Mit der Brechstange hohe Ziele verfehlen

Der ehrenamtliche BFW-Präsident Dirk Salewski spricht Klartext.

Ziele haben und diese dann auch zu erreichen, ist schön und gut. Doch wir alle wissen: wer sich unerreichbar hohe Ziele setzt, erreicht meist vor allem nur eins: Frust und Enttäuschung. Die gesetzten Ziele werden nicht erreicht. Die Bundesregierung hat sich selbst auch hohe Ziele gesetzt, besonders beim Klimaschutz. Wir alle wissen, dass Klimaschutz unabdingbar ist, allein der Weg dahin ist strittig.

Der Angriffskrieg in der Ukraine, das gehört zur Wahrheit dazu, hat die Lage komplizierter gemacht. Das Ziel der Bundesbauministerin, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu erreichen, musste bereits kassiert werden. Leider unrealistisch im aktuellen Umfeld.

Bauen ist schlicht zu teuer geworden. Hohe Anforderungen erschweren den Bau von bezahlbarem Wohnraum. Das deutsche Baurecht mit rund 3800 Normen verhindert und verteuert ebenfalls den Bedarf an modernen, bezahlbaren und klimaschonenden Gebäuden. Das größte Ziel der Ampel-Koalition ist das Erreichen der Klimaneutralität. Dazu muss der Gebäudesektor seinen Beitrag leisten, schließlich entscheidet sich die Zukunft am Bau angesichts der Fakten beim Energieverbrauch. Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und die geplante EU-Gebäuderichtlinie sind aber leider Beispiele für eine rücksichtslose Vorgehensweise, um hohe Ziele zu erreichen.

Das neue Gebäudeenergiegesetz sieht im Entwurf vor, den Einbau von neuen Gas- und Ölheizungen zu verbieten. Defekte Heizungen müssten ausgetauscht werden. Hohe Kosten, die durch das Umrüsten der Heizungsanlagen entstehen würden, führen zu höheren Mieten. Die entstehenden horrenden Kosten müssten wir alle tragen.

Wohnen würde noch teurer werden. Die Mieter wären die Leidtragenden dieser Maßnahmen. Im Hauruck-Verfahren sollen jetzt alle umrüsten. Ob sie dazu in der Lage sind, finanziell oder personell – offenbar egal. Verdruckst wird dann nachgeschoben, soziale Härten würden ausgeglichen.

Jetzt setzt der Wirtschaftsminister alles auf die eine Karte Wärmepumpe. Und übersieht dabei, dass es die eine korrekte Lösung eben nicht gibt. Stichwort Technologie-Offenheit. Biomasse, Fernwärme, Wasserstoff oder andere Ansätze bleiben außen vor. Dazu kommt noch der Mangel an Fachkräften. Die Handwerker, die die Wärmepumpen einbauen sollen, stehen gar nicht zur Verfügung.

Und die EU-Gebäuderichtlinie setzt dem Ganzen noch einen drauf: In wenigen Jahren soll die Hälfte der Gebäude europaweit saniert werden. Die Richtlinie würde Immobilienbesitzer durch die Zwangssanierungen vollkommen überfordern. Sie ignoriert auch die aktuelle Lage. Immobilienbesitzern würden Kosten aufgebürdet, die sie allein nicht stemmen könnten. Es ist zudem völlig illusorisch zu glauben, es wäre personell und finanziell möglich, in dieser kurzen Zeit derart viele Gebäude zu sanieren. Fachpersonal fehlt überall. Die Baukosten sind explodiert. Hohe Inflation und das gestiegene Zinsniveau erschweren die Lage zudem. Wir dürfen nicht vergessen, besonders die oftmals älteren Hauseigentümer bekommen keinen Kredit mehr, um Sanierungen finanzieren zu können.

Bundesbauministerin Geywitz hat ihre Bedenken klar geäußert: Sie hält einen Sanierungszwang per Gesetz für grundgesetzwidrig, wegen des unverhältnismäßigen Eingriffs in die Eigentumsrechte.

Am Ende zahlen die Zeche doch Mieter und Hausbesitzer. Die gigantischen Kosten durch die Folgen der geplanten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes und der EU-Gebäuderichtlinie sind nicht finanzierbar. Nicht für die Bürgerinnen und Bürger und langfristig auch nicht für die Staatskasse.

Die Bauingenieurin und Professorin Lamia Messari Becker brachte es neulich in der SZ auf den Punkt: „Das Zulassen von Optionen im Gebäudesektor ist nicht nur ein Gebot ökologischer Notwendigkeit und ökonomischer Vernunft, sondern auch in Gebot sozialer Verantwortung.“ Das sehe ich genauso: Was sozial nicht tragfähig und wirtschaftlich nicht darstellbar ist, ist auch nicht nachhaltig.

Auch Bundesbauministerin Geywitz sagt: Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch machbar. Klimaschutz ist machbar, aber dann bitte auch mit einem Mix aus Lösungswegen und nicht überhastet.

Klimaschutz muss mit Augenmaß und Weitblick umgesetzt werden, nicht mit der Brechstange und nicht mit Vorhaben, die zu sozialen Verwerfungen führen. Sonst schwindet die Akzeptanz für den Klimaschutz und die Wirtschaft wird nachhaltig geschwächt. Damit ist niemandem gedient.

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