Ein Förderprogramm und seine klimapolitische Lenkungswirkung

Klimagerechtes Bauen ist ein Muss

In Deutschland fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Gleichzeitig beklagt die Bauwirtschaft den Einbruch ihrer Auftragslage. Aber klar ist auch, dass wir jegliches Handeln stark auf den Klimaschutz ausrichten müssen, um 2045 Treibhausgasneutralität erreicht zu haben. Da kann es schon einmal schwierig werden, alle Anforderungen in Einklang zu bringen.

Für das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) steht allerdings fest: Klimagerechtes Bauen ist heute keine Kann-Entscheidung mehr, sondern ein Muss. Wer heute baut wie früher, um Geld zu sparen, schadet dem Klima und seinem Geldbeutel durch hohe Nebenkosten. Wegen der langen Nutzungsdauer von Gebäuden ist es von besonderer Bedeutung, gerade im Neubaubereich hohe Anforderungen einzuhalten. Ein Aufschieben würde später noch teurer zu stehen kommen.

Im Jahr 2021 hatten die Emissionen des Gebäudesektors die zulässige Jahresemissionsmenge um zwei Mio. Tonnen CO2-Äquivalente überschritten (115 Mt. CO2-Äq. statt 113 Mt. CO2-Äq.). Ziel muss es folglich sein, möglichst viele Gebäude bereits jetzt klimazielkompatibel zu bauen. So wurde zum 1. Januar 2023 als Zwischenschritt der Neubaustandard hinsichtlich des zulässigen Primärenergiebedarfs auf den EH-55-Standard angehoben – ab 2025 erfolgt die Angleichung an den EH-40-Standard.

Technisch lässt sich das bereits heute erreichen. Und mit dem neuen Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau – KFN im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) unterstützt das BMWSB seit dem 1. März 2023 klimafreundliche Neubauvorhaben im Gebäudebereich. Erstmals wird dabei der ganze Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick genommen – vom Bau über den Betrieb bis zum potenziellen Rückbau in ferner Zukunft.

Die Gebäude zeichnen sich durch geringe Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus, hohe Energieeffizienz, niedrige Betriebskosten und einen hohen Anteil erneuerbarer Energien für die Erzeugung von Wärme und Strom aus. Damit leistet diese Förderung einen Beitrag für den Klimaschutz und für die Erreichung der nationalen Klimaziele. Gleichzeitig wird während der Betriebsphase der eigene Geldbeutel durch niedrige Nebenkosten geschont.

Gefördert wird der Neubau sowie der Ersterwerb neu errichteter klimafreundlicher und energieeffizienter Wohn- und Nichtwohngebäude, die spezifische Grenzwerte für die Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus unterschreiten und den energetischen Standard eines Effizienzhauses 40 / Effizienzgebäudes 40 für Neubauten vorweisen. Eine größere Unterstützung gibt es für Gebäude, die zusätzlich das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) erhalten.

Die Förderung erfolgt über zinsverbilligte Kredite. Investoren, Genossenschaften, Unternehmen und Privatpersonen können Anträge über ihre Hausbank stellen. Darüber hinaus erhalten Kommunen und Landkreise Investitionszuschüsse z.B. für den Bau von Wohnungen, Kindertagesstätten oder Schulen. Mit der Durchführung des Förderprogramms hat das BMWSB die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beauftragt.

Die Förderung setzt voraus, dass eine Energieeffizienz-Expertin oder ein Energieeffizienz-Experte der Kategorie „Bundesförderung für effiziente Gebäude: Wohngebäude“ bzw. „Bundesförderung für effiziente Gebäude: Nichtwohngebäude“ aus der Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes unter www.energie-effizienz-experten.de die Einhaltung der folgenden Anforderungen prüft und bestätigt:

Für KFWG[1] bzw. KFNWG[2]:

• energetischer Standard eines Effizienzhauses 40 / Effizienzgebäudes 40 für Neubauten und

• Anforderungen an die Treibhausgasemissionen im Gebäudelebenszyklus für den Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude PLUS (QNG-PLUS) sowie

• die in der Anlage zu dem zum Zeitpunkt der Antragstellung jeweils geltenden Merkblatt KFN festgelegten Technischen Mindestanforderungen und zusätzlich für KFWG-Q bzw. KFNWG-Q:

• das Vorliegen eines Zertifikats einer akkreditierten Zertifizierungsstelle, mit dem die Erfüllung der Anforderungen des „Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude PLUS (QNG-PLUS)“ oder „Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude PREMIUM (QNG-PREMIUM)“ bestätigt wird.

Grundsätzlich ist die Kombination einer Förderung aus diesem Produkt mit anderen Fördermitteln möglich, sofern die Summe aus Krediten, Zuschüssen oder Zulagen die Summe der förderfähigen Kosten nicht übersteigt. Hierbei gibt es Ausnahmen: Die gleichzeitige Inanspruchnahme einer Förderung für dieselben förderfähigen Kosten ist nicht möglich nach der Kälte-Klima-Richtlinie der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI), dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG), dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW), der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) oder der Bundesförderung Wohneigentum für Familien (WEF), die zum 1. Juni 2023 an den Start gehen wird.

Die Bundesförderung KFN ist eine Maßnahme des sektorübergreifenden Klimaschutzes. Die neuen Anforderungen an die Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus sind u.a. ein wichtiger Beitrag zur Begrenzung der „grauen Emissionen“, der Treibhausgas-Emissionen, die auf die Herstellung und Errichtung von Gebäuden einschl. Lieferkette zurückgeführt werden können. Die ambitionierten Anforderungen des Programms verursachen Mehrkosten, welche nur anteilig durch die Förderung aufgefangen werden. Dass die Bundesregierung dennoch den richtigen Weg damit beschreitet, zeigt die Entwicklung der Antragszahlen: Das Förderprogramm trifft auf großes Interesse. Die Investition in den Neubau ist als Investition in die Zukunft zu sehen.

Weitere Informationen zum QNG gibt es unter www.qng.info. Auf dem Portal werden auch die Anforderung des QNG erläutert.

Fragen zur Förderung von Baumaßnahmen, die das Ziel einer QNG-Zertifizierung verfolgen, beantworten die Fördermittelgeber. Hinsichtlich der Programme „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“ mit BEG Sanierungsförderung und Klimafreundlicher Neubau (KFN) sind Fragen an die KfW zu richten: www.kfw.de/beg.

[1] Klimafreundliches Wohngebäude

[2] Klimafreundliches Nichtwohngebäude

Autorin: Bettina Stinner, BMWSB, Referat B I 3 - Energieeffizientes Bauen und Sanieren

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Ausgabe 09/2021

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