Ökologisches Bauen

Holzhäuser bei grauer Energie im grünen Bereich

Am Rande von Ergolding bei Landshut in Bayern ist ein komplett neues Wohnquartier entstanden. Sieben Zweifamilienhäuser wurden dort ökologisch vorbildlich komplett aus Holz gebaut. Das spart pro Objekt etwa 600 Tonnen CO2 an „grauer Energie“. Dank Luft/Wasser-Wärmepumpe und Photovoltaik können die Plusenergiehäuser außerdem fast energieneutral betrieben werden. Das entlastet die Umwelt über viele Jahrzehnte hinweg ebenfalls.

Ökologisches Bauen bedeutet für den bayerischen Dr.-Ing. Max Huber nicht nur energiesparendes Bauen. Oder die Einbindung regenerativer Wärmequellen. Oder eine möglichst effiziente Nutzung dieser Wärme. Wenn der 36-Jährige über „ökologisch bauen“ spricht, denkt er vielmehr ganzheitlich. Er sieht die Ökobilanz der Baustoffe genauso wie deren Transport zur Baustelle, die Errichtung des Gebäudes und die energetische Bilanz des Objektes. Und setzt das auch in die Praxis um – beispielsweise in acht Neubauten in Ergolding bei München. Alle sind konsequent im Holzbau entstanden; sieben in Reihe in einem Neubaugebiet mit jeweils zwei Wohneinheiten (WE), ein weiteres nachverdichtend in einer geschlossenen Ortslage mit insgesamt zehn WE.

Das Holzbau-Konzept

Das Holzbau-Konzept des Unternehmens Holzius aus Südtirol ist in seiner Konsequenz bemerkenswert: Nur der Keller der Huber-Neubauten wurde als weiße Wanne ausgeführt, zum Schutz vor Grundwasser. Der gesamte Hochbau aber besteht aus teilweise doppelschaligen Massivholzwänden. Die Außenwände sind zusätzlich mit einer 13,5 cm starken Dämmung aus Holzfaser sowie einer hinterlüfteten Holzfassade versehen. Alle Wände wurden ohne Leim und Nägel nur durch eine spezielle Schwalbenschwanzverbindung fixiert. Die individuell gefertigten Wand- und Deckenelemente kamen per Tieflader auf die Baustelle, wurden dort nur noch per Kran aufgestellt und verbunden. Das war in den sieben 2-WE-Objekten inklusive Dach jeweils binnen zwei Wochen erledigt. Die Zeitersparnis beim Bau ist dadurch schon extrem ressourcenschonend, noch mehr aber der Baustoff, rechnet Dr. Huber vor: „Pro Gebäude werden hier allein bezüglich der `grauen Energie´ etwa 600 Tonnen CO2 eingespart.“

Stein, in diesem Fall Beton, gibt es in den Mehrfamilienhäusern nämlich nur zur Herstellung des Schallschutzes. Dafür werden die Zwischendecken mit einem massiven Betonpflaster und Dämmmatten belegt. Alles andere ist Holz mit der entsprechenden, gebundenen Menge an CO2. „Dummerweise“, ärgert sich Dr.  Huber, „fließt so etwas überhaupt nicht in die energetische Bewertung eines Gebäudes ein.“

Das Wärme-Konzept

Die sieht die Neubauten in Ergolding am Ende in der Kategorie KfW-Effizienzhaus 55. Theoretisch wäre aus energetischer Sicht auch der KfW-Effizienzhaus-40-Standard problemlos erreichbar gewesen. Aufgrund des deutlich höheren Investitionsaufwands war das aber nicht mehr wirtschaftlich.

Beheizt wird jedes der sieben 2-WE-Objekte durch eine Luft/Wasser-Wärmepumpe flexoTHERM VFW 117 von Vaillant. Deren 11 kW Leistung plus die Unterstützung der PV-Anlage reichen aus, um mit bis zu 65 °C-Vorlauftemperatur die Wärme puffernden 1.000-Liter-Multifunktionsspeicher zu laden. Über die erfolgt dann wiederum die Warmwasserbereitung durch ein innenliegendes Ladesystem auf 55 °C sowie die Beheizung der Gebäude über Flächenheizungen mit bis zu 32 °C Vorlauftemperatur. Eine Elek-tropatrone in der Wärmepumpe sichert die Leistungswerte ab, und zwar ebenfalls ökologisch vorbildlich. Jedes Gebäude ist mit einer Photovoltaikanlage à 9,6 kW Leistung ausgestattet. Dieser Strom wird bis zu etwa 40 Prozent selber genutzt, beispielsweise per Vorrangschaltung für die Wärmepumpe. Nur der Rest des Solarertrags wird dann noch gegen Vergütung eingespeist.

Ein wesentliches Argument für die Installation dieses Wärmepumpentyps war in der Neubausiedlung aber nicht zuletzt die spezielle Konstruktion der Außeneinheit, des Luftkollektors aroCOLLECT. Dessen Schallleistungspegel ist so gering, dass die Wärmepumpen selbst unter Volllast schon in einem Meter Abstand kaum mehr zu hören sind. Hinzu kommt der konstruktive Aufbau, der sich an der Kindergartenrichtlinie orientiert. Spielende Kinder können sich also an dem Gerät nicht verletzen.

Das Lüftungs-Konzept

Durch die dichte Gebäudehülle nach KfW-55-Standard musste, unabhängig von der Holzbauweise, natürlich auch in den Huber-Neubauten eine mechanische Wohnraumlüftung installiert werden. Um die gesamte Anlagentechnik überschaubar zu halten, setzte Elektromeister Adolf Kollmeder dafür raumweise dezentrale Systeme ein: Für die Geräte recoVAIR VAR 60 ist nur ein Außenwanddurchlass plus Stromanschluss notwendig. Der wurde, wie alle anderen Inwand-Installationen, bereits bei der Holzbauplanung vorgesehen. Die Installation der KWL-Geräte war entsprechend innerhalb kürzester Zeit erledigt.

Dr. Huber: „Ein wesentlicher Vorteil für uns war, dass wir so auf die sonst üblichen Lüftungskanäle verzichten konnten. Die hätten bauseits zum einen Mehraufwand durch abgehängte Decken bedeutet. Zum anderen wären die großzügigen Räumlichkeiten dadurch ohne Not verkleinert worden. Die raumweise Lüftung war und ist da eine ausgesprochen praxisgerechte Alternative.“

Vor allem, weil auch sie einen Beitrag zur positiven Energiebilanz leistet: Damit keine Energie verloren geht, arbeiten die kleinen Geräte nach dem Prinzip der regenerativen Wärmerückgewinnung. Die Wärmeenergie der ausströmenden Abluft wird dabei in einem Keramikwärmespeicher zwischengelagert und direkt wieder an die einströmende Zuluft abgegeben.

Die Leistungssteigerung

Für SHK-Meister Franz Ramsauer vom ausführenden Fachhandwerksunternehmen Olzinger Haustechnik Ergolding gehört die Installation von Luft/Wasser-Wärmepumpen mittlerweile zum Tagesgeschäft: „Früher haben wir die Thermen des Herstellers eingesetzt. Heute überzeugt uns das genauso einfache Konzept dieser Wärmepumpen. Das zieht sich von der Installation über die Inbetriebnahme bis zum Dauerbetrieb mit beispielsweise nur einer zentralen Regelung gleichermaßen durch.“

Dass es selbst bei diesen Wärmepumpen noch komplexer werden kann, stellt Ramsauer beim Neubau des 10-WE-Objektes von Dr. Huber unter Beweis. Dort war bereits eine Brunnenbohrung vorgenommen worden, um den großen Neubau mit Grundwasserwärme zu versorgen. Die erzielte Förderkapazität des Brunnens entsprach aber bei Weitem nicht den Erwartungen. Eher aus der Not heraus wurde daraufhin die Idee geboren, exakt dasselbe Wärmekonzept wie in den kleineren Neubauten umzusetzen, also eine Luft/Wasser-Wärmepumpe zu installieren.

Weil aber die Leistung der Anlagen für ein solches Gebäude „eigentlich“ nicht ausreichte, wurden in enger Abstimmung mit dem Hersteller hier kurzweg zwei Außeneinheiten des Luftkollektors auf eine Inneneinheit geschaltet. Technisch war das für die Spezialisten aus dem Handwerksunternehmen Olzinger kein Problem – und heute setzt die Wärmepumpe den deutlich höheren Wärme-Input tatsächlich so problemlos um, dass auch in diesem Gebäude jetzt seit mehr als zwölf Monaten die Wärme- und Warmwasserversorgung unterbrechungsfrei über den zwischengeschalteten 1.250 l fassenden Multifunktionsspeicher abgedeckt wird.

„Für die Mieter hat eine derartige Durchgängigkeit nur Vorteile“, geht SHK-Meister Ramsauer auf einen für die Betriebsphase entscheidenden Nebenaspekt ein: „Da wir uns gezielt auf eine Wärmepumpentechnik konzentriert haben, sind natürlich auch meine knapp zwei Dutzend Mitarbeiter auf diese Anlagen und ihre Steuerung bestens eingespielt. Das vereinfacht Service und Wartung genauso wie eventuelle Notfalleinsätze.“

Die werden künftig noch einfacher, wenn sämtliche Anlagen per Kommunikationsmodul auf das Internet und damit auf den Rechner von Dr. Huber sowie mit Alarmmeldungen auf den von SHK-Meister Ramsauer aufgeschaltet sind. Kommt es zu Abweichungen von definierten Sollwerten, ist an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr immer ein präventiver Wartungseinsatz möglich, bevor es überhaupt zu Anlagenstörungen kommt.

Das Fazit

Wie sieht ökologisches Bauen in der Zukunft aus? Dr. Huber hat diese Frage für sich – und zugleich durchaus fast exemplarisch – eindeutig beantwortet: Die rein energetische Betrachtung eines Gebäudes, mit Fokussierung auf rechnerisch bilanzierten Verbrauchswerten, greife definitiv zu kurz. Notwendig sei vielmehr eine ganzheitliche Betrachtung, in die sowohl der Anteil der „grauen Energie“ – also die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und späterer Entsorgung bzw. die für die Wiederverwertung der Baustoffe aufzuwendende Energie – als auch der Rückbau des gesamten Objektes in die Berechnung mit einfließen. „Hier besteht auch von offizieller Seite, in der Energie-Einsparverordnung genauso wie beispielsweise bei den Fördermittelgebern ganz klar Nachbesserungsbedarf!“ Dass der Bauherr mit dem reinen Holzbau dabei in gewissem Maße Pionierarbeit leistet, ist ihm bewusst: „Gerade im Geschosswohnungsbau fehlt hier einfach noch die Erfahrung.“

Bei der haustechnischen Anlagentechnik ist die zwar hinreichend vorhanden, für Dr. Huber aber ebenfalls nicht pauschal anwendbar. „Idealerweise wird für jedes Gebäude ein individuelles, optimal passendes Energiekonzept geschnürt, um die drei zentralen Anforderungen – eine effiziente Wärmebereitstellung, die Einhaltung der Trinkwassergüte und die Luftqualität in den Gebäuden – technisch wie wirtschaftlich passend abzusichern.“ Das setze allerdings auf der Herstellerseite Systempartner voraus, die ein entsprechendes Produktportfolio anbieten, sowie auf der Handwerkerseite Fachpartner, die diese Systemtechnik genauso individuell auf das Objekt abgestimmt installieren.

Die rein energetische Betrachtung eines Gebäudes, mit Fokussierung auf rechnerisch bilanzierten Verbrauchswerten, greift zu kurz. Notwendig ist vielmehr eine ganzheitliche Betrachtung.

„Idealerweise wird für jedes Gebäude
ein individuelles Energiekonzept geschnürt.“

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