Mieter profitieren von Strom aus dem Keller

Die Energiewende verändert den Markt und führt zu neuen Produkten und Dienstleistungen. Ein Beispiel ist die Eigenstromproduktion, die dezentral und hocheffizient erzeugten Strom zu einer gleichzeitig wirtschaftlich attraktiven Lösung macht.

Ursprünglich eine Lösung für die Industrie und Eigenheimbesitzer, stehen Eigenstromproduktion und ähnliche Angebote nun einem breiteren Kreis offen: den Mieterinnen und Mietern. Der GdW als größter Branchendachverband der Wohnungswirtschaft ist von den positiven Potenzialen dieser Angebote überzeugt. Auch die kommunalen Versorger – die bislang die dezentrale Versorgung von Quartieren nicht als Teil ihres Geschäfts angesehen hatten – stellen eine wachsende Nachfrage nach Vor-Ort-Angeboten fest.

Klimaziele und Energiewende sind zentrale Herausforderungen unserer Zeit. Wenngleich im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung der Ausbau der erneuerbaren Energien steht, liegen große Potenziale zur Erreichung dieser Ziele auch in der Effizienzsteigerung im Wärmemarkt und in der Energieversorgung von Gebäuden, zum Beispiel durch die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Gerade urbane Wohnquartiere bieten erhebliche Poten­ziale für den Ausbau primärenergiesparender Wärmeversorgungskonzepte mit dezen­tralen KWK-Anlagen und eröffnen gleichzeitig Spielräume für neue Geschäftsmodelle. Wohn­­quartiere weisen eine Siedlungsdichte auf, die den wirtschaftlichen Betrieb von KWK-Anlagen in der Regel erst ermöglicht. Im Zuge der energetischen Sa­­nierung der städtischen Quartiere, für die mittlerweile eigene Förderprogramme existieren, werden daher zunehmend auch die KWK-Potenziale näher untersucht.

Häufig sind es kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen, die über einen größeren Bestand von Wohnimmobilien im Quartier verfügen. Ihr Wohnungsangebot richtet sich gerade an jene Mieterinnen und Mieter, die mit ihren überschaubaren Einkommen unter den hohen Energiekosten besonders leiden. Nichts liegt daher näher, als den Bewohnern der Quartiere den KWK-Strom, der gewissermaßen „im eigenen Keller“ erzeugt wird, direkt anzubieten.

Solche Mieterstromangebote tragen nicht nur zu einer Entlastung der Geldbeutel der Mieter, sondern auch der Stromnetze bei. Die Kraft-Wärme-Kopplung wird aus gutem Grund als zentraler Baustein der Energiewende angesehen und gesetzlich gefördert. Sie kompensiert die volatilen Stromeinspeisungen aus Wind und Sonne und bildet die nötige Brücke zwischen Wärme und Strom. Mieterstrom auf der Grundlage von KWK-Anlagen kommt somit letztlich allen Stromverbrauchern – auch außerhalb der Quartiere – zugute und bessert dank der gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Strom die Klimabilanz auf.

Zauberwort „Summenzähler“

Wirtschaftlich sind solche Mieterstromangebote in der Regel allerdings nur, wenn der dezentral erzeugte KWK-Strom ohne Nutzung eines örtlichen Verteilnetzes zu den Mietern gelangt. Denn dann fallen nur noch für die aus dem Netz zusätzlich entnommenen Strommengen Netzentgelte an. Hierfür muss lediglich ermittelt werden, welche Strommengen im Haus erzeugt, und welche Strommengen aus dem Netz entnommen wurden.

Das ist messtechnisch grundsätzlich machbar und rechtlich zulässig. Das Lösungswort lautet „Summenzähler“: Die Bundesnetzagentur hatte bereits 2007 mit einer richtungweisenden Entscheidung das Recht anerkannt, vom Netzbetreiber die Einrichtung eines Summenzählers verlangen zu dürfen.

Der Summenzähler wird am Übergabepunkte vom Netz zur „Kundenanlage“ platziert und misst die gesamte, aus dem Netz bezogene Strommenge. Nur dieser Strom ist netzentgeltpflichtig. Der Gesetzgeber hat diese Entscheidung der Bundesnetzagentur ausdrücklich begrüßt und den Anspruch auf Einrichtung eines Summenzählers mittlerweile gesetzlich verankert.

Da die Netznutzungsentgelte und die daran gekoppelten weiteren Abgaben und Umlagen einen erheblichen Teil der Stromkosten privater Haushalte ausmachen, eröffnet die Einsparung der Netzentgelte den erforderlichen Spielraum für Mieterstrom: Ein Teil der Einsparung wird an die Mieter weitergegeben, sodass der Mieterstrom nicht nur sauberer, sondern auch günstiger ist als in der Grundversorgung des örtlichen Netzbetreibers. Der andere Teil der Einsparung dient der Finanzierung der Mehrkosten, die durch die Errichtung und den Betrieb der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage entstehen.

Benachteiligung größerer Grundstücke

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es zudem möglich, mit dem dezentral erzeugten KWK-Strom auch die Bewohner in den benachbarten Gebäuden netzentgeltfrei zu versorgen. Voraussetzung hierfür ist ein gemeinsamer Summenzähler, der so platziert wird, dass er die Stromentnahmen für alle betreffenden Häuser summiert. Sofern noch kein gemeinsamer Übergabepunkt existiert, können die bestehenden Übergabepunkte verschoben und zusammengelegt werden. Eine solche Vergrößerung der Kundenanlage ermöglicht es, die KWK-Anlage größer zu dimensionieren und somit weitere Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung zu erschließen.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass gerade die Grundstücke in städtischen Wohnquartieren, die hierfür am vielversprechendsten erscheinen, mitunter benachteiligt werden. Denn Grundstücke, auf denen nur ein oder zwei Häuser stehen, werden häufig über eine einzige Anschlussleitung mit dem örtlichen Stromnetz verbunden, sodass ein gemeinsamer Summenzähler ohne weiteres möglich ist.

Die Grundstücke der Wohnungsunternehmen, die mit noch mehr Wohngebäuden bebaut sind, verfügen jedoch nicht selten über mehrere Netzanschlüsse; mitunter existiert für jeden Treppenhauseingang ein separater Netzanschluss. Die Folge ist, dass es faktisch keine Stelle entlang der Anschlussleitungen gibt, an der ein gemeinsamer Summenzähler für alle Bewohner gesetzt werden kann, selbst wenn es sich um ein einziges großes Gebäude auf ein und demselben Grundstück handelt.

Für die Grundstückseigentümer – oder für die Energiedienstleister, die die KWK-Anlagen im Auftrag der Grundstückseigentümer planen und betreiben – ist es insbesondere bei den älteren Bestandsgebäuden in der Regel auch nicht von vorneherein erkennbar, wie viele Wohnungen netzentgeltfrei mit Strom aus einer KWK-Anlage versorgt werden können. Die konkrete Zahl und Lage der Anschlussleitungen ist allenfalls dem Netzbetreiber bekannt. Für die Planung bedarf es also der Informationen der Netzbetreiber, die diese – vor dem Hintergrund ihrer eigenen Interessen – nur zögerlich herausgeben. So kann es durchaus vorkommen, dass ein Netzbetreiber die Einrichtung eines gemeinsamen Summenzählers mit Verweis auf die konkrete Anschlusssituation verweigert. Das ist ein rechtlicher Missstand, der im Sinne des Mieterstroms sobald wie möglich korrigiert werden sollte.

Neue Herausforderungen
für kommunale Unternehmen

Ungeachtet der Frage zu den Netzentgelten stellt die verstärkte Nachfrage und Nutzung von Mieterstromangeboten regionale Versorger vor neue Herausforderungen. Sie verfügen häufig nicht über eine eigene Kompetenz im Bau und Betrieb dezentraler Wärmenetze in Verbindung mit KWK-Anlagen und haben darüber hinaus als Betreiber der kommunalen Stromnetze die Befürchtung, Marktanteile an Dritte zu verlieren.

Das Kooperationsangebot des Energiedienstleisters Urbana bietet hierfür eine schlüssige Antwort: Der Experte für die dezentrale Energieversorgung durch KWK bietet seine Kompetenz der kombinierten Vor-Ort-Vermarktung von Wärme und Strom nicht nur der Wohnungswirtschaft an, sondern trägt diese in Form von Kooperationen mit kommunalen Versorgern auch breiter in den Markt. Stadtwerke können so durch die Kooperation mit Urbana ihren Kunden auch dezentrale KWK-Lösungen gepaart mit Mieterstrom-Angeboten unterbreiten – und so schlussendlich ihre Position auf ihren Heimatmärkten stärken. Darüber hinaus können die Stadtwerke auch die Gasversorgung der dezentralen Anlagen erbringen.

Die Vorteile einer solchen Kooperation: Ne­­ben ihrem traditionellen Portfolio als Stadtwerke können diese nun ihren Kunden Bau und Betrieb von lokalen Wärmenetzen mit KWK-Anlagen, Mieterstrommodelle sowie Finanzierungskonzepte in Form von Contracting-Lösungen anbieten. Urbana bietet seinen Kooperationspartnern überdies smarte Messdienstleistungen an – vom Messstel­lenbetrieb für die Verbrauchsdatenerfassung bis zur (Einzel-)Abrechnung mit dem Mieter, zusammenfassend für alle Verbrauchsmedien wie Brauchwasser, Heizwärme oder Strom. Stadtwerke können mit diesem Know-how ohne eigene Investitionen auf die durch die Energiewende und Klimaziele neu entstandenen Kundenbedürfnisse reagieren.

Außerdem kann das neue Mieterstrom-Produkt so angeboten werden, dass es einerseits der ortsüblichen Vermarktung bestehender Stromprodukte der Stadtwerke nicht schadet und es andererseits zu keiner Diskussion kommt, wenn der Mieter einmal auszieht, aber weiterhin Strom von den Stadtwerken beziehen möchte.

Kommunale Versorger
müssen jetzt handeln

Die Energiewende bringt Veränderungen auf dem Energiemarkt mit sich – neue Marktstrukturen entstehen, neue Produkte und Dienstleistungen sind gefragt. Das Eckpunktepapier „Intelligente Netze“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zeigt, dass eine zusammenhängende Betrachtung der gesamten Versorgungsinfrastruktur (Strom sowie Heiz- und Brauchwasser) ein auf politischer Seite anerkannter Weg ist, weiter Transparenz und Effizienz voranzubringen. Seitens der Regierung muss hierzu allerdings nun schnellstmöglich ein verbindlicher Rechtsrahmen geschaffen werden.

Die Zukunft der Energiebranche und der Erfolg der Energiewende steht ganz im Zeichen der dezentralen Energieerzeugung – ob über KWK, Photovoltaik oder Wärmepumpen. Ob Energiedienstleister oder kommunale Versorger – sie können ihre Marktposition nur sichern, wenn sie ihren Kunden, zum Beispiel der Wohnungswirtschaft, zeitnah neue Lösungen anbieten.

Urbane Wohnquartiere bieten erhebliche Potenziale für den Ausbau primärenergiesparender Wärmeversorgungskonzepte mit dezentralen KWK-Anlagen.

Die verstärkte Nachfrage und Nutzung von Mieterstromangeboten stellt regionale Versorger vor neue Herausforderungen.

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