Heizungsmodernisierung

Raus mit der Alten!

Eigentlich wollen alle Beteiligten sie – und doch wieder niemand: die Energiewende in der Wohnungswirtschaft. Denn für die einen bedeutet die Energiewende Dreck und Lärm in der Wohnung sowie anschließende Mieterhöhungen, für die anderen Investitionen und ggf. sogar Mietausfall. Und so kommt es oft zum Spagat – zwischen gesetzlichen Vorgaben, Interessen der Mieter und der Notwendigkeit, zu investieren. Im ersten Teil unserer Serie beleuchten wir nicht nur Auswege aus dieser Problematik, sondern auch Lösungskonzepte und Trends der energetischen Sanierung.

Ganz am Anfang stand nicht das Energiekonzept der Bundesregierung von 2010 – sondern der Wille und die Absicht der bundesdeutschen Wohnungswirtschaft Lösungen für den Klimaschutz und die Reduzierung des Energieverbrauchs in ihren Objekten zu finden. Dass sich das nicht so einfach darstellen würde, wie im Einfamilienhaus, sondern eine jahrzehntelange Aufgabe werden würde, war allen Beteiligten klar. Zu unterschiedlich sind letztendlich die Bedingungen in den Objekten der Wohnungswirtschaft, zu zahlreich die Zwänge, denen die Verantwortlichen seitens der Mieter oder der Gesetzgeber unterworfen sind.

Trotzdem ist der Druck seitens der Politik auf die Wohnungswirtschaft nachvollziehbar. Denn schließlich ist hier ein extrem großer Hebel in Richtung Klimaschutz zu finden. Das liegt letztendlich daran, dass der Energieverbrauch in Deutschland vor allen Dingen in den Gebäuden stattfindet – und hier in erster Linie für die Wärme- und Warmwasserversorgung eingesetzt wird. Dass sich hier durch die Modernisierung der Wärmeerzeugung einiges sparen lässt, liegt auf der Hand. Trotzdem liegt die Modernisierungsquote immer noch auf einem extrem niedrigen Niveau.

Was sind die wesentlichen Argumente gegen den Austausch veralteter Anlagentechnik?

„Es bringt doch nichts den Heizkessel zu erneuern, wenn die Fassadendämmung und die Fenster nicht angefasst werden.“

Prinzipiell richtig und doch falsch. Natürlich sollten Fassade und Bauteile des Gebäudes wie Fenster sowie Türen technisch intakt sein. Doch im direkten Investitionsvergleich ist der Tausch der Wärmeerzeugung spürbar kostengünstiger als eine neue Dämmung der Fassade. Das zeigen unzählige Studien und Berechnungen. Und auch die Effekte in puncto Reduzierung der Heizkosten schlagen zugunsten der Heiztechnik aus.

„Noch besser als zuerst die Heiztechnik zu sanieren und später die Dämmung zu verstärken ist es, beides auf einmal anzugehen“, findet Christian Sieg, Leiter Produkt- und Dienstleistungs-Management bei Vaillant Deutschland. „Mit unserer Software planSOFT können wir sehr genau beraten und beide Investitionspakete sowohl gegeneinander halten als auch zeigen, was eine Gesamtsanierung auslösen würde. Denn in diesem Fall kann auch eine ganz andere Wärmeerzeugung ins Spiel kommen, die erst durch eine Fassadensanierung ermöglicht wird.“

Gleichzeitig können mit der Software auch Vergleiche zwischen unterschiedlichen Heizanlagen gezogen werden. „Wir können mit planSOFT unabhängig beraten und haben dort sowohl einen Anlagenvergleich als auch den Schritt zur Einbeziehung der Gebäude-Infrastruktur durchgeführt. Macht es mehr Sinn, die Fenster als die Heizanlage zu tauschen? Sollte eine dezentrale Gas-Brennwert-Kaskade oder eine Wärmepumpe im Mittelpunkt stehen? Soll eher gedämmt werden? Das sind Fragen, die planSOFT übersichtlich darstellt. Jedes Gebäude sucht sich seine passende Technik aus und wir können systemunabhängig über die gesamte Palette der technischen Möglichkeiten beraten.“

„Ein neuer Heizkessel bringt doch kaum spürbare Einsparungen – und belastet letzten Endes nur das Investitionsbudget. Dass die Hersteller von Heiztechnik einen Tausch empfehlen, ist ja nachvollziehbar. Aber wirklich gerechtfertigt ist er in den Regel doch nicht.“ 

Alleine der Wechsel von dezentraler Heizwerttechnik zu einer zentralen Gas-Brennwert-Kaskade bringt Einsparungen von rund 20 %. Werden Solarthermie-Kollektoren eingebunden, kann fast ein Drittel an Heizenergie eingespart werden. Beides sind Maßnahmen ohne Eingriffe oder massive Änderungen in der Gebäudesubstanz oder –struktur.

„Wir stellen immer wieder fest, dass der Aufklärungs- und Informationsbedarf riesig ist“, so Sieg. „Unter Umständen haben sich die Verantwortlichen im Unternehmen jahrelang  nachvollziehbar nicht mehr mit der aktuellen Heiztechnologie beschäftigt. Deswegen müssen wir hier viel darüber informieren, welche Riesenschritte die Technologie in den letzten Jahren in puncto Effizienz gemacht hat. Wir haben ein 20-köpfiges Team, das sich nur um die Belange der Wohnungswirtschaft kümmert und die spezifischen Probleme kennt. Durch die Gespräche haben wir ein Gefühl dafür bekommen, warum die Modernisierungsquote auf dem aktuellen Niveau verharrt. Die ersten Gespräche haben deswegen jeweils nahezu ausschließlich beratende Inhalte, bevor es dann um technische Lösungsmöglichkeiten geht.“

„Energetische Sanierungen sind gut und schön. Aber zur Folge haben sie letztendlich Mietsteigerungen, die oft nur schlecht umgesetzt werden können.“
Hier stellt sich die Situation im Markt äußerst unterschiedlich dar. In städtischen Regionen mit hoher Nachfrage fällt teilweise auf, dass auch ohne energetische Sanierungen keine Leerstände zu finden sind. Die Nachfrage nach Wohnfläche ist sehr hoch und das Angebot vergleichsweise gering. Das gilt besonders für Wohnungen mit relativ geringen Quadratmeterpreisen. Anders sieht es dagegen oft im ländlichen Raum ohne direkte Anbindung zu Großstädten aus. Hier wird eine sehr gute Struktur des Gebäudes oft zur Voraussetzung, um Leerstände zu vermeiden.

Dabei zählt für den Mieter vor allen Dingen auch die Höhe der kalkulierten Nebenkosten, deren Löwenanteil Wärme- und Warmwasserversorgung ausmachen. „Wir stellen oft fest, dass diese völlig gegensätzlichen Bedingungen auch im Portfolio einer einzigen Wohnungsgesellschaft zu finden sind“, beschreibt Sieg. „Jedes Quartier und jede Region hat dann quasi seine eigenen Bedingungen und Voraussetzungen, die der energetischen Sanierung jeweils eine völlig andere Basis bieten können. Was für das Gebäude X richtig ist, muss für das Gebäude Y  einen Ort weiter lange nicht gelten – obwohl die gleichen gebäudetechnischen Grundlagen vorliegen.“

Denn letztendlich gilt: Wenn ein Gebäude modernisiert wird, möchte der Eigentümer die Kosten dafür auch schrittweise auf die Mieter umlegen, d. h. die Mieten anpassen. Hier sind der Anpassung jedoch unterschiedliche Grenzen gesetzt, die es zu beachten gilt, um den schmalen Grat zwischen notwendiger Sanierung und Mieterakzeptanz zu finden. „Die Krux ist, dass die Effekte einer energetischen Sanierung sich in der Regel nicht kurz-, sondern erst mittelfristig beim Mieter in Form von geringeren Nebenkosten wiederfinden. Und auch der Vermieter investiert zunächst, um diese Investition in Form höherer Mietpreise erst mittelfristig refinanziert zu bekommen“.

Diese Lücke schließen aktuelle Finanzierungsmodelle am Markt, die eine Anlauffinanzierung abdecken und gleichzeitig den Spareffekt durch eine Modernisierung vorwegnehmen und einbeziehen. Auch spezifische Contractingkonzepte bieten hier passende Lösungen für diese Thematik an.

Weitere Möglichkeiten bieten Sanierungskonzepte, die nicht nur die Haustechnik, sondern auch die Gebäudestruktur an sich im Fokus haben. Diese Konzepte sind zielgruppenbezogen wie etwa eine Sanierung für altersgerechtes Wohnen, die auch ein langfristig orientiertes energetisches Konzept beinhalten.

Darüber hinaus wachsen in Regionen mit Nachfrageüberhang die Angebote für Mieter mit Gesamtkostenbetrachtungen – d. h. Mieter zahlen eine standardisierte Warmmiete. „Das ist natürlich im direkten Umfeld mit der Dominanz von Kaltmieten und immer weiter steigenden Nebenkosten für den Mieter ein entscheidendes Kriterium in seiner Wohnungswahl“, so Sieg. „Ist das energetische Konzept des Gebäudes beispielsweise mit Wärmepumpe und Photovoltaik auf langfristig kalkulierbare Nebenkosten ausgerichtet, ist das für Mieter ein zusätzliches Argument der Sicherheit in der Kostenentwicklung.“

„Aufwendige Sanierungen lassen sich dem Mieter oft nur schwer vermitteln. Sie sind nun einmal mit Dreck und Lärm, ggf. sogar einem temporären Umzug verbunden. Da ist oft Ärger mit den Mietern vorprogrammiert.“

Zahlreiche Wohnungsgesellschaften führen Modernisierungen dann durch, wenn sie notwendig sind. D.h. beispielsweise: Ein Heizgerät fällt irreparabel aus und wird durch ein neues ersetzt. Im Zweifelsfall sind  dezentrale Wärmeerzeuger in den Wohnungen installiert, sodass nur ein Mieter von der Sanierung betroffen ist. Oder die Wohnung wird beim Mieterwechsel saniert. Die Akzeptanz und das Verständnis bei den Mietern ist für diese Art der Sanierung hoch, weil sofort nachvollziehbar. Das Problem dahinter: Die Bausubstanz und die technische Gebäudeausrüstung leiden gleichzeitig. Von Energiewende an sich kann keine Rede mehr sein.

„Wir empfehlen deswegen direkt beim Entschluss zur energetischen Sanierung eine umfassende Information der Mieter“, so Sieg. „Dafür gibt es – neben den bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen – kein Standardkonzept, was letztendlich daran liegt, dass die Struktur der Wohnungswirtschaft höchst unterschiedlich ist. Kein Fall ist wie der andere. Durch unsere Erfahrung können jedoch von vorneherein viele Fallstricke und Probleme aus dem Weg geräumt werden. Die Tatsache, dass der Vermieter in die Gebäudesubstanz investiert, ist zunächst auch für den Mieter positiv. Je offener und klarer über alle damit in Verbindung stehenden Fakten und Details informiert und gesprochen wird, um so geringer werden ggf. die Widerstände bei den Mietern.“

Im zweiten Teil der Serie zur Energiewende in der Wohnungswirtschaft dreht sich alles um erneuerbare Energieträger und die aktuellen Tendenzen zu Sanierungskonzepten in der Wohnungswirtschaft.

Der Energieverbrauch in
Deutschland findet vor allen
Dingen in den Gebäuden statt.

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