Mit dem Bau-Turbo schneller zu mehr Wohnraum

Die Planung und Genehmigung von Bauprojekten dauert in Deutschland oftmals lange. Besonders, wenn es darum geht, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, müssen wir deutlich schneller werden. Darum hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) den „Bau-Turbo“ zum Start dieser neuen Bundesregierung zur obersten Priorität gemacht.

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung soll der Weg frei gemacht werden für mehr Tempo im Wohnungsbau und für mehr bezahlbaren Wohnraum. Zusätzlich wird mit der Verlängerung des Umwandlungsschutzes der Bestand an Mietwohnungen geschützt.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „In den ersten 100 Tagen werden wir einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wohnungsbau-Turbos unter Berücksichtigung der kommunalen Planungshoheit vorlegen sowie Lärmschutzfestsetzungen erleichtern; zugleich werden die Vorschriften über den Umwandlungsschutz (§ 250 Baugesetzbuch) und die Bestimmung der Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert.“ (Z. 713-717)

Was genau bringt der Bau-Turbo? Jedes Bauvorhaben muss den geltenden Vorschriften entsprechen, das sind zum Beispiel die Vorgaben eines Bebauungsplans. Anderenfalls muss eine Befreiung erteilt oder sofern dies nicht möglich ist, der Bebauungsplan zunächst geändert werden, damit das Bauvorhaben verwirklicht werden kann. Zum Teil muss die Gemeinde zunächst überhaupt einen Bebauungsplan aufstellen, um ein Baurecht zu schaffen und Bauprojekte zu ermöglichen. Das gilt insbesondere für den Außenbereich, aber auch für Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, die sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Wenn wir zukünftig schneller mehr Wohnraum zur Verfügung stellen wollen, müssen wir hier ansetzen.

Dafür ist der vorgeschlagene § 246e BauGB („Bau-Turbo“) als Teil des „Gesetzentwurfs zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ das richtige Instrument: Wenn die Gemeinde zustimmt, kann künftig zugunsten des Wohnungsbaus von den bisher geltenden Vorschriften des Planungsrechts abgewichen werden, sodass eine Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans obsolet wird. Das spart Zeit, Arbeit und Kosten.

Die Anwendung des § 246e BauGB setzt voraus, dass die Abweichung von den bauplanungsrechtlichen Vorschriften unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist und einem der folgenden Vorhaben dient:

– der Errichtung eines Wohngebäudes,

– der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines Gebäudes, wenn dadurch neue Wohnungen geschaffen oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar wird,

– der Nutzungsänderung eines Gebäudes zu Wohnzwecken.

Durch den „Bau-Turbo“ sollen vor allem Potenziale der Innenentwicklung gehoben werden. Gerade in Städten und Gemeinden mit einem angespannten Wohnungsmarkt wird verfügbares Bauland allerdings immer knapper. Deshalb soll § 246e BauGB in begrenztem Umfang auch im sogenannten Außenbereich (also in Gebieten ohne Bebauungsplan und außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils) zur Schaffung von neuem Wohnraum genutzt werden können. Die Anwendung ist dabei auf Flächen im räumlichen Zusammenhang mit dem bestehenden Siedlungsbereich beschränkt, damit die neue Wohnbebauung von den Erschließungsanlagen sowie der infrastrukturellen Anbindung profitieren kann.  
Anlagen für soziale oder kulturelle Zwecke, wie beispielsweise Kitas und Schule, können ebenfalls mit § 246e BauGB zugelassen werden, sofern sie den Bedürfnissen der Bewohner dienen.

Der Bau-Turbo eröffnet neue Spielräume für die Schaffung von mehr und schnellerem Wohnungsbau. Gleichzeitig gibt es klare Grenzen, um Fehlentwicklungen vorzubeugen und die kommunale Planungshoheit zu wahren: Eine Anwendung ist nur mit Zustimmung der zuständigen Gemeinde möglich. Zudem ist die Abweichung von Bauleitplänen nur dann möglich, wenn sie nach überschlägiger Prüfung keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hat. Auch kann von den geltenden Vorschriften nur dann abgewichen werden, soweit dies erforderlich ist.

§ 246e BauGB ist als Experimentierklausel bis zum 31. Dezember 2030 befristet. Die Bundesregierung wird den Bau-Turbo mit Blick auf seine Wirksamkeit, seine städtebaulichen Auswirkungen und unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Kommunen, die den Bau-Turbo anwenden, evaluieren.

Ergänzend soll mit dem Gesetzentwurf auch die Möglichkeit zugunsten des Wohnungsbaus von den Festsetzungen eines Bebauungsplans zu befreien, in § 31 Absatz 3 BauGB deutlich erweitert werden. Parallel soll im unbeplanten Innenbereich die Möglichkeiten zugunsten des Wohnungsbaus vom Einfügungsgebot abzuweichen durch einen neuen § 34 Absatz 3b BauGB ausgedehnt werden. Auch hierdurch werden Nachverdichtung, Aufstockung von Gebäuden oder Hinterlandbebauung einfacher. Beide Regelungen erfordern die Zustimmung der Gemeinde und sollen unbefristet gelten. Ein weiteres Anliegen des Gesetzentwurfs ist es, die Möglichkeiten der rechtssicheren Lärmkonfliktbewältigung im Bauleitplanverfahren zu erweitern.

Mit dem Gesetzentwurf soll zudem für die Bundesländer die Möglichkeit verlängert werden, nach § 201a BauGB Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen. Dies gibt den betroffenen Kommunen eine Reihe von Instrumenten an die Hand, um die Entwicklung vor Ort besser zu steuern, etwa durch eine Erweiterung der Anwendung bei Vorkaufsrechten oder Baugeboten.

In diesem Zusammenhang stärken wir auch den Umwandlungsschutz. In den von den Bundesländern nach § 250 BauGB ausgewiesenen Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten sollen Mietwohnungen auch weiterhin nicht ohne Weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt werden können.  Das ist ein wichtiges Instrument, um den Bestand an Mietwohnungen zu schützen. Deshalb wird der sogenannte Umwandlungsschutz in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert. Die betroffenen Kommunen können dann den entsprechenden Genehmigungsvorbehalt dort, wo der Mietwohnungsmarkt nicht funktioniert, bis zum 31. Dezember 2030 weiter nutzen.

Bundesbauministerin Verena Hubertz: „Tempo, Technologie, Toleranz – mit diesem Credo bin ich als Bundesbauministerin angetreten. Und in Sachen Tempo wollen wir mit einer ersten Novelle des Baugesetzbuches bereits wenige Wochen nach Amtsübernahme liefern. Der Kern dieses Entwurfs ist der Bau-Turbo. Denn wir brauchen schnell mehr bezahlbaren Wohnraum. Die Neuregelung ermöglicht es Gemeinden, das Planen und Genehmigen wesentlich zu beschleunigen. Das spart Zeit und Kosten. Und so schaffen wir den rechtlichen Rahmen zur Realisierung des Deutschland-Tempos im Wohnungsbau. Davon profitieren kommunale Planungs- und Genehmigungsbehörden, die Bauwirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger, insbesondere in verdichteten Siedlungsgebieten.“

Der Gesetzentwurf wurde am 18. Juni 2025 vom Bundeskabinett beschlossen und befindet sich nun im parlamentarischen Verfahren. Ein Inkrafttreten ist für Herbst 2025 geplant. Weitere Informationen unter www.bmwsb.bund.de/wohnungsbau-turbo

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