BBB-Exklusiv: Energieverbrauch
wird transparent

Noch zeigt die Wohnungswirtschaft der sperrig klingenden Energieeffizienz-Richtlinie (EED) die kalte Schulter. Dabei ist das EU-Regelwerk, das ab 2014 bindende Energiesparmaßnahmen vorsieht, schon seit Dezember 2012 in Kraft. BBB-Chefredakteur Achim Roggendorf sprach mit ista-Geschäftsführer Peter Ruwe über die Gründe.

Herr Ruwe, warum sollte sich die Wohnungswirtschaft schleunigst mit der Richtlinie auseinandersetzen?

Ruwe: Die finanzielle Belastung der Mieter nimmt zu. Das liegt vor allem an den stark steigenden Strom- und Heizkosten. Die Richtlinie hilft, den Energieverbrauch zu senken. Damit haben Vermieter die einmalige Chance, ihren Mietern etwas Gutes zu tun. Normalerweise müssen sie sie durch gesetzliche Auflagen ständig mit neuen Kosten belasten.

Gleichzeitig können sie noch etwas für die Umwelt tun. Durch die Richtlinie lässt sich nämlich nicht nur der Heizkostenverbrauch senken, sondern auch klimaschädliches CO2 sparen.

Der Druck auf die Branche nimmt also zu. Dennoch packen viele Verantwortliche das Thema nicht wirklich an. Warum ist das so?

Ruwe: Die Wohnungswirtschaft hat derzeit viele Baustellen. Denken Sie nur an die geänderte Trinkwasserverordnung oder die Einführung der Rauchwarnmelderpflicht in immer mehr Bundesländern. Bei der Vielzahl von geänderten Gesetzen, Auflagen und Verordnungen fällt es mitunter schwer, den Überblick zu behalten. Da konzentriert man sich natürlich zunächst nur auf das absolut Nötigste.

Doch die Uhr tickt. Die EED-Richtlinie wird sehr bald kommen – und damit auch eine Pflicht zu unterjährigen Verbrauchsinformationen. Geplant ist, dass die EED bis Anfang Juni 2014 in jeweiliges nationales Recht umgesetzt wird.↓

Was ist damit gemeint?

Ruwe: Die Mieter sollen neben einer jährlichen Abrechnung der Energiekosten mindestens zwei- bis viermal pro Jahr Informationen über ihr individuelles Verbrauchsverhalten erhalten und so stärker zum Energiesparen motiviert werden.

Und das soll helfen, die Heizgewohnheiten der Mieter zu ändern?

Ruwe: Ein Schlüssel liegt dabei in der verständlichen Aufbereitung und zeitnahen Be­­reitstellung der Daten. Dadurch erhalten Mieter eine unmittelbare Rückmeldung und können jederzeit sinnvolle Korrekturen an ihrem Verbrauchsverhalten vornehmen. Sie werden kostenbewusster, da sie wissen, was sie verheizen.

Um das Energiebewusstsein der Mieter zu steigern und so zum Sparen zu motivieren, regen Sie sogar eine monatlich aktualisierte Übersicht über den Energieverbrauch und die Energiekosten für Heizung und Warmwasser an.

Ruwe: Wir stehen mit unserem Vorschlag nicht alleine da. Auch die Mieter hätten gerne einen monatlichen Überblick über ihren Energieverbrauch. Das hat eine von uns in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage ergeben.

Das überrascht mich jetzt, spricht aber für das Kostenbewusstsein der Mieter.

Ruwe:  Bei einer Nachzahlung können mal eben mehrere Hundert Euro zusammen. Nicht selten trifft sie einen aus heiterem Himmel. Wer weiß schon so genau, wie hoch sein Heizungsverbrauch ist. Deshalb kann ich die Bereitschaft der Mieter zum Energie-Controlling gut verstehen.

Vermietern und Verwaltern bietet ista jetzt an, ihre Lie­genschaften beispielsweise auf funkbasierte Messtechnik umzurüsten.

Ruwe: Die regelmäßige Information der Mieter über ihren Verbrauch ist nur möglich, wenn ich als Vermieter auf Funk setze. Ich kann nicht jeden Monat einen Ableser in die Wohnung schicken. Das machen die Mieter nicht mit. Außerdem entsteht für die Eigentümer und Wohnungsunternehmen möglicherweise ein wirtschaftlicher Nachteil, wenn sie erst später auf Funk umrüsten. Denn sollte der Gesetzgeber die Übergangsfristen verkürzen, wird nicht die volle Amortisation der alten Technik erreicht.

Wie soll das genau funktionieren?

Ruwe: Bei dem sogenannten Energiedatenmanagement werden sämtliche per Funk übertragenen Verbrauchsdaten in einem Online-Portal visualisiert. Mithilfe übersichtlicher Grafiken erhalten Vermieter und Verwalter zahlreiche Vergleichsmöglichkeiten, mit denen sie einen schnellen und umfassenden Überblick über die Strom-, Wasser- und Wärmeverbräuche in ihren Liegenschaften erhalten. Dies erleichtert nicht nur die Verwaltungstätigkeiten für Wohnungsunternehmen, sondern hilft auch dabei, gezielte Einsparungen vorzunehmen.

Der Einspareffekt ist ein wichtiges Argument für den Einsatz solch einer Technik. Wie hoch ist denn die Ersparnis auf Cent und Euro gerechnet?

Ruwe: Bei einem Pilotprojekt in Aachen konnten wir bereits gute Erfahrungen sammeln. Allein durch mehr Transparenz ließen sich in den Liegenschaften zwischen 15 bis 20 % Energie einsparen. Da kommen schon mal schnell 100 € zusammen, die ein Mieter dann mehr im Portemonnaie hat.  Auch für den Vermieter rechnet es sich.Diese positiven Effekte untersucht ista ganz aktuell in einem Projekt zusammen mit der Deutschen Energie-Agentur, dem Deutschen Mieterbund sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Dazu erhalten Haushalte im europaweit größten Modellvorhaben testweise monatliche Verbrauchsdaten, die jederzeit online oder per Smartphone-App abgerufen werden können.

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