Beispiel für die dirigistischen Maßnahmen der Kommunen ist der Münchner Ansatz der Erhaltungssatzung. Damit bestimmt die Stadt Gebiete, in denen sie ein besonderes Mitspracherecht hat, um gewachsene Bevölkerungsstrukturen zu bewahren und Verdrängungsprozesse zu vermeiden. Bauliche Änderungen und Umwandlungen werden dort nur in speziellen Fällen genehmigt. Auf Grundstücke in Erhaltungssatzungsgebieten hat die Landeshauptstadt München ein Vorkaufsrecht. Laut Koalitionsvereinbarung der grün-roten Stadtregierung, sollen Erhaltungssatzungen über das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden.

Der BFW Bayern hat in Zusammenarbeit mit dem BFW Bundesverband ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass die Missstände im Rahmen einer flächendeckenden Erhaltungssatzung für die Landeshauptstadt München aufzeigen soll. Demnach darf es kein Anliegen des städtebaulich ausgerichteten § 172 BauGB sein, reinen Mieterschutz zu betreiben oder Lücken des sozialen Mietrechts zu schließen.

Ziel der Stadt München ist es, Milieuschutz zu betreiben, indem ein flächendeckendes Vorkaufsrecht über weite Stadtteile der Landeshauptstadt ausgedehnt werden soll. Dabei ist es notwendig, nicht nur den §172 BauGB intensiv zu betrachten, sondern sich auch mit dem Sinn und Zweck von Erhaltungssatzungen sowie den ökonomischen Nachteilen zu befassen.

Die finanziellen Belastungen des Haushalts durch den Ankauf von betroffenem Baugrund in Erhaltungssatzungsgebieten gehen dabei nicht spurlos an der Stadt München vorbei. Um ihre Aktivitäten bei den Immobilienankäufen zu finanzieren, hat die Stadt eine Bürgeranleihe in Höhe von 120 Mio. Euro ausgegeben, um auch in Zukunft die finanziellen Mittel für den Erwerb von Immobilien aufbringen zu können. Darüber hinaus hat eine Ausweitung der Erhaltungssatzungen Investitionsrückgänge in betroffenen Stadtgebieten zur Folge.

Wie dieser Ansatz aufzeigt, hat man sich in Überlegungen zu Erhaltungsmaßnahmen atomisiert, anstatt den Hebel für mehr Baurecht im gesamten Stadtgebiet umzulegen. Zudem wird deutlich, dass die Erhaltungssatzung aus Sicht des Bundesgesetzgebers, dem Urheber des § 172 BauGB, kein Instrument ist, welches flächendeckend in den Großstädten zum Einsatz kommen kann. Mit Blick auf die Wohnungsknappheit sowie hohe Mietpreise muss es jedoch Ziel sein, mehr Wohnungen zu bauen. Denn am Ende kann man in Regulierungen nicht wohnen.

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