Nachgefragt

„Wir sind Wohngesundheit“

Interview mit Barbara Wiedemann. Die Produktmanagerin „Putze und Mörtel“ ist bei Baumit Expertin für Wohngesundheit.

Wie lange ist das Thema bei Baumit bereits im Fokus?

Barbara Wiedemann: Das Thema Gesünder Wohnen beschäftigt uns seit mehr als 20 Jahren. Bei Baumit spielten die Kalkputze schon immer eine sehr große Rolle. Wir wurden oft von unseren Kunden nach Inhaltsstoffen und Schadstoffen gefragt. So haben wir schon sehr früh angefangen, unsere Produkte unter anderem auf Schwermetalle, Formaldehyde und weitere flüchtige Stoffe überprüfen zu lassen. Neben den beiden Reinkalk-Produkten umfassten schon damals die unter der Kennzeichnung NaturLine laufenden Produkte ein breites Sortiment.

Mit der Fokussierung auf die Wärmedämmung haben wir angefangen, uns mit dem Thema ‚Gesünder Wohnen‘ zu beschäftigen. Denn wenn gedämmt wird, muss die Gebäudehülle dicht sein, damit Dämmung baupysikalisch überhaupt funktionieren kann. Die dichte Gebäudehülle hat jedoch automatisch Auswirkung auf den Innenraum und somit auf die Innenraumluftqualität. Damit war für uns schnell klar, dass wir die Themen Energieeinsparung mittels Dämmung und die Herstellung eines wohngesunden Umfeldes in den Innenräumen zusammen denken müssen.

Mit der Dichtigkeit der Gebäudehülle gehen Veränderungen des Luftwechsels im Innenraum einher. Somit legte sich das Augenmerk verstärkt auf das raumluftbeeinflussende Potential, welches innen verwendete Baustoffe und Materialien mitbringen. Wir hatten schon damals ein breites Kalkputzsortiment – aber dies genügte uns nicht. Wir hatten den Anspruch, ein breites Sortiment an Putz- und Mörtelprodukten anbieten zu können, um möglichst für jeden Bedarfsaspekt bei Neubau, Renovierung und Sanierung ein geeignetes Produkt anbieten zu können. Damit war das Thema Gesünder Wohnen auf der Baumit-Agenda angekommen. Wir wollten den Kunden möglichst umfassend Produkte bieten mit der Sicherheit der wohngesundheitlichen Unbedenklichkeit.

Warum hat man sich primär für Prüfungen am eco-INSTITUT entschieden?

Barbara Wiedemann: Wegen exakt dieses Punktes – der wohngesundheitlichen Unbedenklichkeit – machten wir uns auf die Suche nach einem Label, welches diese Sicherheit bietet. Dabei sind wir auf das eco-INSTITUT in Köln gestoßen. Wir hielten das eco-INSITUT für den geeigneten Partner, auch weil sich bei den Gesprächen deren Mitarbeit in der europäischen Normengruppe der TC 351 herausstellte. Einer Arbeitsgruppe, die an dem Standard für Innenraumluftqualität und der erforderlichen Messmethodik arbeitet.

Ausschlaggebend war für uns jedoch, dass es sich beim eco-INSTITUT um ein akkreditiertes Prüflabor für viele verschiedene Prüflabel handelt wie etwa Blauer Engel und natureplus. Gleichzeitig hat es ein eigenes Label – das eco-INSTITUT-Label, welches damals schon laut Stiftung Warentest und Ökotest eine sehr hohe Reputation und Glaubwürdigkeit hatte und allerstrengste Kriterien vorgibt.

Wie und in welchen Zeitabständen laufen hier die Prüfungen ab?

Barbara Wiedemann: Eines dieser strengen Kriterien für das eco-INSTITUT-Label ist, dass es zwei Jahre gültig ist. Danach muss neu zertifiziert – also rezertifiziert werden. Wir sehen dies als einen Sicherheitsgewinn für den Verbraucher und es bietet auch uns als Hersteller Sicherheit, dass alle zwei Jahre unsere Roh- und Einsatzstoffe in Punkto wohngesundheitlicher Unbedenklichkeit auf Herz und Nieren überprüft werden. Deswegen haben wir uns damals entschieden, dass wir die Prüfungen ausweiten werden, auf alle Produkte mit Anwendungsrelevanz im Innenraum. Wir sind damit einen ungewöhnlichen Schritt gegangen, um Produkte aus den Bereichen Mauermörtel, Boden, Haftmörtel oder Sanierung prüfen zu lassen. Dieses Komplettsortiment bietet den Kunden die Sicherheit, mit unseren eco-geprüften Produkten eine gute Innenraumluftqualität schaffen zu können.

Was wird genau geprüft?

Barbara Wiedemann: Das Wichtigste ist die Emissionsanalyse, die Prüfung auf flüchtige organische Verbindungen nach drei, sieben und 28 Tagen und deren Ausweisung je nach Flüchtigkeitsgrad in TVOC, TSVOC, VVOC. Es erfolgt eine Geruchsprüfung des Produktes. Es wird auf Phthalate und andere Weichmacher untersucht und auf halogenorganische Verbindungen wie AOX/EOX und auf sog. KMR-Stoffe, d.h. krebserzeugende, erbgut- und reproduktionstoxische (die Fortpflanzungsfähigkeit verändernde) Substanzen. Wenn es Auffälligkeiten gibt, besteht keine Chance, das eco-INSTITUT-Label zu erhalten. Bleibt das Produkt unter einer TVOC-Last von kleiner 0,3 mg/m³ Luft, ist es zertifizierungsfähig.

Wie unterscheidet sich Baumit von anderen Herstellern?

Barbara Wiedemann: Wir haben inzwischen 74 Produkte, die das eco-INSTITUT-Label tragen – also eine ganze Bandbreite an geprüften Produkten, die auf wohngesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft sind und hohe Sicherheit bieten. Das hebt uns deutlich von unseren Marktbegleitern ab.

Was zeichnet das Produktportfolio aus?

Barbara Wiedemann: Baumit hat nicht nur Kalkputze als ‚Gesünder Wohnen-Produkte‘ deklariert, uns war es wichtig, vom Boden bis zur Decke alle Produkte auf den Prüfstand zu stellen. Auch Baustoffe, die nicht sichtbar, sondern durch weitere Beschichtungen verdeckt sind, wie z. B. Mauermörtel und Estrich, können negativen Einfluss auf die Raumluft nehmen. Dann reicht es nicht, nur einen wohngesunden Deckputz aufzubringen. Daher bieten wir eine Produktpalette aus allen Sparten mit Innenanwendungsbezug, um die Möglichkeit und die Sicherheit zu bieten, damit wohngesunde Räume entstehen zu lassen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

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