„Es braucht eine ganzheitliche, strategische Ausrichtung“
Justus Mentzel, COO der Erste Hausverwaltung GmbH, spricht im Interview über notwendige Innovation und Transformation in der Immobilienverwaltungsbranche, um zukunftsfähig zu bleiben und einen attraktiven Arbeitsmarkt zu schaffen.
Hausverwaltungen werden oft als traditionelle und wenig innovative Unternehmen wahrgenommen. Woran liegt das und wie können sie dieses Image ablegen?
Justus Mentzel: Wer sich mit der Immobilienverwaltungsbranche beschäftigt, erkennt die Probleme schnell: Arbeitsprozesse sind oft papierbasiert, analog und nicht an das digitale Zeitalter angepasst. Selbst viele der in der Branche genutzten Softwareprodukte sind häufig veraltet und spiegeln nicht die heutigen Anforderungen wider.
Der eigentliche Knackpunkt ist jedoch nicht die Erkenntnis, sondern die Umsetzung: Wie gelingt eine Transformation, die wirklich greift, und welche Investitionen sind dafür nötig? Es reicht nicht, einzelne Teilschritte zu digitalisieren. Es braucht eine ganzheitliche, strategische Ausrichtung hin zur Hausverwaltung der Zukunft. Erste Verwaltungen, auch wir, haben diesen Weg eingeschlagen.
Unsere Vision ist geprägt von tiefen Investitionen in Software, aber auch in die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – denn selbst die beste Software bringt keinen Mehrwert, wenn sie nicht richtig genutzt wird. Deshalb setzen wir auf den Wandel hin zu effizienten digitalen Prozessen und schulen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn hier schlummert das mit Abstand größte Potenzial.
Welche Veränderungen sind in den kommenden Jahren notwendig, damit Immobilienverwaltungen zukunftsfähig bleiben?
Justus Mentzel: Der zentrale Punkt ist nicht die Steigerung der Arbeitseffizienz oder Profitabilität der Unternehmen als Selbstzweck. Vielmehr müssen Immobilienverwaltungen erst wieder zu einem attraktiven Arbeitsmarkt werden. Wenn sich jemand für Immobilien interessiert und sich geregelte Arbeitsabläufe oder eine attraktive Karriereleiter wünscht, entscheidet er sich in der Regel nicht für den Beruf des Hausverwalters.
Überstunden und abendliche Eigentümerversammlungen mit oft unsachlicher Kritik sind keine Seltenheit. Gleichzeitig wird man in kaufmännischen, technischen und juristischen Belangen gleichermaßen gefordert – ohne die Unterstützung durch moderne digitale Tools. In einer Arbeitswelt, in der sich junge Menschen ihre Jobs aussuchen können, ist das kaum vermittelbar. Das Ergebnis: Ohne eine Lösung für diese strukturellen Herausforderungen wird es keine Innovation in der Branche geben. Unser Ziel ist es, von Anfang an die richtigen Impulse zu setzen.
Bei der Übernahme von Hausverwaltungen suchen wir Unternehmen mit einer soliden Basis, aber auch dort starten wir oft mit den Grundlagen: Wir möchten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst zeitnah wieder in die Lage versetzen, produktiv, selbstbewusst und zielgerichtet zu arbeiten, und erhoffen uns dadurch einen Grad der Professionalisierung, der in vielen Verwaltungen fehlt. Das bedeutet auch, Verantwortung von Anfang an zu verteilen und neue Karriereperspektiven zu schaffen.
Welche Voraussetzungen müssen aus Ihrer Sicht geschaffen werden, damit Innovation und Wachstum in der Immobilienverwaltung gelingen?
Justus Mentzel: Innovation in der Immobilienverwaltungsbranche muss vielmehr aus dem Inneren, als aus Arbeitgeber- oder Dienstleisterperspektive kommen. Viele Kundinnen und Kunden denken beim Thema Digitalisierung der Immobilienverwaltung zuerst an die Kommunikation. Digitale Kommunikationskanäle und die zügige Beantwortung von Fragen stehen hoch im Kurs.
Dafür ist es aber sogar wichtiger, die digitalen Prozesse im Hintergrund richtig umzusetzen. Dazu zählen zum Beispiel die Digitalisierung von Dokumenten und Unterlagen wie Mietverträge, Objektunterlagen, Abrechnungen oder Ein- und Ausgangspost. Erst wenn hier alles auf soliden Füßen steht, kann beispielsweise über ein Kundenportal nachgedacht werden. Viele Verwaltungen konzentrieren sich akut darauf, sich nach außen digital zu präsentieren, bleiben aber weit hinter ihren Potenzialen zurück, da die Prozesse im Hintergrund oft nicht richtig umgesetzt oder bis zu Ende gedacht werden.
Die wichtige Zielgruppe für Innovation ist die Innenwelt: die Arbeitskräfte und die Organisationsstruktur. Erst dann steht Effizienz im Fokus. Wenn es gelingt, neue Talente ins Unternehmen zu holen und moderne Arbeitsabläufe einzuführen, entsteht die Basis für Wachstum. Mit effizienten Prozessen lassen sich größere, robustere Unternehmen aufbauen, in denen wiederum in Software, Personal und Service investiert werden kann. Das schafft Freiraum, um wirklich guten Service zu bieten. Umgekehrt funktioniert es nicht. Es beginnt bei den eigenen Hausaufgaben.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Zu mehr Effizienz und gutem Kundenservice
Die Erste Hausverwaltung wurde 2021 mit dem Ziel gegründet, Hausverwaltung persönlich, digital und kundenorientiert neu zu gestalten. Dabei setzt das Unternehmen in der täglichen Arbeit und in der Kommunikation mit Kundinnen und Kunden oder Mieterinnen und Mietern auf digitale Kanäle und proprietäre Verwaltungssoftware.
Mit über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verwaltet die Erste Hausverwaltung deutschlandweit über 20.000 Einheiten. Die Erste Hausverwaltung ist seit 2024 eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der schwedischen Odevo AB, die weltweit über 1,5 Millionen Wohneinheiten verwaltet.