„Bund muss Wohnungsbau-Hebel umlegen“: Branchen-Bündnis kritisiert schwarz-roten Stillstand

Stillstand im Wohnungsbau: Das bundesweit größte Branchen-Bündnis der Bau- und Immobilienwirtschaft warnt vor weiteren Einbrüchen beim Neubau von Wohnungen. In diesem Jahr werde deren Zahl voraussichtlich noch einmal deutlich zurückgehen. Die Branche erwartet ein Minus von knapp 50.000 auf dann nur noch gut 200.000 Neubauwohnungen. Der „Wohnungsbau-Turbo“ der Bundesregierung habe in den ersten zwanzig Wochen der schwarz-roten Koalition noch nicht gezündet, so die Kritik des Bündnisses. In ihm haben sich rund dreißig Verbände und Organisationen zur Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ zusammengeschlossen.

Die Top-Akteure des Wohnungsbaus in Deutschland legen heute einen an Parlamentarier, Bundesregierung und Parteispitzen gerichteten Forderungskatalog für mehr Wohnungsbau vor. Sie rufen die Bundesregierung dazu auf, ihre Koalitionsversprechen einzuhalten. „Die Weichen dafür werden vor allem auch im Bundeshaushalt gestellt. Und dabei kommt der Wohnungsbau im kommenden Jahr deutlich zu kurz“, so das Wohnungsbau-Bündnis.

Es sei höchste Zeit, dass der Staat den sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau sowie die Bildung von Wohneigentum deutlich besser fördere. Mit einem Etat für das Bundesbauministerium, der lediglich um 226 Mio. Euro im kommenden Jahr steigen soll, sei das allerdings nicht zu machen. Wieder mehr rollende Bagger, die Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) zum Regierungsstart versprochen hatte, sind nach Überzeugung der Branchen-Verbände damit „sicher nicht in Sicht“.

Deutschland stecke tief in der Wohnungsbaukrise. Und rutsche immer noch tiefer hinein. „Tag für Tag verliert der Wohnungsbau Kapazitäten: Die Beschäftigung im Wohnungsbau geht seit drei Jahren zurück. Gleichzeitig steigen die Insolvenzzahlen am Bau. Die Politik muss deshalb dringend den Hebel umlegen und den Wohnungsbau als wichtigsten Motor der Binnenkonjunktur wieder ankurbeln“, so die Mahnung des Wohnungsbau-Bündnisses.

Immerhin habe die Bundesregierung mehr Sozialwohnungen versprochen und wolle den Neubau von Sozialwohnungen im kommenden Jahr mit 500 Millionen Euro mehr im Bundeshaushalt fördern. „Auch wenn die Tendenz richtig ist – das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn nach wie vor fallen deutlich mehr Sozialwohnungen aus dem Markt als neue gebaut werden: Die Talfahrt beim Sozialwohnungsbestand geht im nächsten Jahr also weiter. Zur Erinnerung: In der alten Bundesrepublik gab es Ende der 1980er-Jahre 4 Mio. Sozialwohnungen. Heute sind es in ganz Deutschland nicht einmal mehr 1,1 Mio.“, so das Bündnis.

Wenn die Bundesregierung mehr Wohnungsbau wolle, müsse sie auch deutlich mehr Geld investieren und Bauprojekte effektiver unterstützen. „Denn jede Wohnung wird zuerst politisch gebaut“, so die Wohnungsbau-Verbände. Dazu sei es vor allem notwendig, die Förderpraxis des Bundes „gründlich zu durchforsten und neu auf die Beine zu stellen“. Hier müsse insbesondere auch die staatliche Förderbank KfW ihre Programme umbauen.

Förderungen müssten praxisnah sein und deshalb zusammengelegt, für mehr Bauprojekte geöffnet und deutlich einfacher werden: „Staatliche Unterstützung darf sich nicht länger hinter hohen Hürden verschanzen. Ein Förderdickicht, enorme Bürokratie und übertrieben hohe Auflagen hemmen den Neubau und Sanierungen“, so das Bündnis.

So müsse es in Regionen mit besonders angespannten Wohnungsmärkten eine gezielte Schwerpunktförderung für den sozialen Wohnungsbau geben. Zudem wäre gerade im preissensiblen sozialen Wohnungsbau eine Steigerung der Fördereffizienz durch die Einführung regionaler Regelstandards für vereinfachtes Bauen wirksam.

Der Wohnungsbau brauche jetzt einen „tatsächlichen politischen Push“. Ein wichtiges Instrument, das der Bund dabei wesentlich intensiver nutzen müsse, seien Steueranreize. Darüber hinaus sollte er Menschen, die als Mieter auf ein Wohnen im Eigentum umsteigen wollen, bei fehlendem Eigenkapital unterstützen.

Potenzial zur kurzfristigen Aktivierung von Wohnungen sieht das Wohnungsbau-Bündnis bei Baugenehmigungen, die angesichts der veränderten Marktbedingungen auf Eis liegen: „Es geht darum, den Bauüberhang zu aktivieren. Um diese Wohnungen doch noch zu realisieren, muss die von der Bundesregierung vorgesehene EH55-Förderung schnell, verlässlich und auskömmlich eingeführt werden.“

Darüber hinaus fordert das Wohnungsbau-Bündnis, ein wichtiges schwarz-rotes Koalitionsversprechen für den Neubau bezahlbarer Wohnungen umzusetzen: So sollen durch günstige Finanzierungsangebote und Garantien des Staates die Baukosten so gesenkt werden, dass in angespannten Wohnungsmärkten die Neubaumieten 15 Euro pro Quadratmeter nicht mehr übersteigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt für das Branchen-Bündnis sind die Baukosten: Um diese nicht weiter durch Gesetze, Verordnungen und Normen nach oben zu treiben, müsse das Kosten-Nutzen-Verhältnis künftig im Fokus politischer Entscheidungen stehen. „Die Kostenexplosion durch überzogene Auflagen müssen Bund, Länder und Kommunen stoppen und zurückschrauben“, fordert das Wohnungsbau-Bündnis.

Außerdem sei es notwendig, die Musterbauordnung weiterzuentwickeln und die Landesbauordnungen zu harmonisieren. Der Bund-Länder-Pakt sei zu nutzen, um Planungen, Genehmigungen und den Bau weiter zu beschleunigen. Ziel müsse es sein, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen, zu digitalisieren und zu standardisieren.

Kein Neubau ohne Bauland: Der Bund solle Kommunen – etwa durch die Abgabe von Liegenschaften – dabei unterstützen, bezahlbares Wohnbauland bereitzustellen. Es sei notwendig, „strategische Flächenreserven“ in den Regionen aufzubauen. Für dringend gebrauchten Wohnungsneubau müsse es eine effiziente Nutzung von Flächen geben – auch im Außenbereich, insbesondere in den Regionen mit starkem Wohnungsmangel.

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