Energetische Sanierung

WDVS ganzheitlich planen und ausführen

Die energetische Sanierung im Bestand ist ein wichtiger Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende. Neben Energieeinsparung und Umweltschutz fördern Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) den Werterhalt einer Immobilie sowie eine bessere Vermietbarkeit für den Eigentümer. Ebenso erhöhen sie Wohnkomfort und Wohngesundheit der Bewohner und dämpfen das Risiko von Kostensteigerungen bei weiter steigenden Energiepreisen.

29% des deutschen Energiebedarfs werden von privaten Haushalten benötigt, 88% davon entfallen auf die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser. Kein Wunder, denn der Großteil des deutschen Gebäudebestands wurde vor der Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet, als Öl und Gas noch billig waren. Zur Senkung des Gesamtenergiebedarfs sind daher im Neubau ab 2021 (für öffentliche Gebäude ab 2019) Null­energiehäuser vorgeschrieben. Deutliche Verbesserungen im Bestand lassen sich bei entsprechender Dämmung der Gebäudehülle erreichen[1]. WDVS bewähren sich in den vergangenen mehr als fünf Jahrzehnten[2].

Rahmenbedingungen

Bei einer Gebäudesanierung sind die Regelungen der seit 1. Mai gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) zu beachten. Diese stellt auch beim Bauen im Bestand Anforderungen an den Energieverbrauch des Gebäudes, die zu erfüllen sind, sobald mehr als 10% der Fassadenfläche saniert werden. Aus dem maximalen Energiebedarf kann die erforderliche Dämmleistung eines WDVS in Abhängigkeit vom bestehenden Wandaufbau sowie in Abhängigkeit vom Lambda-Wert des vorgesehenen Dämmstoffs abgeleitet werden.

Bei den Anforderungen an den Brandschutz gelten zunächst die Landesbauordnungen. Sie beschreiben für Gebäudetypen und Nutzungsarten, welche Baustoffklasse eine Fassadenbekleidung mindestens erzielen muss. Daneben können lokale Vorschriften existieren, etwa im Bereich von historischen Stadtvierteln. Objektspezifisch ist festzustellen, ob es Ge­­bäudebereiche gibt, die zumindest partiell erhöhte Anforderungen an den Brandschutz stellen bzw. ob ein Brandschutzkonzept vorliegt. Der Fachverband WDVS empfiehlt, Systeme mit EPS-Dämmstoffen grundsätzlich als schwerentflammbare Systeme auszuführen. Hierfür sind bei Dämmstoffdicken oberhalb von 100 mm zusätzliche Brandbarrieren einzubauen. Dies kann durch die Verwendung eines Sturzschutzes über allen Gebäudeöffnungen erfolgen oder in Form umlaufender Brandriegel. Nähere Informationen können der Technischen Systeminformation 6 – Brandschutz entnommen werden[4].

Bei Bestandsgebäuden kann zudem der Denkmalschutz eine Rolle spielen. Die Vielfalt der heute angebotenen Lösungen bietet die Möglichkeit, auch feingliedrige Fassaden de­­tailgetreu nachzubilden. Alternativ bzw. wenn diese Möglichkeit nicht besteht, kann eine energetische Sanierung mit Innendämm-Systemen erfolgen[5].

Bestandsaufnahme und Ausführung

Vor der Anbringung eines WDVS ist der bauliche Zustand der Fassade zu bewerten. Sind Schäden zu erkennen, müssen die Ursachen ermittelt und beseitigt werden. So sind Durchfeuchtungen (z. B. aufsteigende Feuchtigkeit im Sockelbereich) dauerhaft zu stoppen. Ist die Durchfeuchtung durch ein einzelnes Schadensereignis entstanden (z. B. Hochwasser), ist die Bestandswand vorab zu trocknen. Putzrisse, Abplatzungen, lose Putzstellen oder blätternde Anstriche müssen beseitigt werden, weil sie die Tragfähigkeit für die Verklebung der Dämmplatten beeinträchtigen. Größere Unebenheiten können vor der Anbringung des WDVS mit einem Ausgleichputz beseitigt werden. Treten in der Fläche der Wand größere Ebenheitsabweichungen auf, kann ggf. durch den partiellen Einsatz unterschiedlicher Dämmstoffdicken ein Ausgleich erfolgen. Bei kleineren Unebenheiten ist der erlaubte Toleranzausgleich abhängig von der Befestigungsart und in der Zulassung des Systems geregelt.

Insbesondere bei zweischaligem Mauerwerk oder Plattenbauten ist die Standsicherheit der Außenwand zu prüfen und bei Bedarf durch entsprechende Sanierungsanker herzustellen. Von der Oberfläche der Bestandswand hängt die Klebfähigkeit für das Anbringen der Dämmstoffplatten des WDVS entscheidend ab. Kreidende oder sandende Putzgründe müssen vorbehandelt werden. Vorhandener Bewuchs (Algen, Pilze, Rankgewächse) ist fachgerecht zu entfernen. Es empfiehlt sich darüber hinaus, darauf zu achten, dass höhere Bäume und Büsche in einem ausreichenden Abstand vor der Fassade stehen[6].

Auch vorhandene Dachüberstände, Attikaabdeckungen, Fensterbänke usw. sollten be­­trachtet werden. Sie müssen das WDVS ausreichend überragen, um einen konstruktiven Feuchteschutz zu gewährleisten.

Wenn die Tragfähigkeit für eine ausschließliche Klebfähigkeit des Untergrunds nicht vorausgesetzt werden kann, müssen geklebte und mit zugelassenen Dübeln zusätzlich mechanisch befestigte Systeme verwendet werden. Wegen der Bewitterung und Verschmutzung von bestehenden Fassaden ist dies grundsätzlich zu empfehlen.

Sind an der Bestandsfassade Anbauteile befestigt, sollte bedacht werden, ob diese Anbauten oder Installationen später wieder vorgesehen sind. Gleiches gilt für die Anbringung neuer Bauteile. Vorhandene Blitzableiter können in die Dämmung integriert werden. Zur Vermeidung von Wärmebrücken und späteren Abzeichnungen sollten sie im unteren Drittel der Dämmschicht liegen (zum Mauerwerk hin). Regenfallrohre hingegen sollten nach der Anbringung des WDVS auf das System montiert werden.

Die Art der Befestigung richtet sich nach der einzuleitenden Last. Kleinere Gegenstände wie Schilder oder Klingeln können nach Abschluss der WDVS-Arbeiten mit Spiraldübeln in der Dämmschicht verankert werden. Bei größeren Lasten, z. B. der Anbringung von Außenleuchten, stehen Befestigungsrondellen zur Verfügung. Schwere Lasten wie Jalousien oder Handläufe bei Außentreppen müssen dagegen fest im Wandbildner verankert werden. Je nach Befestigungsart empfiehlt es sich, die Montagekonsolen bereits bei der Montage der Dämmplatten am Untergrund zu verankern. Auf diese Befestigungspunkte wird später – thermisch getrennt – das An­­bauteil aufgeschraubt.

Spritzwasserzonen im Sockelbereich bzw. an Loggien und Laubengängen können bis zu einer Höhe von 60 cm bzw. 30 cm mit für den Perimeterbereich zugelassenen Dämmplatten ausgeführt werden, um eine Durchfeuchtung des WDVS durch aufsteigende Feuchtigkeit zu vermeiden. Dies ist auch für Brandwände möglich [zu Details siehe 4].

Für Fassadenbereiche, bei denen mit einer erhöhten Stoßbeanspruchung gerechnet werden muss, stehen zur partiellen Erhöhung der Schlagfestigkeit Sockelschutzplatten oder doppelte Armierungslagen zur Verfügung.

Nutzungsphase

Mit WDVS optimierte Wandaufbauten verhalten sich in Dauerhaftigkeit und Funktionsfähigkeit nicht schlechter als verputztes Mauerwerk, wie eine Langzeitstudie bereits vor zehn Jahren festgestellt hat[2]. Das bedeutet jedoch auch, dass regelmäßige Wartung und Pflege notwendig sind, um die Attraktivität und Langlebigkeit zu erhöhen. Kleinere Beschädigungen wie Putzrisse, Verschmutzungen usw. sollten daher umgehend beseitigt werden. Das Maler- und Stuckateurhandwerk bietet dazu Wartungsverträge an[6].

Umfragen in 2013 haben ergeben, dass ein Rückbau von Systemen auch nach Jahrzehnten in der Praxis kaum vorkommt. In der Realität werden die im Regelfall intakten älteren WDVS-Fassaden heute zunehmend im Rahmen des üblichen Sanierungszyklus durch Aufdopplung an aktuelle Wärmedämmstandards angepasst. Um dennoch für die Zukunft Recyclinglösungen parat zu haben, hat der Fachverband WDVS vor zwei Jahren ein Forschungsprojekt mitinitiiert, dessen Ergebnisse voraussichtlich noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen.

Grundsätzlich und nicht nur für WDVS-Objekte wird zur weiteren Erhöhung der Brandsicherheit empfohlen, Standorte für Sammelbehälter in ausreichendem Abstand vor der Fassade vorzusehen. Alternativ können Sammelbehälter aus Metall genutzt oder Kunststoffbehälter in nichtbrennbaren Einhausungen untergestellt werden[10].

Die Energie- und CO2-Einsparung im Lebenszyklus eines WDVS überwiegt den Ressourceneinsatz bei der Herstellung in der Regel deutlich[11].

Im System bleiben

WDVS benötigen zur Anwendung in Deutschland eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ). Vor Erteilung der Zulassung muss vom Systemanbieter eine Reihe von Nachweisen erbracht werden, welche die Dauerhaftigkeit und Sicherheit in der Nutzungsphase belegen. Dabei werden unter anderem aufwändig das Brandverhalten, die Stoßfestigkeit, das Verhalten bei Frost-Tau-Wechseln und die Standsicherheit bei Windsog nachgewiesen. Der Systemlieferant stellt damit unter Beweis, dass die sorgfältig von ihm ausgewählten Einzelkomponenten auch in ihrer Kombination dauerhaft miteinander funktionieren.

Dies bedingt, dass die angegebenen Eigenschaften nur bei vom Systemanbieter vorgesehenen Kombinationen seiner Einzelkomponenten gelten. Die Zulassung schreibt daher vor, dass nur die in der jeweiligen Zulassung genannten und fremdüberwachten Bestandteile eingesetzt werden dürfen. Die systemkonforme Anwendung ist nach Abschluss der WDVS-Arbeiten vom Fachunternehmer zu bescheinigen (letzte Seite der Zulassung) und dem Bauherrn zu übergeben[12].

Literatur[1] Energiesparkompass 2012, Fachverband WDVS*[2] Technische Systeminformation 5 – WDVS zum Thema Langzeitbewährung, Fachverband WDVS*[3] WDVS-Schulungshandbuch – Qualität im System, Fachverband WDVS*; siehe auch [8][4] Technische Systeminformation 6 – WDVS zum Thema Brandschutz, Fachverband WDVS*[5] Innen dämmen mit System – Wertvolle Bausubstanz muss auf energetische Sanierung nicht verzichten, Fachverband WDVS*[6] Instandhaltungsleitfaden – Beschichtungen und Verputze auf Fassaden und Wärmedämm-Verbundsystemen, Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz/Bundesverband Ausbau und Fassade, Frankfurt/Berlin[7] Empfehlungen für den Einbau/Ersatz von Metall-Fensterbänken (WDVS-Fassade), Gütegemeinschaft Wärmedämmung von Fassaden, Frankfurt[8] Merkblatt 21 – Technische Richtlinien für die Planung und Verarbeitung von WDVS, Bundesausschuss Farbe und Sachwertschutz, Frankfurt; siehe auch: Europäische Technische Zulassungen für WDVS[9] Wärmedämm-Verbundsysteme zur Aufdopplung auf bestehende Wärmedämm-Verbundsysteme oder Holzwolle-Leichtbauplatten, Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-33.49-1505, Fachverband WDVS*[10] Wärmedämm-Verbundsystem: Unverbindlicher Leitfaden zum Brandschutz (VdS 3461), Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV)/FV WDVS[11] Technologien und Techniken zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden durch Wärmedämmstoffe - Metastudie Wärmedämmstoffe – Produkte, Anwendungen, Innovationen, Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München, München[12] Im System verbunden – Rechtliche Informationen zur fachgerechten Verarbeitung von WDVS, Fachverband WDVS* *) Diese Unterlagen können angefordert werden beim Fachverband WDVS, Fremersbergstraße 33, 76530 Baden-Baden, E-Mail: , www.heizkosten-einsparen.de
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