Das Rennen um Stabilität und Beschäftigungssicherung

2009  startete die Bundesregierung ein Investitionsprogramm als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise. Es wurden im KP II unter anderem auch 500 Mio. € für die Sanierung von Gebäuden eingesetzt.

Anfang 2009 wurden die gesetzlichen Instrumente des zweiten Konjunkturpaketes festgelegt. Insgesamt stand ein milliardenschweres Paket für Investitionen in Bildung, kommunale Infrastruktur und Entlastungen für Bürger und Unternehmen zur Verfügung. Damit sollte Deutschland gestärkt aus der Krise hervorgehen. Etwa 4 Mrd. € des Sondervermögens „Investitions- und Tilgungsfonds“ waren für Investitionen des Bun­­des vorgesehen. Da­­von sollten 500 Mio. € für die „Grundsanierung und energetische Sanierung“ je zur Hälfte für Gebäude des Bundes und von ihm geförderter Dritter eingesetzt werden. Für die Durchführung dieses Teilprogramms war das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) verantwortlich. „Ende 2009 hatten wir alle sehr große Angst, dass wir vor einem massiven Beschäftigungseinbruch stehen und deshalb sofort etwas für die nationale Wirtschaft und den Erhalt von Arbeitsplätzen getan werden muss. Wir fühlten uns alle ganz persönlich gefordert“, so Ralf Poss, der Leiter, der für das Teilprogramm verantwortlichen Unterabteilung im Bundesbauministerium. Ein Programmablauf musste konzipiert werden, der den engen Zeitvorgaben des KP II gerecht wur­de und einen bestmöglichen Mittelabfluss ga­­rantierte.

Damit mit der Planung und Umsetzung der neuen und zusätzlichen Baumaßnahmen schnellstmöglich  begonnen werden konnte, musste der Genehmigungszeitraum extrem kurz gehalten und sehr schnell ein IT-gestütztes Controlling aufgebaut werden.

Zur operativen Umsetzung des Programms richtete das Bundesbauministerium im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) eigens eine kleine Programmstelle mit einem schlagkräftigen Team ins Leben. Von dort aus wurden die 2 400 eingegangenen Anträge erfasst und bewertet. Die Programmstelle hatte zusammen mit dem BMVBS zu beurteilen, mit welchen Maßnahmen möglichst schnell und effizient die Programmziele erreicht werden können: War die beantragte Maßnahme schon seit längerem geplant und konnte diese nun vorgezogen werden? Würden die Gelder schnell bei möglichst vielen Gewerken mit hohem Lohnanteil ankommen? War von der beantragten Maßnahme zu erwarten, dass sie die Nutzungskosten senken würde? Lag ein durchdachtes Sanierungskonzept mit der CO2-Einsparungen vor oder sollten innovative Techniken genutzt werden? Im Frühjahr 2009 wurden insgesamt 755 Projekte ausgewählt, die, über das gesamte Bundesgebiet verteilt, die Konjunktur unterstützen und generationengerecht zu künftigen Einsparungen führen sollten.

 

THW Zittau

„Wir sind den Heizungskosten nur noch hinterher gerannt,“ umschreibt Heike Bleyl vom Technischen Hilfswerk (THW) die Situation des Ortsverbandsgebäudes in Zittau vor der Sanierung. Die Liegenschaft im Dreiländereck zwischen Polen, Tschechien und Deutschland wurde mit 600 000 € aus dem KP II umfassend energetisch saniert. Die THW-Liegenschaft ist ein typisches Beispiel für die Maßnahmen  des KP IIs, bei denen die energetische Sanierung und die Entlastung kommender Haushaltsjahre von Energiekosten im Vordergrund standen. Das ehemalige Kasernengebäude aus der Gründerzeit erhielt u. a. eine neue Dämmung auf dem Dach, den Fassaden und der Kellerdecke. Neue Fenster und energiesparende Lampen ergänzten das Maßnahmenpaket. „Wir haben den neuesten technischen Standard eingebaut,“ fasst Heike Bleyl das Projekt zusammen.

 

Normannenstraße Berlin

Bei dem Gebäude des ehemaligen  Ministeriums für Staatsicherheit der DDR in Berlin geht es Lichtenberg um den Erhalt eines historisch bedeutenden Gebäudes, das für bürokratisch organisierten Schrecken und Verfolgung stand. Mit den Geldern wurde ein zeitgemäßes Brandschutzkonzept umgesetzt und die Originalsubstanz der ehemaligen Stasi-Zentrale einschließlich Fassadenputz, Fensterrahmen, Anstriche und Wandbekleidungen denkmalpflegerisch aufgearbeitet. Für Henry Große, dem für die Umsetzung des Projektes zuständigen Mitarbeiter im Bundesbauministerium, hat diese Sanierung auch eine persönliche Bedeutung: „Ich bin froh, dass ich zuständig sein durfte für die dringend notwendige Ertüchtigung einer so wichtigen Gedenkstätte. Am 15. Januar 1990 war ich selbst dabei, als das Ministerium erstürmt wurde. Mir ist es eine Genugtuung, dass diese Räume als Ausstellung der Öffentlichkeit zu­­gänglich gemacht werden.“ 

Pünktlich zum 22. Jahrestag der Erstürmung am 15. Januar 2012  wurde das mit KP II-Mitteln in Höhe von  11 Mio. € unterstützte  Do­­kumenta­tions- und Bildungszentrum zur SED-Diktatur eröffnet.↓

Bundesgerichtshof Karlsruhe

Auch der Bundesgerichtshof profitierte vom KP II. Mit einer Summe von 5,7 Mio. € wurde unter teilweiser Nutzung der Bausubstanz des ehemaligen Kontrollgebäudes ein neues Empfangsgebäude mit einem Verhandlungssaal im Obergeschoß errichtet. 85 % der Ge­­samtfinanzierung wurden aus dem Konjunkturpaket bereitgestellt.

Grundlage für die umfassende Modernisierung war ein Ressourcen schonendes und Betriebskosten optimiertes Sanierungskonzept. Jörg Jarsch, der Projektleiter des zuständigen Hochbauamtes in Baden Baden um­­schreibt es so: „Durch die Neustrukturierung haben wir eine deutliche funktionale Verbesserung des Gebäudes erreichen können.“ Auch in der Energieversorgung und Klimatisierung des neuen Empfangsgebäudes hat sich einiges getan: „Gekühlt wird das Gebäude durch Bauteilaktivierung mit Grundwasser und einer freien Nachtkühlung über das neue Atrium. Die Beleuchtung wurde auf energiesparendes LED-Licht umgestellt.“

 

Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

Ein weiteres Ziel des KP II war, zur Verbesserung der Forschungs- und Wissenschaftsinfrastruktur beizutragen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf. Mit Fördermitteln des KP II wur­­de ein örtliches Blockheizkraftwerk er­­richtet. „Der Standort wird immer weiter ausgebaut. Das Forschungszentrum wollte schon heute auf eine effiziente Energieversorgung umstellen,“ erklärt Brigitte Seidl vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement das Vorhaben. „Das Besondere am KP II aber war der straffe Zeitplan.“ Nachdem die Fördermittel bewilligt wurden, mussten wir das, was sonst hinter einander zu tun ist, nahezu gleichzeitig machen. Aber nicht nur bei diesem Projekt war der bewusst gewollte Termin- und Abwicklungsdruck spürbar. Spätestens im Juni 2010, also etwa ein Jahr nach Antragstellung, mussten die Planungen ausschreibungsreif sein. Ein halbes Jahr danach, also Ende 2010, musste der Baubeginn erfolgt sein, da ansonsten die Förderzusage automatisch erlosch. Absolut zwingend für Baumaßnahmen im KP II war auch die Abrechnung bis spätestens Ende Dezember 2011. Danach konnten keine Zahlungen mehr aus dem Sondervermögen geleistet werden und verfallen zugesagte, aber nicht ausgegebene Mittel. Für die Restarbeiten, die am Helmholtz-Zentrum nicht mehr in 2011 abgerechnet werden konnten, wurden von Anfang an Eigenmittel eingeplant. Brigitte Seidl ergänzt: „Der Abrechnungszeitraum war aber trotzdem eine sportliche Herausforderung. Ohne die Förderung aber wären wir heute bei Weitem nicht so weit.“

Burg Eltz

Aus dem KP II wurden auch bundesweit 27 Kulturdenkmale von nationaler Bedeutung gefördert. Diese Denkmale erhalten sonst nur kleine jährliche Bundes- bzw. Landeszuschüsse. Mit dem KP II erhielten diese Denkmale eine einmalige Chance: unabdingbar notwendige Maßnahmen konnten zusammengefasst und zügig wirtschaftlich durchgeführt werden. Das war der Moment für einige Vorhaben, die sonst in der Schublade gelandet oder deren Durchführung über viele Jahre gestreckt werden müssen. Beispielhaft steht dafür die in einem Seitental der Mosel gelegene Burg Eltz. „Gerade die wirtschaftliche Bündelung dieser insgesamt dringend notwendigen Maßnahmen waren für uns der größte Vorteil,“ beschreibt die Burgherrin, Gräfin Sophie zu Eltz, die Situation. Durch die Aufstellung eines Krans im Burggarten war es möglich, an mehreren Baustellen des mit­telalterlichen Ge­­bäudekomplexes gleichzeitig zu arbeiten. Die Bauzeit konnte von fünf auf gut zwei Jahre reduziert werden. Dächer wurden neu eingedeckt, Dachstühle saniert und die statische Struktur einiger Burgbereiche konnte gesichert werden. Die Burgherrin fasst es so zusammen: „Das Konjunkturpaket II war für uns perfekt.“

Jetzt, fast drei Jahre später, fragt man sich: Was ist aus dem Geld ­geworden?

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