Serielles und modulares Bauen

Auf dem Vormarsch

In Kassel und in Marburg entstehen 90 Mietwohnungen, bei denen die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) erstmals Bäder als Fertigmodule einbaut. Parallel wird seriell aufgestockt: in Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden. Warum die Verantwortlichen die seriell-modulare Bauweise als durchaus attraktive und zukunftsfähige Alternative sehen, erläutert NHW-Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer.

In schöner Lage, mit Blick ins Grüne, errichtet die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) in Kassel frei finanzierten, dringend benötigten Wohnraum. Das Projekt „Am Felsenkeller“ im Fasanenhof umfasst 71 Wohnungen – alle im KfW 55-Standard – in vier nahezu identischen Gebäuden. Genau diese Tatsache war eine gute Voraussetzung für seriell-modulares Bauen. Eingebaut wurden vorgefertigte Badezimmer-Module.

Industriell vorgefertigte Bad-Module

Die Überlegungen im Vorfeld: Bäder gehören in Wohngebäuden zu den technisch anspruchsvollsten Räumen, da die Nutzung von Wasser in Innenräumen immer besondere Anforderungen an die Baukonstruktion stellt. In den Nasszellen ist zudem auf einer relativ kleinen Fläche eine Vielzahl von Gewerken beteiligt. Das erfordert stets ein hohes Maß an Koordination und Präzision. Ein „Fertigbad“ hingegen wird industriell vorproduziert. Es wird fix und fertig mit allen Anschlüssen und Leitungen auf die Baustelle geliefert – sogar der WC-Rollenhalter ist bereits montiert. Das minimiert die Fehleranfälligkeit erheblich, da der Hersteller bereits beim Prototyp genauestens alle Funktionen und Materialien prüft. In der dann folgenden Serienproduktion wird dies nochmals optimiert. Zusätzlich wird so eine gleichbleibende Ausführung gesichert. Qualität spielte auch schon bei der Vorauswahl eine ganz wesentliche Rolle: Die NHW hat sich nach reiflicher Prüfung für eine massive hochwertige Bauweise entschieden. Die oft im Hotelbau verwendeten Kabinen aus Kunststoff kamen deshalb nicht in Frage. Die Tragekonstruktion der nun verbauten Bäder besteht aus ultradünnen faserarmierten Betonplatten.

Geringere Kosten und reduzierte Bauzeit

Ein weiteres maßgebliches Kriterium: Das Einsetzen der fertigen Module in den Rohbau reduziert zudem die Bauzeit. Es führt zur schnelleren Fertigstellung und damit zu einer stets willkommenen Zeitersparnis im Projektverlauf. Ein Faktor, der im Kontext eines anhaltenden akuten Wohnraummangels ganz besondere Bedeutung erlangt. Weiterhin entscheidend sind wirtschaftliche Aspekte: Der Planungsaufwand bei einem solchen Vorhaben ist weit geringer, der Bauprozess standardisierbar, vor Ort sind weniger Gewerke beschäftigt, da beispielsweise Estrich- oder Fliesenarbeiten entfallen. Und: Es entstehen keine Mehrkosten durch Nachträge oder Sonderwünsche im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise. Obendrein entfällt eine manchmal langwierige Beseitigung von eventuellen Mängeln.

Pilotprojekt kurz vor Fertigstellung

Folgerichtig kann sich der Baufortschritt in Kassel sehen lassen: Der Rohbau wurde Ende 2020 fertiggestellt, die Dächer sind abgedichtet, die Wände weitestgehend gedämmt, die Bäder bereits montiert. Die gefliesten Nasszellen-Module wurden mithilfe eines Krans auf der Baustelle in die vorgesehene Position gehoben, danach die Rohr- und Leitungssysteme angeschlossen. Aktuell arbeiten in allen Häusern die verschiedenen Ausbaugewerke mit Hochdruck. Das erste Haus soll im Juni 2021 fertiggestellt, das letzte dann im Oktober bezogen werden. Zeitgleich hat das Wohnungsunternehmen in Kassel schon mit den Arbeiten für ein zweites Projekt in dieser speziellen modularen Bauweise begonnen.

Der Einsatz der Fertigbäder kommt für die NHW aber auch bei kleineren Projekten in Betracht. In Marburg wird derzeit an zwei Gebäuden getestet, welches zeitliche und finanzielle Einsparpotenzial realisierbar ist. Im Gegensatz zum Projekt in Kassel verfügen diese vorproduzierten Bäder über großflächige, fugenlose und pflegeleichte Oberflächen.

Das Ziel der parallel laufenden Neubauten: Aus den unterschiedlichen Typen und Konstruktionen, die der Markt derzeit offeriert, sollen im direkten Vergleich die bestmöglichen für die zukünftigen NHW-Planungen ermittelt werden. Die Verantwortlichen des Wohnungsunternehmens evaluieren auch die Anfälligkeit für Reparaturen und testen damit die Langlebigkeit. Die intensive Nutzung der Objekte und die tägliche Bewährungsprobe in der Vermietung werden in die Prüfung mit einbezogen. Es gilt hier, möglichst umfangreich Erfahrungswerte für künftige Vorhaben zu sammeln.

Generell: gute Zukunftsaussichten für vorgefertigte Bauteile

Neben den Fertigbad-Variationen kommen bei der NHW auch vorproduzierte tragende Bauelemente zum Einsatz, die bei sorgfältiger Planung fast oberflächenfertig verbaut werden können. Kombiniert mit einem hocheffizienten Dämmsystem wird so eine besonders flächenoptimierte Bauweise erzielt.

Fest steht: Der Einsatz von Modulen wird sicherlich in der Zukunft verstärkt erfolgen. Gerade dort, wo größere Volumina in Neubaugebieten bewegt werden, bringen Standardisierungen und qualitativ hochwertige industrielle Vorfertigungen durchaus Vorteile.

Beim größten hessischen Wohnungsunternehmen kommt ein weiterer Punkt hinzu: Es errichtet neue Wohngebäude vor allem in integrierten innerstädtischen Lagen. Eine vollständige Vorfertigung wird dort kaum umzusetzen sein. Das verbieten oftmals die unterschiedlichen Grundstücke, die Bebauungspläne und die Wettbewerbsergebnisse im Hochbau. Dennoch wird vielerorts die modulare Bauweise mit ihrer hohen Flexibilität und gleichbleibenden Qualität eine gute Option darstellen. Bei geeigneten Grundstückssituationen geht eine Realisierung zügiger vonstatten und das Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, rückt schneller in greifbare Nähe. Davon profitieren auch viele Wohnungssuchende, da die Lage auf dem Wohnungsmarkt verbessert wird. Eine schnellere Abwicklung verhilft zudem den jeweiligen Bauherren zu einem schnelleren Return on Invest.

Seriell-modulares Bauen im Bestand

Derzeit arbeitet die NHW in Frankfurt an ihrem aktuell größten seriellen Bauprojekt: Seit September 2020 stockt die Unternehmensgruppe 14 drei- bis viergeschossige Bestandsgebäude mit Holzmodulen auf. So entstehen 82 neue Wohnungen im KfW 40-Standard. Seit Februar 2021 ergänzen Fachleute fünf bestehende Punkthäuser mit fünf Geschossen sogar jeweils um zwei weitere Etagen. Innerhalb von nur drei Monaten ist eine derartige Wohnung bezugsfertig hergerichtet, inklusive Steckdosen und Beleuchtung. In nur rund neun Monaten entsteht so über 5.000 Quadratmeter neuer, mit regenerierbarer Energie versorgter bezahlbarer Wohnraum in bester innerstädtischer Lage. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann.

Drei kleinere derartige Aufstockungsprojekte wurden – beziehungsweise werden – aktuell in Darmstadt umgesetzt, ein weiteres in Wiesbaden schon 2020 fertiggestellt. Hier wurden je zwischen zwei und zehn Wohnungen aufgestockt. Ohne die modulare Bauweise wären all diese Bauvorhaben in solch kurzer Zeit definitiv nicht umsetzbar. Für den Zeitraum von 2022 bis 2025 plant Hessens größtes Wohnungsunternehmen die Aufstockung von weiteren 134 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnfläche von 8.423 Quadratmetern. Allein in Frankfurt am Main besteht zudem ein ungeprüftes Aufstockungspotenzial von circa 730 Wohnungen in 122 Objekten in den Beständen der NHW.

Wesentlicher Aspekt: Klimaschutz

Zu guter Letzt darf bei einer ganzheitlichen Betrachtung seriell-modularen Bauens die Nachhaltigkeit nicht außer Acht gelassen werden. So kommt bei den NHW-Aufstockungen Holz zum Einsatz – als nachwachsender und CO2 -bindender Rohstoff. Er erhält den Vorzug vor Beton, der viel CO2 bei der Herstellung emittiert. Klimaschutz wird auch durch die Dauerhaftigkeit und die energetische Qualität der Bauten gewährleistet. Denn: Je länger ein Gebäude existiert, desto weniger Ressourcen werden für Ersatzbauten verbraucht. Als Bestandshalter von rund 59.000 Wohnungen investiert die NHW daher verstärkt in ihre Gebäude der 50er und 60er Jahre und nutzt bei sich bietender Gelegenheit vorhandene Potenziale für modulare Dachaufstockungen. Alle vorproduzierten Fertigbauteile leisten hierbei einen nachhaltigen Beitrag zum ressourcenschonenden Umgang mit Materialien und dienen somit auch dem Klimaschutz.

Ein „Fertigbad“ wird industriell vorproduziert. Es wird fix und fertig auf die Baustelle geliefert.
Das minimiert die Fehleranfälligkeit erheblich.

Das Einsetzen der fertigen Module in den Rohbau reduziert die Bauzeit. Es führt zur schnelleren Fertigstellung und damit zu einer stets willkommenen Zeitersparnis.

Gerade dort, wo größere Volumina in Neubaugebieten bewegt werden, bringen Standardisierungen und qualitativ hochwertige industrielle Vorfertigungen durchaus Vorteile.

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