Bauwirtschaft bleibt wichtige Stütze der Konjunktur

Besonders der Wohnungsneubau boomt / Allerdings haben viele Betriebe ihre Kapazitätsgrenze erreicht

In einem zunehmend angespannten weltwirtschaftlichen Umfeld bilden die Bauinvestitionen eine wesentliche Stütze für die deutsche Konjunktur. Allerdings werden die sehr hohen Zuwachsraten aus 2016, wo die realen Bauinvestitionen um +3,8 % zugelegt haben, nicht mehr erreicht. In 2017 betrug das Wachstum immerhin noch 2,9% und lag damit deutlich über der allgemeinen BIP-Entwicklung. Für 2018/2019 gehen die Experten von Wachstumsraten am Bau in ähnlicher Größenordnung aus. Die Zuwächse der Bauinvestitionen werden damit auch in den kommenden Jahren die Konsumausgaben und auch die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate übertreffen. Der Bau leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik in Deutschland.

Ein Erklärungsansatz dafür, dass trotz anhaltend hoher Baunachfrage mit hohen Auftragsbeständen in der Bauwirtschaft die Baukonjunktur nicht noch deutlich dynamischer verläuft, wird in der angespannten Kapazitätsauslastung gesehen. Der Auslastungsgrad für das gesamte Baugewerbe liegt nach Auswertungen des BBSR im vierten Quartal 2018 bei 81 %[1].

Die Kapazitätsauslastung im Baugewerbe ist damit unverändert auf sehr hohem Niveau; der Auslastungsgrad nimmt vor allem seit 2015 sowohl im Bauhaupt- als auch im Ausbaugewerbe stetig zu und hat die höchsten Werte seit der Wiedervereinigung erreicht. Selbst in dem durch die Wiedervereinigung ausgelösten Bauboom in den neunziger Jahren war die Auslastung im Bauhauptgewerbe in der Spitze mit rund 70% deutlich geringer. Dabei spielt auch der derzeitige Fachkräftemangel eine Rolle, der zunehmend die Produktion beeinträchtigt. Die Bauunternehmen haben zwar wieder deutlich mehr Mitarbeiter eingestellt, können aber offenkundig nicht schnell genug qualifiziertes Fachpersonal akquirieren. Dies hat zur Folge, dass  die nach dem Ende des Baubooms abgebauten Kapazitäten jetzt nicht wieder so schnell aufgebaut werden können.

Die hohe Baunachfrage bei weiterhin hohem Auslastungsgrad sorgt außerdem für eine deutliche Zunahme der Baupreise. Sowohl Arbeitskosten wie auch Materialpreise sind gestiegen. Insbesondere die Energie- und Rohstoffpreise haben zugelegt, wobei zuletzt die Kosten für den Einkauf von Beton, Bitumen sowie Sand und Kies besonders stark gestiegen sind. 2017 lag die Preisentwicklung am Bau mit +3,2% deutlich über der allgemeinen Inflationsrate der Verbraucherpreise. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW erwartet auch für die nächsten Jahre einen starken Baupreisanstieg[2].

In laufenden Preisen gerechnet wurden nach Berechnungen des DIW Berlin im Jahre 2018 rund 400 Mrd. € am Bau investiert [3]. Dominiert wird das deutsche Bauvolumen dabei mit über 57 % vom Wohnungsbau, der seit nunmehr seit acht Jahren starke Wachstumswerte verzeichnet, insbesondere getragen durch den Neubau von Mehrfamilienhäusern. Die Anzahl der Baugenehmigungen übersteigt seit 2009 die der Fertigstellungen. Die günstigen Rahmenbedingungen lassen auch in der Zukunft eine weiterhin starke Wohnungsbaunachfrage erwarten. Zusätzliche Impulse dürften vom Baukindergeld, den höhere Abschreibungen für den Mietwohnungsbau sowie der Verstärkung des sozialen Wohnungsbaus ausgehen.

Die relative Bedeutung der Bauleistungen im Bestand ist zwar aufgrund des Booms im Wohnungsneubau abnehmend; noch immer machen sie aber 68 % des gesamten Wohnungsbaus aus. 230 Mrd. € werden im Jahre 2018 in die Modernisierung und Instandhaltung von bestehenden Wohngebäuden investiert. Das DIW geht in seinen Prognosen davon aus, dass in den kommenden Jahren auch in diesem Bereich wieder sehr hohe nominale Wachstumsraten erreicht werden, in dann sogar höher liegen werden wie im weiterhin expansiven Wohnungsneubau. Allerdings sind die realen Veränderungen bei dem stark steigendem Preisniveau deutlich zu relativieren.. Bei steigenden Energiepreisen wird auch die Durchführung von energetischen Maßnahmen wieder rentabler.

Die gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten lassen die Risiken – Brexit, Handelskonflikte, mögliche neue Turbulenzen in der Eurozone – insbesondere für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wieder stärker in den Fokus rücken. Demnach verlaufen die Ausrüstungsinvestitionen und auch der Gewerbebau zuletzt nur gedämpft. Steigende Baugenehmigungen im gewerblichen Hochbau sind aber bei den Büro-und Verwaltungsgebäuden sowie bei den Fabrik- und Werkstattgebäuden zu verzeichnen. Dies deutet auf eine gewisse Belebung hin. Die Prognosen gehen zwar davon aus, dass die Entwicklung des Gewerbebaus am moderatesten von allen Baubereichen verläuft, es sind aber zumindest leichte Erholungstendenzen spürbar. Die Bauleistung an bestehenden Gebäuden wird dabei ähnlich zulegen wie der Neubau. Mit über 15 Mrd. € entfällt über ein Viertel der Bauleistungen am Gebäudebestand auf Vollmodernisierungsmaßnahmen – im Wohnungsbau beträgt der Anteil der umfassenden Sanierung nur rund 10 %.

Der öffentliche Bau bleibt weiterhin dynamisch. Die verbesserte Finanzlage vieler Kommunen ermöglicht zusätzliche bauliche Maßnahmen und kann zu dem allmählichen Abbau des aufgelaufenen Instandhaltungsstaus bei öffentlichen Gebäuden beitragen. Zudem stehen nach wie vor Mittel aus dem Kommunalinvestitionsförderungsfonds zur Verfügung. Weiterhin wird die Unterstützung des Bundes für Investitionen in die kommunale Infrastruktur, die Sanierung von Schulgebäuden und für Kinderbetreuungseinrichtungen für starke Impulse sorgen. Der Tiefbau ist mit 60 % des öffentlichen Bauvolumens für den Staatssektor besonders wichtig. Hierbei dürfte sich vor allem der Straßenbau positiv entwickeln.

[1] Zu den Berechnungen siehe den Fachbeitrag auf der Themenseite Bauwirtschaft unter www.bbsr.bund.de
[2] Vgl. Gornig/Michelsen/Bruns: DIW-Wochenbericht - Bauwirtschaft weiter im Vorwärtsgang – staatliche Impulse treiben die Preise; In: DIW-Wochenbericht 1+2/2019
[3] Der Endbericht „Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das Jahr 2017“ ist als BBSR-Online-Publikation 9/2018 erschienen; vgl. www.bbsr.bund.de
Stefan Rein
Bundesinstitut für Bau-, Stadt-und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Referat II 4- Bauwesen, Bauwirtschaft, GAEB Deichmanns Aue 31-37, 53179 Bonn
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