Kommunen unter Druck: Gutachten spricht für Neuordnung der Gemeindefinanzen

Marode Schulen, ausgedünnter Nahverkehr, fehlende Kitaplätze – vielerorts geraten Kommunen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge an ihre Grenzen. Eine neue Studie, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu, www.difu.de) im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) erstellt hat, zeigt: Die Finanzlage vieler Städte, Landkreise und Gemeinden in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Hauptursachen sind eine strukturelle Unterfinanzierung, steigende Sozialausgaben und ein unübersichtliches Angebot an Förderprogrammen. Insgesamt erschwert dies auch Investitionen.

„Kommunen sind das Fundament unserer Demokratie. Ohne ausreichende finanzielle Mittel können sie ihre Aufgaben in den Bereichen Bildung, sozialer Teilhabe und Klimaschutz nicht erfüllen“, betont Dr. Christian Raffer, Studienautor und wissenschaftlicher Projektleiter am Difu. Die neue Difu-Studie „Kommunale Grundfinanzierung“ zeigt, dass die Einnahmenbasis vieler Kommunen im Verhältnis zu ihren Verpflichtungen auf der Ausgabenseite zu gering ist – und die Unterschiede zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen weiterwachsen. Insbesondere fehlt es vielerorts an den Mitteln für dringend notwendige Investitionen. Ohne grundlegende Reformen droht jedoch eine zunehmende Verschärfung – mit negativen Folgen für gleichwertige Lebensverhältnisse und den sozialen Zusammenhalt.

Zudem bremst die Unterfinanzierung zentrale Zukunftsaufgaben: „Fehlen den Kommunen Mittel für Investitionen, geraten auch die sozialökologische Transformation und das Erreichen des Ziels der Klimaneutralität bis 2045 ins Stocken“, warnt Studienautor Dr. Henrik Scheller vom Difu. Dies umfasse etwa Investitionen in klimaneutrale Sportstätten oder Verwaltungsgebäude.

Das Gutachten empfiehlt eine grundlegende Neuordnung der kommunalen Finanzen. Kurzfristig sollten der Bund und die Länder insbesondere weitere Sozialausgaben übernehmen, um finanzschwache Kommunen gezielt zu entlasten, eine bundesweite Lösung für kommunale Altschulden schaffen sowie das Förderwesen vereinfachen und digitalisieren, um Verwaltungsaufwand zu reduzieren und Investitionen zu beschleunigen. Auch das neue Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sollte die Bedarfe der Kommunen berücksichtigen und darüber hinaus kleinen und finanzschwachen Kommunen keine unverhältnismäßige bürokratische Last aufbürden.

Langfristig plädieren die Autoren für strukturelle Reformen des Gemeindefinanzsystems. Diese beinhalten beispielsweise eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Wertschöpfungssteuer, eine gerechtere Verteilung der Gemeinschaftssteuern zugunsten der Kommunen und eine Harmonisierung der kommunalen Finanzausgleichssysteme zwischen den Bundesländern.

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