Energieziele ohne moderne Fenster nicht zu erreichen

Fast 80 % aller Wohnungen bundesweit sind älter als 20 Jahre. Ihre Fensterkonstruktionen entsprechen nicht mehr den Anforderungen der EnEV. Dabei sind vor allem Kunststofffenster aufgrund ihrer langen Lebensdauer in funktioneller Hinsicht zumeist noch völlig intakt.

Bei der Modernisierung von Wohnungs­beständen in den 1980er und 1990er Jahren standen der Werterhalt der Immobilie und die verbesserte Lebensqualität der Bewohner zumeist im Vordergrund. Diese Zielsetzungen gelten natürlich auch weiterhin. Mit den umweltpolitischen Anforderungen nach Klimaschutz, CO2-Reduktion und Energieeinsparung sind neue, umweltorientierte Schwerpunkte hinzu gekommen. Die mehrfach verschärfte Energieeinsparverordnung (EnEV) der Bundesregierung sowie die 2010 in Kraft getretene EU-Gebäuderichtlinie Energieeffienz drücken aufs Tempo. Fakt ist: Rund 40 % des jährlichen Energieverbrauches kommt von Wohngebäuden. Das Thema der energetischen Sanierung wird als bedeutender ökologischer Imagefaktor für das Gesamtunternehmen zunehmend zur Chefsache.

Eine der größten energetischen Schwachstellen für die Wärmedämmung in den Altbaubeständen ist das Fenster. Fast alle Sanierungskonzepte sehen daher den Austausch der alten Bauelemente gegen moderne energiesparende Produkte mit wesentlich geringeren u-Werten als in der Vergangenheit vor. Nahezu 80 % aller Wohnungen bundesweit sind älter als 20 Jahre; ihre Fensterkonstruktionen entsprechen nicht mehr den Anforderungen der EnEV. Dabei sind vor allem Kunststofffenster, die ab den 1970er Jahren vermehrt zum Einsatz kamen, aufgrund ihrer langen Lebensdauer in funktioneller Hinsicht zumeist noch völlig intakt. Über 14 % des Gebäudebestandes stammen noch aus der Zeit vor 1919. Man schätzt daher, dass heute etwa 350 Mio. ­Fenster aus Holz, Aluminium oder Kunst­stoff nicht mehr den energetischen Vorschriften genügen. Ca. 25 Mio. Fenster haben immer noch Einfachverglasung. Sie müssten schnellstmöglich ausgetauscht werden.

 

Jährliche Investitionen in Höhe von 18 Mrd. €

Spätestens mit Verabschiedung der neuen EU-Gebäuderichtlinie Gesamtenergieeffizienz herrscht trotz zahlreicher bereits erfolgter Modernisierungen durch die Wohnungsunternehmen weiterhin Handlungsbedarf. Ziel der Regelung ist zum einen die Einführung des Passivhaus-Standards bzw. des Nahe-Null-Energiegebäudes nach 2018 bzw. 2020. Ferner sollen im Gebäudebestand bis 2050 mehr als 80 % der heutigen Primärenergie eingespart werden. Eine Studie von Prognos und dem Öko-Institut für den WWF kommt zu dem Ergebnis, dass hierfür bis 2050 zusätzliche jährliche Investitionen von 18 Mrd. € erforderlich sind. Um diese auszulösen, wären nach Schätzung der Experten jährlich 3‑5 Mrd. € an öffentlichen Fördermitteln notwendig. Das tatsächliche Budget für KfW-Mittel beträgt zurzeit allerdings nur 1,5 Mrd. €. Das dürfte besonders für den privaten Hausbesitzer ein Problem darstellen.

Angesichts des Kostendrucks hat das Kunststofffenster aufgrund seiner Vorteile als preiswertes Produkt mit langer Lebensdauer, geringem Wartungsaufwand und guten Wärmedämm-Eigenschaften in Deutschland eine Spitzenposition mit 57 % Marktanteil eingenommen. Im Geschosswohnungsbau bzw. bei der Altbausanierung dürfte der Prozentsatz vermutlich eher noch höher liegen. Die ­Hersteller nehmen daher auch für sich in Anspruch, dass die Erreichung der umweltpolitischen Klimaziele ohne dieses Produkt und die damit einher gehende Güte- und Qualitätskriterien nicht möglich wäre. Letztere umfassen nicht nur die Rahmenkonstruktion inklusive der Verglasung, sondern auch die Übergänge zur Wand, die keine Schlupflöcher für den Wärmeverlust bieten dürfen. Meistens erfolgt bei energetischen Modernisierungen von Mehrfamilienhäusern eine Kombination aus Anbringen einer neuen Wärmedämmverbundfassade und dem Austausch der Fenster.

 

Bauherr hat bei der Entsorgung

die Umweltverantwortung

Bei der energetischen Sanierung fallen naturgemäß große Mengen an Altfenstern an, für deren umweltschonende Entsorgung letztendlich der Bauherr die Verantwortung trägt, auch wenn er dafür zumeist auf die Fensterbau- oder Entsorgungsunternehmen zurückgreift. Daher sollte es auch für die Geschäftsleitungen der Wohnungsunternehmen von Interesse sein zu wissen, dass es für ausgediente Aluminium- und Kunststofffenster seit den 1990er Jahren praxiserprobte Recycling- und Wiederverwertungslösungen gibt. Die Rewindo Fenster-Recycling-Service GmbH, Bonn, organisiert seit 2002 mit Hilfe zweier Recyclingpartnerbetriebe bundesweit das Einsammeln und die werkstoffliche Wiederverwertung von PVC-Altfenstern, -türen und Rollladen. Zu den Gesellschaftern der Rewindo zählen fast alle großen Kunststoffprofilhersteller Deutschlands.

Das System stellt eine preisgünstige Alternative zur Müllverbrennung dar und bietet mit der Bereitstellung und Abholung von Sammelcontainern direkt an der Baustelle zusätzliche Kosten- und Logistikvorteile. Für Wohnungsunternehmen und deren Auftragnehmer ergibt sich darüber hinaus vor allem die Chance, anhand eines konkreten Beispiels nachhaltiges Handeln deutlich zu machen und als Pluspunkt für das eigene ökologische Image zu nutzen. Denn beim werkstofflichen Recycling entstehen aus alten Fenstern wieder neue und sorgen auf diese Weise für einen geschlossenen Materialkreislauf, der lang­fristig Ressourcen und Produktionsenergie einspart.

 

Funktionierender Recyclingprozess

für Kunststoff-Altfenster

Für den funktionierenden Recyclingprozess ursächlich sind zum einem die günstigen Materialeigenschaften des Fensterbauwerkstoffes PVC und zum anderen die mittlerweile technisch ausgereiften Recyclingverfahren in den Anlagen der Rewindo-Partner Tönsmeier Kunststoffe GmbH & Co. KG, Höxter, und VEKA Umwelttechnik GmbH, Hörselberg-Hainich. Die dort angelieferten Alt­fenster werden geschreddert und zerkleinert, die Hauptbestandteile PVC, Metall, Glas und Gummi anschließend in verschiedenen Prozessstufen voneinander getrennt. Das verbliebene, zu kleinen Partikeln gemahlene PVC wird im letzten Schritt erwärmt und durch einen Spezialfilter (Schmelzefiltration) ge­presst, in dem dann nahezu alle noch im Material befindlichen Fremdpartikel ausgeschleust werden. Es verbleibt am Ende quasi sortenreines Regranulat.

Versuche ergaben, dass dieser Prozess min-destens sieben Mal wiederholt werden kann. Der theoretische Lebenszyklus eines Kunststofffensters würde somit mehrere 100 Jahre betragen, wird aber in der Praxis durch sogenannte Verdünnungseffekte noch deutlich höher ausfallen. Das Recyclingprofil aus PVC-Regranulat ist in bauphysikalischer und energetischer Hinsicht dem Neumaterial absolut ebenbürtig. Da es naturgemäß in farblicher Hinsicht nicht das strahlende Weiß neuer Kunststoffprofile erreichen kann, erhält es auf dem Wege der Koextrusion eine Oberfläche aus Neu-PVC.

 

Beschleunigter Anstieg

der Recyclingmengen

Die Nachfrage nach Recyclingprofilen wächst in den zurückliegenden Jahren stetig an, lässt sich aber zurzeit nur teilweise befriedigen. Der Grund liegt darin, dass sich der Anstieg der Recyclingmengen einstweilen noch vergleichsweise langsam vollzieht, da ein Großteil der erstmals ab den 1970er Jahren vermehrt eingesetzten Kunststofffenster dank der langen Lebensdauer des Materials immer noch im Bestand eingebaut ist. Doch die ­Kurven zeigen deutlich nach oben: Im Jahr 2011 wurden durch Rewindo bereits über 19 000 t Regranulat gewonnen, was mehr als 800 000 Kunststofffenstern entspricht. Energetische Modernisierungen, sowie der verstärkte Einsatz von Schallschutzfenstern zum Lärmschutz der Bewohner werden den Anstieg der Recyclingmengen in den kommenden Jahren weiter beschleunigen.

Ökologisches Profil durch Recycling lässt sich nicht nur beim Fenster selbst, sondern  auch beim Wand-Anschluss zeigen: Beim Einbau neuer Fenster wird in größerer Menge PU-Montageschaum benötigt. Um den Anwendern eine Möglichkeit zur Rückgabe und Verwertung der gebrauchten Dosen anzubieten, gründeten die europäischen Hersteller von PUR-Schaumdosen bereits 1993 die PDR Recycling GmbH + Co. KG, Thurnau. Über ein deutschlandweites Sammel- und Rückholsystem ist die Organisation in der Lage, alle im deutschen Markt verkauften PUR-Schaumdosen zu erfassen und einschließlich der Restinhaltsstoffe stofflich zu verwerten.

 

Kooperation mit weiteren

Recycling­systemen

Nicht selten fallen bei der Modernisierung von Wohnanlagen auch andere ausgediente PVC-Baustoffe an, z. B. Bodenbeläge, Dachbahnen oder Kunststoffrohre. Auch für diese Materialien gibt es bundesweite, werkstoffliche Recyclingsysteme. Die entsprechenden Recycling-Gesellschaften sind seit einigen Jahren zusammengefasst in der Aktion PVC-Recycling.

Bei der energetischen Sanierung fallen naturgemäß große Mengen an Altfenstern an, für deren umweltschonende Entsorgung ­letzt­endlich der Bauherr die Verantwortung trägt.

Eine der größten energetischen Schwachstellen für die Wärme­dämmung in den Altbaubeständen ist das Fenster.

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