„Wir sind zurück im
Kabelmarkt!“

Durch den Verkauf ihres Kabelnetzes vor rund 15 Jahren hat die Telekom eine große Anzahl TV-Nutzer verloren. Mit dem neu gegründeten Bereich „Competence Center Wohnungswirtschaft“ will der Konzern jetzt wieder im Kabelmarkt angreifen. Johannes Jansen, Leiter des Competence Centers, spricht über die aktuellen Pläne der Telekom.

Herr Jansen, vor einigen Jahren musste die Deutsche Telekom auf Druck der EU- und der nationalen Wettbewerbsbehörden ihre Kabelnetze verkaufen. Warum dürfen Sie im Kabelmarkt jetzt wieder aktiv werden?

Johannes Jansen: Die Situation hat sich seitdem stark verändert. Aktuell ist der Kabelnetzmarkt mehrheitlich unter den beiden großen Anbietern Vodafone/Kabel Deutschland und Unity Media aufgeteilt. Dazu kommen mehrere kleine Anbieter wie beispielsweise Pepcom, die überwiegend regional aktiv sind. Von der marktbeherrschenden Stellung, wie man sie damals fürchtete, kann also heute keine Rede mehr sein.

Warum ist der Kabelmarkt so wichtig für die Telekom?

Zum einen stehen wir vor der Situation, dass inzwischen viele Festnetzkunden zu anderen Kabelnetzbetreibern gewechselt haben, da diese sehr aggressiv im Markt für ihre Produkte werben. Zum anderen halten wir den Kabelmarkt nach wie vor für ein wichtiges Geschäftsfeld, das wir mit unserem Kabel-TV-Angebot „TeleVision“ nun wieder besetzen möchten. Wir richten uns damit an Unternehmen der Wohnungswirtschaft, an Genossenschaften und Hausverwaltungen.

Mit Entertain haben Sie doch bereits ein erfolgreiches Fernsehprodukt. Warum jetzt zusätzlich noch TeleVision?

Wir verstehen Kabelfernsehen als Ergänzung zu Entertain, welches die Kunden ja über den Telefon-/DSL-Anschluss empfangen. Indem wir beide Anschlussvarianten im Portfolio haben, bieten wir den Wohnungswirtschaften und deren Mietern ganz einfach mehr Vielfalt. Außerdem unterscheiden sich beide Angebote auch inhaltlich: Wer sich für TeleVision entscheidet, bekommt ein vielfältiges Senderangebot im Free- und Pay-TV-Bereich sowie eine große Anzahl an freien Fremdsprachen- und freien HD-Sendern. Entertain punktet dagegen mit seinen über 100 TV-Sendern, davon bis zu 50 in HD. Zu den Zusatzfeatures gehören ein eigener Festplattenrecorder, eine Online Mediathek, zeitversetztes Fernsehen, das sogenannte nicht-lineare Fernsehen, eine App, mit der man von unterwegs den Recorder programmieren und Sendungen aufnehmen kann.

Was unterscheidet TeleVision denn vom Wettbewerbsangebot?

Da muss man genau hinschauen, denn die Unterschiede liegen in den Details. Wir bieten mit 90 Sendern derzeit die größte Auswahl an digitalen Free-TV-Kanälen. Auch bei den frei zu empfangenden HD-Sendern liegen wir vorn. Dazu gibt es bei TeleVision 38 Fremdsprachenprogramme, die bei vielen Wettbewerbern kostenpflichtig sind. Da der Anteil ausländischer Mitbürger bei Mietwohnungen hoch ist, ist das für die Vermieter ein wichtiges Argument. Zumal Satellitenschüsseln auf Balkonen nicht gern gesehen werden oder sogar ganz verboten sind. Dieses Senderportfolio erweitern wir im Übrigen ständig. Zusätzlich bieten wir über unseren Partner KabelKiosk eine Reihe an Zubuch-Optionen, und bei Sky sind wir sogar einer der wenigen, die das komplette Kabel-Paket anbieten.

Beschränkt sich Ihr Kabelangebot rein auf den Fernsehempfang?

Nein. Unser Kabel-TV-Produkt TeleVision lässt sich um Telefonie- und  Internetdienste erweitern. Damit bieten wir unseren Kunden die volle Flexibilität: Sie können wählen zwischen TV, Telefon und Internet jeweils über DSL/Glasfaser oder über Kabel. Neben diesem Festnetz-Portfolio können Mieter Mobilfunkpakete hinzubuchen.

Welche Technologie ist denn leistungsfähiger? Das Fernsehkabel oder die Telefonleitung?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Grundsätzlich werden via Kabel höhere Übertragungsgeschwindigkeiten erreicht als über die klassische Telefon-Kupferleitung. Mittlerweile verbaut die Telekom in ihren Netzen aber zunehmend Glasfaser, mit der sich höhere Bandbreiten erzielen lassen. Allein bis 2018 investieren wir rund 12 Mrd. € in den bundesweiten Ausbau.

Was ist das Besondere an der Glasfaser?

Bei der Glasfaser werden die Signale nicht mittels Strom, sondern durch Lichtsignale weitergeleitet. Das macht die Datenübertragung schneller und weniger störanfällig. Für unsere Kunden der Wohnungswirtschaft verlegen wir die Glasfaser in der Regel bis zu einem Übergabepunkt im Keller eines Gebäudes, danach laufen die Signale weiter über die herkömmlichen Koaxial-Leitungen. Das nennen wir Fiber to the Distribution Point (FTTDP). Es geht aber auch noch schneller: So haben wir bei unserem Kunden Deutsche Annington Glasfaser bis in jede einzelne Wohnung (Fiber to the Home, FTTH) verlegt. Dort können die Mieter jetzt mit bis zu 200 Mbit/s im Internet surfen.

In den meisten Mietverträgen werden die Kosten für Fernsehanschlüsse pauschal über die Nebenkosten abgerechnet. Die Entscheidung für oder gegen einen Kabelanschluss trifft also die Wohnungswirtschaft und nicht der Endkunde?

In den meisten Fällen ist das so. Es gibt aber auch Kunden, wie die HOWOGE in Berlin, bei denen die Mieter ihre Einzelverträge direkt mit der Telekom abschließen, ohne dass die Wohnungswirtschaft dazwischen geschaltet ist. Dadurch steht es dem Mieter frei, zwischen allen Angeboten der Telekom zu wählen.

Beschränken Sie Ihr Angebot auf bestimmte Regionen?

Nein, wir adressieren Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Hausverwaltungen in ganz Deutschland. Durch unsere weit verzweigte Serviceorganisation sind wir in der Lage, unsere Kunden individuell vor Ort zu betreuen – das ist eindeutig unsere Stärke.

Was spricht sonst noch für den Kabelanschluss der Telekom?

Zum einen schließen wir die Liegenschaften unserer Kunden hochmodern mit Glasfaser an. Zum anderen bieten wir neben dem in der Wohnungswirtschaft üblichen Kabelanschluss je nach Wunsch Fernsehen, Telefonie und Internet über die Kupferdoppelader an. Damit kann der Endkunde zwischen verschiedenen Produkten wählen und be­­kommt alles aus einer Hand. Aufgrund der aktuellen Datenschutz- und Sicherheitsdebatte kommt es uns außerdem zugute, dass wir unsere Daten in hiesigen Rechenzentren verwalten und speichern. Und schließlich bieten wir über den Kabelanschluss auch interessante Zusatzdienste, wie Smart Metering oder Systeme zur Inhouse-Vernetzung. Die Kunden scheinen das zu honorieren: Bis Mitte 2014 haben wir bereits rund 83.000 Haushalte in Deutschland auf unser Kabel-TV TeleVision umgestellt.

Herrn Jansen, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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