Bau-Turbo geplant: Auf die Umsetzung kommt es an

„Moment mal!“: Die Bundes­arbeits­­gemeinschaft Immo­bilien­wirtschaft Deutschland (BID) bezieht Stellung.

Die Bundesländer haben sich auf ein Beschleunigungspaket geeinigt. Das ist eine starke Erklärung, um aus der alles lähmenden Bürokratie einen großen Schritt herauszukommen. Die für eine Beschleunigung des Wohnungsbaus angedachten Punkte sind alle extrem sinnvoll. Weniger Planungs- und Genehmigungszeit bedeutet auch weniger Kosten. Jetzt müssen allerdings auch 16 Landesparlamente diesen Willen der Länderchefs umsetzen. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft knüpft an die Erklärung zum Pakt auch die Erwartung, dass dies in neuem ‚Deutschlandtempo‘ umgesetzt wird.

Jetzt kommt es auf das Kleingedruckte und die Umsetzung an. Denn für einen echten Bau-Turbo müssen die Kommunen mitziehen und dürfen den Beschlüssen nicht im Weg stehen.  Nur wenn die Gemeinden zustimmen, kann wirklich Tempo entstehen. Der Verzicht auf einen Bebauungsplan und die daraus resultierende Entlastung der Bauämter ist optional und kann regional unterschiedlich ausfallen.

Zeit ist Geld. Deshalb werden durch die Beschlüsse zum Beschleunigungspaket sowohl Zeit als auch Geld gespart. Besonders durch den Verzicht auf einen Bauleitplan kann eine große Zeitersparnis für den Wohnungsneubau erreicht werden. Auch die Genehmigungsfiktion von drei Monaten ist grundsätzlich eine gute Idee. Hier muss allerdings beachtet werden, dass diese Fiktion nicht unterlaufen wird, um das Verfahren doch weiter hinauszuzögern. Digitale Bauanträge sind ebenfalls sinnvoll, aber um hier wirklich weiterzukommen, muss der gesamte Prozess – vom Antrag bis zum Bauen – digitalisiert werden. Und hier fehlt es schon an Hardware. Das Ziel ist aber natürlich richtig, darauf sollte weiter hingearbeitet werden.

Auch das Vorhaben, auf Genehmigungen beim Dachgeschossausbau zu verzichten, sehen wir als einen wichtigen Baustein, um schnell neuen Wohnraum zu schaffen, gerade in Ballungszentren. In diesem Zusammenhang ist auch der Verzicht auf verpflichtende Kfz-Stellplätze zu begrüßen, dies ist ebenfalls eine echte Hilfe. Auch beim Thema Schallschutz sind Flexibilisierungen geplant, was mehr Wohnungsbau ermöglicht.

Was wir allerdings nicht verstehen, ist, dass sich die Klimaschutzinvestitionsprämie, die im Wachstumschancengesetz enthalten ist, nur auf mobile Güter, nicht jedoch auf immobile Güter bezieht. Eine Anpassung wäre dringend notwendig und ist europarechtlich durchaus möglich.

Darüber hinaus ist das öffentliche Vergabeverfahren noch immer sehr komplex. Dies macht das Bauen für kommunale und städtische Unternehmen unnötig kompliziert. Hier hoffen wir auf Vereinfachungen und fordern, dass neben dem Losverfahren auch andere Verfahren zur Standardvergabe gemacht werden. Das Vergabeverfahren wird auch Thema auf der nächsten Bauministerkonferenz sein.

Das Umfeld für den Neubau kann durch diese Beschlüsse also deutlich besser werden. Denn jeder verschlankte und vereinfachte Prozess ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber diese Vereinfachungen ändern leider nichts an der aktuell fast unmöglichen Finanzierbarkeit durch Baukosten und Zinsen. Bei den aktuellen Kosten kann kein bezahlbarer Wohnungsbau geschaffen werden. Wir erwarten keine allgemeinen Zinssenkungen, sondern ein neues Versprechen für bezahlbaren Wohnungsneubau in unserem Land. Die Regierung muss kurzfristig handeln: Hier ist eine Zinsverbilligung – wie sie auch in anderen europäischen Ländern stattfindet – überfällig. 

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