Pragmatismus statt Paragrafen: Wohnungsverbände drängen auf neue Wärmelieferverordnung

Mit dem Antrag vom 14. Oktober 2025 des Hamburger Senats zur Novellierung der Wärmelieferverordnung (WärmeLV) zur Förderung des Fernwärmeausbaus im Mietwohnungsbestand setzt die Politik ein wichtiges Signal für Klimaschutz und Wärmewende. Die beiden sächsischen Verbände der sozial orientierten Wohnungswirtschaft – Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG) und Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Sachsen (vdw Sachsen) – begrüßen die Initiative ausdrücklich. Sie sehen darin einen entscheidenden Impuls für mehr Pragmatismus und Planungssicherheit bei der Transformation des Wärmemarktes.

Aus Sicht der Verbände ist eine grundlegende Überarbeitung der bestehenden Regelungen notwendig, um die Wärmewende im Gebäudebestand tatsächlich zu ermöglichen. Die bisherige Kostenneutralitätsberechnung nach § 556c BGB und der WärmeLV orientiert sich an veralteten Preisniveaus fossiler Energien. Dadurch ist die gesetzlich geforderte Kostenneutralität in der Praxis nicht mehr erreichbar. Wirtschaftlich sinnvolle und klimapolitisch notwendige Umstellungen auf gewerbliche Wärmelieferung, etwa Fernwärme, werden so verhindert. Entscheidend ist eine aktualisierte und damit zukunftsgerichtete Betrachtung, die künftige Energiepreisentwicklungen, steigende CO₂-Kosten und die langfristigen Vorteile klimaneutraler Wärmeversorgung berücksichtigt. Das starre Gebot der Kostenneutralität sollte daher aufgehoben werden.

Zudem weisen die Verbände auf einen Widerspruch in der aktuellen Gesetzgebung hin: Während das CO₂-Kostenaufteilungsgesetz (CO2KostAufG) Vermieter durch die Umlagefähigkeit von CO₂-Kosten bei Neuanschluss an Fernwärme zum Handeln motiviert, macht die Kostenneutralitätsregelung sie weitgehend handlungsunfähig und wirkt somit entgegengesetzt. Da künftige CO₂-Kosten kaum verlässlich prognostiziert werden können, sollte dieses politische Instrument nicht Teil der Kostenneutralitätsberechnung sein.

In Sachsens organisierter Wohnungswirtschaft sind über 70 Prozent der Wohnungsunternehmen an Fernwärme angeschlossen. Dennoch darf die Wärmewende nicht allein auf Fernwärme verengt werden. „Eine erfolgreiche Transformation braucht Technologieoffenheit“, betont Alexander Müller, Verbandsdirektor des vdw Sachsen, „Nur durch Vielfalt finden wir für jede Gebäudesituation die passende, effiziente und bezahlbare Lösung.“

Mirjam Philipp, Vorstand des VSWG, ergänzt: „Wir brauchen Rahmenbedingungen, die Investitionen in klimafreundliche Wärmeversorgung ermöglichen. Das ist richtig. Aber wir müssen auch die Mieter mitnehmen. Spätestens bei der Betriebskostenabrechnung zeigt sich, ob wir die Klimawende sozial verträglich gestaltet haben.“

Die Verbände sehen in der Novellierung der WärmeLV eine zentrale Chance, den Ausbau klimafreundlicher Wärmeversorgung als wesentlichen Baustein einer bezahlbaren Wärmewende im Wohnungsbestand wirtschaftlich tragfähig, technologieoffen und sozial ausgewogen zu gestalten.

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